Rissige Hände in der Werkstatt? So pflegst du dein wichtigstes Werkzeug richtig!
Seit Ewigkeiten arbeite ich nun schon mit Holz. Meine Hände sind dabei mein allerwichtigstes Werkzeug, ganz klar. Sie fühlen die feinste Maserung, führen die Säge millimetergenau und packen kräftig zu, wenn es sein muss. Ohne meine Hände? Unvorstellbar. Deshalb ist die Pflege für mich auch kein „nice to have“, sondern ein absolut entscheidender Teil meiner täglichen Arbeit.
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Ganz ehrlich, ich hab das früher auch mal schleifen lassen. Da war ein riesiger Auftrag, jede Menge Stress, und ich dachte, „ach, das bisschen Creme…“ Falsch gedacht. Am Ende der Woche waren meine Fingerkuppen so rissig und rau, dass ich kaum noch ein feines Furnier spüren konnte, ohne hängenzubleiben. Das war mir eine Lehre, und zwar eine schmerzhafte.
Gerade im Winter wird’s brutal. Die kalte Luft in der Halle, die trockene Heizungsluft im Pausenraum, dazu der ständige Holzstaub, Leim und ab und zu Lösungsmittel. Die Haut wird rau, spannt und reißt irgendwann auf. Und diese kleinen Risse an den Fingerknöcheln können die Hölle sein. Präzises Arbeiten wird da fast unmöglich. Was ich über die Jahre gelernt habe – durch Ausprobieren, durch Tipps von alten Hasen und auch von Profis – das will ich dir hier weitergeben. Das ist kein Beauty-Ratgeber. Das ist eine knallharte Anleitung zur Instandhaltung deines Kapitals.

Warum deine Hände im Handwerk so leiden
Um ein Problem zu lösen, muss man die Wurzel packen. Unsere Haut ist eigentlich ein kleines Wunderwerk mit einer natürlichen Schutzschicht, dem sogenannten Säureschutzmantel. Stell dir das wie einen hauchdünnen, leicht sauren Film vor, der Schmutz abwehrt und Feuchtigkeit in der Haut hält. In der Werkstatt geben wir diesem Schutzmantel aber den ganzen Tag Saures.
Jedes Mal, wenn du deine Hände mit normaler, alkalischer Seife wäschst, radierst du diesen Schutzfilm quasi weg. Es dauert Stunden, bis er sich wieder aufgebaut hat. In der Zwischenzeit ist deine Haut schutzlos und trocknet aus.
Die üblichen Verdächtigen in der Werkstatt
Egal ob du Schreiner, Mechaniker oder Maurer bist, ein paar Feinde haben wir alle gemeinsam:
- Staub (egal welcher): Feiner Holz- oder Baustaub ist nicht nur schlecht für die Lunge. Er ist auch hygroskopisch, das heißt, er zieht Wasser an wie ein Schwamm. Und zwar direkt aus deiner Haut. Spürt man am Ende eines langen Schleiftages ganz deutlich.
- Chemikalien: Leime, Lacke, Beizen, Öle, Reiniger… die Liste ist lang. Viele enthalten Lösungsmittel, die Fette lösen. Dummerweise unterscheiden die nicht zwischen dem Fett in der Farbe und dem wichtigen Fett in deiner Haut. Das Ergebnis: Die Haut wird spröde und rissig.
- Wasser: Klingt paradox, aber ständiger Kontakt mit Wasser trocknet die Haut langfristig aus. Es weicht die oberste Hornschicht auf, die dadurch ihre Schutzfunktion verliert.
- Kälte und trockene Luft: Im Winter ist die Luftfeuchtigkeit niedrig. Die kalte Luft draußen und die trockene Heizungsluft drinnen saugen die Feuchtigkeit förmlich aus der Haut.
Wenn das alles zusammenkommt, kapituliert die Haut irgendwann. Sie wird rot, juckt, schuppt und im schlimmsten Fall entstehen schmerzhafte Risse, die sich entzünden können. Das will wirklich niemand.

Dein tägliches Ritual: Die Grundlagen, die wirklich was bringen
Gute Handpflege ist wie Zähneputzen. Einmal pro Woche eine dicke Schicht Creme draufklatschen bringt fast nichts. Es sind die kleinen, täglichen Gewohnheiten, die den Unterschied machen.
Richtig Händewaschen – mehr als nur Wasser und Seife
Hier passiert schon der erste Fehler. Heißes Wasser und scharfe Seife sind pures Gift. Nimm immer nur lauwarmes Wasser. Und wirf die alte Kernseife weg, ehrlich. Die ist viel zu aggressiv. Viel besser sind pH-hautneutrale Waschlotionen, auch Syndets genannt. Die reinigen sanft, ohne den Schutzmantel komplett zu killen. So was kriegst du in jeder Drogerie, zum Beispiel von Sebamed oder den Eigenmarken von dm oder Rossmann, oft schon für 3-4 Euro.
Und beim Abtrocknen: sanft tupfen, nicht rubbeln! Besonders die Fingerzwischenräume müssen komplett trocken sein, sonst droht Pilzgefahr.
Die richtige Creme finden: Worauf es wirklich ankommt
Vergiss die meisten duftenden Lotionen aus der Drogerie. Die sind für den Handwerkeralltag ungeeignet, weil sie einen Fettfilm hinterlassen. Das ist beim Bedienen von Maschinen brandgefährlich.

Du brauchst eigentlich nur zwei Arten von Cremes:
- Eine leichte Creme für tagsüber: Die muss schnell einziehen und darf nicht fetten. Schau auf die Inhaltsstoffe: Glycerin bindet Feuchtigkeit, Panthenol beruhigt die Haut. Die Neutrogena Handcreme (die mit der norwegischen Formel) ist da ein Klassiker, der schnell einzieht. Nach jedem Händewaschen eine kleine Menge drauf.
- Eine reichhaltige Creme für die Nacht: Nach Feierabend und vor dem Schlafen braucht die Haut Futter. Hier darf die Creme richtig fett sein. Der absolute Game-Changer ist hier Urea (Harnstoff). Das hilft der Haut, Feuchtigkeit zu speichern und macht Hornhaut wieder weich. Eine Creme mit 5-10 % Urea ist ideal. Eucerin UreaRepair ist da top, aber auch günstigere Varianten mit Urea funktionieren super.
Kleiner Tipp: Achte auf Produkte ohne viel Parfüm. Das kann die Haut zusätzlich reizen. Oft sind die unscheinbaren Tuben aus der Apotheke oder die medizinischen Serien aus der Drogerie die besten.
Dein Starter-Set für unter 20 Euro: Hol dir für den Anfang eine pH-neutrale Waschlotion (ca. 4€), eine einfache Tagescreme wie die von Glysolid (ca. 3€) und eine solide Nachtcreme mit Urea (ca. 5-10€). Damit bist du schon besser aufgestellt als 90 % deiner Kollegen.

Schutz ist besser als Heilen: Dein Schlachtplan für die Praxis
Die beste Creme ist die, die man gar nicht erst braucht. Deshalb ist der aktive Schutz bei der Arbeit das A und O.
Handschuhe: Deine erste Verteidigungslinie
Aber es muss der richtige Handschuh für den richtigen Job sein. Es gibt da nicht den einen für alles.
- Lederhandschuhe: Das sind deine robusten Allrounder für grobe mechanische Arbeiten. Sie schützen super vor Splittern, scharfen Kanten und Abrieb. Aber sobald Flüssigkeiten oder Chemikalien ins Spiel kommen, sind sie nutzlos und saugen sich nur voll.
- Nitrilhandschuhe: Deine erste Wahl beim Umgang mit Lacken, Ölen, Reinigern oder Klebern. Sie sind flüssigkeitsdicht und bieten einen guten Schutz. Aber Achtung: Man schwitzt darunter wie verrückt. Trag sie also nie länger als nötig. Ein kleiner Trick ist, dünne Baumwollhandschuhe drunter zu ziehen, die den Schweiß aufsaugen.
- Baumwollhandschuhe: Alleine bieten sie kaum Schutz, aber sie sind perfekt als Unterziehhandschuhe oder für sehr saubere, feine Montagearbeiten.
Gut zu wissen: Auf Arbeitshandschuhen findest du oft eine Norm wie „EN 388“ gefolgt von vier Zahlen. Die erste Zahl steht für die Abriebfestigkeit, die zweite für den Schnittschutz (von 1 bis 5). Je höher, desto besser. Das zu wissen, hilft beim Kauf ungemein!

Spezial-Dreck? So kriegst du alles ab!
Jeder kennt es: Harz, Bauschaum oder 2K-Kleber an den Fingern. Greif jetzt bloß nicht zur Verdünnung! Das ruiniert dir die Haut komplett.
- Harz: Der alte Trick funktioniert am besten. Nimm ein neutrales Öl (Speiseöl geht auch) oder Butter und verreibe es auf der Stelle. Das löst das Harz an, und du kannst es abwischen.
- PU-Schaum (Bauschaum): Solange er frisch ist, kriegst du ihn mit speziellen PU-Reinigungstüchern weg. Ist er einmal ausgehärtet, hilft nur noch Mechanik. Also vorsichtig mit einem Bimsstein oder einer Feile abrubbeln. Dauert, ist aber besser als Chemie.
- 2K-Kleber: Ähnlich wie beim Schaum. Frisch lässt er sich mit Spezialreinigern entfernen. Ausgehärtet? Pech gehabt. Dann musst du warten, bis er sich mit der Haut über Tage von selbst „abschält“.
Erste Hilfe: Wenn die Haut schon Risse hat
Manchmal passiert es eben doch. Die Fingerkuppen sind aufgesprungen, die Knöchel bluten. Jetzt musst du handeln.

Der „Handschuh-Trick“ für die Nacht
Ein alter Trick, der aber Wunder wirkt. Bevor du ins Bett gehst:
- Hände mit lauwarmem Wasser und milder Lotion waschen.
- Vorsichtig trocken tupfen.
- Eine richtig dicke Schicht Wund- und Heilsalbe auftragen. Bepanthen oder eine Zinksalbe sind super. Für ganz tiefe Risse gibt’s in der Apotheke spezielle Schrundensalben.
- Dünne Baumwollhandschuhe drüberziehen (bekommst du für ein paar Euro in der Drogerie).
- Über Nacht einwirken lassen.
Am nächsten Morgen ist die Haut wie neu. Die Salbe konnte in Ruhe arbeiten und die Haut bei der Reparatur unterstützen. Mach das ein paar Nächte hintereinander.
Wann du zum Arzt gehen solltest
Ich bin Handwerker, kein Mediziner. Wenn die Risse sich entzünden (also eitern, stark anschwellen), die Haut nässt oder du trotz intensiver Pflege wochenlang keine Besserung siehst, dann geh zum Hautarzt. Deine Arbeitsfähigkeit steht auf dem Spiel, da macht man keine Experimente.
Ein letztes Wort vom Profi
ACHTUNG, SICHERHEIT! Bedienen Sie niemals, wirklich NIEMALS, Maschinen wie Kreissägen oder Fräsen mit frisch eingecremten, rutschigen Händen. Die Gefahr abzurutschen ist lebensgefährlich. Cremes für den Arbeitstag müssen komplett einziehen. Teste das vorher!

Deine Hände erzählen die Geschichte deiner Arbeit, klar. Schwielen und kleine Narben gehören dazu. Aber offene, schmerzende Haut ist kein Zeichen von Härte, sondern von mangelnder Professionalität. Ein guter Handwerker pflegt sein Werkzeug – und dazu gehören auch seine Hände.
Sieh die fünf Minuten am Tag nicht als verlorene Zeit. Es ist eine Investition. Eine Investition in deine Gesundheit, in deine Zukunft und in deine Fähigkeit, deinen Beruf noch viele Jahre mit Freude und Können auszuüben. Du hast nur dieses eine Paar. Pass gut drauf auf.
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Reicht nicht einfach die Bodylotion von der Freundin?
Kurze Antwort: Nein. Bodylotions sind für normale Haut konzipiert und ziehen schnell ein, hinterlassen aber oft keinen nachhaltigen Schutzfilm. Handwerkerhände brauchen aber genau das: eine reichhaltige, oft fettbasierte Barriere, die stundenlang vor Feuchtigkeitsverlust schützt und kleinste Risse abdichtet. Cremes wie O’Keeffe’s Working Hands oder die klassische Glysolid enthalten Inhaltsstoffe wie Glycerin oder Allantoin in viel höheren Konzentrationen.

Die menschliche Fingerkuppe kann Oberflächenunterschiede von nur 13 Nanometern ertasten. Das ist feiner als die Wellenlänge von sichtbarem Licht.
Diese unglaubliche Sensibilität ist beim Beurteilen von geschliffenen Oberflächen oder beim Einpassen von Bauteilen pures Kapital. Raue, rissige Haut zerstört dieses Feingefühl und macht präzises Arbeiten fast unmöglich.

Der ultimative SOS-Tipp für die Nacht: Wenn die Knöchel schon aufgesprungen sind, hilft eine Intensivkur. Tragen Sie eine extra dicke Schicht einer sehr fetthaltigen Salbe auf – hier sind Klassiker wie Melkfett oder reine Sheabutter unschlagbar. Danach dünne Baumwollhandschuhe aus der Drogerie drüberziehen und über Nacht einwirken lassen. Die Wärme öffnet die Poren und die Wirkstoffe können tief eindringen.

- Schutz vor dem Eindringen von Schmutz und Chemikalien.
- Deutlich leichtere Hautreinigung nach der Arbeit.
- Die Haut trocknet während des Tages weniger stark aus.
Das Geheimnis? Eine Creme, die man vor der Arbeit aufträgt. Sogenannte Barrierecremes oder „unsichtbare Handschuhe“ wie die von Stokoderm oder Lordin bilden einen Schutzfilm, der die Haut versiegelt, ohne die Griffigkeit zu beeinträchtigen.

Der letzte Handgriff des Tages sollte nicht der am Werkstück sein, sondern der an den eigenen Händen. Wenn die Maschinen schweigen und der Geruch von Holz und Öl in der Luft liegt, ist das der perfekte Moment für ein kleines Ritual: Hände gründlich, aber sanft reinigen und danach eine regenerierende Creme richtig einmassieren. Das ist nicht nur Pflege, das ist der offizielle Feierabend für Ihr wichtigstes Werkzeug.

Nitrilhandschuhe: Ideal für Lackier-, Öl- oder Leimarbeiten. Sie bieten ein exzellentes Tastgefühl und schützen perfekt vor Chemikalien, sind aber anfällig für mechanische Beschädigungen.
Mechanikerhandschuhe (Synthetikleder): Ein guter Allrounder. Marken wie Mechanix Wear bieten robusten Schutz vor Splittern und Abrieb bei gleichzeitig guter Beweglichkeit. Perfekt für Montagearbeiten.
Die Wahl hängt von der Aufgabe ab. Profis haben oft beide Paar griffbereit.

Checkliste für das Werkstatt-Waschbecken:
- Eine pH-neutrale Waschlotion statt alkalischer Seife.
- Eine robuste Nagelbürste für den Dreck unter den Nägeln.
- Für hartnäckigen Schmutz: eine Handwaschpaste mit sanften Reibekörpern (z.B. auf Holzmehlbasis).
- Ein sauberes, griffbereites Handtuch – kein ölverschmierter Lappen.

Wichtiger Inhaltsstoff: Urea. Das ist kein Schnickschnack, sondern pure Funktion. Urea (Harnstoff) bindet Wasser in den tieferen Hautschichten und hilft, die natürliche Barriere wiederherzustellen. Cremes mit einem hohen Urea-Anteil (5-10%), wie sie oft in Fußcremes zu finden sind, wirken auch bei extremen Handwerkerhänden wahre Wunder und beschleunigen die Heilung kleiner Risse.
Auch die Ernährung spielt eine Rolle. Zink ist entscheidend für die Wundheilung – also perfekt für kleine Schnitte und Risse. Gute Zinkquellen sind Haferflocken, Linsen, Nüsse und Rindfleisch. Ein Mangel kann dazu führen, dass sich die Haut langsamer regeneriert. Ein starker Kaffee und ein Käsebrot reichen da auf Dauer nicht aus.




