Teppich auf Teppich legen? Geht das gut? Ein Profi packt aus
Immer wieder dieselbe Frage im Laden: „Kann man eigentlich einen neuen Teppich einfach auf den alten Teppichboden legen? Oder ist das totaler Pfusch?“ Und meine Antwort ist jedes Mal die gleiche: Ja, das geht! Aber, und das ist ein großes Aber, es gibt einen gewaltigen Unterschied zwischen einer sauberen, professionellen Lösung und einer unschönen Stolperfalle, die nach zwei Wochen aussieht, als wäre sie beleidigt.
Inhaltsverzeichnis
Ganz ehrlich, das ist keine Notlösung, sondern eine Technik, die einen Raum wirklich aufwerten kann, wenn man es richtig anstellt. Ich habe in meiner Laufbahn beides gesehen: Traumhafte Kombinationen, die einem Zimmer sofort Wärme und Charakter geben. Und ich habe die Katastrophen gesehen – wellige Teppiche, wandernde Läufer und Kanten, die zu einer echten Gefahr werden. Meinen Leuten sage ich immer: Der Untergrund ist alles. Egal ob Parkett, Fliesen oder eben ein anderer Teppich. Deshalb zeige ich dir hier, wie wir Profis das machen, damit dein Projekt ein voller Erfolg wird.

Erst das Material, dann die Arbeit: Die beiden Hauptdarsteller im Check
Bevor wir auch nur ans Verlegen denken, müssen wir über die beiden Hauptakteure reden: den Teppichboden, der schon da ist, und den neuen Akzentteppich, der drauf soll. Wenn die beiden nicht harmonieren, kämpfst du von Anfang an einen verlorenen Kampf.
Das Fundament: Was der alte Teppichboden können muss
Dein alter Teppichboden ist die Basis. Ist die wackelig, wird der ganze Aufbau instabil. Das Allerwichtigste ist dabei die Höhe des Flors.
Kurzer Flor ist absolute Pflicht. Ein hochfloriger Teppich, also so ein flauschiger Shaggy, ist als Untergrund komplett ungeeignet. Stell dir vor, du baust ein Haus auf weichem Sand – das funktioniert nicht. Der obere Teppich würde darin versinken, sich bei jedem Schritt bewegen und hässliche Dellen hinterlassen. Vergiss es.
Ideal sind Teppichböden mit einem kurzen, festen Flor. Dazu gehören zum Beispiel:
- Schlingenware: Hier ist das Garn in kleinen, festen Schlingen verarbeitet. Dieser Boden ist extrem robust, gibt kaum nach und bietet eine super griffige Oberfläche. Findet man oft in Büros oder Fluren.
- Kurzflor-Velours: Hier sind die Schlingen aufgeschnitten, was die Oberfläche weicher macht. Solange der Flor aber schön dicht und kurz ist (unter 5 Millimeter), bietet er immer noch genug Halt.
Ob der Teppichboden aus Wolle, Polyamid (PA) oder Polypropylen (PP) ist, spielt eine kleinere Rolle, solange er fest ist. Polyamid ist oft besonders formstabil und daher eine gute Wahl. Viel wichtiger ist aber der Zustand: sauber, trocken und ohne tiefe Dellen.

Ein ehrliches Wort zur Vorbereitung: Bevor du irgendwas Neues drauflegst, braucht der alte Teppich eine Grundreinigung. Und ich meine nicht nur mal kurz drüber saugen. Ich spreche von einer Tiefenreinigung. Alles, was an Staub und Sand im Flor sitzt, wirkt wie feines Schleifpapier und zerstört auf Dauer den Rücken deines neuen Teppichs.
Kleiner Tipp: Ein professionelles Teppichreinigungsgerät mit Bürste (nennt sich auch Bürstsauger) kann man sich im Baumarkt oft für 20-30 € pro Tag ausleihen. Das holt den tiefen Dreck raus. Wer es ganz gründlich will, investiert in eine professionelle Reinigung, die je nach Aufwand und Größe zwischen 50 € und 150 € liegen kann – oft ist das die beste Investition in das ganze Projekt.
Der Star der Show: So wählst du den richtigen neuen Teppich aus
Auch der obere Teppich muss ein paar Kriterien erfüllen. Seine Beschaffenheit entscheidet, wie gut er liegt und wie das Ganze am Ende aussieht.

Gewicht und Steifigkeit sind entscheidend. Ein federleichter, dünner Lappen wird immer „wandern“. Er hat einfach nicht genug Eigengewicht, um sich auf dem textilen Untergrund zu halten. Achte auf einen Teppich mit einer gewissen Schwere. Wenn du eine Ecke anhebst, sollte er nicht schlaff herunterhängen.
Wenig bekannter Trick: Schau mal aufs Etikett, da steht oft das Gewicht in Gramm pro Quadratmeter (g/m²). Alles über 2.000 g/m² ist schon mal ein guter Anfang, um auf der sicheren Seite zu sein. Je schwerer, desto besser!
Der Teppichrücken macht den Unterschied:
- Jute- oder Textilrücken: Der Klassiker. Diese Rücken sind robust und haben eine leicht raue Struktur, die sich gut mit einer passenden Unterlage im unteren Teppich „verhaken“ kann.
- Filzrücken: Bietet zusätzlichen Komfort, schont den unteren Teppich und hat von Natur aus eine gute Haftung.
- Latexrücken: Achtung! Gummierte Rücken sind für glatte Böden gemacht. Auf Teppich kann diese Gummierung mit der Zeit porös werden und am unteren Teppich festkleben, besonders bei Sonneneinstrahlung. Eher vermeiden.
Übrigens, ein schöner optischer Effekt entsteht oft durch Kontraste. Ein mittelfloriger Wollteppich auf einem superkurzen Schlingenboden sieht toll aus. Ein hochfloriger Shaggy auf Kurzflor geht auch, braucht aber zwingend eine exzellente Antirutsch-Unterlage.

Die Schritt-für-Schritt-Anleitung: So wird’s gemacht
Wenn die Materialien passen, geht’s ans Handwerk. Nimm dir hierfür Zeit, es lohnt sich wirklich.
Schritt 1: Vorbereitung ist die halbe Miete
Bevor der neue Teppich einzieht, muss die Bühne perfekt sein.
- Grundreinigung: Wie gesagt, saug den Teppichboden extrem gründlich, am besten mit einem Bürstsauger. Danach gut lüften.
- Messen & Markieren: Leg genau fest, wo der Teppich hin soll. Miss die Abstände zu Wänden und Möbeln. Die Ecken kannst du dir dezent mit kleinen Stücken Malerkrepp markieren.
- Akklimatisieren lassen: Ein neuer, gerollter Teppich braucht Zeit. Roll ihn aus und lass ihn mindestens 24 Stunden im Raum liegen. So gewöhnt er sich an Temperatur und Luftfeuchtigkeit, die Fasern entspannen sich, und die Wellen vom Transport glätten sich. Das ist ein Profi-Schritt, den viele überspringen – ein Fehler!
Schritt 2: Das Herzstück – Die richtige Antirutsch-Unterlage
Ich kann es nicht oft genug betonen: Ohne eine passende Unterlage wird dein Projekt zur Rutschpartie. Das ist nicht nur nervig, sondern eine ernsthafte Stolpergefahr. Wer hier spart, zahlt am Ende drauf.

Wichtig: Eine normale Gittermatte für Parkett oder Fliesen funktioniert hier nicht! Die braucht einen glatten, festen Untergrund. Auf Teppichflor findet sie keinen Halt. Du brauchst eine spezielle Unterlage, die sich auf beiden Seiten festkrallen kann.
Hier sind die Optionen, ganz ohne Schnickschnack:
- Die Profi-Lösung: Teppich-Vlies-Unterlage. Das ist das Beste, was du nehmen kannst. Es handelt sich um ein Nadelvlies mit einer beidseitig haftenden Beschichtung, die aber nicht klebt. Sie hält bombenfest und lässt sich später rückstandslos entfernen. Kostet natürlich etwas mehr, rechne mit 15 € bis 25 € pro Quadratmeter. Du findest sie im Teppich-Fachgeschäft oder in gut sortierten Onlineshops.
- Der gute Kompromiss: Gittermatten mit Vlies. Das ist eine günstigere Alternative, die preislich oft bei 8 € bis 15 € pro Quadratmeter liegt. Eine gute Wahl für kleinere Teppiche in Zonen mit weniger Laufverkehr. Gibt’s oft auch im Baumarkt.
- Die Notlösung (von der ich eher abrate): Doppelseitiges Teppichklebeband. Klar, es ist billig. Aber ehrlich gesagt ist es meistens Murks. Es kann fiese, klebrige Rückstände hinterlassen, die den Schmutz anziehen wie ein Magnet, und im schlimmsten Fall reißt du dir beim Entfernen Fasern aus dem unteren Teppich. Finger weg, wenn es geht.
Die Unterlage schneidest du immer etwas kleiner zu als den Teppich selbst, sodass an allen Rändern 5-10 cm frei bleiben. So blitzt sie später nicht hervor.

Schritt 3: Das große Finale – Auslegen und Ausrichten
Jetzt wird’s ernst. Roll den Teppich vorsichtig auf der Unterlage aus. Fang an einer Kante an und roll ihn langsam ab. Ganz wichtig: Schieb den Teppich nicht über die Unterlage, sonst wirft sie Falten.
Sobald er liegt, richte ihn an deinen Markierungen aus. Korrigiere die Position, indem du ihn leicht anhebst und versetzt, nicht indem du ihn ziehst. Wenn alles passt, streich den Teppich von der Mitte nach außen glatt. Damit presst du ihn in die Unterlage und die beiden verbinden sich.
Hilfe, es klappt nicht! Typische Pannen und was du tun kannst
Selbst bei bester Planung kann mal was schiefgehen. Kein Grund zur Panik.
Problem: Der Teppich wirft Wellen
Meistens passiert das, wenn der Teppich beim Auslegen unter Spannung geraten ist. Oft legen sich kleine Wellen nach ein paar Tagen von selbst. Wenn nicht: Roll den Teppich nochmal auf, prüfe die Unterlage und leg ihn entspannter neu aus. Bei hartnäckigen Wellen helfen schwere Bücherstapel, die du für 24 Stunden drauflegst.

Problem: Der Teppich wandert trotzdem
Wenn der Teppich sich immer noch bewegt, ist meist die Unterlage ungeeignet oder der untere Teppich doch zu hochflorig. Ich vergesse nie diese eine Kundin… ihr teurer Wollteppich wanderte jede Nacht einen halben Meter durchs Wohnzimmer. Sah aus, als hätte er ein Eigenleben! Der Grund? Sie hatte an der 10-Euro-Unterlage gespart. Am Ende hat sie die richtige Vlies-Unterlage gekauft und Ruhe war. Die Anekdote zeigt: Die Unterlage ist alles!
Problem: Die Kanten stehen hoch
Das passiert oft bei Teppichen, die lange eng gerollt waren und ist eine fiese Stolperfalle. Meist legt sich das mit der Zeit. Du kannst nachhelfen, indem du die Kanten in die Gegenrichtung rollst und kurz festhältst oder sie beschwerst. Bleibt eine Kante dauerhaft oben, ist es vielleicht ein Produktionsfehler – dann ab zum Händler.
Spezialfälle und absolute No-Gos
Ein Teppich im Wohnzimmer ist der Klassiker. Aber es gibt ja noch andere Bereiche.

Ein Läufer im Flur
Hier herrscht viel Verkehr. Ein Läufer muss absolut bombenfest liegen. Hier würde ich keine Kompromisse machen und immer zur besten haftenden Vlies-Unterlage greifen.
Ein ABSOLUTES TABU: Teppich auf Teppich auf Treppen
Ganz klar: Lass es sein. Das ist der eine Punkt, bei dem ich keine Diskussionen zulasse. Die Belastung auf einer Treppenstufe ist riesig. Eine lose Schicht auf einer anderen textilen Schicht ist ein unkalkulierbares Sicherheitsrisiko. Ein falscher Tritt, der Läufer rutscht weg, und der Sturz ist vorprogrammiert. Treppenläufer müssen vom Fachmann direkt auf der Stufe verspannt oder verklebt werden. Punkt.
Also, Teppich auf Teppich – Top oder Flop? Mein Fazit
Nach all der Technik stellt sich die Frage: Ist das die richtige Lösung für dich?
Definitiv eine super Idee, wenn…
- …du in einer Mietwohnung lebst und den hässlichen Boden nicht rausreißen darfst. Ein schöner großer Teppich kann den Raum komplett verwandeln.
- …du die Akustik und Wärme verbessern willst. Zwei Schichten dämmen den Schall noch besser und es ist unschlagbar gemütlich an den Füßen.
- …du in großen Räumen optische Zonen schaffen willst, zum Beispiel für die Sofaecke.
- …du einen hartnäckigen Fleck oder eine abgenutzte Stelle auf dem Teppichboden kaschieren möchtest.
Ich würde dir eher abraten, wenn…

- …du oder jemand im Haushalt unter starken Allergien leidet. Zwei Teppichschichten sind ein Paradies für Hausstaubmilben.
- …der untere Teppichboden schon alt und marode ist. Ein neuer Teppich kann einen müffelnden, ausgetretenen Untergrund nicht retten. Da ist eine komplette Erneuerung sinnvoller.
- …der Raum zur Feuchtigkeit neigt (z.B. Keller). Zwischen den Schichten kann sich Nässe stauen und zu Schimmel führen.
Die Meister-Checkliste zum Abhaken
Bevor du loslegst, geh das hier kurz durch:
- Untergrund-Check: Ist der alte Teppich wirklich kurzflorig und fest?
- Sauberkeit: Ist der Boden tiefengereinigt (nicht nur gesaugt)?
- Gewichts-Check: Hat der neue Teppich genug Eigengewicht (ideal> 2.000 g/m²)?
- Akklimatisierung: Durfte der neue Teppich 24 Stunden flach liegen?
- Unterlagen-Wahl: Hast du die richtige, hochwertige Unterlage für Teppich auf Teppich besorgt?
- Zuschnitt: Ist die Unterlage rundherum 5-10 cm kleiner als der Teppich?
- Standort-Verbot: Planst du das Ganze für eine Treppe? (Hoffentlich nicht!)
Wenn du diese Punkte beachtest, steht deinem Projekt nichts mehr im Weg. Dann wird das Ergebnis nicht nur super aussehen, sondern auch sicher und langlebig sein. Viel Erfolg!

Bildergalerie


Ein wandernder Teppich ist der häufigste Störfaktor. Doch es gibt einfache, professionelle Tricks, um ihn zu bändigen:
- Doppelseitiges Teppichklebeband: Ideal für leichtere Teppiche. Achten Sie auf Produkte wie das „Tesa Extra Stark“, das speziell für Textiloberflächen entwickelt wurde und sich oft rückstandslos entfernen lässt.
- Anti-Rutsch-Unterlagen: Ein Vlies oder Gitter (z.B. von anoo) zwischen den beiden Teppichen schafft Reibung und verhindert das Verrutschen, ohne zu kleben. Perfekt für wertvolle Orientteppiche.
- Möbel als Anker: Positionieren Sie die Kante des oberen Teppichs unter den Füßen eines schweren Möbelstücks, wie dem Sofa oder einem Sessel. Das ist oft die eleganteste und einfachste Lösung.

Wollfasern können bis zu 30 % ihres Eigengewichts an Feuchtigkeit aufnehmen, ohne sich nass anzufühlen, und geben sie langsam wieder an die Raumluft ab.
Das macht die Kombination aus einem robusten Sisal- oder Jute-Untergrund mit einem weichen Wollteppich nicht nur optisch reizvoll, sondern auch zu einem natürlichen Regulator für das Raumklima. Die Schichtung verstärkt zudem die schallabsorbierende Wirkung beider Materialien – ein spürbarer Gewinn für die Raumakustik und ein Gefühl von behaglicher Ruhe.

Der häufigste Design-Fehler: Die Proportionen stimmen nicht. Ein zu kleiner Akzentteppich wirkt verloren und „briefmarkenartig“. Ein zu großer Teppich, der fast die Ränder des unteren Teppichbodens berührt, lässt die Schichtung sinnlos erscheinen. Als Faustregel gilt: Lassen Sie am Rand des oberen Teppichs mindestens 30 bis 50 cm des unteren Teppichs sichtbar. Das schafft einen bewussten Rahmen und eine harmonische Wirkung.
Welchen Look streben Sie an? Die Antwort bestimmt die Materialkombination.
Rustikale Gemütlichkeit: Legen Sie ein echtes Schaffell oder einen Jute-Teppich auf einen schlichten Schlingen-Teppichboden. Die natürlichen Texturen erzeugen sofort eine warme, erdige Atmosphäre, ideal für den Landhaus- oder Scandi-Stil.
Moderne Eleganz: Kombinieren Sie einen unifarbenen Kurzflor-Velours mit einem kleineren Teppich aus Viskose oder mit seidigem Glanz. Der Kontrast zwischen der matten Basis und dem schimmernden Highlight wirkt edel und minimalistisch.




