Alkalisches Wasser: Was der Installateur-Meister wirklich davon hält
In meiner Werkstatt, bei Kunden zu Hause, eigentlich überall höre ich immer wieder die gleichen Fragen. Aber in den letzten Jahren taucht eine besonders oft auf: „Herr Meister, was halten Sie eigentlich von diesen Geräten für alkalisches Wasser? Ist das wirklich so viel gesünder?“ Meistens liegt dann schon ein schicker, teurer Prospekt auf dem Küchentisch, der mehr Energie, Schutz vor Krankheiten und quasi die ewige Jugend verspricht. Ich schaue mir das dann an, nicke und erkläre den Leuten ganz in Ruhe, was Wasser wirklich ist und was unser Körper damit so anstellt.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Erstmal die Basics: Was heißt „alkalisch“ überhaupt?
- 2 Wie entsteht alkalisches Wasser? Natürlich vs. Künstlich
- 3 Die Werbeversprechen auf dem Prüfstand des Handwerkers
- 4 Achtung, Falle! Was die Verkäufer gerne verschweigen
- 5 Sinnvolle Maßnahmen: Wann Eingriffe ins Wasser wirklich was bringen
- 6 Ihr persönlicher Wasser-Check in 3 Minuten – Machen Sie mit!
- 7 Mein ehrliches Fazit als Handwerksmeister
- 8 Bildergalerie
Ganz ehrlich? Wasser ist mein Handwerk. In meiner langen Laufbahn als Gas- und Wasserinstallateurmeister habe ich unzählige Wasserleitungen verlegt, alte Rohre saniert und hunderte Wasserfilter und Enthärtungsanlagen eingebaut. Mein Job ist es, dafür zu sorgen, dass bei Ihnen zu Hause sauberes und sicheres Wasser aus dem Hahn kommt. Darum möchte ich hier mal ganz sachlich und ohne Verkaufsabsicht aufdröseln, was es mit diesem Hype um alkalisches Wasser wirklich auf sich hat.

Erstmal die Basics: Was heißt „alkalisch“ überhaupt?
Bevor wir über Gesundheit reden, müssen wir kurz die Grundlagen klären. Das ist das Erste, was ich auch jedem meiner Lehrlinge beibringe. Wasser ist chemisch gesehen H₂O, klar. Aber darin sind immer auch andere Stoffe gelöst, vor allem Mineralien. Und genau diese Stoffe geben dem Wasser seine Eigenschaften – eine davon ist der pH-Wert.
Stellen Sie sich einfach eine Skala von 0 bis 14 vor. Das ist die pH-Skala. In der Mitte, bei 7, ist es neutral. Alles darunter ist sauer (denken Sie an Zitronensaft mit einem pH-Wert von 2-3). Alles darüber ist basisch oder eben „alkalisch“ (wie Seifenlauge mit einem pH-Wert um die 9-10). Der pH-Wert ist also nichts weiter als ein Messwert dafür, wie sauer oder basisch eine Flüssigkeit ist. Nicht mehr und nicht weniger.
Wussten Sie schon? Unser Leitungswasser ist meistens schon alkalisch
In Deutschland überlassen wir die Qualität unseres wichtigsten Lebensmittels zum Glück nicht dem Zufall. Die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) ist quasi unser Grundgesetz für Wasser und legt glasklare Regeln fest. Und zum pH-Wert sagt sie: Leitungswasser muss zwischen 6,5 und 9,5 liegen.

Die meisten deutschen Wasserwerke liefern aber Wasser, das von Haus aus schon leicht alkalisch ist, oft mit einem Wert zwischen 7,5 und 8,5. Das hat aber keine esoterischen Gesundheitsgründe, sondern ganz handfeste technische! Ein leicht alkalischer pH-Wert schützt nämlich unsere Wasserleitungen. Zu saures Wasser würde die Rohre angreifen und Metalle herauslösen. Der vorgeschriebene Bereich ist also ein cleverer Kompromiss, um unsere Infrastruktur zu schützen und das Wasser hygienisch sicher zu halten.
Die Behauptung mancher Verkäufer, unser Leitungswasser sei „gefährlich sauer“, ist also, mit Verlaub, kompletter Unfug.
Wie entsteht alkalisches Wasser? Natürlich vs. Künstlich
Wasser kann auf zwei Wegen alkalisch werden: ganz natürlich oder eben künstlich. Der Unterschied ist entscheidend, um die Werbeversprechen zu durchschauen.
1. Der natürliche Weg: Die Kraft der Mineralien
Wenn Regenwasser durch Gesteinsschichten sickert, löst es Mineralien wie Calcium und Magnesium. Diese geben dem Wasser nicht nur Geschmack, sondern heben auch den pH-Wert an. Das Ergebnis nennen wir dann oft „hartes Wasser“. In manchen Regionen, zum Beispiel auf der Schwäbischen Alb, ist das Wasser extrem hart und damit von Natur aus stark alkalisch. Da schmeckt der Kaffee anders und der Kampf gegen Kalkablagerungen ist ein Dauerthema. Das ist Natur pur.

2. Der künstliche Weg: Die teure Technik
Und hier kommen wir zu den Geräten, die für viel Geld verkauft werden. Die gängigste Methode sind die sogenannten Wasserionisierer. Das sind die Kisten, die oft zwischen 1.500 und 4.000 Euro kosten und an die Wasserleitung angeschlossen werden.
Im Inneren trennt das Gerät mittels Elektrolyse das Wasser in einen sauren und einen alkalischen Teil. Das basische Wasser kommt aus dem einen Hahn, der saure Rest… tja, der läuft einfach in den Abfluss. Übrigens ein Punkt, über den selten gesprochen wird: Für jeden Liter basisches Wasser produzieren Sie auch eine gewisse Menge saures Abwasser.
Daneben gibt es noch günstigere Lösungen:
- Filterkartuschen & Sticks: Sie enthalten Mineralgranulate, die den pH-Wert leicht anheben. Das ist im Grunde die Nachahmung des natürlichen Prozesses im Schnelldurchlauf. Kostenpunkt für einen einfachen Tischfilter: ca. 30 Euro, plus jährliche Kosten für die Kartuschen von etwa 60-80 Euro.
- Basische Pulver & Tropfen: Das ist die simpelste Methode. Man kippt im Grunde Natron (Natriumbicarbonat) ins Wasser. Das macht es sofort alkalisch, aber man führt sich damit auch eine ordentliche Portion Natrium zu.

Die Werbeversprechen auf dem Prüfstand des Handwerkers
„Entsäuerung“, „Stoffwechsel-Boost“, „Anti-Aging“ – die Liste ist lang. Aber als Praktiker halte ich mich an Fakten. Schauen wir uns also mal an, was unser Körper zu dem Ganzen sagt.
Mythos „Übersäuerung“: Ihr Körper ist schlauer als jedes Gerät
Die ganze Industrie basiert auf der Idee, unser Körper sei chronisch übersäuert. Doch unser Organismus ist ein Meister der Selbstregulation.
Erste Station: Der Magen.
Jeder Schluck Wasser landet im Magen. Dort wartet Magensäure mit einem extrem sauren pH-Wert von 1,5 bis 3,5. Diese Säure ist überlebenswichtig, um Keime abzutöten und die Verdauung zu starten. Wenn Sie nun alkalisches Wasser mit pH 9 trinken, wird es von der Magensäure im Bruchteil einer Sekunde neutralisiert. Es ist wie ein einzelner Regentropfen, der auf eine heiße Herdplatte fällt. Puff, weg.
Zweite Station: Das Blut.
Das ist der wichtigste Punkt. Der pH-Wert unseres Blutes wird in einem haarscharfen Bereich von 7,35 bis 7,45 gehalten. Schon winzige Abweichungen wären ein medizinischer Notfall, der Sie auf die Intensivstation bringen würde. Unser Körper hat geniale Puffersysteme in Lunge und Nieren, die diesen Wert konstant halten – egal, was Sie essen oder trinken.

Die Vorstellung, man könne den pH-Wert des Blutes durch Wassertrinken „verbessern“, ist wissenschaftlich schlicht nicht haltbar.
Achtung, Falle! Was die Verkäufer gerne verschweigen
Für gesunde Menschen ist das Trinken von alkalischem Wasser wahrscheinlich harmlos. Aber es gibt ein paar Haken, die in den Hochglanzbroschüren seltsamerweise nie auftauchen.
Mein Tipp vom Meister: Augen auf beim Gerätekauf!
- Die Keimschleuder-Gefahr: Jedes Gerät in der Wasserleitung ist ein potenzielles Hygienerisiko. Besonders bei mangelhafter Wartung können Filter und Ionisierer zu einem wahren Paradies für Bakterien werden. Ganz ehrlich, mir wird heute noch anders, wenn ich daran denke: Ich hab mal so ein Billig-Teil aus dem Internet bei einem Kunden ausbauen müssen, das monatelang nicht gewartet wurde. Das war innen eine einzige, schleimige, stinkende Masse. Seitdem sage ich immer: Regelmäßige Wartung ist Pflicht, sonst wird’s gefährlich!
- Fehlende Sicherheits-Siegel: In Deutschland garantiert das DVGW-Zertifikat, dass ein Gerät sicher für den Kontakt mit Trinkwasser ist. Viele der online beworbenen Schnäppchen-Ionisierer haben dieses Siegel nicht. Man weiß also nicht, ob sie vielleicht Schadstoffe an das Wasser abgeben. Finger weg!
- Die versteckten Kosten: Der Kaufpreis von mehreren Tausend Euro ist nur der Anfang. Hinzu kommen Kosten für den Einbau, regelmäßigen Filterwechsel (der ins Geld gehen kann), Strom und die Wartung durch einen Fachmann.

Sinnvolle Maßnahmen: Wann Eingriffe ins Wasser wirklich was bringen
Es gibt aber absolut Situationen, in denen wir die Wasserqualität gezielt verändern. Aber aus handfesten, technischen Gründen.
Die häufigste und sinnvollste Maßnahme ist eine Wasserenthärtungsanlage. In Regionen mit sehr hartem Wasser (also viel Kalk) ist das eine extrem kluge Investition. So eine Anlage tauscht die „harten“ Calcium- und Magnesium-Ionen gegen „weiche“ Natrium-Ionen aus.
Die Vorteile liegen auf der Hand:
- Keine verkalkten Heizstäbe mehr in Waschmaschine & Co. = spart Energie und Geld.
- Weniger Putzaufwand bei Armaturen und in der Dusche.
- Haushaltsgeräte wie Kaffeemaschinen leben deutlich länger.
- Sie benötigen weniger Wasch- und Spülmittel.
Gut zu wissen: Eine professionelle Enthärtungsanlage vom Fachmann kostet inklusive Einbau meist zwischen 1.500 und 2.500 Euro. Das ist eine Investition in den Werterhalt des Hauses, die sich über die Jahre definitiv rechnet.
Ihr persönlicher Wasser-Check in 3 Minuten – Machen Sie mit!
Wollen Sie wissen, wie es um IHR Wasser bestellt ist? Das ist einfacher als Sie denken und kostet nichts!

Aktion für heute:
- Googeln Sie: „[Ihr Wohnort] + Wasserwerke“
- Suchen Sie auf der Webseite: nach Begriffen wie „Trinkwasseranalyse“ oder „Wasserqualität“. Fast jeder Versorger stellt diese Daten öffentlich zur Verfügung.
- Notieren Sie sich zwei Werte: Den pH-Wert und den Härtegrad (angegeben in „°dH“ – Grad deutscher Härte).
Das dauert keine fünf Minuten und schon wissen Sie Bescheid! Liegt Ihr Härtegrad über 14 °dH, leben Sie in einer „Hartwasserregion“ und eine Enthärtungsanlage könnte sich für Sie lohnen.
Mein ehrliches Fazit als Handwerksmeister
Nach all den Jahren im Beruf habe ich gelernt, zwischen echtem Nutzen und gutem Marketing zu unterscheiden. Der Hype um alkalisches Wasser gehört für mich ganz klar in die zweite Kategorie.
Unser Leitungswasser in Deutschland ist eines der besten der Welt. Es ist sicher, sauber und hat bereits einen optimalen pH-Wert. Ihr Körper ist ein technisches Wunderwerk, das seinen Säure-Basen-Haushalt perfekt selbst im Griff hat.
Anstatt tausende Euro für ein Gerät mit fragwürdigem Nutzen auszugeben, rate ich meinen Kunden immer zu Folgendem:

- Trinken Sie einfach genug Leitungswasser. Der wichtigste Faktor ist die Menge, nicht der pH-Wert. Anderthalb bis zwei Liter am Tag sind die beste Gesundheitsvorsorge.
- Verbessern Sie den Geschmack, wenn nötig. Wenn Sie der Chlor- oder Kalkgeschmack stört, ist ein einfacher Tischwasserfilter für rund 30 Euro eine super Lösung. Günstig und effektiv.
- Schützen Sie Ihr Zuhause. Wenn Sie wirklich hartes Wasser haben, investieren Sie in eine Enthärtungsanlage. Das schont Ihre Nerven, Ihren Geldbeutel und Ihre Geräte.
Vertrauen Sie auf die Qualität unseres Wassers und auf die geniale Technik Ihres Körpers. Manchmal ist die einfachste Lösung eben doch die beste. Ein Glas frisches, kühles Leitungswasser – darauf gebe ich Ihnen mein Meister-Wort.
Bildergalerie


„Die deutsche Trinkwasserverordnung schreibt für Leitungswasser einen pH-Wert zwischen 6,5 und 9,5 vor. In den meisten Regionen liegt er von Natur aus bereits im leicht alkalischen Bereich über 7,5.“
Das bedeutet, dass das Wasser, das bei Ihnen aus dem Hahn kommt, oft schon die Eigenschaften erfüllt, die teure Geräte erst herstellen wollen. Bevor Sie also über eine Investition nachdenken, lohnt sich ein Blick auf die Analyse Ihres lokalen Wasserversorgers. Diese ist meist online kostenlos einsehbar und gibt präzise Auskunft über den pH-Wert und die Mineralstoffzusammensetzung direkt bei Ihnen vor Ort.

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Wasserionisierer und einem einfachen alkalischen Filter?
Ein Wasserionisierer, wie sie etwa von Kangen oder Sanuslife bekannt sind, wird fest an die Wasserleitung angeschlossen. Er nutzt Elektrolyse, um das Wasser aktiv in einen sauren und einen basischen Teil zu spalten. Das ist ein komplexer technischer Prozess, der Strom verbraucht. Ein alkalischer Wasserfilter hingegen, oft als Kanne (z.B. von AcalaQuell) oder Kartusche ausgeführt, reichert das durchfließende Wasser passiv mit Mineralien wie Kalzium und Magnesium an, was den pH-Wert auf natürliche Weise leicht anhebt. Die Wahl hängt also stark vom Budget und dem gewünschten technischen Aufwand ab.

Ein Gedanke aus der Werkstatt: Wasser mit einem künstlich erhöhten pH-Wert kann die Neigung zu Kalkablagerungen in Ihren Leitungen und Haushaltsgeräten verstärken. Wenn das Wasser bereits sehr hart ist, kann die zusätzliche Alkalisierung dazu führen, dass sich Kalzium und Magnesium schneller absetzen. Das Ergebnis: verkalkte Heizstäbe im Boiler, verstopfte Düsen in der Kaffeemaschine und ein höherer Wartungsaufwand. Ein Aspekt, den die Hochglanzprospekte gerne verschweigen.
Viele schwören auf einfache Hausmittel, um ihr Wasser basischer zu machen. Hier sind die zwei gängigsten Methoden:
- Der Zitronen-Trick: Ein Spritzer frische Zitrone ins Wasser. Obwohl die Zitrone sauer schmeckt, wird sie im Körper basisch verstoffwechselt. Ein simpler und natürlicher Ansatz.
- Die Natron-Lösung: Eine kleine Prise Natron (Natriumbicarbonat) im Wasserglas löst sich schnell auf und erhöht den pH-Wert sofort. Aber Vorsicht: Menschen, die auf eine natriumarme Ernährung achten müssen, sollten hier sehr zurückhaltend sein.



