Kichererbsenmehl: Dein neuer bester Freund in der Küche (wenn du weißt, wie!)
Ganz ehrlich? Als ich das erste Mal mit Kichererbsenmehl gebacken habe, war das Ergebnis ein Desaster. Ein Ziegelstein, der vage an Brot erinnern sollte. Lange Zeit dachte ich, das Zeug taugt nur als Notlösung für Leute, die kein Gluten vertragen. Aber das ist Quatsch. Heute ist es eines meiner liebsten Spezialmehle im Schrank – weil ich gelernt habe, ihm zuzuhören.
Inhaltsverzeichnis
- 0.1 Was landet da eigentlich in deiner Schüssel? Die zwei Gesichter des Kichererbsenmehls
- 0.2 Warum du das Mehl verstehen musst: Ein kurzer Blick hinter die Kulissen
- 0.3 Die 3 goldenen Regeln für perfektes Gelingen
- 0.4 Einmal um die Welt: So wird Kichererbsenmehl zum Star
- 0.5 Hilfe, es klappt nicht! Deine Erste-Hilfe-Checkliste
- 0.6 Grundrezept: Fluffige Kichererbsen-Pfannkuchen
- 0.7 Lagerung und letzter Check: So bleibt dein Mehl frisch
- 0.8 Also, trau dich!
- 1 Bildergalerie
Kichererbsenmehl ist nämlich kein simpler Weizen-Ersatz. Es hat einen eigenen Kopf, eigene Regeln. Wer versucht, es 1:1 auszutauschen, wird fast immer enttäuscht. Der Schlüssel zum Erfolg ist, seine Stärken zu kennen und seine kleinen Schwächen auszutricksen. Und genau das zeige ich dir hier. Vergiss trockene Theorie, das hier sind die Tipps und Tricks aus der echten Küchenpraxis.
Was landet da eigentlich in deiner Schüssel? Die zwei Gesichter des Kichererbsenmehls
Klingt simpel: Mehl aus gemahlenen Kichererbsen. Aber Moment, hier geht die Reise schon los. Es gibt nämlich nicht DAS eine Kichererbsenmehl, und der kleine, aber feine Unterschied entscheidet über Gelingen oder Misslingen.

Da wäre zum einen das Mehl aus rohen Kichererbsen. Das ist das, was du oft supergünstig im Asialaden unter dem Namen „Besan“ oder „Gram-Mehl“ findest. Eine große Tüte kostet da oft unter 5 Euro pro Kilo. Es ist blassgelb und riecht ein bisschen „grün“ oder bohnig. Keine Sorge, dieser Geruch verfliegt beim Kochen komplett! Dieses Mehl ist ein absoluter Champion im Binden. Ich nehme es für herzhafte Pfannkuchen, Gemüsebratlinge oder als veganen Ei-Ersatz. Sein hoher Proteingehalt sorgt für eine Bomben-Struktur.
Und dann gibt es das Mehl aus gerösteten Kichererbsen. Das ist die Variante, die du eher im Bioladen oder Reformhaus findest, meist für 4-5 € pro 500g-Beutel. Hier werden die Kichererbsen vor dem Mahlen geröstet, und das ändert alles. Es duftet herrlich nussig, hat eine etwas dunklere Farbe und schmeckt von sich aus schon viel runder. Perfekt für alles, wo der Mehlgeschmack eine Hauptrolle spielen soll, wie in herzhaften Keksen oder als besondere Note im Brotteig.

Kleiner Tipp: Wenn im Rezept nichts Genaues steht, nimm für bindende, herzhafte Sachen das günstige Besan-Mehl. Für feines Gebäck mit nussigem Aroma greif zur gerösteten Variante.
Warum du das Mehl verstehen musst: Ein kurzer Blick hinter die Kulissen
Warum also der ganze Aufwand, wenn Weizenmehl doch so unkompliziert ist? Nun, Kichererbsenmehl ist ein kleines Nährstoffkraftwerk. Es hat deutlich mehr Protein und Ballaststoffe und punktet mit einem niedrigeren glykämischen Index. Aber sein größter Unterschied ist: Es hat kein Gluten.
Stell dir Gluten wie ein elastisches Netz im Teig vor. Es fängt die Luftbläschen von Hefe oder Backpulver ein und macht alles schön fluffig. Dieses Netz fehlt bei Kichererbsenmehl komplett. Ein Teig daraus wird nie so luftig aufgehen. Stattdessen sorgen Stärke und Proteine für den Zusammenhalt. Wenn du Wasser dazugibst und das Ganze erhitzt, quellen die Stärkemoleküle auf und bilden ein Gel. Das ist das Geheimnis seiner fantastischen Bindekraft.
Achtung, Durst! Kichererbsenmehl saugt Flüssigkeit auf wie ein Schwamm, viel mehr als Weizenmehl. Das liegt an den vielen Ballaststoffen. Als Faustregel kannst du mit 15-25 % mehr Flüssigkeit rechnen. Aber bitte langsam! Gib dem Teig immer ein paar Minuten Zeit zum Quellen, bevor du entscheidest, ob er noch mehr braucht.

Die 3 goldenen Regeln für perfektes Gelingen
Mit der Zeit lernt man ein paar Handgriffe, die den Unterschied zwischen „ganz okay“ und „wow, ist das lecker!“ ausmachen.
- Sieben ist Pflicht, keine Kür: Kichererbsenmehl neigt extrem dazu, zu klumpen. Wenn du es einfach so in die Flüssigkeit wirfst, hast du später kleine, mehlige Kügelchen im Essen. Also: Immer, wirklich IMMER, vorher durch ein Sieb streichen. Das macht den Teig sofort feiner.
- Gönn dem Teig eine Pause: Das ist vielleicht der wichtigste Tipp überhaupt. Der Teig MUSS ruhen, damit das Mehl die Flüssigkeit komplett aufsaugen kann. Sonst schmeckt’s am Ende sandig. Bei dünnen Teigen (Pfannkuchen) plane mindestens 30 Minuten im Kühlschrank ein, ich lasse meinen oft eine Stunde stehen. Bei festen Massen (Bratlinge) reichen auch 30 Minuten, damit sie sich besser formen lassen.
- Werde zum Geschmacks-Dompteur: Besonders das rohe Mehl hat einen Eigengeschmack, den man mögen muss. Aber den kann man super steuern! Röste das Mehl vor der Verwendung ein paar Minuten in einer trockenen Pfanne an, bis es duftet. Das wirkt Wunder! Ein Spritzer Zitronensaft oder ein Löffel Joghurt im Teig balancieren den Geschmack ebenfalls aus. Und sei mutig mit Gewürzen: Kreuzkümmel, Koriander, Chili und frische Kräuter sind seine besten Freunde.

Einmal um die Welt: So wird Kichererbsenmehl zum Star
Dieses Mehl ist keine neumodische Erfindung, sondern in vielen Küchen der Welt seit Ewigkeiten zu Hause.
Das vielleicht genialste Beispiel ist Socca aus Südfrankreich oder Farinata aus Italien. Ein hauchdünner Fladen aus nur Kichererbsenmehl, Wasser und Olivenöl. Mehr braucht es nicht. Der Trick für zu Hause: Heize eine gusseiserne Pfanne im Ofen bei maximaler Temperatur (mindestens 250 °C) vor. Der Teig sollte die Konsistenz von flüssiger Sahne haben. Dann die heiße Pfanne aus dem Ofen holen, großzügig Olivenöl rein (der Boden muss bedeckt sein!), Teig eingießen und sofort wieder ab in den Ofen, bis die Ränder knusprig sind. Ein Traum!
Oder Panisse, quasi die Pommes-Frites-Version davon. Hier wird ein dicker Brei wie Polenta gekocht, abgekühlt, in Streifen geschnitten und frittiert. Außen knusprig, innen cremig – Suchtgefahr!
Wusstest du übrigens, dass man in Burma aus Kichererbsenmehl eine Art Tofu herstellt? Völlig ohne Soja, nur aus Mehl und Wasser. Ziemlich clever, oder?

Hilfe, es klappt nicht! Deine Erste-Hilfe-Checkliste
Jeder fängt mal an, und hier sind die Lösungen für die häufigsten Pannen:
- Problem: Dein Pfannkuchen oder Fladen ist innen matschig.
Lösung: Deine Pfanne war nicht heiß genug! Gib ihr mehr Zeit zum Vorheizen. Oder der Teig war zu dickflüssig. Gib nächstes Mal einen kleinen Schuss mehr Wasser dazu. - Problem: Alles schmeckt irgendwie bitter oder „bohnig“.
Lösung: Du hast wahrscheinlich das rohe „Besan“-Mehl verwendet. Röste es vor der Verwendung kurz in der Pfanne an oder sei mutiger mit Säure (Zitrone) und kräftigen Gewürzen (Kreuzkümmel, Chili). - Problem: Das Ergebnis ist trocken und bröselig.
Lösung: Dein Teig war zu trocken und/oder hatte nicht genug Zeit zum Quellen. Gib beim nächsten Mal schluckweise mehr Flüssigkeit hinzu und halte die Ruhezeit von mindestens 30 Minuten unbedingt ein.
Grundrezept: Fluffige Kichererbsen-Pfannkuchen
Dieses Rezept ist eine super Basis, um ein Gefühl für das Mehl zu bekommen.
Du brauchst:
- 125 g Kichererbsenmehl, gesiebt
- 1 TL Backpulver
- 1/2 TL Salz
- 1 EL Zucker oder Ahornsirup
- 240 ml Buttermilch (die Säure macht sie zarter)
- 1 großes Ei
- 2 EL geschmolzene Butter oder neutrales Öl
So geht’s:

- Trockene Zutaten in einer Schüssel mischen. Das Sieben nicht vergessen!
- In einer zweiten Schüssel die flüssigen Zutaten verquirlen.
- Flüssiges zum Trockenen geben und nur ganz kurz verrühren, bis es gerade so vermischt ist. Ein paar Klümpchen sind okay.
- WICHTIG: Teig abgedeckt für 30 Minuten in den Kühlschrank stellen.
- In einer beschichteten Pfanne bei mittlerer Hitze etwas Butter schmelzen und kleine Pfannkuchen ausbacken, bis Blasen aufsteigen. Wenden und goldbraun fertig backen.
Und jetzt das Ganze in vegan?
Kein Problem! Ersetze die Buttermilch durch 240 ml Pflanzenmilch mit einem Spritzer Zitronensaft. Anstelle des Eis nimmst du einfach deine eigene Ei-Ersatz-Mischung: 3 EL Kichererbsenmehl mit 3 EL Wasser glatt rühren. Funktioniert perfekt!
Lagerung und letzter Check: So bleibt dein Mehl frisch
Kichererbsenmehl hat mehr Fett als Weizenmehl und kann daher ranzig werden. Bewahre es immer in einem luftdichten Behälter an einem kühlen, dunklen Ort auf. Im Sommer oder wenn du es selten benutzt, ist der Kühlschrank der beste Platz.

Der ultimative Frische-Test ist deine Nase. Bevor du es benutzt, riech mal kurz dran. Wenn es auch nur leicht muffig oder seltsam riecht – weg damit! Ranziges Fett kann dir das leckerste Gericht ruinieren.
Und noch ein Wort zur Sicherheit, falls du für Menschen mit Zöliakie kochst: Achte immer auf das „zertifiziert glutenfrei“-Siegel. Kichererbsen sind zwar von Natur aus glutenfrei, aber bei der Verarbeitung in Mühlen kann es zu Kontakt mit Weizen kommen. Sicher ist sicher.
Also, trau dich!
Sieh Kichererbsenmehl nicht als komplizierte Diva, sondern als spannenden Spezialisten mit Charakter. Wenn du seine Eigenheiten respektierst, belohnt es dich mit genialen Texturen, einem tollen Geschmack und einer extra Portion Nährstoffe. Fang mit den Pfannkuchen oder einer Socca an und taste dich langsam vor. Du wirst sehen, wie viele neue Möglichkeiten sich in deiner Küche auftun.
Bildergalerie


Wussten Sie, dass Kichererbsenmehl in der südfranzösischen Stadt Nizza der Star eines ganzen Gerichts ist? Die „Socca“, ein hauchdünner, im Holzofen gebackener Pfannkuchen, besteht nur aus Mehl, Wasser, Olivenöl und Salz. Ein perfektes Beispiel dafür, wie wenige Zutaten Großes bewirken können.

Mein Teig ist zu dickflüssig, was nun?
Keine Panik, das ist ein typischer Anfängerfehler. Kichererbsenmehl saugt Flüssigkeit extrem stark auf, oft auch noch nach dem Anrühren. Geben Sie Wasser oder Pflanzenmilch immer nur löffelweise hinzu und lassen Sie den Teig dann unbedingt 10-15 Minuten quellen. Erst danach sehen Sie die endgültige Konsistenz und können bei Bedarf noch etwas Flüssigkeit nachgeben.

Die geheime Zutat für Fluffigkeit: Ein Schuss Säure! Ein Teelöffel Apfelessig oder Zitronensaft, zugegeben zum Teig, reagiert mit dem ebenfalls zugegebenen Backpulver oder Natron. Das Ergebnis sind leichtere, luftigere Muffins und Brote, die der oft dichten Struktur des Kichererbsenmehls entgegenwirken.

Kichererbsenmehl ist nicht nur für den Teller da. Dank seiner leicht peelenden Wirkung und den enthaltenen Saponinen ist es eine fantastische Basis für eine reinigende Gesichtsmaske.
- 2 EL Kichererbsenmehl
- 1 TL Kurkuma
- Genügend Wasser oder Rosenwasser für eine cremige Paste
Einfach auftragen, trocknen lassen und abwaschen. Eine alte ayurvedische Tradition für reine Haut.

Besan aus dem Asialaden: Günstig, aber manchmal etwas dominant im Geschmack. Ein einfacher Trick, um das „bohnige“ Aroma zu mildern, ist das trockene Anrösten. Geben Sie das Mehl ohne Fett in eine Pfanne und erhitzen Sie es bei mittlerer Stufe unter ständigem Rühren für 3-4 Minuten, bis es nussig duftet. Abkühlen lassen und wie gewohnt verwenden – der Geschmacksunterschied ist enorm!

- Kreuzkümmel, Koriander & Schwarzer Pfeffer
- Frischer Rosmarin & Thymian
- Geräuchertes Paprikapulver & eine Prise Chili
Das sind die Gewürz-Traumpaare für Kichererbsenmehl. Seine nussig-erdige Basis harmoniert perfekt mit kräftigen, warmen Aromen und bringt herzhafte Gerichte wie Bratlinge oder Pfannkuchen auf ein neues Level.

Die Haltbarkeit von Kichererbsenmehl ist kürzer als die von Weizenmehl. Durch seinen höheren Fettgehalt kann es schneller ranzig werden. Lagern Sie es am besten in einem luftdichten Behälter an einem kühlen, dunklen Ort. Im Sommer ist sogar der Kühlschrank eine gute Wahl, um die Frische zu bewahren.

Mit etwa 22 Gramm Protein pro 100 Gramm liefert Kichererbsenmehl fast doppelt so viel Eiweiß wie klassisches Weizenmehl Type 405.
Das macht es nicht nur für Sportler und Veganer interessant. Der hohe Proteingehalt sorgt auch für eine langanhaltende Sättigung und eine stabile Struktur in glutenfreien Backwaren, die sonst oft zerfallen.

Kann ich Kichererbsenmehl auch für süße Rezepte verwenden?
Ja, aber mit Bedacht! Sein herzhafter Unterton passt wunderbar zu Schokolade, Nüssen oder Gewürzen wie Zimt und Kardamom. In feinen Vanille-Keksen könnte es jedoch zu dominant sein. Eine gute Faustregel: Ersetzen Sie zunächst nur 25-30 % des Gesamtmehls durch Kichererbsenmehl, zum Beispiel in einem Schokokuchen-Rezept von Marken wie Dr. Oetker, um Textur und Nährwert zu verbessern, ohne den Geschmack zu überlagern.

Burmesischer Tofu: Eine faszinierende Spezialität aus Myanmar, die ganz ohne Soja auskommt. Sie besteht nur aus Kichererbsenmehl, Wasser, Kurkuma und Salz, die zusammen zu einer festen, polenta-artigen Masse gekocht werden. Nach dem Abkühlen kann man ihn wie Tofu in Würfel schneiden, anbraten und in Salaten oder Currys genießen. Eine geniale und einfache Alternative!

Für die perfekte Kruste: Verwenden Sie Kichererbsenmehl als Panade für Gemüse oder Tofu. Mischen Sie es mit Gewürzen, etwas Wasser zu einem dickflüssigen Teig, wenden Sie Ihr Gargut darin und braten Sie es in heißem Öl aus. Das Ergebnis ist eine unglaublich knusprige, goldbraune und von Natur aus glutenfreie Hülle.

Kichererbsenmehl von Bauckhof: Diese demeter-zertifizierte Variante aus gerösteten Kichererbsen ist ideal für alle, die einen milderen, nussigeren Geschmack bevorzugen. Perfekt für den Einstieg, da der typische Hülsenfrucht-Geschmack hier kaum wahrnehmbar ist.
Besan-Mehl von TRS oder Natco: Diese im Asialaden erhältlichen Mehle aus rohen Kichererbsen sind unschlagbar im Preis und ideal zum Binden von Bratlingen oder für herzhafte Pfannkuchen wie „Pudla“.
Denken Sie über den Tellerrand hinaus. Kichererbsenmehl ist ein fantastisches, natürliches Verdickungsmittel. Ein bis zwei Teelöffel, mit kaltem Wasser glattgerührt und in eine köchelnde Suppe oder ein Curry gegeben, sorgen für eine wunderbar sämige Konsistenz, ganz ohne Sahne oder Stärke.




