Adzukibohnen meistern: Der komplette Guide vom Einweichen bis zum perfekten Garpunkt
In meiner langen Zeit als Koch sind mir unzählige Bohnensorten unter die Finger gekommen. Weiße Bohnen für deftige Eintöpfe, Kidneybohnen für ein feuriges Chili – das Übliche eben. Aber die Adzukibohne, die hat alles auf den Kopf gestellt. Meine erste Begegnung mit ihr war nämlich nicht in einem herzhaften Gericht, sondern in einem raffinierten Dessert, das ein Gastkoch aus Japan für uns zauberte: „Anko“, eine süße, samtige Bohnenpaste. Das hat meinen Blick auf Hülsenfrüchte für immer verändert und mir gezeigt, was man aus einer einfachen Bohne alles machen kann.
Inhaltsverzeichnis
- 0.1 Adzuki vs. Kidneybohne: Kennen Sie den Unterschied?
- 0.2 Warum diese Bohne so besonders ist: Ein Blick unter die Schale
- 0.3 Die Zubereitung – Eine Anleitung aus der Profiküche
- 0.4 Für Eilige: Die Dosen-Alternative und der Meal-Prep-Trick
- 0.5 Von süß bis herzhaft: Die zwei Gesichter der Adzukibohne
- 0.6 Einfache Rezepte für den Start
- 0.7 Wichtige Hinweise zum Schluss
- 1 Bildergalerie
Die Adzukibohne, manchmal auch Azukibohne geschrieben, ist klein, rot und hat diesen charakteristischen weißen Strich an der Seite. Sie erinnert vielleicht entfernt an eine Kidneybohne, ist aber deutlich zierlicher. Ihr größter Trumpf ist aber ihr Geschmack: leicht süßlich, ein bisschen nussig – einfach anders. Nach dem Kochen hat sie eine wunderbar weiche, fast cremige Textur, ohne dabei gleich zu zerfallen. Und genau das macht sie so unglaublich vielseitig. In diesem Guide teile ich meine ganzen Küchentricks mit Ihnen, damit auch Sie das Beste aus dieser kleinen Power-Bohne herausholen.

Adzuki vs. Kidneybohne: Kennen Sie den Unterschied?
Viele werfen die beiden in einen Topf, aber da liegen ehrlich gesagt Welten zwischen. Während Kidneybohnen eher groß, nierenförmig und im Geschmack neutral-erdig sind, punkten Adzukis mit ihrer geringeren Größe und dem feinen, süßlichen Aroma. Das wirkt sich auch auf die Verwendung aus: Kidneybohnen bleiben nach dem Kochen eher fest und bissfest, was sie zum Star in Chili con Carne oder deftigen Salaten macht. Adzukibohnen hingegen werden butterweich und leicht mehlig – ideal für Pürees, Füllungen und eben auch für süße Pasten.
Warum diese Bohne so besonders ist: Ein Blick unter die Schale
Als Koch will man ja immer wissen, was im Inneren eines Lebensmittels vor sich geht. Nur so kann man es perfekt zubereiten. Und die Adzukibohne ist ein kleines Kraftpaket, was sich direkt auf die Verarbeitung auswirkt.
Eiweiß & Ballaststoffe: Mit über 20 Gramm Eiweiß und etwa 12 Gramm Ballaststoffen pro 100 Gramm Trockengewicht ist sie ein echter Sattmacher. Das Eiweiß sorgt dafür, dass die Bohne beim sanften Kochen ihre Form behält. Die Ballaststoffe sind der Hauptgrund, warum das Einweichen so verdammt wichtig ist. Es hilft, die schwer verdaulichen Zucker abzubauen, die bei manchen Menschen für ein unangenehmes Gefühl im Bauch sorgen.

Saponine und der Schaum-Trick: Wenn Sie Adzukibohnen kochen, bildet sich an der Oberfläche so ein heller Schaum. Das sind hauptsächlich Saponine – Stoffe, die der Pflanze als Schutz dienen. In größeren Mengen können sie den Geschmack leicht bitter machen. Ganz ehrlich, ich erinnere mich noch an meine Anfangszeit in der Küche. Einmal habe ich das Abschäumen schlicht vergessen … das Ergebnis war ein leicht bitterer Unterton im ganzen Gericht. Eine kleine Lektion, die man nie vergisst! Also, immer schön mit einer Kelle den Schaum abfischen. Ein kleiner Handgriff mit großer Wirkung für Geschmack und Bekömmlichkeit.
Vitamine & Mineralstoffe: Besonders reich ist die Bohne an Folsäure, Eisen und Magnesium. Kleiner Tipp am Rande: Folsäure ist hitzeempfindlich. Sanftes Köcheln statt sprudelndem Kochen hilft also, mehr davon zu erhalten. Und damit der Körper das pflanzliche Eisen besser aufnehmen kann, kombinieren Sie es am besten mit Vitamin C. Ein Spritzer Zitronensaft über den fertigen Bohnensalat schmeckt also nicht nur gut, sondern ist auch richtig clever.

Die Zubereitung – Eine Anleitung aus der Profiküche
Geduld ist bei getrockneten Hülsenfrüchten die wichtigste Zutat. Wer hier Abkürzungen nimmt, wird am Ende mit dem Ergebnis nicht glücklich sein. Das ist der Unterschied zwischen einer guten und einer perfekten Bohne.
Schritt 1: Der Einkauf
Alles beginnt mit guter Qualität. Achten Sie auf ganze, unbeschädigte Bohnen mit einer satten, roten Farbe. Blasse oder rissige Exemplare sind oft ein Zeichen für Überlagerung – und die werden nur schwer oder gar nicht weich. Ich kaufe sie am liebsten in Asiamärkten, da ist der Umschlag hoch und die Ware meist frischer. Preislich liegen 500 Gramm dort oft schon bei 2 bis 3 Euro. Im Biomarkt kann der Preis auch mal auf 4 bis 5 Euro klettern, dafür ist die Qualität oft hervorragend.
Schritt 2: Das Einweichen – Mehr als nur Zeit sparen
Dieser Schritt ist nicht verhandelbar! Es geht nicht nur darum, die Kochzeit zu verkürzen. Die Bohne saugt sich langsam mit Wasser voll, gart später gleichmäßiger und die Schale platzt nicht so leicht auf.

- Das Verhältnis: Nehmen Sie mindestens die dreifache Menge an kaltem Wasser. Also: eine Tasse Bohnen, mindestens drei Tassen Wasser.
- Die Dauer: Mindestens 8 Stunden, idealerweise einfach über Nacht (ca. 12 Stunden). Länger als 24 Stunden würde ich sie nicht stehen lassen, sonst fangen sie an zu gären.
- Ganz wichtig: Das Einweichwasser immer wegschütten! Darin haben sich die Stoffe gelöst, die wir lieber nicht im Essen haben wollen. Spülen Sie die Bohnen danach unter fließendem Wasser nochmal gut durch.
Ach ja, und falls Sie es mal vergessen haben: Die Schnell-Einweichmethode ist ein Kompromiss. Bohnen in einen Topf, gut mit Wasser bedecken, kurz aufkochen und 2-3 Minuten blubbern lassen. Dann vom Herd nehmen und zugedeckt eine Stunde ziehen lassen. Nicht perfekt, aber besser als nichts.
Schritt 3: Das Kochen – Sanft zum Ziel
Jetzt wird’s ernst. Hier entscheidet sich die Textur.
- Kalt starten: Die gespülten Bohnen in einen großen Topf geben und großzügig mit frischem, kaltem Wasser bedecken (ca. 4-5 cm über den Bohnen).
- Langsam erhitzen: Bringen Sie das Wasser langsam zum Kochen und reduzieren Sie die Hitze dann sofort auf die kleinste Stufe. Die Bohnen sollen nur noch sanft simmern, nicht wild kochen!
- Abschäumen: In den ersten 10-15 Minuten den Schaum sorgfältig mit einer Kelle abnehmen.
- Garzeit: Rechnen Sie mit 45 bis 60 Minuten, je nach Alter der Bohnen.
- Der Salz-Mythos: Die alte Regel „Salz erst am Ende, sonst werden Bohnen nicht weich“ ist nur die halbe Wahrheit. Säure (Tomaten, Essig) verhärtet die Schalen wirklich. Eine kleine Prise Salz im Kochwasser kann aber sogar helfen. Ich persönlich gebe es in den letzten 15 Minuten der Kochzeit dazu.
- Die Garprobe: Verlassen Sie sich nie blind auf die Uhr. Nehmen Sie eine Bohne heraus und zerdrücken Sie sie. Sie muss sich mühelos zerquetschen lassen und darf keinen harten Kern mehr haben.
Gut zu wissen: Was, wenn die Bohnen einfach nicht weich werden?
Ein häufiges Problem! Meist liegt es an sehr alten Bohnen oder extrem hartem, kalkhaltigem Wasser. Ein wenig bekannter Trick aus der Profiküche: Geben Sie eine winzige Prise Natron (ca. ¼ Teelöffel auf einen großen Topf) ins Kochwasser. Das wirkt Wunder! Aber Achtung: Nicht übertreiben, sonst schmeckt es seifig.

Für Eilige: Die Dosen-Alternative und der Meal-Prep-Trick
Klar, manchmal muss es schnell gehen. Adzukibohnen gibt es auch in der Dose. Sie sind praktisch, aber ehrlich gesagt geschmacklich und von der Textur her nicht mit selbst gekochten zu vergleichen. Außerdem sind sie auf die Menge gerechnet oft teurer. Mein Tipp für den Alltag: Kochen Sie gleich die ganze 500g-Packung. Was Sie nicht sofort brauchen, lassen Sie abkühlen und frieren es portionsweise ein. So haben Sie immer perfekte Bohnen griffbereit – günstiger und leckerer als aus der Dose.
Von süß bis herzhaft: Die zwei Gesichter der Adzukibohne
In Asien ist die Adzukibohne die unangefochtene Königin der Süßspeisen, allen voran als Anko-Paste. Für die stückige Variante (Tsubuan) werden die gekochten Bohnen einfach mit Zucker eingekocht. Für die edle, feine Variante (Koshian) werden die Bohnen nach dem Kochen durch ein feines Sieb gestrichen, sodass nur das samtige Püree übrig bleibt – ein Traum in Desserts wie Mochi oder Dorayaki.

Bei uns in Europa entdecken wir sie gerade für die herzhafte Küche. Ich liebe sie in Salaten, weil sie ihre Form so gut behalten. Eine tolle Kombi ist zum Beispiel mit geröstetem Kürbis und Ziegenkäse. Aber auch in Eintöpfen oder als Basis für vegetarische Bratlinge (gemischt mit Haferflocken und Gewürzen wie Kreuzkümmel) machen sie eine fantastische Figur.
Einfache Rezepte für den Start
Hier sind zwei unkomplizierte Ideen, die zeigen, was in der Bohne steckt.
Grundrezept: Perfekt gekochte Adzukibohnen
Das ist die Basis für alles Weitere.
- Zutaten: 250 g getrocknete Adzukibohnen, 1,5 Liter Wasser, optional: 1 Lorbeerblatt, 1 Streifen Kombu-Alge (ca. 5 cm)
Zubereitung: Bohnen wie oben beschrieben einweichen und abspülen. Mit 1,5 Litern frischem Wasser, Lorbeerblatt und Kombu-Alge in einen Topf geben. (Übrigens: Die Kombu-Alge gibt’s im Asiamarkt. Sie ist optional, macht die Bohnen aber noch zarter und bekömmlicher. Wenn Sie keine haben, lassen Sie sie einfach weg.) Langsam aufkochen, dann 45-60 Minuten sanft köcheln lassen. Schaum abschöpfen und Garprobe machen. Fertig!

Herzhafte Adzukibohnen-Pilz-Suppe
Wärmend, nahrhaft und perfekt für kühle Tage.
- Zutaten: 200 g gekochte Adzukibohnen, 1 große Zwiebel, 2 Knoblauchzehen, 2 Karotten, 2 Stangen Staudensellerie, 250 g Champignons, 1 EL Öl, 1 Liter Gemüsebrühe, 1 TL getrockneter Thymian, Salz, Pfeffer, 1-2 TL Sojasauce, frische Petersilie
Zubereitung: Öl im Topf erhitzen. Zwiebel, Karotten und Sellerie ca. 5-7 Minuten andünsten. Knoblauch kurz mitdünsten. Pilze zugeben und anbraten, bis sie Farbe annehmen. Mit Brühe ablöschen, Bohnen und Thymian dazu. 20 Minuten köcheln lassen. Zum Schluss mit Salz, Pfeffer und der Sojasauce abschmecken. Mit frischer Petersilie servieren.
Wichtige Hinweise zum Schluss
Als Koch trägt man Verantwortung, daher noch zwei wichtige Punkte.
- Niemals roh essen: Rohe Bohnen enthalten Lektine, die zu üblen Magen-Darm-Problemen führen können. Gründliches Kochen zerstört diese Stoffe aber vollständig.
- Richtig lagern: Gekochte Bohnen im Kühlschrank aufbewahren und innerhalb von 3-4 Tagen verbrauchen.
Die Adzukibohne ist der beste Beweis dafür, wie viel Potenzial in einfachen Zutaten steckt. Mit ein bisschen Wissen und Geduld können Sie aus dieser kleinen Bohne wirklich Großes zaubern. Probieren Sie es einfach mal aus!

Bildergalerie


Schon mal an Adzukibohnen-Mehl gedacht?
Es ist eine fantastische, glutenfreie Alternative für Backwaren und lässt sich leicht selbst herstellen. Dafür die trockenen Bohnen in einer Pfanne ohne Fett leicht anrösten, bis sie duften, vollständig abkühlen lassen und dann in einer leistungsstarken Kaffeemühle oder einem Blender zu feinem Mehl mahlen. Das Ergebnis ist ein Mehl mit einem zarten, nussig-süßen Aroma, das sich perfekt für die im Artikel erwähnten Brownies, aber auch für Pfannkuchen oder Kekse eignet und ihnen eine Extraportion Protein verleiht.

In Japan symbolisiert die rote Farbe der Adzukibohne Glück und Fruchtbarkeit und vertreibt böse Geister.
Deshalb ist sie fester Bestandteil bei Feierlichkeiten. Zu Anlässen wie Hochzeiten, Geburten oder Neujahr wird traditionell „Sekihan“ serviert – ein Gericht aus Klebreis und Adzukibohnen, das durch die Bohnen eine festliche, rötliche Färbung erhält. Es ist weit mehr als nur eine Beilage; es ist ein Gericht voller guter Wünsche.

Der Turbo für die Bohne: Schnellkochtopf. Wer keine Zeit für stundenlanges Köcheln hat, findet im Schnellkochtopf, wie dem populären Instant Pot, einen echten Verbündeten. Eingeweichte Adzukibohnen sind darin oft schon in 10-15 Minuten butterzart, uneingeweichte in etwa 20-25 Minuten. Das Ergebnis ist eine besonders cremige Textur, ideal für die Zubereitung von Anko-Paste.

Die erdige Süße der Adzukibohne harmoniert wunderbar mit einer Vielzahl von Aromen. Experimentieren Sie doch mal mit diesen Kombinationen:
- Für süße Speisen: Kokosmilch, Orangenschale, Ingwer, Zimt oder ein Hauch Vanille.
- Für herzhafte Gerichte: Miso-Paste, geröstetes Sesamöl, Shiitake-Pilze oder ein Spritzer würzige Sojasauce von Marken wie Kikkoman.

Eine perfekte Anko-Paste ist ein Erlebnis für die Sinne. Es geht nicht nur um die Süße, sondern um die Textur. Wenn sie richtig zubereitet ist, fühlt sie sich auf der Zunge samtig und reichhaltig an, fast wie eine luxuriöse Schokoladencreme, aber mit einer komplexen, erdigen Tiefe, die unverkennbar ist. Dieser feine Schmelz ist das Geheimnis, das japanische Desserts so unvergleichlich macht.

- Cremigere, zartere Bohnen
- Eine deutlich verkürzte Kochzeit
Das Geheimnis? Würzen Sie erst ganz zum Schluss! Der alte Küchenmythos, dass Salz die Schale von Bohnen verhärtet und das Garen verlängert, hat einen wahren Kern. Geben Sie Salz, Sojasauce oder Miso erst in den letzten 10-15 Minuten der Kochzeit hinzu. So können die Bohnen ungehindert Wasser aufnehmen und perfekt weich werden.

Ein kleiner Trick aus der japanischen Küche: Geben Sie beim Einweichen oder Kochen der Adzukibohnen ein kleines Stück Kombu-Alge (essbarer Seetang, z.B. von Clearspring) mit ins Wasser. Das darin enthaltene Enzym hilft nicht nur, die Bohnen schneller weich zu machen, sondern verbessert auch ihre Verdaulichkeit und verleiht ihnen einen dezenten Hauch von Umami.

Wichtiger Punkt: Auch wenn es verlockend ist, verwenden Sie niemals das Einweichwasser zum Kochen der Bohnen. In diesem Wasser lösen sich schwer verdauliche Zucker (Oligosaccharide), die für Blähungen verantwortlich sein können. Schütten Sie es also immer weg und spülen Sie die Bohnen vor dem Kochen gründlich unter fließendem Wasser ab. Ihr Bauch wird es Ihnen danken!

Getrocknet: Die erste Wahl für Kenner. Sie haben die volle Kontrolle über den Garpunkt und den Salzgehalt, der Geschmack ist intensiver und die Textur besser. Ideal für Anko, bei dem es auf eine perfekte Konsistenz ankommt.
Aus der Dose: Die schnelle Lösung für spontane Salate oder Suppen. Achten Sie auf Bio-Qualität ohne Zuckerzusatz, wie sie etwa von Davert oder Rapunzel angeboten wird. Für Pürees sind sie oft schon zu weich.
Sie haben eine größere Menge Adzukibohnen gekocht? Perfekt für die Vorratshaltung! Lassen Sie die Bohnen vollständig abkühlen und frieren Sie sie portionsweise ein. Ein Profi-Tipp: Breiten Sie die Bohnen zunächst auf einem Backblech aus und lassen Sie sie einzeln gefrieren. Danach können Sie sie in einen Gefrierbeutel füllen. So kleben sie nicht zusammen und lassen sich je nach Bedarf entnehmen.




