Gemüsebrühe selber machen: So wird sie besser als jede gekaufte

von Augustine Schneider
Anzeige

Ich erinnere mich noch gut, als einer meiner ersten Lehrmeister, ein knorriger alter Koch aus dem Schwarzwald, zu mir meinte: „Junge, an der Brühe erkennst du den Koch.“ Damals dachte ich, er spinnt. Eine einfache Brühe? Heute, viele Jahre später, weiß ich genau, was er meinte. Eine richtig gute, ehrliche Gemüsebrühe ist kein Zufallsprodukt. Sie ist pures Handwerk, ein bisschen Wissen und vor allem Respekt vor dem, was da im Topf landet.

In letzter Zeit stolpere ich oft über den Begriff „Gemüsetee“. Klingt schick, oder? Im Grunde ist das aber nichts anderes als das, was schon unsere Großmütter als „Kraftsuppe“ bei Erkältungen gekocht haben: ein leichter, ungesalzener Auszug aus Gemüse. Ob Tee oder Suppe – der Name ist egal. Was zählt, ist das Ergebnis. Und genau das zeige ich dir hier. Nicht aus einem staubigen Kochbuch, sondern direkt aus der Praxis.

Was passiert da eigentlich im Topf? Die simple Magie dahinter

Um eine geniale Brühe zu kochen, muss man kein Chemiker sein, aber ein kleines bisschen zu verstehen, was da vor sich geht, hilft ungemein. Im Prinzip wollen wir nur eins: die leckeren und gesunden Sachen aus dem Gemüse ins Wasser locken. Man nennt das Extraktion.

wintergemüse rezepte gesund
Anzeige

Stell dir jede Gemüsezelle wie einen winzigen Beutel voller Aromen, Vitamine und Mineralstoffe vor. Durch die Hitze des Wassers machen wir diese Beutel quasi auf, und ihr Inhalt wandert ins Wasser. Das passiert durch einen Prozess namens Osmose – die Natur will immer ein Gleichgewicht herstellen. Das Wasser zieht die Teilchen aus dem Gemüse an, bis die Konzentration ausgeglichen ist.

Die Temperatur ist dabei dein wichtigster Regler. Lässt du die Brühe sprudelnd kochen, werden die Zellen brutal zerstört. Das geht schnell, kann aber bestimmte Aromen, besonders von Kohlsorten, schnell bitter machen. Viel besser ist es, die Brühe nur ganz sanft ziehen zu lassen. So knapp unter dem Siedepunkt, bei etwa 90 bis 95 Grad, ist es perfekt. Du siehst dann nur kleine Bläschen vom Topfboden aufsteigen. Wir Profis nennen das „simmern“.

Gut zu wissen: Viele Vitamine, wie Vitamin C und die meisten B-Vitamine, sind wasserlöslich. Die landen also direkt in deiner Tasse. Dasselbe gilt für Mineralstoffe wie Kalium und Magnesium. Genau deshalb tut so eine heiße Brühe nach dem Sport oder an einem kalten Tag so unglaublich gut – sie füllt die Speicher wieder auf und versorgt dich mit Flüssigkeit und wichtigen Elektrolyten.

wintergemüse gemüsetee zubereiten
Anzeige

Das Handwerk: Profi-Tricks für deine Küche

Eine hervorragende Brühe steht und fällt mit zwei Dingen: den Zutaten und der richtigen Vorbereitung. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen.

Die Wahl des Gemüses: Wer darf in den Topf?

Nicht jedes Gemüse ist ein guter Teamplayer. Manche werden matschig, andere machen die Brühe trüb. Hier ist meine absolut bombensichere Auswahl für eine klare, aromatische Basis:

  • Die heilige Dreifaltigkeit (Suppengrün): Karotten, Knollensellerie und Lauch. Das ist die klassische Basis, die einfach immer funktioniert. Karotten geben eine feine Süße, Sellerie sorgt für die erdige Tiefe (das berühmte Umami!) und Lauch für eine milde Würze.
  • Die Aromabomben: Zwiebeln und Knoblauch sind Pflicht. Kleiner Tipp: Ich lasse bei der Zwiebel oft die trockene, braune Schale dran. Die gibt der Brühe später eine wunderschöne, goldene Farbe. Natürlich nur, wenn die Zwiebel blitzsauber ist!
  • Für mehr Power im Winter: Pastinaken sind eine geniale Ergänzung. Sie sind süßer als Petersilienwurzel und machen die Brühe samtiger.
  • Die Kräuter: Ein paar Petersilienstängel, Liebstöckel (auch als „Maggikraut“ bekannt), Thymian und ein, zwei Lorbeerblätter. Ich binde die Kräuter immer mit etwas Küchengarn zu einem kleinen Strauß zusammen. So kann ich sie am Ende ganz einfach wieder rausfischen.

Übrigens, zum Thema Qualität: Ich greife für meine Brühen fast immer zu Bio-Gemüse. Warum? Weil ich oft die Schalen mitkoche, denn da sitzen die meisten Aromen. Und ganz ehrlich, ich will Aromen in meiner Suppe, keine Pestizidrückstände. Wenn du kein Bio-Gemüse findest, schäl es lieber großzügig.

gemüsetee mit wintergemüse gesund und lecker

Der Röstaromen-Trick: Der Game-Changer für deine Brühe

Jetzt kommt ein Tipp, der den Unterschied zwischen einer „netten“ und einer „Wow!“-Brühe macht. Bevor das Gemüse ins Wasser kommt, rösten wir es an. Schneide das Gemüse in grobe, walnussgroße Stücke. Dann brätst du es entweder in einem großen Topf mit einem Tropfen neutralem Öl (Rapsöl ist super) scharf an, bis es Farbe bekommt.

Oder noch besser, mein Favorit: Ab aufs Blech und für 20-30 Minuten bei 200 Grad in den Backofen, bis die Ränder schön braun sind. Durch diese Hitze entsteht die sogenannte Maillard-Reaktion – derselbe Prozess, der einer Brotkruste oder einem Steak den genialen Geschmack gibt. Diese Röstaromen lösen sich dann im Wasser und verleihen deiner Brühe eine unglaubliche Tiefe. Die halbierte Zwiebel lege ich immer mit der Schnittfläche nach unten ohne Öl in den heißen Topf und lasse sie fast schwarz werden. Keine Panik, das ist pure Geschmacks-Magie!

Der Prozess: Schritt für Schritt zum flüssigen Gold

Als Faustregel kannst du dir merken: Für eine kräftige Basis nehme ich grob 1 kg gemischtes Gemüse auf etwa 2,5 bis 3 Liter Wasser. Am Ende verdampft einiges, sodass du auf eine gute Ausbeute von ca. 1,5 bis 2 Litern kommst.

gesunden gemüsetee mit wintergemüse zubereiten
  1. Vorbereiten: Gemüse waschen, putzen und grob schneiden. Zwiebel halbieren.
  2. Anrösten: Das Gemüse wie beschrieben im Topf oder Ofen rösten, bis es duftet und Farbe hat.
  3. Ablöschen: Jetzt das geröstete Gemüse mit kaltem Wasser auffüllen. Immer kalt! Das ist wichtig, damit die Aromen langsam und vollständig aus dem Gemüse gezogen werden.
  4. Gewürze rein: Kräuterstrauß, Lorbeerblätter und ein paar ganze Pfefferkörner dazugeben. Ganz wichtig: Jetzt kommt noch KEIN Salz dazu! Salz würde verhindern, dass das Gemüse seinen vollen Geschmack abgibt. Wir salzen immer erst ganz am Schluss.
  5. Langsam erhitzen: Den Topf langsam zum Simmern bringen. Denk dran: nicht kochen lassen!
  6. Geduld haben: Mindestens eine Stunde, besser zwei, sanft ziehen lassen. Wenn sich am Anfang etwas Schaum bildet, kannst du ihn mit einer Kelle abschöpfen. Das macht die Brühe noch klarer.
  7. Abseihen: Die fertige Brühe durch ein feines Sieb gießen. Für eine ultraklare Brühe lege ich das Sieb mit einem sauberen Küchentuch oder einem Passiertuch aus (gibt’s für ein paar Euro online oder im Haushaltswarenladen). Und bitte: Drück das Gemüse nicht aus, sonst wird die Brühe trüb!

Das ausgekochte Gemüse hat seinen Job getan. Man kann es noch pürieren und als Basis für eine Cremesuppe nutzen, aber der Star ist jetzt definitiv die Flüssigkeit.

gemüsetee gesund mit wintergemüse
What's Hot

10 Wintergemüse Rezepte – frisch und saisonal im Winter kochen

Welche Brühe für welchen Anlass? 3 Rezepte für jede Situation

Bevor wir loslegen, eine kurze Übersicht: Der schnelle „Gemüsetee“ ist dein 20-Minuten-Energiekick für morgens oder zwischendurch. Die kräftige Winterbrühe ist das Wochenend-Projekt, das dir eine Basis für die ganze Woche liefert. Und die Reste-Brühe? Dein genialer Zero-Waste-Hack, der dich quasi nichts kostet.

Rezept 1: Der schnelle „Gemüsetee“ (ca. 15-20 Min.)

Ideal, wenn es schnell gehen muss. Leicht, belebend und in unter 30 Minuten fertig. Ergibt etwa 1 Liter.

  • 1 große Karotte
  • 1 Stange Lauch (nur der helle Teil)
  • 1 kleines Stück Knollensellerie (ca. 5×5 cm)
  • Ein paar Stängel frische Petersilie
  • 1 daumengroßes Stück Ingwer
  • 1 Liter Wasser

Das Gemüse und den Ingwer einfach waschen und in hauchdünne Scheiben schneiden oder raspeln. Je feiner, desto schneller geht’s. Alles in einen Topf, mit kochendem Wasser übergießen, Deckel drauf und 15 Minuten ziehen lassen. Abseihen, eine Prise Salz dazu, fertig!

Rezept 2: Die kräftige Winterbrühe nach Meisterart (ca. 2,5 Stunden)

Das ist die Brühe, die ich koche, wenn ich Zeit habe. Sie ist die perfekte Basis für alles. Ergibt ca. 1,5 Liter pures Gold.

brühe und gemüsetee aus wintergemüse zubereiten
  • 2-3 Karotten (ca. 300g)
  • 1/4 Knollensellerie (ca. 250g)
  • 1 große Stange Lauch
  • 1 Petersilienwurzel
  • 1 große Zwiebel mit Schale
  • Kräuterstrauß (Petersilienstängel, Thymian, 1 Lorbeerblatt)
  • 5-6 schwarze Pfefferkörner
  • ca. 2,5 Liter kaltes Wasser & 1 EL Rapsöl

Hier gehst du genau nach der Schritt-für-Schritt-Anleitung mit dem Rösten im Ofen vor. Lass der Brühe mindestens 1,5 Stunden Zeit zum Simmern. Am Ende durch ein Tuch passieren und erst dann salzen. Rechne mal nach: Die Zutaten kosten dich vielleicht 4-5 Euro. Dafür bekommst du 1,5 Liter beste Brühe. Im Supermarkt zahlst du für ein kleines Glas Bio-Brühe oft schon 3 Euro!

Kleiner Tipp zur Lagerung: Im Kühlschrank hält sie sich 3-4 Tage. Ich koche aber meist die doppelte Menge und friere sie in Portionen ein. Eiswürfelbehälter sind genial, um immer kleine Geschmacksbomben zum Würzen von Saucen parat zu haben.

Rezept 3: Die geniale Reste-Brühe (Kosten: quasi null)

Das ist keine Brühe zum pur Trinken, aber eine fantastische Basis für Reis, Risotto oder Eintöpfe. Sammle dafür einfach in einem großen Gefrierbeutel im Tiefkühler saubere Gemüseabschnitte: Karottenschalen, Lauchgrün, Sellerieabschnitte, Petersilienstängel, Zwiebelschalen…

wintergemüse gemüsetee mit kurkuma
What's Hot

Kreuzkümmeltee selber machen: Das Geheimnis für einen ruhigen Bauch (Anleitung aus der Praxis)

Achtung! Was NICHT hineingehört:

  • Kartoffelschalen (können bitter werden und Solanin enthalten)
  • Zu viele Reste von Kohlsorten wie Brokkoli oder Blumenkohl (der Geschmack wird schnell dominant und, naja, kohl-ig)
  • Strünke von bitteren Salaten

Wenn der Beutel voll ist, einfach den gefrorenen Inhalt in einen Topf, mit Wasser bedecken, eine Stunde köcheln lassen, abseihen. Fertig ist deine Würzbasis zum Nulltarif.

Hilfe, meine Brühe schmeckt komisch! Fehlerbehebung für zu Hause

Auch bei Profis geht mal was schief. Wichtig ist, zu wissen, wie man es rettet.

  • Sie ist trüb? Wahrscheinlich hast du zu stark gekocht oder das Gemüse ausgedrückt. Für den Hausgebrauch ist das aber nur ein optisches Problem. Schmecken tut sie trotzdem!
  • Sie ist bitter? Oft ein Zeichen, dass Kohlreste zu lange mitgekocht haben. Aus eigener Erfahrung: Ich hab mal eine riesige Ladung Brühe mit zu viel Brokkoli-Strunk versaut. Lektion gelernt! Eine Prise Zucker oder eine halbierte Karotte für 10 Minuten mitziehen lassen, kann die Bitterkeit etwas abmildern.
  • Sie ist fad? Meistens fehlt einfach nur Salz. Wenn das nicht hilft, probier mal einen Spritzer Sojasauce, einen Teelöffel Misopaste oder einen getrockneten Shiitake-Pilz (einfach mitkochen). Für eine noch tiefere Note kannst du auch ein kleines Stück Kombu-Alge (gibt’s im Asiamarkt) die letzten 10 Minuten mitziehen lassen. Das wirkt Wunder!

Am Ende ist das Kochen einer ehrlichen Gemüsebrühe eine fast meditative Arbeit. Das Schnippeln, der Duft, der langsam die Küche füllt, das leise Blubbern im Topf… Es ist eine einfache, aber zutiefst befriedigende Sache. Das Ergebnis wärmt nicht nur den Körper, sondern auch die Seele. Nimm dir die Zeit, du wirst den Unterschied schmecken. Versprochen.

detox gemüsetee mit wintergemüse

Bildergalerie

veganen gemüsetee aus wintergemüse
What's Hot

Schluss mit Matsch-Brokkoli: So wird er wirklich JEDES MAL perfekt

wintergemüse knoblauch gemüsetee gesund

Das Prinzip „Alles muss rein“ ist der häufigste Fehler bei der Resteverwertung für eine Brühe. Nicht alle Gemüsereste sind Ihre Freunde im Topf. Einige wenige können die stundenlange Mühe zunichtemachen und für eine bittere oder unangenehme Note sorgen. Seien Sie daher wählerisch:

  • Kohl-Familie: Brokkoli-, Blumenkohl- oder Rosenkohlstrünke entwickeln beim langen Kochen oft ein schwefeliges, dominantes Aroma.
  • Kartoffelschalen: Sie können die Brühe trüb und erdig machen. Besser weglassen.
  • Rote Bete: Färbt nicht nur alles intensiv rot, sondern bringt auch eine sehr süß-erdige Note mit, die nicht immer passt.
  • Bittere Salate: Die Stiele von Radicchio oder Chicorée geben ihre Bitterstoffe direkt an die Flüssigkeit ab.

Der Seelentopf – Gusseisen vs. Edelstahl:

Emaillierter Gusseisen-Bräter: Ein Klassiker von Marken wie Le Creuset oder Staub ist der Meister der langsamen, gleichmäßigen Wärme. Er speichert die Hitze perfekt und gibt sie sanft ab – ideal für das stundenlange Simmern, das einer Brühe ihre tiefe, komplexe Seele verleiht.

Hochwertiger Edelstahl-Suppentopf: Modelle von WMF oder Fissler sind die agilen Allrounder. Sie heizen schnell auf, reagieren nicht mit säurehaltigen Zutaten wie Tomaten und sind leicht zu reinigen. Perfekt für eine schnelle, klare und „saubere“ Brühe.

Für die meditative Zubereitung einer tiefgründigen Kraftbrühe ist Gusseisen unschlagbar. Für den klaren Alltagshelden ist Edelstahl die praktischere Wahl.

Augustine Schneider

Augustine ist eine offene und wissenshungrige Person, die ständig nach neuen Herausforderungen sucht. Sie hat ihren ersten Studienabschluss in Journalistik an der Uni Berlin erfolgreich absolviert. Ihr Interesse und Leidenschaft für digitale Medien und Kommunikation haben sie motiviert und sie hat ihr Masterstudium im Bereich Media, Interkulturelle Kommunikation und Journalistik wieder an der Freien Universität Berlin abgeschlossen. Ihre Praktika in London und Brighton haben ihren beruflichen Werdegang sowie ihre Weltanschauung noch mehr bereichert und erweitert. Die nachfolgenden Jahre hat sie sich dem kreativen Schreiben als freiberufliche Online-Autorin sowie der Arbeit als PR-Referentin gewidmet. Zum Glück hat sie den Weg zu unserer Freshideen-Redation gefunden und ist zurzeit ein wertvolles Mitglied in unserem motivierten Team. Ihre Freizeit verbringt sie gerne auf Reisen oder beim Wandern in den Bergen. Ihre kreative Seele schöpft dadurch immer wieder neue Inspiration und findet die nötige Portion innerer Ruhe und Freiheit.