Phở wie in Vietnam: Das ehrliche Rezept für eine Brühe, die alles verändert

von Mareike Brenner
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Ich vergesse nie meine erste Schale Phở. Das war nicht in irgendeinem schicken Restaurant, sondern an einer winzigen Straßenecke in Hanoi, ganz früh am Morgen. Der Dampf, der in die kühle Luft stieg, der Duft von Sternanis, Rindfleisch und frischen Kräutern… das war Magie. In dem Moment habe ich kapiert: Phở ist keine Suppe. Phở ist pures Handwerk, das Herz der vietnamesischen Küche.

Seit über zwanzig Jahren ist die Küche mein Zuhause. Ich habe gelernt, gekocht, ausgebildet und mich durch die Küchen Südostasiens probiert. Und wenn ich eines gelernt habe, dann das: Die besten Gerichte brauchen Zeit und Respekt. Phở ist der ultimative Beweis dafür. Man kann sie nicht in 30 Minuten zaubern. Eine wirklich gute, ehrliche Brühe braucht Stunden, manchmal einen ganzen Tag. Aber das Ergebnis? Jede einzelne Minute wert, versprochen.

Genau dieses Wissen will ich mit dir teilen. Das hier ist keine schnelle Anleitung für eine Partysuppe. Es ist ein tiefer Einblick in die Techniken und die Philosophie hinter einer echten Phở Bò, der klassischen Rindfleischnudelsuppe. Wir reden über die richtigen Knochen, die Seele der Gewürze und warum Geduld die wichtigste Zutat von allen ist.

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Das Fundament: Eine klare, kräftige Rinderbrühe

Alles, aber wirklich alles, steht und fällt mit der Brühe. Die perfekte Phở-Brühe ist kristallklar, aber explodiert förmlich vor Geschmack. Sie schmeckt tief und ehrlich nach Rind, hat eine feine, natürliche Süße und duftet nach Gewürzen, ohne dass eines zu sehr heraussticht. Das ist eine Kunst, klar, aber eine, die jeder lernen kann.

Knochen und Fleisch: Die Basis für den Geschmack

Vergiss Brühwürfel oder Fond aus dem Glas. Wir brauchen das Original: echte Knochen und Fleisch. Die richtige Mischung ist entscheidend. Für einen großen Topf, sagen wir mal 8-10 Liter, hat sich bei mir diese Kombination bewährt:

  • Markknochen (ca. 1,5 kg): Das sind die Röhrenknochen aus dem Bein. Das Mark darin ist pures Aroma und Fett – es gibt der Brühe diese unersetzliche Reichhaltigkeit und ein wunderbar seidiges Gefühl im Mund.
  • Sand- oder Gelenkknochen (ca. 1,5 kg): Hier steckt jede Menge Knorpel und Bindegewebe drin. Beim langen Köcheln wird das Kollagen zu Gelatine, und die gibt der Brühe Körper. Du merkst das, wenn die leicht abgekühlte Brühe an den Lippen klebt. Perfekt!
  • Ochsenschwanz oder Beinscheibe (ca. 1 kg): Diese Teile sind Gold wert. Sie liefern Knochen für die Tiefe und Fleisch für den Geschmack. Das Fleisch wird nach Stunden so zart, dass es von selbst zerfällt und später als Einlage dient.

Geh zu deinem Metzger und frag genau danach. Ein guter Fleischer weiß Bescheid. Gut zu wissen: Rechne für diese Menge an Knochen und Fleisch mit Kosten zwischen 30 € und 45 €, je nach Region und Qualität. Das klingt erst mal nach viel, aber daraus bekommst du locker 10-12 riesige Schalen Phở – da relativiert sich der Preis schnell.

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Für den Anfang oder kleinere Küchen: 10 Liter sind natürlich eine Ansage. Halbiere einfach alle Mengen für einen 5-Liter-Topf. Das ist für den Start viel entspannter.

Der wichtigste Schritt, den viele auslassen: Das Blanchieren

Ganz ehrlich, wenn du diesen Schritt überspringst, kannst du es fast schon sein lassen. Rohe Knochen haben Blutreste und Proteine, die deine Brühe trüb und leicht metallisch schmecken lassen. Also, Ärmel hochkrempeln!

So geht’s richtig: Alle Knochen und das Fleisch in einen riesigen Topf, mit kaltem Wasser bedecken und zügig aufkochen. Lass es dann 10-15 Minuten richtig blubbern. Du wirst sehen, wie sich ein ziemlich unappetitlicher, grauer Schaum bildet. Das ist genau der Kram, den wir loswerden wollen.

Danach kippst du das komplette Wasser weg. Ja, wirklich alles. Spül jeden Knochen einzeln unter kaltem Wasser ab, bis er sauber ist. Und ganz wichtig: Schrubb auch den Topf blitzeblank, bevor du die sauberen Knochen wieder hineingibst. Das ist mühsam, aber es ist das Geheimnis für eine glasklare Brühe.

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Der langsame Aufbau: Simmern, nicht kochen!

Jetzt beginnt die eigentliche Magie. Die sauberen Knochen kommen zurück in den sauberen Topf. Füll ihn mit ca. 8 Litern frischem, kaltem Wasser und bring das Ganze langsam, wirklich laaangsam, zum Siedepunkt. Ab jetzt darf es nie wieder sprudelnd kochen, nur noch ganz sanft simmern. Das heißt, es steigen nur hier und da mal ein paar kleine Bläschen auf (ideal sind so 90-95 °C). Würde es kochen, würden sich Fette und Proteine wieder vermischen und die Brühe trüb machen.

In der ersten Stunde musst du ein bisschen aufpassen und immer wieder den feinen Schaum abschöpfen, der sich noch bildet. Danach sollte Ruhe einkehren und die Brühe klar bleiben. Jetzt ist Zeit für die Aromaten.

Die Seele der Phở: Geröstete Gewürze voller Duft

Die typischen Phở-Aromen kommen nicht einfach aus dem Gewürzglas. Sie müssen erst geweckt werden, und zwar mit trockener Hitze.

Feuer und Flamme für Zwiebel und Ingwer

Dieser leicht süßliche, rauchige Duft? Der kommt von gerösteten Zwiebeln und Ingwer. Das ist keine Option, das ist Pflicht. Du brauchst zwei große Zwiebeln und ein gutes Stück Ingwer (ca. 10 cm lang).

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  • Die traditionelle Methode: Mit einer Zange direkt über die Gasflamme halten, bis die Schale schwarz verkohlt ist. Das Aroma ist unschlagbar.
  • Die praktische Methode für uns: Zwiebeln und Ingwer ungeschält halbieren, auf ein Blech legen und unter dem Backofengrill rösten, bis sie dunkle, fast schwarze Stellen haben. Dauert etwa 15-20 Minuten. Eine gusseiserne Pfanne ohne Öl geht auch super.

Danach kurz abkühlen lassen und die schwarze Haut mit einem Messer abkratzen. Nicht abwaschen, sonst geht das tolle Röstaroma flöten! Gib Ingwer und Zwiebeln nach der ersten Stunde Simmerzeit zur Brühe.

Das Gewürz-Orchester

Die Gewürzmischung ist das Herzstück. Durch trockenes Anrösten in der Pfanne werden die ätherischen Öle freigesetzt, und der Duft ist einfach unglaublich. Für eine klassische Phở Bò brauchst du:

  • 5-6 ganze Sternanis
  • 1-2 Zimtstangen (am besten Kassia-Zimt)
  • 1 EL Fenchelsamen
  • 1 EL Koriandersamen
  • 4-5 ganze Nelken
  • 1 schwarze Kardamomkapsel (drück sie leicht an, damit sie ihr Aroma besser abgibt)

Alle Gewürze in eine kalte, trockene Pfanne geben und bei mittlerer Hitze erwärmen. Schwenk die Pfanne ständig. Nach 2-3 Minuten riecht deine ganze Küche fantastisch. Das ist der Moment! Sofort raus aus der Pfanne, damit nichts verbrennt.

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Suppendiät? Vergiss den Quatsch – So machst du’s richtig (und lecker!)

Pack die gerösteten Gewürze in ein Seihtuch, einen Gewürzbeutel oder ein großes Tee-Ei. So bleiben sie zusammen und trüben die Brühe nicht. Dieses Päckchen kommt erst nach 2-3 Stunden Kochzeit in den Topf. Würden sie von Anfang an mitkochen, könnten sie bitter werden. (Übrigens: So ein Seihtuch oder einen wiederverwendbaren Gewürzbeutel bekommst du für ein paar Euro im Asiamarkt, in Drogerien oder online – eine kleine, aber sinnvolle Anschaffung.)

Geduld, Zeit und der letzte Schliff

Eine gute Brühe braucht Zeit. Sechs Stunden sind das absolute Minimum. Besser sind acht bis zwölf. In dieser Zeit passiert alles: Die Gelatine löst sich, die Aromen verschmelzen. Das Fleisch von der Beinscheibe oder dem Ochsenschwanz ist meist schon nach 3-4 Stunden superzart. Nimm es dann raus, löse es vom Knochen und stell es beiseite, damit es nicht trocken wird.

Abgeschmeckt wird erst ganz zum Schluss! Und zwar mit diesen drei Dingen:

  • Fischsauce (Nước Mắm): Das ist das Salz Vietnams. Sie bringt Salzigkeit und dieses tiefe, herzhafte Umami. Investiere hier in eine gute Marke! Im Asiamarkt nach „Red Boat“ oder „Three Crabs“ Ausschau halten. Die kosten vielleicht 2 € mehr, aber der Unterschied ist gewaltig – kein fischiger Nebengeschmack. Fang mal mit 50 ml an.
  • Kandiszucker (Đường Phèn): Am besten ist gelber Kandiszucker aus dem Asiamarkt. Er sorgt für eine runde, milde Süße, die alles ausbalanciert. Ein Stück von der Größe einer Walnuss reicht oft schon.
  • Salz: Nur bei Bedarf noch mit einer Prise Salz nachhelfen.

Wenn der Geschmack perfekt ist, gießt du die Brühe durch ein feines Sieb, das du am besten noch mit einem sauberen Küchentuch auslegst. So wird sie absolut klar und golden. Fertig ist die Basis!

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Erste Hilfe für deine Phở: Was tun, wenn…?

Manchmal läuft nicht alles nach Plan. Keine Panik, hier sind Lösungen für die häufigsten Probleme:

  • Die Brühe ist trotzdem trüb geworden: Das kann passieren. Oft hilft es, die Hitze sofort zu reduzieren und noch geduldiger abzuschäumen. Ein anderer Trick: Lass die Brühe komplett abkühlen (am besten über Nacht im Kühlschrank). Das Fett wird oben fest und darunter setzen sich viele Trübstoffe am Boden ab. Beim Wiedererwärmen schöpfst du die klare Brühe dann vorsichtig von oben ab und lässt den Bodensatz einfach im Topf.
  • Sie schmeckt am Ende fad: Deiner Brühe fehlt wahrscheinlich eine der drei Geschmackssäulen. Schmeck nochmal ab: Fehlt Salz? Gib löffelweise mehr Fischsauce dazu. Fehlt Süße? Ein kleines Stück Kandiszucker mehr. Fehlt es an Tiefe? Manchmal braucht sie einfach noch 30 Minuten länger auf dem Herd. Trau dich, zu experimentieren!

Die Kunst des Servierens: Eine Schale voller Glück

Jetzt kommt der schönste Teil: das Anrichten. Die Reihenfolge macht den Unterschied.

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Für die Einlage brauchst du neben dem gekochten Fleisch aus der Brühe noch hauchdünn geschnittenes rohes Rindfleisch. Am besten eignet sich Rinderhüfte oder Oberschale. Kleiner Profitrick: Leg das Fleischstück für 30-45 Minuten ins Gefrierfach. Wenn es leicht angefroren ist, kannst du es mit einem scharfen Messer in papierdünne Scheiben schneiden.

Die Nudeln (flache Reisbandnudeln, „Bánh Phở“) kochst du IMMER separat in Salzwasser. Niemals in der Brühe, die würde sonst sofort eintrüben! Nach dem Kochen kurz kalt abschrecken.

Und so baust du die perfekte Schale:

  1. Schalen vorwärmen! Ein Muss. Einfach heißes Wasser reingießen, kurz stehen lassen, auskippen.
  2. Gekochte Nudeln in die Schale geben.
  3. Gekochtes und rohes Fleisch darauf anrichten.
  4. Ein paar Ringe Frühlingszwiebeln und hauchdünne Zwiebelscheiben drüberstreuen.
  5. Jetzt die kochend heiße Brühe darübergießen. Du siehst sofort, wie das rohe Fleisch gart.
  6. Sofort servieren mit einem großen Teller voller Beilagen zur Selbstbedienung: Thai-Basilikum, langer Koriander, Minze, Mungobohnensprossen, Limetten und Chilis. Hoisin-Soße und Sriracha auf den Tisch – fertig!
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Dein Phở-Wochenend-Plan und Lagerung

So ein Projekt braucht etwas Planung. Hier ein Vorschlag, wie du es entspannt angehen kannst:

  • Samstagmorgen (ca. 2 Std.): Einkaufen, Knochen blanchieren und die Brühe aufsetzen.
  • Samstagnachmittag (ca. 30 Min.): Nach 3-4 Stunden das gare Fleisch aus der Brühe nehmen und das Gewürzpäckchen hinzufügen.
  • Samstagabend (ca. 1 Std.): Brühe nach insgesamt 8-12 Stunden fertigstellen, abschmecken, abseihen und schnell abkühlen lassen (Topf ins kalte Wasserbad stellen oder Brühe in kleinere Behälter umfüllen).
  • Sonntagmittag: Das große Phở-Fest! Nudeln kochen, Kräuter waschen, Brühe erhitzen und genießen.

Achtung beim Aufbewahren: Die fertige Brühe hält sich im Kühlschrank 3-4 Tage. Noch besser: Frier sie portionsweise ein! Ich mache das immer in 1-Liter-Behältern. So hast du monatelang die Basis für eine schnelle, aber absolut erstklassige Mahlzeit parat.

Eine echte Phở zu kochen ist mehr als nur ein Rezept. Es ist eine kleine Reise, die uns lehrt, auf Details zu achten und Geduld zu haben. Nimm dir die Zeit. Der Lohn ist nicht nur eine unfassbar leckere Suppe, sondern auch das Gefühl, ein Stück echtes Küchenhandwerk gemeistert zu haben.

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Macht die Wahl der Fischsauce wirklich einen Unterschied?

Absolut. Sie ist das heimliche Herz der Phở-Brühe, der letzte Puzzlestein für authentisches Umami. Billige Fischsaucen sind oft mit Zucker, Wasser und Konservierungsstoffen gestreckt und schmecken harsch-salzig. Eine hochwertige Nước Mắm hingegen ist eine Offenbarung: tief, komplex und nussig. Achten Sie auf die Bezeichnung „first press“ (nước mắm nhĩ). Marken wie Red Boat 40°N gelten unter Kennern als der Goldstandard – puristisch, intensiv und nur aus Sardellen und Salz hergestellt. Eine etwas zugänglichere, aber ebenfalls exzellente Wahl ist Three Crabs Brand. Der kleine Aufpreis für eine gute Flasche verwandelt Ihre Brühe von einer einfachen Suppe in eine tiefgründige, kulinarische Erfahrung.

Mareike Brenner

Mareike ist 1991 in Bonn geboren und hat ihr Diplom in der Fachrichtung Journalistik an der TU Dortmund erworben. Sie hat einen Hintergrund im Bereich Design, da sie an der HAW Hamburg Illustration studiert hat. Mareike hat aber einen Sprung in die Welt des Journalismus gemacht, weil sie schon immer eine Leidenschaft für kreatives Schreiben hatte. Derzeit ist sie in der Redaktion von Freshideen tätig und schreibt gern Berichte über Schönheitstrends, Mode und Unterhaltung. Sie kennt übrigens alle Diäten und das Thema „Gesund abnehmen“ wird von ihr oft bevorzugt. In ihrer Freizeit kann man sie beim Kaffeetrinken mit Freunden antreffen oder sie bleibt zu Hause und zeichnet. Neulich hat sie eine neue Leidenschaft entdeckt, und das ist Online-Shopping.