Alte Apfelsorten: Warum Opas Äpfel besser schmeckten und wie du sie in deinen Garten holst

von Augustine Schneider
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Ich kann mich noch glasklar an den Garten meines Großvaters erinnern. Da stand so ein knorriger, alter Apfelbaum, dessen Sorte niemand mehr kannte. Die Äpfel waren alles andere als perfekt – oft hatten sie raue Stellen und waren irgendwie unförmig. Aber der Geschmack? Unfassbar. Wenn man da reinbiss, hat es richtig gekracht und der Saft lief einem übers Kinn. Eine perfekte Mischung aus süß und säuerlich, mit einem Duft, der den ganzen Raum eingenommen hat. Ehrlich gesagt, so was findest du heute im Supermarkt nur noch selten.

In meinem Job als Gärtner habe ich viele Trends erlebt. Aber die Rückkehr zu diesen alten, bewährten Obstsorten ist mehr als nur eine Modeerscheinung. Es ist eine bewusste Entscheidung für echten Geschmack, für Vielfalt und, ja, auch für die Gesundheit. Ich möchte mein Wissen heute mit dir teilen, denn so ein alter Apfel ist viel mehr als nur eine Frucht – er ist ein Stück lebendige Geschichte für deinen Garten.

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Warum alte Sorten oft die klügere Wahl sind

Spazier mal durch die Obstabteilung im Supermarkt. Da liegen Äpfel, die aussehen wie aus dem Bilderbuch: makellos, gleichmäßig gefärbt, perfekt rund. Diese Sorten wurden vor allem für den Handel optimiert. Sie müssen lange Transporte überstehen und im Regal glänzen. Geschmack und Inhaltsstoffe? Stehen da oft nicht an erster Stelle. Das ist nicht nur für Genießer schade, sondern auch für viele Allergiker ein echtes Problem.

Das kleine Geheimnis der Polyphenole

Der springende Punkt sind die sogenannten Polyphenole. Das sind Pflanzenstoffe, die dem Apfel sein Aroma und seine Farbe geben und ihn gleichzeitig vor Schädlingen und Pilzen schützen. Ein super einfaches Erkennungsmerkmal: Schneide einen alten Apfel auf, und die Schnittstelle wird schnell braun. Das ist kein schlechtes Zeichen, ganz im Gegenteil! Es ist eine natürliche Reaktion mit dem Sauerstoff und zeigt, dass der Apfel randvoll mit diesen gesunden Stoffen ist.

Bei vielen modernen Sorten wurde genau diese Eigenschaft weggezüchtet, damit der Apfel im Verkauf länger „frisch“ aussieht. Das Problem dabei: Ohne den Schutz der Polyphenole muss der Apfel andere Abwehrproteine bilden. Und eines davon, „Mal d 1“ genannt, ist der Hauptauslöser für die typische Apfelallergie. Alte Sorten haben von Natur aus viele Polyphenole und brauchen deshalb weniger von diesem Allergen. Deshalb vertragen viele Allergiker einen Boskoop oder Gravensteiner problemlos, während ein hochglanzpolierter Supermarkt-Apfel sofort für Juckreiz sorgt.

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Für uns sind diese Polyphenole übrigens wahre Goldstücke. Sie wirken als Antioxidantien und können Entzündungen im Körper lindern. Also ein doppelter Gewinn: besserer Geschmack und ein Plus für dein Wohlbefinden.

Welcher Apfel passt zu dir? Meine Favoriten im Überblick

Die richtige Sorte zu finden, ist die wichtigste Entscheidung. Das hängt von deinem Geschmack ab, wie viel Platz du hast und natürlich vom Klima in deiner Region. Ich stell dir hier mal ein paar meiner persönlichen Lieblinge vor, mit denen ich über die Jahre nur gute Erfahrungen gemacht habe. Ganz ohne Tabelle, einfach aus der Praxis erzählt.

Für den direkten Genuss (Tafeläpfel)

  • Finkenwerder Herbstprinz: Eine norddeutsche Perle, super robust und zuverlässig. Der Baum packt auch raueres Klima und wächst kräftig. Die Äpfel sind saftig, mit einem feinen, süß-säuerlichen Aroma. Perfekt, um ihn direkt vom Baum zu pflücken. Reif ist er ab Oktober und im kühlen Keller hält er sich locker bis Februar.
  • Gravensteiner: Ein absoluter Klassiker mit einem Aroma, das man nie vergisst. Er gilt als eine der edelsten Sorten für den Spätsommer. Das Fruchtfleisch ist locker, extrem saftig und duftet intensiv. Kleiner Wermutstropfen: Er ist etwas anfällig für Obstbaumkrebs und hasst kalte, nasse Füße. Aber wo er sich wohlfühlt, ist er unschlagbar. Geerntet wird schon Ende August, aber lange lagern lässt er sich nicht – also am besten schnell genießen!
  • Goldparmäne: Man nennt sie auch die „Königin der Renetten“. Ihr Geschmack ist einzigartig: süß, mit einem feinen, fast nussigen Aroma. Die Früchte sind eher klein. Aber ganz ehrlich: Die Goldparmäne ist eine kleine Diva. Sie zickt bei Schorf und Mehltau gerne mal rum und braucht einen warmen, geschützten Platz. Für Anfänger vielleicht eine Herausforderung, für Liebhaber aber ein absoluter Traum.
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Für die Küche und den Vorratskeller

  • Schöner aus Boskoop: Der Alleskönner und mein persönlicher Favorit für Apfelkuchen. Ein großer, oft rauer Apfel, der beim Backen nicht zu Mus zerfällt. Er hat eine kräftige Säure, die im Kuchen einfach genial ist. Der Baum ist extrem robust und wächst stark, braucht also Platz. Als Lagerapfel ist er unschlagbar: Im Oktober geerntet, schmeckt er nach Weihnachten am besten und hält bis in den April. Und übrigens: Wegen seines hohen Polyphenolgehalts ist er für die meisten Allergiker top verträglich.
  • Danziger Kantapfel: Ein wunderschöner, dunkelroter Herbstapfel mit einem erfrischend säuerlichen Geschmack. Er ist der perfekte Kandidat für Saft oder Most. Der Baum selbst ist total anspruchslos und kommt auch mit mageren Böden klar. Ideal für eine Streuobstwiese.
  • Jakob Lebel: Noch so ein fantastischer Koch- und Backapfel. Die Früchte werden riesig, sind saftig und haben eine tolle Säure. Der Baum ist kerngesund, trägt zuverlässig und braucht kaum Pflege. Eine wirklich dankbare Sorte, die ich jedem empfehlen kann, der nicht ständig im Garten arbeiten will.

Das ist natürlich nur eine kleine Auswahl. Frag am besten mal in einer spezialisierten Baumschule oder bei einem lokalen Pomologen-Verein nach, welche alten Sorten in deiner Ecke Deutschlands am besten gedeihen.

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Ab ins Beet: Deinen Apfelbaum richtig pflanzen

Einen Baum zu pflanzen, ist eine Investition in die Zukunft. Wenn du es am Anfang richtig machst, hast du jahrzehntelang Freude daran. Nimm dir also die Zeit, es lohnt sich!

Die kleine Einkaufsliste vorab

Bevor wir zum Spaten greifen, hier eine kleine Übersicht, was du brauchst und was es ungefähr kostet. Das macht die Planung einfacher.

  • Ein Jungbaum: Wurzelnackt ist er günstiger (ca. 25-40€), im Topf (Containerware) etwas teurer (ca. 40-60€).
  • Ein Stützpfahl: Unverzichtbar für die ersten Jahre, kostet etwa 10€.
  • Ein Kokosstrick zum Anbinden: Bitte keinen Draht! Kostet um die 5€.
  • Ein Wühlmauskorb: Ein engmaschiger Drahtkorb, der die Wurzeln schützt. Eine der wichtigsten Investitionen, ca. 15€. Glaub mir, nichts ist ärgerlicher als ein Baum, der nach einem Jahr abstirbt, weil Wühlmäuse die Wurzeln abgefressen haben.
  • Ein Sack reifer Kompost: Gibt dem Baum einen guten Start, ca. 8€.

Typische Anfängerfehler (und wie du sie vermeidest)

Aus meiner Erfahrung gibt es zwei Fehler, die immer wieder passieren und dem Baum wirklich schaden können.

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  1. Die Veredelungsstelle eingraben: Das ist der sichere Tod für den Baum! Du erkennst die Stelle als eine kleine Verdickung unten am Stamm. Sie muss immer eine Handbreit über der Erde bleiben.
  2. Den Pflanzschnitt aus Angst weglassen: Viele trauen sich nicht, den frisch gekauften Baum zu beschneiden. Aber dieser erste Schnitt ist entscheidend, damit Krone und Wurzeln im Gleichgewicht sind und der Baum gut anwächst. Mehr dazu gleich.

Schritt für Schritt zum eigenen Baum

Die beste Pflanzzeit ist der Herbst, solange der Boden noch nicht gefroren ist. Der Baum kann dann über den Winter schon feine Wurzeln bilden und startet im Frühjahr voll durch. Plane dir für die ganze Aktion ruhig einen Samstagnachmittag ein, etwa 2-3 Stunden, dann kannst du alles in Ruhe machen.

  1. Das Pflanzloch: Buddel ein Loch, das etwa doppelt so breit und tief ist wie der Wurzelballen. Ganz wichtig: Lockere die Sohle des Lochs mit einer Grabegabel auf, damit keine Staunässe entsteht.
  2. Der Pflanzpfahl: Schlage den Stützpfahl vor dem Einsetzen des Baumes in das Loch. Und zwar auf der Seite, von der der Wind meistens kommt (in der Regel Westen). So drückt der Wind den Baum vom Pfahl weg und er scheuert nicht.
  3. Die Wurzeln vorbereiten: Wenn du einen wurzelnackten Baum gekauft hast (günstiger und wächst oft besser an), kürze alle Wurzeln mit einer scharfen Gartenschere um etwa ein Drittel ein. Beschädigte Wurzeln schneidest du komplett ab. Danach stellst du den Baum für ein paar Stunden in einen Eimer Wasser.
  4. Das Einsetzen: Mische den Aushub mit etwas Kompost. Setz den Baum in das Loch (vergiss den Wühlmauskorb nicht!) und achte darauf, dass die Veredelungsstelle gut eine Handbreit über der Erdoberfläche bleibt.
  5. Das Auffüllen & Angießen: Fülle das Loch auf und rüttle den Baum dabei leicht, damit die Erde gut zwischen die Wurzeln kommt. Tritt die Erde vorsichtig fest und forme einen kleinen Wall um den Stamm, einen sogenannten Gießrand. Dann gießt du kräftig an, mit 10 bis 20 Litern Wasser.
  6. Das Anbinden: Befestige den Baum mit dem Kokosstrick am Pfahl. Nutze dafür die „Achterschlinge“, bei der der Strick eine 8 um Stamm und Pfahl bildet. So wird die Rinde nicht eingeschnürt. Kleiner Tipp: Nimm niemals Draht! Der wächst über die Jahre in die Rinde ein und stranguliert den Baum langsam. Das habe ich leider schon viel zu oft gesehen.
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Die ersten Jahre: Schnitt, Pflege und Geduld

Nach der Pflanzung kommt der wichtigste Schnitt: der Pflanzschnitt. Wähle einen kräftigen Mitteltrieb und drei bis vier gut verteilte Seitentriebe aus. Alles andere kommt weg. Den Mitteltrieb kürzt du um ein Drittel, die Seitentriebe stärker, etwa auf die Hälfte. Sie sollten am Ende alle auf einer Höhe sein, wie eine „Saftwaage“. Das sorgt für einen stabilen Kronenaufbau.

Und jetzt die wichtigste Frage: Wann gibt es endlich Äpfel? Hab Geduld! Je nach Unterlage (die Wurzel, auf die der Baum veredelt ist) dauert es unterschiedlich lange. Bei schwach wachsenden Bäumen kannst du oft schon nach 2-3 Jahren die ersten Früchte ernten. Bei einem klassischen Hochstamm, der riesig wird, kann es auch mal 5 bis 8 Jahre dauern. Aber das Warten lohnt sich!

Krankheiten? Ganz natürlich im Griff!

Alte Sorten sind robuster, aber nicht unverwundbar. Ein gesunder Baum in einem gesunden Garten weiß sich aber oft selbst zu helfen.

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Gruppenkostüme, die rocken: Euer ultimativer Guide von der Idee bis zum Umzug

  • Gegen Apfelschorf: Sorge für eine lichte Krone, die nach Regen schnell trocknet. Das ist die beste Vorbeugung. Und im Herbst immer das Falllaub entfernen!
  • Gegen den Apfelwickler (der Wurm im Apfel): Wellpappegürtel um den Stamm legen. Die Raupen sammeln sich darunter zur Verpuppung und du kannst sie einfach absammeln.
  • Gegen Blattläuse: Werde zum Nützlings-Manager! Ein Marienkäfer frisst hunderte Läuse am Tag. Häng Nistkästen auf und pflanze blühende Kräuter unter den Baum. Das lockt Helfer an.

Dein Beitrag für die Zukunft

Wenn du einen alten Apfelbaum pflanzt, erntest du nicht nur leckeres Obst. Du hilfst dabei, ein Stück Kulturgut und biologische Vielfalt zu bewahren. Streuobstwiesen mit ihren alten Riesen gehören zu den artenreichsten Lebensräumen bei uns.

Klar, es braucht etwas Geduld. Aber es gibt kaum etwas Schöneres, als im Herbst einen Korb mit selbst geernteten, duftenden Äpfeln ins Haus zu tragen. Äpfel, die eine Geschichte erzählen.

Kleiner Auftrag für dich: Geh am nächsten Wochenende mal auf einen Wochenmarkt. Such dir einen Obststand und frage den Bauern gezielt nach einer der alten Sorten von hier. Probier mal einen Boskoop direkt im Vergleich zu einem modernen Supermarktapfel. Du wirst den Unterschied nicht nur schmecken, du wirst ihn erleben!

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Aber wo findet man diese vergessenen Schätze überhaupt?

Der Weg zum eigenen historischen Apfelbaum führt selten in den klassischen Baumarkt. Der Schlüssel liegt bei spezialisierten Baumschulen und sogenannten Reisermuttergärten, die sich auf die Erhaltung alter Obstsorten spezialisiert haben. Suchen Sie online nach „alte Obstsorten Baumschule“ in Ihrer Region. Viele dieser Gärtnereien, wie beispielsweise die Baumschule Ritthaler oder lokale pomologische Vereine, bieten nicht nur eine riesige Auswahl, sondern auch eine unbezahlbare Beratung, welcher Baum zu Ihrem Boden und Klima passt. Ein Anruf dort ist oft der erste Schritt zum Apfelglück.

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Faschingsdeko, die was aushält: Profi-Tipps aus der Werkstatt für deine Party

Wussten Sie, dass der ‚Schöne aus Boskoop‘ ursprünglich ein Zufallsfund aus den Niederlanden um 1856 ist?

Dieser Zufallssämling wurde schnell zu einem der beliebtesten Back- und Kochäpfel Europas. Seine feste, mürbe Textur und die kräftige Säure zerfallen beim Backen nicht zu Mus, sondern behalten eine angenehme Struktur. Perfekt für einen gedeckten Apfelkuchen, der schmeckt wie bei Oma.

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Der wahre Charakter einer alten Apfelsorte zeigt sich oft erst in der Küche. Während moderne Äpfel meist nur „süß“ können, entfaltet sich hier eine ganze Aromenpalette. Lassen Sie sich inspirieren:

  • Für den perfekten Bratapfel: Greifen Sie zum ‚Boskoop‘ oder ‚Berlepsch‘. Ihr festes Fruchtfleisch und die feine Säure harmonieren wunderbar mit Marzipan und Nüssen.
  • Für klares Apfelmus: Der ‚Gravensteiner‘ ist unschlagbar. Er zerfällt schnell zu einem hocharomatischen, feinen Mus, das kaum zusätzlichen Zucker benötigt.
  • Für Saft & Most: Sorten wie die ‚Rheinische Schafsnase‘ oder ‚Cox Orange‘ ergeben hocharomatische, ausgewogene Säfte mit Charakter.

Spindelbusch: Der Sprinter für kleine Gärten. Auf einer schwach wachsenden Unterlage wie ‚M9‘ veredelt, trägt er oft schon nach 2-3 Jahren erste Früchte und wird nur etwa 2,5 Meter hoch. Ideal für den modernen Hausgarten, braucht aber regelmäßigen Schnitt.

Hochstamm: Die majestätische Traditionsform. Er wächst zu einem großen, landschaftsprägenden Baum heran, der Generationen überdauert. Er braucht Platz und mehr Geduld bis zur ersten Ernte (oft 8-10 Jahre), ist dafür aber extrem robust und langlebig.

Augustine Schneider

Augustine ist eine offene und wissenshungrige Person, die ständig nach neuen Herausforderungen sucht. Sie hat ihren ersten Studienabschluss in Journalistik an der Uni Berlin erfolgreich absolviert. Ihr Interesse und Leidenschaft für digitale Medien und Kommunikation haben sie motiviert und sie hat ihr Masterstudium im Bereich Media, Interkulturelle Kommunikation und Journalistik wieder an der Freien Universität Berlin abgeschlossen. Ihre Praktika in London und Brighton haben ihren beruflichen Werdegang sowie ihre Weltanschauung noch mehr bereichert und erweitert. Die nachfolgenden Jahre hat sie sich dem kreativen Schreiben als freiberufliche Online-Autorin sowie der Arbeit als PR-Referentin gewidmet. Zum Glück hat sie den Weg zu unserer Freshideen-Redation gefunden und ist zurzeit ein wertvolles Mitglied in unserem motivierten Team. Ihre Freizeit verbringt sie gerne auf Reisen oder beim Wandern in den Bergen. Ihre kreative Seele schöpft dadurch immer wieder neue Inspiration und findet die nötige Portion innerer Ruhe und Freiheit.