Mate-Tee ohne Frust: Die ehrliche Werkstatt-Anleitung für den perfekten Aufguss
Seit gefühlt einer Ewigkeit steht bei mir eine Thermoskanne mit Mate neben der Werkbank. Für mich ist das kein Trendgetränk, sondern einfach ein treuer Begleiter, wenn lange, konzentrierte Arbeit ansteht. In letzter Zeit sehe ich Mate aber überall. Bunte Packungen im Bio-Laden, hippe Cafés, die ihn anbieten … viele entdecken ihn gerade neu. Und das ist ja auch gut so!
Inhaltsverzeichnis
- 1 Erst das Material, dann die Arbeit: Was ist Mate eigentlich?
- 2 Der Werkzeugkasten: Deine Ausrüstung für den Start
- 3 Die Zubereitung: Schritt für Schritt zum perfekten Aufguss
- 4 Eine Frage des Geschmacks: Welcher Mate passt zu dir?
- 5 Qualität erkennen: Augen auf beim Kauf
- 6 Typische Probleme und wie du sie löst
- 7 Nach der Arbeit: Die Werkstatt aufräumen (die richtige Reinigung)
- 8 Ein ehrliches Wort zum Schluss
- 9 Bildergalerie
Aber, und das ist ein großes Aber: Mate ist mehr als nur ein Wachmacher in einer schicken Tüte. Die Zubereitung ist ein echtes Handwerk. Und genau hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Es ist der kleine, aber feine Unterschied zwischen einem bitteren, ungenießbaren Gebräu und einem milden, anregenden Genuss, der dich stundenlang fokussiert hält. Ganz ehrlich, ich habe in all den Jahren schon alles gesehen und die meisten Fehler selbst gemacht. Deshalb gibt’s hier meine Anleitung – nicht vom Wissenschaftler, sondern direkt vom Praktiker. Von jemandem, der gutes Werkzeug und die richtige Technik zu schätzen weiß.

Erst das Material, dann die Arbeit: Was ist Mate eigentlich?
Bevor wir loslegen, müssen wir unser „Holz“ verstehen. Mate ist nämlich kein Tee im klassischen Sinn, auch wenn wir ihn so nennen. Er kommt nicht von der Teepflanze, sondern von den Blättern des Mate-Strauchs, der nur in bestimmten Ecken Südamerikas wächst. Vor allem in Argentinien, Paraguay, Uruguay und Südbrasilien fühlt er sich wohl.
Die geheime Formel: Mehr als nur Koffein
Das Besondere an Mate ist seine Wirkung. Die ist einfach anders als bei Kaffee. Das liegt an einem cleveren Trio in den Blättern:
- Koffein: Klar, das kennen wir. Macht wach, schärft den Fokus. Der Gehalt liegt oft irgendwo zwischen Grüntee und einem ordentlichen Kaffee.
- Theobromin: Den Stoff kennst du vielleicht von guter Schokolade. Er wirkt sanfter, entspannt die Muskeln ein wenig und sorgt für ein angenehmes, wärmendes Gefühl. Kein nervöses Zappeln.
- Theophyllin: Findet man auch in Schwarztee. Regt sanft den Kreislauf an und kann sogar die Atmung erleichtern.
Und genau diese Kombination macht’s aus. Kaffee knallt oft rein, gibt dir einen schnellen, manchmal nervösen Kick und lässt dich danach in ein Loch fallen. Mate hingegen gibt seine Energie viel langsamer und gleichmäßiger ab. Die Wirkung ist klar, fokussiert und hält ewig an, ohne dieses Herzrasen. Perfekt für feine Arbeiten, bei denen man eine ruhige Hand braucht. Ach ja, und dann sind da noch Gerbstoffe für den herben Geschmack und Saponine, die für den leichten Schaum sorgen.

Der Werkzeugkasten: Deine Ausrüstung für den Start
Gutes Handwerk braucht gutes Werkzeug, so einfach ist das. Für den traditionellen Mate-Genuss brauchst du im Grunde nur drei Dinge. Aber die sollten passen.
Dein Starter-Set: Was du wirklich brauchst (und was es kostet)
Keine Sorge, du musst nicht gleich ein Vermögen ausgeben. Hier ist eine realistische Einschätzung für den Anfang:
- Das Gefäß (Kalebasse): Traditionell ist es ein ausgehöhlter Flaschenkürbis. Jedes Stück ein Unikat! Alternativ gibt es pflegeleichte Varianten aus Keramik, Edelstahl oder Holz. Für den Start ist Keramik super, da sie nicht schimmeln kann. Rechne mal mit 15 € bis 30 €.
- Das Trinkrohr (Bombilla): Ein Röhrchen mit Sieb unten dran. Nimm am besten eine aus Edelstahl, die ist robust und leicht zu reinigen. Kostet etwa 10 € bis 20 €. Kleiner Tipp: Modelle, bei denen man das Sieb abschrauben kann, sind ein Segen bei der Reinigung!
- Der Mate selbst: Eine 500g-Packung guter, argentinischer Mate für Einsteiger bekommst du für ca. 8 € bis 12 €. Du findest das alles in südamerikanischen Spezialitätenläden oder, noch einfacher, in diversen Online-Shops.
Du liegst also bei rund 40 € für ein komplettes Set, das dich ewig begleiten wird.

Die Kalebasse aus Kürbis: Einmal richtig vorbereiten („Curado“)
Wenn du dich für einen echten Kürbis entscheidest, musst du ihn einmalig „einweihen“. Das nennt man „curar“ und es ist superwichtig, damit er nicht muffig schmeckt oder schimmelt.
- Füll den trockenen Kürbis zu etwa zwei Dritteln mit Mate-Blättern.
- Gieß heißes (nicht kochendes!) Wasser auf, bis er voll ist.
- Lass das Ganze einfach 24 Stunden stehen.
- Am nächsten Tag kippst du alles weg und kratzt mit einem Löffel vorsichtig die weichen Faserreste von der Innenwand. Sei sanft!
- Gut ausspülen und dann komplett an der Luft trocknen lassen. Wichtig: Immer mit der Öffnung nach oben, damit die Luft zirkulieren kann.
Diesen einen Tag solltest du dir nehmen. Es lohnt sich, versprochen.
Für den absoluten Notfall oder zum Reinschnuppern tut’s übrigens auch eine French Press. Aber das Erlebnis und der Geschmack sind, ehrlich gesagt, nicht dasselbe.
Die Zubereitung: Schritt für Schritt zum perfekten Aufguss
So, jetzt geht’s ans Eingemachte. Das Wichtigste zuerst: Die Wassertemperatur. Sie darf NIEMALS kochen! Ideal sind 70 bis 80 Grad. Zu heißes Wasser verbrennt die Blätter, macht den Mate sofort unerträglich bitter und zerstört die guten Inhaltsstoffe.

Mein Werkstatt-Hack: Ich erhitze das Wasser einmal auf 75°C und fülle es dann in eine gute Thermoskanne. So habe ich stundenlang die perfekte Temperatur parat und muss nicht ständig zum Wasserkocher rennen.
Die traditionelle Methode (der kleine Berg):
- Füllen: Gib Mate in die trockene Kalebasse, bis sie etwa halb bis zwei Drittel voll ist. Das sind, je nach Größe, meist so 30 bis 50 Gramm.
- Schütteln: Halte die Öffnung mit der Hand zu, dreh das Ganze um und schüttle kräftig. Der feine Staub sammelt sich an deiner Hand (der sorgt für den Geschmack!), während die groben Stängel nach unten sinken und später das Sieb schützen.
- Den Berg formen: Dreh die Kalebasse langsam zurück, aber halte sie schräg. Der Mate sollte jetzt auf einer Seite einen kleinen „Berg“ bilden, auf der anderen eine freie Mulde.
- Anfeuchten: Gieß einen kleinen Schuss kaltes oder lauwarmes Wasser in die Mulde. Warte eine Minute. Das weckt die Blätter sanft auf und schützt sie vor dem Hitzeschock.
- Bombilla platzieren: Steck die Bombilla in die feuchte Mulde, bis sie den Boden berührt. Achtung: Einmal drin, wird die Bombilla nicht mehr bewegt! Niemals umrühren, das ist der häufigste Anfängerfehler und verstopft alles.
- Aufgießen: Gieß jetzt das heiße Wasser langsam in die Mulde, bis es fast den Gipfel des trockenen Berges erreicht. Den ersten Aufguss trinkst du sofort komplett aus. Er ist der kräftigste.
- Wiederholen: Immer wieder heißes Wasser nachgießen, trinken, weiterreichen (wenn du nicht allein bist). Ein guter Mate schafft locker 10 bis 15 Aufgüsse. Erst wenn er wässrig schmeckt, ist er „gewaschen“.

Eine Frage des Geschmacks: Welcher Mate passt zu dir?
Mate ist nicht gleich Mate. Je nachdem, wo er herkommt, schmeckt er komplett anders. Das ist wie bei Holz – Fichte ist eben keine Eiche.
- Argentinischer Mate: Der Klassiker und perfekt für Einsteiger. Meist mit Stängeln („con palo“), was ihn milder macht. Der Geschmack ist ausgewogen und erdig. Hiermit kannst du nichts falsch machen.
- Uruguayischer Mate: Eine andere Liga. Fast immer ohne Stängel („sin palo“) und sehr fein gemahlen. Der Geschmack ist kräftig, intensiv, fast schon cremig. Verstopft aber leichter die Bombilla – eher was für Fortgeschrittene.
- Paraguayischer Mate: Oft über Holzfeuer getrocknet, was ihm ein starkes, rauchiges Aroma verleiht. Muss man mögen. Im Sommer wird er dort auch als „Tereré“ getrunken – eiskalt aufgegossen, oft mit Kräutern oder Zitrussaft. Super erfrischend!
- Brasilianischer Mate (Chimarrão): Sieht aus wie frisch gemähtes Gras – leuchtend grün und pulverfein. Schmeckt frisch, grasig und kaum bitter. Die Zubereitung ist allerdings eine Kunst für sich und braucht eine spezielle Bombilla.
Mein Rat: Fang mit einem guten argentinischen Mate an und probier dich dann langsam durch.

Qualität erkennen: Augen auf beim Kauf
Wie bei jedem Material, gibt’s auch hier Qualitätsunterschiede. Billiger Supermarkt-Mate ist oft eine Enttäuschung. Achte auf ein paar Dinge:
- Farbe: Ein guter Mate sollte eine frische, olivgrüne Farbe haben. Grauer oder brauner Mate ist meist alt.
- Geruch: Vertrau deiner Nase! Er sollte frisch, heuartig und angenehm riechen. Muffig? Finger weg.
- Lagerung: Richtig guter Mate wird monatelang gelagert. Das macht ihn milder und runder im Geschmack. Billigproduktionen überspringen diesen Schritt oft, was zu einem schärferen, aggressiveren Geschmack führt.
Typische Probleme und wie du sie löst
Jeder Handwerker macht Fehler. Wichtig ist, zu wissen, wie man sie behebt.
Problem: „Mein Mate schmeckt furchtbar bitter!“
Die Ursache ist fast immer zu heißes Wasser. Kontrolliere die Temperatur! 75°C ist dein Freund. Oder du lässt den Aufguss zu lange ziehen – immer direkt trinken.
Problem: „Ich ziehe nur Luft, die Bombilla ist verstopft!“
Bloß nicht in Panik geraten und umrühren! Versuch, die Bombilla ganz vorsichtig ein paar Millimeter anzuheben und neu zu platzieren. Manchmal hilft es auch, leicht dagegen zu klopfen. Passiert das ständig, ist dein Mate vielleicht zu fein für deine Bombilla.

Nach der Arbeit: Die Werkstatt aufräumen (die richtige Reinigung)
Das ist ein super wichtiger Punkt, der oft vergessen wird: die Pflege deines Kürbisses. Sonst hast du nicht lange Freude daran.
Problem: „Meine Kalebasse schimmelt!“
Das passiert, wenn sie nicht richtig trocknen kann. Die Lösung ist ganz einfach und wird zur täglichen Routine:
- Nach dem letzten Aufguss die nassen Blätter mit einem Löffel rauskratzen.
- Die Kalebasse gründlich nur mit klarem, warmem Wasser ausspülen. Niemals Spülmittel verwenden! Das zieht in die Poren ein und du trinkst es beim nächsten Mal mit.
- Mit einem Küchentuch kurz trockentupfen und dann an einem luftigen Ort mit der Öffnung nach oben komplett durchtrocknen lassen. Auf der Heizung oder am sonnigen Fenster geht das super.
Wenn du das nach jeder Benutzung machst, hat Schimmel keine Chance.
Ein ehrliches Wort zum Schluss
Mate ist ein Genussmittel, kein Wundermittel. Lass uns da ehrlich sein. Bei Sorten, die stark über Feuer geräuchert werden, können Schadstoffe entstehen. Wenn du da Bedenken hast, greif einfach zu den vielen ungeräucherten oder luftgetrockneten Varianten. Bio-Siegel sind hier oft ein guter Wegweiser.

Und ja, Mate hat ordentlich Koffein. Wenn du empfindlich bist, starte langsam und trink ihn nicht auf leeren Magen. Er ist kein Diät-Wundermittel, aber er kann ein fantastischer, ehrlicher Begleiter sein, der in einen gesunden Lebensstil passt.
Mate zu trinken ist mehr als nur Konsum. Es ist ein kleines Ritual. Es entschleunigt. Nimm dir die Zeit, beobachte, wie sich der Geschmack von Aufguss zu Aufguss entwickelt. Es ist ein Handwerk, bei dem die Freude im Detail liegt. Viel Spaß dabei!
Bildergalerie


In Uruguay, dem Land mit dem höchsten Pro-Kopf-Verbrauch, werden jährlich etwa 10 Kilogramm Yerba Mate pro Person getrunken.
Diese Zahl zeigt, dass Mate dort weit mehr als nur ein Getränk ist – es ist ein fester Bestandteil des sozialen Lebens und der nationalen Identität. Vom Bauarbeiter bis zum Studenten, die Thermoskanne und Kalebasse sind ständige Begleiter im Alltag und ein Symbol für Gemeinschaft und Gastfreundschaft.

Meine Kalebasse schmeckt irgendwie seltsam – ist das normal?
Absolut, besonders wenn sie neu ist. Eine traditionelle Kalebasse aus Kürbis muss „curado“, also ausgehärtet werden. Dieser Prozess versiegelt die Poren und entfernt den kürbisartigen Eigengeschmack. Füllen Sie dazu die Kalebasse mit feuchten, bereits benutzten Mate-Blättern und lassen Sie sie 24 Stunden stehen. Danach kratzen Sie die inneren, weichen Fasern vorsichtig mit einem Löffel aus und spülen sie. Das Ergebnis ist ein Gefäß, das den Geschmack Ihres Mates über die Zeit sogar noch verfeinert.

Der häufigste Fehler? Kochendes Wasser. Wer seinen Mate mit Wasser direkt aus dem Kocher übergießt, begeht einen Kardinalfehler. Das „verbrennt“ die empfindlichen Blätter und setzt schlagartig zu viele Bitterstoffe frei. Das Ergebnis ist ein aggressives, ungenießbares Gebräu.
- Die ideale Temperatur: 70 bis 80 Grad Celsius.
- Der Profi-Tipp: Wasser aufkochen und dann etwa 5-7 Minuten abkühlen lassen. Wer es genau mag, nutzt ein Thermometer oder einen Wasserkocher mit Temperatureinstellung.

Wichtiger Punkt: Die Bombilla ist kein einfacher Strohhalm. Ihre Reinigung entscheidet über den Genuss. Nach jedem Gebrauch sofort mit klarem Wasser durchspülen, um feine Partikel zu entfernen, bevor sie antrocknen. Einmal pro Monat verdient sie eine Grundreinigung: Legen Sie sie für 15 Minuten in kochendes Wasser mit einem Teelöffel Natron. Das löst hartnäckige Ablagerungen und sorgt für freien Durchfluss.

- Verhindert das Verstopfen des Trinkrohrs
- Sorgt für eine klare, nicht „schlammige“ Infusion
- Ermöglicht eine langsame und gleichmäßige Extraktion
Das Geheimnis? Der kleine Berg. Beim Einfüllen der Yerba in die Kalebasse schüttelt man diese leicht, sodass sich die Blätter auf einer Seite zu einem schrägen Haufen formen. In die freie Mulde gießt man das erste, lauwarme Wasser. So quellen die unteren Blätter auf und bilden einen natürlichen Filter.

Traditionelle Kalebasse: Aus einem Flaschenkürbis gefertigt, muss sie gepflegt werden (das „Curado“), nimmt aber mit der Zeit das Aroma des Tees an und entwickelt einen eigenen Charakter. Ein echtes Handwerkerstück.
Moderne Gefäße (Keramik/Edelstahl): Absolut pflegeleicht, spülmaschinenfest und geschmacksneutral. Perfekt für Einsteiger oder Puristen, die den reinen Geschmack verschiedener Mate-Sorten wie zum Beispiel von Pajarito oder Rosamonte unverfälscht erleben wollen.

Der Mate-Markt ist riesig, aber für den Anfang reicht es, zwei Grundtypen zu kennen. Argentinischer Mate wie der milde Klassiker Taragüi wird oft „con palo“, also mit Stängeln, verarbeitet. Das macht den Aufguss weicher und weniger bitter. Uruguayischer Mate, z. B. der kräftige Canarias, ist meist „sin palo“ (ohne Stängel) und feiner gemahlen, was zu einem intensiveren und stärkeren Geschmack führt. Probieren Sie beides, um Ihren Favoriten zu finden.

Mate ist kein Solo-Getränk, sondern ein Ritual des Teilens.
Auch wenn Puristen die Nase rümpfen, das Spiel mit Aromen hat seinen Reiz. Anstatt Zucker hinzuzufügen, probieren Sie mal, eine getrocknete Orangenschale, ein paar frische Minzblätter oder eine Scheibe Ingwer direkt mit in die Kalebasse zu geben. An heißen Tagen wird daraus Tereré: einfach mit eiskaltem Saft (Zitrone oder Maracuja) statt heißem Wasser aufgießen. Eine völlig andere, erfrischende Erfahrung.




