Ghee selber machen: Die ultimative Anleitung vom Profi (ohne Schnickschnack)
Hey, lass uns mal über Ghee reden. Oder wie wir es früher in der Ausbildung nannten: Butterschmalz. Ehrlich gesagt, der schicke Name war uns damals egal. Es war einfach das goldene Fett, das wir für alles brauchten, was richtig, richtig heiß und knusprig werden sollte. Bratkartoffeln, die in der Gusseisenpfanne singen. Schnitzel, die goldbraun und perfekt aus der Pfanne kommen. Das Zeug selbst herzustellen, war für uns Routine, ein fast schon meditativer Prozess am Ende eines hektischen Tages.
Inhaltsverzeichnis
Dabei hab ich eines gelernt: Das ist kein simples Rezept, das man einfach abarbeitet. Es ist echtes Handwerk. Man lernt, auf das Zischen im Topf zu hören, den Moment zu riechen, wenn es von „lecker“ zu „perfekt nussig“ wechselt. Heute ist der Name „Ghee“ total angesagt, vor allem in der ayurvedischen Ecke, aber das Prinzip bleibt dasselbe: Aus guter Butter das Allerbeste rausholen. In diesem Guide zeige ich dir nicht nur, wie es geht – ich erkläre dir, warum jeder Schritt zählt. Damit du zu Hause ein Ghee herstellst, das besser schmeckt als das meiste, was du für teures Geld kaufen kannst.

Was Ghee so besonders macht: Ein kleiner Blick in den Topf
Um zu verstehen, warum Ghee so genial ist, müssen wir kurz schauen, was Butter eigentlich ist. Butter ist nämlich nicht reines Fett. Sie ist eine Emulsion und besteht nur zu etwa 82 % aus Milchfett. Der Rest ist ein Mix aus Wasser, Milcheiweiß (Kasein) und Milchzucker (Laktose). Und genau diese drei sind der Grund, warum normale Butter in der Pfanne so schnell verbrennt.
Die Ghee-Herstellung ist im Grunde eine simple Trennung. Wir nutzen Physik zu unserem Vorteil:
- Das Wasser muss raus: Wasser kocht bei 100 °C. Indem wir die Butter sanft erhitzen, verdampft das Wasser langsam. Das ist dieses typische Blubbern und Zischen. Wenn es im Topf still wird, ist das Wasser weg. Und genau das macht Ghee so unglaublich lange haltbar – ohne Wasser haben die meisten Mikroorganismen keine Chance.
- Das Milcheiweiß trennt sich: Das Eiweiß schwimmt beim Erhitzen als weißer Schaum oben oder sinkt zu Boden. Den Schaum schöpfen wir ab (oder auch nicht, dazu später mehr).
- Die Magie passiert am Boden: Jetzt kommt der Clou! Die Milchfeststoffe, die zu Boden sinken, fangen bei Temperaturen um 120–140 °C an zu bräunen. Das ist keine Verbrennung, sondern die Maillard-Reaktion – dieselbe Reaktion, die einer Brotkruste oder einem Steak ihr fantastisches Aroma verleiht. Sie ist für den typisch nussigen Ghee-Geschmack verantwortlich. Industrielles Butterschmalz wird oft nur geschmolzen und zentrifugiert, da fehlt dieser Aromen-Boost komplett.
Das Ergebnis? Reines Fett mit einem Rauchpunkt von bis zu 250 °C! Normale Butter fängt schon bei 175 °C an zu qualmen. Mit Ghee kannst du also braten und frittieren, was das Zeug hält, ohne dass was verbrennt.

Übrigens, kleiner Wissens-Snack: Weil bei diesem Prozess Milcheiweiß und Milchzucker fast vollständig entfernt werden, ist Ghee für die meisten Menschen mit Laktoseintoleranz super verträglich.
Die Butterfrage: Hier entscheidet sich die Qualität
Alte Koch-Weisheit: Aus Schrott kann man nichts Gutes machen. Die Qualität deines Ghees steht und fällt mit der Butter. Spar hier nicht am falschen Ende.
Süßrahm oder Sauerrahm?
Ganz klar: Nimm Süßrahmbutter. Sie wird aus ungesäuerter Sahne gemacht und hat diesen reinen, milden Geschmack, den wir für ein klassisch nussiges Ghee brauchen. Sauerrahmbutter geht zwar auch, das Ergebnis schmeckt aber deutlich intensiver und säuerlicher. Für den Anfang ist Süßrahmbutter die sichere Bank.
Achtung, wichtiger Tipp: Finger weg von gesalzener Butter! Das Salz löst sich nicht im Fett, sondern konzentriert sich in den Milchresten am Boden. Das versaut dir nicht nur den Geschmack, sondern lässt die Reste auch viel schneller anbrennen.
Fett ist alles
Schau auf die Packung. Da sollte „mindestens 82 % Fett“ stehen. Billigere Sorten haben oft mehr Wasser. Das bedeutet für dich: Du musst länger kochen und bekommst am Ende weniger Ghee raus. Du bezahlst also für Wasser, das du dann mühsam wegkochst – kein guter Deal.

Die Herkunft schmeckt man
Wenn du die Wahl hast, greif zu Butter aus Weidemilch, oft als „irische Butter“ oder von regionalen Höfen erhältlich. Kühe, die Gras fressen, geben Milch mit mehr Beta-Carotin. Das macht die Butter und dein Ghee später intensiv goldgelb. Klar, die kostet ein, zwei Euro mehr, aber der Unterschied in Farbe und Geschmack ist es absolut wert. Im Winter ist übrigens auch die beste Weidebutter blasser, das ist ganz natürlich.
Ran an den Topf: Ghee Schritt für Schritt
Nimm dir dafür mal eine gute Stunde Zeit. Du musst nicht die ganze Zeit danebenstehen, aber du solltest in der Nähe bleiben. Gerade am Ende zählt jede Minute.
Was du brauchst (deine Werkstatt)
- Ein schwerer Topf: Edelstahl oder emailliertes Gusseisen mit dickem Boden ist perfekt. Die Hitze verteilt sich gleichmäßig und nichts brennt so schnell an. Bitte keinen dünnen Alutopf!
- 1 kg ungesalzene Süßrahmbutter: Mit der Menge lohnt sich der Aufwand. Daraus bekommst du am Ende ca. 750–800 g pures Ghee.
- Ein Löffel: Zum Abschöpfen des Schaums.
- Ein feines Sieb und ein Tuch: Ein Passier- oder Käsetuch ist ideal. Zur Not tun es auch ein sauberes Geschirrtuch oder ein Kaffeefilter.
- Saubere Gläser mit Deckel: Einmachgläser sind super. Um sie keimfrei zu machen, einfach heiß auswaschen und für 15 Minuten bei 120 °C in den Ofen stellen. Wichtig: Sie müssen absolut trocken sein!
Keine 90 Minuten Zeit? Kein Problem. Probier es für den Anfang mit nur einem 250g-Stück Butter. Das dauert nur rund 30 Minuten und du bekommst ein super Gefühl für den Prozess, ohne gleich ein Kilo zu riskieren.

Schritt 1: Sanft schmelzen
Butter würfeln, in den Topf geben und bei niedriger bis mittlerer Hitze langsam schmelzen lassen. Dreh die Hitze bloß nicht hoch, um Zeit zu sparen. Sonst spritzt es und die Milchanteile brennen an, bevor das Wasser überhaupt weg ist.
Schritt 2: Das sanfte Köcheln
Sobald alles flüssig ist, bildet sich oben eine weiße Schaumschicht. Das ist das geronnene Eiweiß. Jetzt heißt es: Geduld. Lass die Butter ganz sanft vor sich hin köcheln. Du hörst jetzt ein deutliches Zischen – das ist das Wasser, das verdampft. Den Schaum kannst du jetzt abschöpfen. Aber ganz ehrlich? Ich lasse den Schaum oft einfach drauf. Ein Teil davon sinkt später eh ab und sorgt für noch mehr nussiges Aroma. Und, naja, manchmal bin ich auch einfach zu faul zum Abschöpfen.
Schritt 3: Der entscheidende Moment – deine Sinne sind gefragt
Nach 30-45 Minuten wird’s spannend. Jetzt musst du aufpassen. Achte auf diese drei Zeichen:

- Das Geräusch: Das laute Zischen wird ganz leise und verwandelt sich in ein feines Knistern. Wenn es fast still ist, ist das Wasser weg. Das ist dein Signal!
- Der Anblick: Die Flüssigkeit wird goldklar. Du kannst jetzt auf den Boden des Topfes schauen. Dort siehst du die Milchfeststoffe als kleine braune Partikel. Und hier ist die Farbkarte für Perfektionisten: Die Brösel sollten die Farbe von gerösteten Mandeln oder hellem Bernstein haben. Das ist der Sweet Spot! Wenn sie aussehen wie Kaffeepulver, warst du zu lange am Herd.
- Der Duft: Es riecht nicht mehr nur nach Butter, sondern tief, nussig, fast wie geröstetes Popcorn. Das ist die Maillard-Reaktion bei der Arbeit.
Wenn diese drei Zeichen stimmen, nimm den Topf SOFORT vom Herd. Eine Minute zu lang, und das Ghee schmeckt bitter.
Kleine Sicherheitswarnung: Heißes Fett ist kein Scherz! Lass den Topf nie allein. Sollte es doch mal brennen (was bei richtiger Temperatur nicht passiert), ersticke die Flamme mit einem Deckel. NIEMALS mit Wasser löschen!

Schritt 4: Filtern und Abfüllen
Lass den Topf ein, zwei Minuten stehen, damit sich alles setzen kann. Dann leg dein Tuch ins Sieb und gieße das heiße Ghee langsam hindurch. Am Ende ganz vorsichtig sein, damit der Bodensatz im Topf bleibt.
Und schmeiß den Bodensatz bloß nicht weg! Diese „Ghee-Brösel“ sind der absolute Hammer. Streu sie auf ein Butterbrot, über Gemüse oder iss sie einfach so. Pures Nuss-Aroma! Was ist deine liebste Verwendung dafür? Schreib es mir mal in die Kommentare!
Füll das gefilterte Ghee direkt in die trockenen Gläser und schraub sie fest zu. Durch die Hitze entsteht beim Abkühlen ein Vakuum, was du am „Plopp“ des Deckels hörst.
Lass die Gläser bei Raumtemperatur abkühlen und fest werden. Ghee muss nicht in den Kühlschrank, da wird es steinhart. Eine kühle Speisekammer ist perfekt. Richtig gemacht, hält es sich monatelang.
Was tun, wenn’s schiefgeht? Erste Hilfe aus der Küche
Keine Panik, wenn der erste Versuch nicht perfekt wird. Hier die häufigsten Pannen und wie du sie löst (oder beim nächsten Mal vermeidest):

- „Hilfe, mein Ghee schmeckt bitter!“: Du warst leider einen Tick zu lange am Herd. Die Brösel am Boden waren schon zu dunkel, fast schwarz. Nächstes Mal einfach eine Minute früher vom Herd nehmen.
- „Warum wird mein Ghee nicht fest?“: Dann ist wahrscheinlich noch Wasser drin. Du hast es zu früh vom Herd genommen, als es noch gezischt hat. Es ist nicht schlecht, aber nicht so lange haltbar. Einfach im Kühlschrank lagern und schnell verbrauchen.
- „Ist diese körnige Textur normal?“: Ja, absolut! Die Textur von Ghee kann von cremig-weich bis leicht körnig reichen. Das hängt von der Butter und der Abkühlgeschwindigkeit ab und ist ein Qualitätsmerkmal, kein Fehler.
- „Wie kriege ich den Topf wieder sauber?“: Der Bodensatz kann ganz schön hartnäckig sein. Profi-Trick: Gib einfach etwas Wasser und einen Teelöffel Backpulver oder Natron in den Topf, kurz aufkochen lassen und der Schmutz löst sich fast von allein. Kein Schrubben nötig!
Lohnt sich der ganze Aufwand überhaupt?
Kurze Antwort: Und wie!

- Du hast die Kontrolle: Du weißt genau, welche Butter drin ist. Keine Tricks, keine Zusatzstoffe.
- Der Geschmack ist unschlagbar: Frisch und handwerklich gemachtes Ghee hat eine Geschmackstiefe, an die Industrieprodukte selten herankommen.
- Du sparst richtig Geld: Rechnen wir mal knallhart. Ein Kilo gute deutsche Markenbutter kriegst du im Angebot oft schon für 6-7 €. Daraus machst du ca. 750 g Ghee. Im Laden würdest du für diese Menge Bio-Ghee locker 20-25 € bezahlen. Eine bessere Rendite gibt’s in der Küche kaum!
Für mich ist es aber auch die pure Freude am Selbermachen. Es ist ein ruhiger, fokussierter Prozess. Und wenn am Ende diese goldenen Gläser im Regal stehen, weiß ich: Ich hab aus etwas Gutem etwas Reines, Haltbares und unglaublich Leckeres geschaffen. Das ist Kochen.
Also, trau dich ran! Vielleicht wird die erste Charge nicht 100% perfekt. Egal. Mit jedem Mal wirst du sicherer. Irgendwann brauchst du keine Uhr mehr, sondern verlässt dich nur noch auf deine Nase und deine Ohren. Viel Spaß dabei!

Bildergalerie


Die richtige Butterwahl: Süßrahm oder Sauerrahm?
Das Ausgangsprodukt ist entscheidend. Für ein klassisches, mild-nussiges Ghee ist ungesalzene Süßrahmbutter, wie die von Weihenstephan oder Kerrygold, die perfekte Wahl. Sie verhält sich beim Klären absolut berechenbar. Wer es komplexer mag, sollte Ghee aus Sauerrahmbutter probieren. Die feine Säure der Butterkulturen verwandelt sich beim Erhitzen in eine tiefere, fast käsige Note, die hervorragend zu herzhaften Gerichten passt. Ein Muss für Experimentierfreudige!

In der ayurvedischen Lehre gilt Ghee als „Rasayana“, ein Mittel zur Förderung von Lebensenergie und Verjüngung.
Weit mehr als nur ein Bratfett: Ayurveda sieht Ghee als „Anupana“, ein Trägermedium, das die Eigenschaften von Kräutern und Gewürzen tief in die Körpergewebe transportieren kann. Es soll das Verdauungsfeuer (Agni) stärken, ohne den Körper zu belasten, was es zu einem zentralen Bestandteil einer ausgleichenden Ernährung macht.
- Verfeinert gedünstetes Gemüse wie Spargel oder Brokkoli.
- Gibt einfachem Basmatireis eine nussige Tiefe.
- Dient als knuspriges Topping für Suppen oder Salate.
Das Geheimnis? Das sind die goldenen, gerösteten Milchfeststoffe, die nach dem Abseihen des Ghee am Topfboden zurückbleiben. Anstatt sie wegzuwerfen, sammeln Sie diesen aromatischen Bodensatz. Er ist eine wahre Delikatesse und verleiht Gerichten im Handumdrehen einen reichen Umami-Geschmack.



