Amaranth im Garten anbauen: Dein kompletter Guide vom Korn zur Ernte
Ganz ehrlich? In all den Jahren, in denen ich Gärten anlege und mit Pflanzen arbeite, habe ich viele Trends kommen und gehen sehen. Aber Amaranth, oft auch Fuchsschwanz genannt, ist geblieben. Lange bevor er zum „Superfood“ in Hochglanzmagazinen wurde, hat mich diese Pflanze einfach beeindruckt. Sie ist stark, kommt mit wenig aus und hat eine Geschichte, die tief in der Erde wurzelt.
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Viele kennen heute nur diese winzigen Körnchen aus dem Bioladen. Aber um Amaranth wirklich zu kapieren, muss man ihn wachsen sehen. Man muss erleben, wie sich die Blätter im Wind wiegen und die schweren, purpurroten Rispen im Spätsommer reifen. Mein Leitsatz war schon immer: „Versteh die Pflanze, dann weißt du, was sie braucht.“ Und genau das möchte ich dir hier zeigen – ohne Hype, dafür mit Hand und Verstand.
Moment mal, was ist Amaranth eigentlich genau?
Bevor wir die Schaufel rausholen, lass uns kurz klären, mit wem wir es zu tun haben. Amaranth ist botanisch gesehen kein echtes Getreide wie Weizen oder Roggen. Experten nennen ihn ein Pseudogetreide. Klingt kompliziert, ist es aber nicht. Er gehört zur Familie der Fuchsschwanzgewächse, ist also eng verwandt mit Roter Bete, Spinat und Quinoa. Das erklärt auch, warum wir nicht nur die Körner, sondern auch die Blätter essen können.

Sein Name bedeutet so viel wie „der Nichtwelkende“, was seine langlebigen Blütenstände perfekt beschreibt. Schon vor Jahrhunderten war Amaranth in den Hochkulturen Südamerikas ein absolutes Grundnahrungsmittel, so wichtig wie Mais. Durch historische Umwälzungen geriet er dann aber für lange Zeit fast in Vergessenheit, bis man ihn wiederentdeckt hat.
Die besten Sorten für deinen Garten
Es gibt unzählige Amaranth-Arten, aber nicht alle sind für die Körnerernte gedacht. Für den Anbau im Garten sind vor allem drei Typen interessant:
- Der Garten-Fuchsschwanz (Amaranthus caudatus): Den kennst du vielleicht als Zierpflanze mit seinen langen, elegant hängenden Blütenrispen. Sieht toll aus und liefert trotzdem eine gute Ernte an hellen Samen.
- Der Rispen-Fuchsschwanz (Amaranthus cruentus): Das ist sozusagen der Profi unter den Sorten. Er wächst mit aufrechten, oft roten Blütenständen und gilt als besonders ertragreich. Für Anfänger oft die beste Wahl, weil er robust ist und kleine Fehler verzeiht.
- Der Trauer-Amaranth (Amaranthus hypochondriacus): Klingt dramatisch, ist aber ebenfalls eine super Körnerart, oft mit beeindruckenden, dunkelroten Blättern und Blüten.
Kleiner Tipp: Achte beim Kauf unbedingt darauf, dass das Saatgut explizit für die Körnergewinnung gedacht ist. Ziersorten aus dem Baumarkt sehen zwar schön aus, liefern aber oft nur eine Handvoll Körner. Ein Tütchen Qualitätssaatgut von einem Bio-Anbieter kostet meist nur zwischen 2 und 4 Euro und macht den ganzen Unterschied.

Der Anbau Schritt für Schritt: So klappt’s garantiert
So, jetzt aber ran an die Erde! Amaranth anzubauen ist wirklich kein Hexenwerk. Die Pflanze ist von Natur aus zäh. Aber ein paar Dinge solltest du beachten, damit du am Ende auch stolz ernten kannst.
Der perfekte Platz und der richtige Boden
Amaranth ist ein Sonnenanbeter. Gib ihm den wärmsten und sonnigsten Platz, den du finden kannst – mindestens sechs bis acht Stunden direkte Sonne pro Tag sind ideal. Eine Südwand im Rücken oder ein freies Plätzchen im Gemüsebeet sind perfekt.
Der Boden muss schön locker sein, denn Amaranth bildet eine lange Pfahlwurzel, um sich bei Trockenheit Wasser zu holen. Wenn du schweren Lehmboden hast, solltest du ihn am besten schon im Herbst tief umgraben und mit etwas Sand und Kompost auflockern. Generell gilt: Eine gute Schaufel voll reifem Kompost pro Quadratmeter im Frühjahr einarbeiten, das reicht völlig. Zu viel Dünger, besonders Stickstoff, führt nur zu riesigen Blättern, aber kaum Körnern. Weniger ist hier definitiv mehr.

Aussaat: Timing ist alles!
Hier passiert der häufigste Fehler: Ungeduld! Amaranth ist extrem frostempfindlich. Eine kalte Nacht und die zarten Keimlinge sind hinüber. Halte dich also an die alte Gärtnerregel und warte die Eisheiligen Mitte Mai ab. Der Boden sollte schon spürbar warm sein.
Eine grobe Zeitachse für deine Planung:
- Mitte bis Ende Mai: Aussaat direkt ins Freiland.
- Ende Mai / Anfang Juni: Die ersten Keimlinge zeigen sich (dauert ca. 7-14 Tage).
- Ab Ende Juni: Erste junge Blätter für Salat oder Spinat ernten (dein Quick-Win!).
- Ende August bis Oktober: Haupternte der Körner.
Die Samen sind winzig. Mein Trick: Mische sie mit einer Handvoll feinem Sand. So kannst du sie viel gleichmäßiger ausstreuen. Bedecke die Saat nur hauchdünn mit Erde (ca. 0,5 bis 1 cm), denn Amaranth braucht Licht zum Keimen. Lass zwischen den Reihen etwa 40-50 cm Platz. In der Reihe selbst säst du erst dichter und zupfst später die schwächsten Pflänzchen raus, bis ein Abstand von ca. 25-30 cm erreicht ist. So hat jede Pflanze genug Licht und Platz.

Achtung, Verwechslungsgefahr! Die jungen Amaranth-Keimlinge sehen dem Unkraut Melde zum Verwechseln ähnlich. Schau genau hin, bevor du jätest! Die Blätter der Melde sind oft matter und mehliger, während junge Amaranth-Blätter meist einen leichten Glanz haben.
Pflege, Schädlinge und der Anbau im Topf
In den ersten Wochen musst du das Beet unkrautfrei halten, da die kleinen Pflänzchen sonst schnell untergehen. Sobald der Amaranth aber kniehoch ist, setzt er sich selbst durch. Er ist erstaunlich trockenheitstolerant, aber bei wochenlanger Dürre freut er sich natürlich über einen tiefen Schluck Wasser. Staunässe ist aber sein Todfeind!
Was Schädlinge angeht, ist Amaranth super robust. Mal ein paar Blattläuse, die man aber meist ignorieren kann, oder man spritzt sie mit einem Wasserstrahl ab. Echte Probleme hatte ich damit selten.
Gut zu wissen für Balkongärtner: Ja, Amaranth wächst auch im Kübel! Der Topf sollte aber ordentlich groß sein, plane mindestens 20 Liter Erde pro Pflanze ein, besser 30. Achte unbedingt auf eine gute Drainage, damit keine Staunässe entsteht. Im Topf musst du natürlich regelmäßiger gießen als im Beet.

Endlich Erntezeit: So holst du die Körner rein
Das ist der aufregendste Teil! Aber wann ist der richtige Zeitpunkt? Schüttle eine der Blütenrispen vorsichtig über deine Hand. Fallen ein paar reife Körnchen heraus, kann es losgehen. Warte aber nicht zu lange, sonst bedienen sich die Vögel oder alles fällt von selbst aus. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen: Lieber einen Tag zu spät als eine Woche zu früh. Ich war mal zu ungeduldig und habe unreife Rispen geerntet – die Körner waren winzig und ließen sich kaum trocknen. Lektion gelernt!
Rechne mal grob mit einem Ertrag von 50 bis 100 Gramm getrockneten Körnern pro Pflanze, je nach Sorte und Sommer. Das klingt nicht viel, aber bei einer Reihe von 2 Metern kommt da schon ein schönes Vorratsglas zusammen.
Vom Feld ins Glas: Trocknen und Reinigen
Schneide die reifen Samenstände an einem trockenen Tag ab und hänge sie kopfüber an einem luftigen, trockenen Ort auf (Dachboden, Schuppen, überdachter Balkon). Leg unbedingt eine Plane oder ein altes Bettlaken darunter, denn schon beim Trocknen fallen viele Körner aus. Nach ein bis drei Wochen sind die Rispen rascheltrocken.

Jetzt kommt die Geduldsarbeit: das Dreschen. Reibe die trockenen Rispen kräftig zwischen deinen Händen über einer großen Schüssel. Übrig bleibt eine Mischung aus Samen und Pflanzenresten (Spreu). Zum Reinigen brauchst du entweder einen leicht windigen Tag oder einen kleinen Trick: Schütte die Mischung im Freien langsam von einer Schüssel in eine andere. Der Wind pustet die leichte Spreu weg, die schweren Körner fallen nach unten.
Wenig bekannter Trick für die Wohnung: Kein Wind? Kein Problem! Nimm einen Fön auf Kaltstufe. Halte ihn mit etwas Abstand auf den Schüsselrand, während du die Körnermischung langsam hineinrieseln lässt. Funktioniert perfekt! Wiederhole das Ganze ein paar Mal, bis die Körner sauber sind.
Bevor du die Körner in luftdichte Gläser füllst, breite sie noch für ein, zwei Tage auf einem Backblech aus, damit sie wirklich komplett trocken sind. So gelagert halten sie sich locker über ein Jahr.
Was du mit deiner Ernte anstellen kannst
Der Lohn der Arbeit will natürlich auch genossen werden! Amaranth ist super vielseitig.

- Kochen: Mit der 2,5-fachen Menge Wasser aufkochen und ca. 25 Minuten quellen lassen. Ergibt eine tolle, leicht sämige Beilage, die super zu Gemüsegerichten passt.
- Puffen wie Popcorn: Das ist mein Favorit! Eine heiße Pfanne ohne Öl, einen Löffel Körner rein, Deckel drauf und kurz warten. Nach wenigen Sekunden poppt es los! Sofort in eine Schüssel schütten, damit nichts anbrennt. Schmeckt herrlich nussig im Müsli oder Joghurt.
- Blätter als Spinat: Und vergiss die Blätter nicht! Die jungen, zarten Blätter kannst du den ganzen Sommer über ernten und wie Spinat zubereiten. Ein gesundes und leckeres Gemüse, das es umsonst dazu gibt.
Ein letztes, wichtiges Wort zur Sicherheit
Zwei Dinge musst du wissen: Wie Spinat enthält auch Amaranth Stoffe wie Oxalsäure. Deshalb solltest du ihn – sowohl Körner als auch Blätter – immer kochen, dünsten oder anders erhitzen und nicht in riesigen Mengen roh essen. Durch Hitze werden diese Stoffe unschädlich gemacht.
Und das ist WIRKLICH WICHTIG: Verwende nur Saatgut, das explizit als Lebensmittel deklariert ist. Zier-Amaranth aus dem Park ist nicht zum Essen gedacht. Sicher ist sicher, also kauf dein Saatgut bei einem vertrauenswürdigen Bio-Händler oder im gut sortierten Gartenfachmarkt.

Also, trau dich ran! Mit Amaranth im Garten holst du dir nicht nur ein gesundes Lebensmittel nach Hause, sondern auch eine unglaublich schöne und genügsame Pflanze. Es ist eine Erfahrung, die sich wirklich lohnt.
Bildergalerie


Schon mal Amaranth gepufft?
Es ist einfacher, als du denkst, und bringt das nussige Aroma erst richtig zur Geltung. Einfach einen Esslöffel Körner in eine sehr heiße, trockene Pfanne (ohne Öl!) geben und sofort mit einem Deckel abdecken. Nach wenigen Sekunden beginnen die Körnchen wie winziges Popcorn aufzuplatzen. Die Pfanne dabei ständig schwenken, damit nichts anbrennt. Sobald das Poppen nachlässt, sofort auf einen Teller schütten, um ein Nachgaren zu verhindern. Perfekt für dein Müsli oder die Pralinen aus der Bildergalerie!

- Er überragt die meisten Stauden und Sommerblumen.
- Seine Blütenrispen setzen dramatische, farbige Akzente.
- Er lockert die Beete mit einer luftigen Struktur auf.
Das Geheimnis seiner Wirkung? Nutzen Sie Amaranth als architektonisches Element im Hintergrund Ihrer Rabatten. Sorten wie der ‚Hopi Red Dye‘ schaffen mit ihrem dunkelroten Laub und den aufrechten Blütenständen einen atemberaubenden Kontrast zu hellgrünen Gräsern oder gelb blühenden Sonnenhüten (Rudbeckia).

Der Proteingehalt von Amaranth ist nicht nur hoch, er ist auch biologisch besonders wertvoll, da er die essenzielle Aminosäure Lysin in Mengen enthält, die in den meisten Getreidesorten fehlt.
Das bedeutet, dass Amaranth eine nahezu perfekte Proteinquelle darstellt, die besonders für eine pflanzenbasierte Ernährung von großer Bedeutung ist. Die Kombination der Aminosäuren unterstützt den Muskelaufbau und die Zellreparatur effektiver als viele andere pflanzliche Proteine allein.

Gute Nachbarschaft: Amaranth ist ein ziemlich unkomplizierter Nachbar im Gemüsebeet. Besonders gut versteht er sich mit Mais und Bohnen, was an das traditionelle „Drei Schwestern“-System der indigenen Völker Amerikas erinnert. Auch neben Gurken und Zwiebeln fühlt er sich wohl. Vermeiden sollte man lediglich die direkte Nachbarschaft zu anderen Fuchsschwanzgewächsen wie Roter Bete oder Mangold, um einen einseitigen Nährstoffentzug und die Ausbreitung spezifischer Krankheiten zu verhindern.

In seiner Heimat Mexiko ist Amaranth die Seele einer traditionellen Süßigkeit namens „Alegría“, was übersetzt „Freude“ bedeutet. Dabei werden gepuffte Amaranthkörner mit Honig oder Agavensirup vermischt und zu Riegeln oder runden Talern gepresst, oft verfeinert mit Nüssen oder getrockneten Früchten. Ein knuspriger, nahrhafter Genuss, der die jahrtausendealte Geschichte der Pflanze auf der Zunge zergehen lässt.

Ein häufiger Fehler: Zu viel des Guten bei der Bewässerung. Amaranth stammt aus trockenen, warmen Regionen und hat eine tiefe Pfahlwurzel entwickelt, um Wasser aus tieferen Bodenschichten zu ziehen. Besonders junge Pflanzen reagieren empfindlich auf Staunässe, die zu Wurzelfäule führen kann. Gießen Sie lieber seltener, dafür aber durchdringend, und lassen Sie die Erde zwischen den Wassergaben gut abtrocknen.

Der Moment der Ernte hat seinen eigenen Soundtrack. Wenn die Samen reif sind und man sanft an den getrockneten Blütenrispen reibt, hört man ein feines, trockenes Rascheln. Tausende winziger Körnchen, die sich wie Perlen aus ihren Hüllen lösen und in die bereitgehaltene Schüssel rieseln. Es ist das befriedigende Geräusch einer reichen Ernte und der Lohn für einen Sommer voller Pflege.

Die Schüttel-Methode: Ideal für die laufende Ernte. Stülpen Sie eine große Papiertüte über eine reife Blütenrispe und schütteln Sie kräftig. Die reifsten Samen fallen direkt in die Tüte.
Die Komplett-Trocknung: Schneiden Sie die gesamten Blütenstände ab, wenn ein Großteil der Samen reif ist, und hängen Sie sie kopfüber an einem trockenen, luftigen Ort auf. Nach ein bis drei Wochen können die Samen einfach ausgedroschen werden.
Für Anfänger ist die Komplett-Trocknung oft einfacher, da sie ein größeres Erntefenster bietet.

Die Verarbeitung von Amaranth ist denkbar einfach und erfordert keine Spezialausrüstung. Was Sie wirklich brauchen, findet sich in fast jeder Küche:
- Große Schalen oder Eimer: Zum Auffangen der Samen beim Dreschen.
- Ein feinmaschiges Küchensieb: Unverzichtbar, um die winzigen Körner von Spreu und Pflanzenresten zu trennen. Ein Sieb für Mehl oder Puderzucker ist perfekt.
- Luftdichte Gläser: Zur Lagerung der getrockneten Samen. Einmachgläser von Marken wie Weck oder Leifheit schützen die Ernte ideal vor Feuchtigkeit und Schädlingen.

Der größte Vorteil des eigenen Anbaus ist die Unabhängigkeit. Sobald Amaranth einmal erfolgreich in Ihrem Garten gewachsen ist, müssen Sie nie wieder Saatgut kaufen. Lassen Sie einfach ein paar der schönsten Pflanzen vollständig ausreifen und ernten Sie die Samen für das nächste Jahr. Die Keimfähigkeit bleibt über Jahre erhalten. Für den Start empfiehlt sich samenfestes Bio-Saatgut, wie es beispielsweise von Anbietern wie Bingenheimer Saatgut oder Dreschflegel angeboten wird.
- Benötigt bis zu 60 % weniger Wasser als Weizen.
- Gedeiht auch auf mageren Böden ohne viel Dünger.
- Ist extrem hitzetolerant und kommt mit dem Klimawandel besser zurecht.
Was Amaranth damit ist? Eine echte Zukunftspflanze. Botaniker bezeichnen ihn als C4-Pflanze, was bedeutet, dass er die Photosynthese extrem effizient betreibt – ähnlich wie Mais. Das macht ihn zu einem Hoffnungsträger für eine nachhaltige Landwirtschaft in wärmer werdenden Klimazonen.




