Polyrattan-Möbel kaufen? Wie du Schrott von Schätzen unterscheidest – Ein ehrlicher Ratgeber
Ganz ehrlich? In meiner Werkstatt habe ich mich jahrelang fast nur mit Holz beschäftigt. Aber mit der Zeit lernt man, auch bei anderen Materialien genau hinzuschauen. Und immer, wenn’s um Möbel für den Garten geht, landet das Gespräch bei Polyrattan. Klingt ja auch super: Sieht schick aus, ist pflegeleicht und soll ewig halten. Tja, soll…
Inhaltsverzeichnis
- 0.1 Erstmal die Basics: Was ist Polyrattan überhaupt?
- 0.2 Das Geflecht: Der erste große Qualitäts-Check
- 0.3 Der Rahmen: Was sich unsichtbar darunter verbirgt
- 0.4 Die Polster: Wo der Komfort entscheidet
- 0.5 Pflege und Lagerung: Damit die Freude lange währt
- 0.6 Wo solltest du überhaupt suchen?
- 0.7 Zusammenfassende Checkliste für deinen Einkauf
- 1 Bildergalerie
Die Realität sieht oft anders aus. Viel zu oft sehe ich nach zwei, drei Sommern traurige Reste: sprödes Geflecht, wackelige Gestelle und ausgeblichene Polster. Der Grund ist simpel: Es gibt massive Qualitätsunterschiede, die man als Laie auf den ersten Blick kaum erkennt. Aber genau dafür bin ich ja da.
Das hier ist kein Verkaufsgespräch. Ich will dir mein Wissen aus der Praxis mitgeben, damit du eine Entscheidung triffst, an der du viele Jahre Freude hast. Wir schauen uns jetzt mal an, worauf es wirklich ankommt – beim Material, der Verarbeitung und den kleinen, aber entscheidenden Details.
Erstmal die Basics: Was ist Polyrattan überhaupt?
Viele werfen Rattan und Polyrattan in einen Topf. Großer Fehler! Das zu verstehen, ist schon die halbe Miete.
Echtes Rattan ist ein reines Naturprodukt, gewonnen aus den Lianen der Rattanpalme. Wunderschön, warm und natürlich – aber für unser Wetter hier in Deutschland absolut ungeeignet. Regen und Sonne machen es kaputt, es wird spröde oder schimmelt. Für den geschützten Wintergarten top, für die Terrasse ein Flop.
Polyrattan ist die clevere, technische Antwort darauf. Es ist eine Kunststofffaser, meist aus Polyethylen (PE), die von Hand über einen Rahmen geflochten wird. Gutes Polyrattan imitiert die Optik von echtem Rattan verblüffend gut. Der riesige Vorteil: Es ist wetterfest, UV-beständig und super pflegeleicht. Regen perlt ab, und Schmutz wischst du einfach mit einem feuchten Tuch weg.
Achtung! Der Begriff „Polyrattan“ ist nicht geschützt. Jeder Hersteller kann seine Plastikfasern so nennen. Und genau hier fängt das Problem an.
Das Geflecht: Der erste große Qualitäts-Check
Das Herzstück deiner neuen Möbel ist das Geflecht. Nimm dir im Laden ruhig mal eine Minute und fass das Material an. Schau es dir ganz genau an.
Flach, rund oder halbrund – mehr als nur Optik
Es gibt im Grunde drei Faserarten, und jede hat ihre Tücken und Stärken:
- Flachfaser: Das sind breite, flache Bänder. Sie lassen sich schnell verarbeiten, weshalb Möbel damit oft günstiger sind – du findest sie häufig bei Sets, die so zwischen 300 € und 700 € kosten. Der Look ist modern und schlicht. Der Haken: Billige Flachfasern dehnen sich bei Belastung und Hitze aus und werden labberig. Das Geflecht muss sich richtig straff anfühlen!
- Rundfaser: Sieht echtem Rattan am ähnlichsten, weil die Fasern rund wie dicke Schnüre sind. Die Verarbeitung ist viel aufwendiger, was sich im Preis niederschlägt. Rechne hier eher mit 1.200 € aufwärts für ein gutes Set. Dafür sind die Möbel oft deutlich stabiler und wirken einfach wertiger. Kleiner Nachteil: In den tieferen Rillen sammelt sich etwas leichter Schmutz.
- Halbrundfaser: Mein persönlicher Favorit als goldener Mittelweg. Außen rund für die tolle Optik, innen flach für eine stabile Auflage auf dem Rahmen. Sie kombiniert ein hochwertiges Aussehen mit guter Stabilität und ist preislich oft irgendwo dazwischen angesiedelt.
Kleiner Tipp aus der Praxis: Fahr mal mit der Handfläche über das Geflecht. Fühlt es sich seltsam glatt, fast schon ein wenig ölig an? Das kann ein Zeichen für billiges Plastik mit zu vielen Weichmachern sein. Die bauen sich unter UV-Licht ab und zurück bleibt sprödes, brüchiges Material. Hochwertiges Polyrattan fühlt sich fester an, hat mehr Substanz.
Der 60-Sekunden-Qualitäts-Check im Laden
Bevor du dein Portemonnaie zückst, mach diesen kurzen Test direkt am Ausstellungsstück:
Drück mal fest mit dem Daumen auf eine geflochtene Fläche, zum Beispiel die Sitzfläche. Gibt sie stark nach oder fühlt sie sich straff gespannt an? Ein lockeres Geflecht ist ein klares Warnsignal. Rüttel dann mal am Stuhl. Wackelt er? Knarzt etwas? Ein gutes Möbelstück ist absolut stabil. Und zu guter Letzt: Heb eine Ecke des Tisches oder einen Stuhl an. Fühlt es sich verdächtig leicht an? Das könnte auf hauchdünne Alurohre hindeuten, die sich schnell verbiegen.
Der Rahmen: Was sich unsichtbar darunter verbirgt
Das schönste Geflecht ist wertlos, wenn das Skelett darunter nichts taugt. Hier wird am häufigsten gespart, weil man es ja nicht direkt sieht.
Aluminium: Leicht, rostfrei und die einzig wahre Wahl
Ein guter Rahmen besteht aus Aluminium. Punkt. Und ganz wichtig: Er sollte komplett verschweißt sein, nicht nur zusammengeschraubt. Schweißnähte sind einfach dauerhaft stabil. Aluminium ist von Natur aus rostfrei und dazu noch angenehm leicht. Du willst die Möbel ja auch mal verrücken können, ohne dir einen Bruch zu heben.
Pulverbeschichteter Stahl: Die riskante Billig-Alternative
Manchmal, vor allem bei sehr günstigen Angeboten, wird ein Stahlrahmen verwendet. Der ist schwerer und billiger. Das Problem? Die Pulverbeschichtung, die vor Rost schützen soll, ist extrem kratzempfindlich. Ich hatte mal einen Kunden am Bodensee, dessen Stahlmöbel nach nur zwei Wintern von innen heraus rosteten. Ein kleiner Kratzer beim Verschieben auf der Terrasse hat gereicht. Das Wasser kroch unter die Beschichtung und der Rost fraß sich durch. Das sah man dann als hässliche braune Flecken im hellen Geflecht. Nicht mehr zu retten.
Wenn du dich also doch für Stahl entscheidest (ich rate davon ab), musst du Kratzer sofort mit einem passenden Lackstift versiegeln. Für Küstenregionen mit salziger Luft ist Stahl ein absolutes No-Go.
Die Polster: Wo der Komfort entscheidet
Was nützt der schönste Sessel, wenn du nach 30 Minuten nicht mehr sitzen kannst? Die Polster sind entscheidend!
Der Schaumstoff: Das Geheimnis gegen Sitzkuhlen
Das Wichtigste ist der Schaumstoffkern. Bei Billigpolstern wird oft Schaumstoff mit einem niedrigen Raumgewicht (RG) verwendet. Das bedeutet, er hat viel Luft und wenig Material. Das Ergebnis: Nach einer Saison hast du eine tiefe Sitzkuhle. Hässlich und unbequem.
Achte auf ein Raumgewicht von mindestens 25, besser noch 35 kg/m³. Dieser Schaumstoff ist formstabil und bleibt jahrelang bequem. Frag den Verkäufer gezielt danach! Wenn er ausweicht oder keine Ahnung hat, ist das meist ein schlechtes Zeichen. Bei guten Marken findest du die Angabe oft im Produktpass.
Der Bezug: Mehr als nur eine hübsche Farbe
Der Stoff muss Sonne, Flecken und auch mal einen kurzen Schauer aushalten. Die Bezüge sollten unbedingt abnehmbar und waschbar sein. Prüf auch die Reißverschlüsse – wirken sie stabil oder filigran? Ein verdeckter Reißverschluss ist übrigens ein nettes Detail, das oft auf eine höhere Qualität hindeutet.
Standard-Polyester ist günstig, bleicht aber schnell aus. Besser sind spezielle Stoffe wie Olefin, die durchgefärbt sind. Hier ist die Farbe in der Faser selbst, nicht nur aufgedruckt. Das macht sie viel farbechter.
Pflege und Lagerung: Damit die Freude lange währt
Auch die besten Möbel brauchen ein bisschen Liebe. „Wetterfest“ heißt nicht, dass du sie im tiefsten Winter im Schnee stehen lassen solltest.
Reinigung: Bloß kein Hochdruckreiniger!
Zur Reinigung reicht lauwarmes Wasser mit einem Schuss milder Seife und eine weiche Bürste. Danach einfach klar abspülen. Aber bitte, bitte, benutze NIEMALS einen Hochdruckreiniger! Der harte Strahl raut die Kunststoffoberfläche auf und macht sie porös.
Überwinterung: Die wichtigste Pflegemaßnahme
Extreme Kälte und Frost machen jeden Kunststoff auf Dauer spröde. Am besten lagerst du die Möbel im Winter trocken und kühl in der Garage, im Keller oder im Gartenhaus. Falls das nicht geht, ist eine gute Schutzhülle Pflicht.
Wenig bekannter Trick: Kauf keine billige Plastikplane! Darunter staut sich die Feuchtigkeit und es bilden sich Stockflecken und Schimmel. Investiere die 50 € bis 80 € in eine atmungsaktive Hülle mit Lüftungsschlitzen. Sie muss gut passen und Befestigungskordeln haben, damit der nächste Sturm sie nicht zum Nachbarn weht. Die Polster lagerst du aber bitte IMMER separat an einem trockenen Ort im Haus.
Wo solltest du überhaupt suchen?
Die Auswahl ist riesig, aber die Bezugsquellen haben ihre Eigenheiten:
- Baumärkte: Super, um sich einen ersten Eindruck zu verschaffen und Möbel anzufassen. Oft findest du hier die günstigeren Modelle aus Flachgeflecht. Die Qualität ist aber sehr durchwachsen. Perfekt für den „60-Sekunden-Check“.
- Gartenmöbel-Fachgeschäfte: Hier gibt’s die beste Beratung und in der Regel hochwertige Ware. Dafür sind die Preise natürlich höher. Ideal, wenn du auf Nummer sicher gehen und eine langlebige Investition tätigen willst.
- Online-Shops: Die größte Auswahl, oft gute Preise. Der riesige Nachteil: Du kannst nichts anfassen, nicht rütteln, nicht probesitzen. Hier musst du dich auf Produktbeschreibungen und Kundenrezensionen verlassen, was riskant sein kann.
Zusammenfassende Checkliste für deinen Einkauf
Also, wenn du das nächste Mal vor einem Polyrattan-Set stehst, geh das im Kopf durch:
Fühl das Geflecht. Ist es straff und fest? Rüttel am Stuhl. Steht er bombenfest? Der Rahmen sollte aus verschweißtem Aluminium sein. Drück auf die Polster. Fühlen sie sich satt und fest an? Frag nach dem Raumgewicht! Prüf die Details: saubere Nähte, gute Reißverschlüsse. Und ganz wichtig: Überleg dir vorher, wo die Möbel im Winter hinkommen. Wenn du keinen Platz hast, plane das Geld für eine hochwertige, atmungsaktive Abdeckhaube direkt mit ein.
Gute Gartenmöbel sind eine Investition. Ein billiges Set, das du nach drei Jahren genervt zum Sperrmüll bringst, ist am Ende teurer. Nimm dir die Zeit beim Aussuchen, dann hast du auch wirklich lange was von deiner neuen Wohlfühloase im Garten.
Bildergalerie
Und was ist mit den Polstern? Die sind doch der Witterung am stärksten ausgesetzt!
Absolut richtig, hier trennt sich oft die Spreu vom Weizen. Achten Sie auf Bezüge aus spinndüsengefärbtem Stoff wie Olefin oder den Premium-Stoffen von Sunbrella. Bei dieser Technik wird das Farbpigment schon bei der Faserherstellung eingebracht, was sie extrem farbecht und UV-beständig macht. Wasser sollte abperlen und Flecken leicht zu entfernen sein. Im Inneren ist „Quick-Dry-Foam“ ideal: Dieser Spezialschaumstoff lässt Wasser einfach durchlaufen und verhindert Schimmelbildung.
Eine hochwertige Polyrattanfaser ist so konzipiert, dass sie mehr als 2.000 Sonnenstunden standhält, ohne auszubleichen oder porös zu werden.
Was bedeutet das konkret für Ihren Garten? Das entspricht mehreren intensiven Sommern in Mitteleuropa. Während minderwertiges Geflecht schon nach einer Saison fahl und rissig aussehen kann, behalten Möbel mit hohem UV-Schutz ihre Farbe und Elastizität. Achten Sie auf Garantien gegen UV-Schäden – seriöse Anbieter wie MBM oder Kettler geben hier oft mehrere Jahre.
Untergestell aus Aluminium: Leicht, absolut rostfrei und die erste Wahl für langlebige Möbel. Ideal, wenn die Möbel oft umgestellt werden oder nah am Pool stehen. Meist etwas teurer, aber eine Investition, die sich auszahlt.
Untergestell aus Stahl: Günstiger, aber schwerer und anfällig für Rost, sobald die Pulverbeschichtung beschädigt ist. Ein kleiner Kratzer kann hier schon den Anfang vom Ende bedeuten.
Unser Rat: Wenn das Budget es irgendwie zulässt, greifen Sie immer zu einem vollverschweißten Aluminiumrahmen.
Beim Geflecht selbst gibt es zwei dominante Stilrichtungen: Flach- und Rundgeflecht. Das breitere Flachgeflecht wirkt oft moderner und geradliniger, perfekt für puristische Lounge-Settings. Das aufwendiger verarbeitete Rundgeflecht hingegen imitiert die Optik von echtem Rattan am besten. Es verleiht den Möbeln eine klassischere, voluminösere und oft als hochwertiger empfundene Anmutung. Die Wahl ist letztlich eine Frage des persönlichen Geschmacks und des Stils Ihrer Terrasse.
- Fühlt sich geschmeidig und leicht wachsig an, nicht wie sprödes Plastik.
- Gibt unter Druck leicht nach, ohne sich zu dehnen.
- Die Farbe ist tief im Material verankert, nicht nur oberflächlich aufgetragen.
Das Geheimnis dieser hochwertigen Haptik? Es ist der verwendete Kunststoff. Premium-Hersteller setzen auf hochdichtes Polyethylen (HDPE), das elastisch und extrem widerstandsfähig ist. Billige Varianten nutzen oft PVC, das durch Weichmacher flexibel gemacht wird, die mit der Zeit entweichen und das Material brüchig machen.
- Für die Grundreinigung genügt eine weiche Bürste und eine Lauge aus lauwarmem Wasser und milder Seife.
- Spülen Sie danach immer mit klarem Wasser nach, um Seifenreste zu entfernen.
- Verwenden Sie niemals einen Hochdruckreiniger! Der harte Wasserstrahl kann die Faserstruktur aufrauen und dauerhaft beschädigen.
- Auch aggressive Reiniger oder Scheuermittel sind tabu.
