Dein Porzellan-Guide: So bleibt Omas Erbstück für immer wie neu
Ich habe unzählige Jahre in der gehobenen Gastronomie auf dem Buckel und dabei gelernt, was Porzellan wirklich braucht, um zu überleben. Ganz ehrlich? Es sind keine geheimen Zaubertricks. Es geht darum, das Material zu verstehen und ein paar einfache Regeln zu befolgen. Viele denken, Porzellan sei zerbrechlich wie ein rohes Ei. Das stimmt so nicht ganz. Gutes Hartporzellan ist ein echter Überlebenskünstler. Aber klar, es hat seine Achillesfersen – und genau die schauen wir uns heute an.
Inhaltsverzeichnis
Ein alter Lehrmeister hat mir mal gesagt: „Behandle jeden Teller so, als wäre er das einzige Erbstück deiner Oma.“ Und das ist, ehrlich gesagt, der beste Rat, den ich je bekommen habe. Er zwingt dich zur Achtsamkeit. In diesem Guide verrate ich dir alles, was ich über die Jahre gelernt habe – keine trockene Theorie, sondern Tipps direkt aus der Praxis.
Nicht alles, was weiß ist, ist gleich: Ein kleiner Material-Check
Um dein Geschirr richtig zu pflegen, musst du wissen, womit du es zu tun hast. Die Mischung aus Kaolin, Feldspat und Quarz und die Hitze im Ofen machen den Unterschied aus.

Die meisten hochwertigen Geschirre, die man hierzulande findet, sind aus Hartporzellan. Das Zeug wird bei extrem hohen Temperaturen gebrannt, was es unglaublich dicht und widerstandsfähig macht. Nicht umsonst ist fast jedes Hotelgeschirr daraus gemacht – es muss den täglichen Kampf überleben. Die Glasur ist knallhart und fest mit dem Körper verschmolzen, also super kratzfest.
Dann gibt es da noch die feineren Verwandten, zum Beispiel Weichporzellan oder das berühmte Bone China (Knochenporzellan). Letzterem wird Knochenasche beigemischt, was ihm diesen warmen, fast durchscheinenden Look gibt. Obwohl es „weich“ im Namen trägt, ist es erstaunlich robust an den Kanten. Aber, und das ist wichtig, seine Glasur ist etwas weicher und damit anfälliger für Kratzer.
Kurz zusammengefasst, damit du den Durchblick hast:
- Hartporzellan: Der Alltagsheld. Extrem robust, kratzfest und meist spülmaschinenfest. Perfekt für den täglichen Gebrauch.
- Weichporzellan/Bone China: Die elegante Diva. Wunderschön durchscheinend, aber mit einer etwas empfindlicheren Glasur. Hier ist etwas mehr Vorsicht geboten.

Der 60-Sekunden-Trick, um dein Dekor zu entlarven
Die eigentliche Schwachstelle ist aber oft gar nicht das Porzellan selbst, sondern die Verzierung. Mach mal den Test: Fahr ganz vorsichtig mit dem Fingernagel über den Goldrand oder das bunte Muster. Spürst du eine deutliche, erhabene Kante? Glückwunsch, du hast einen Aufglasurdekor. Das bedeutet, die Farbe liegt AUF der schützenden Glasurschicht. Das ist typisch für alte Erbstücke oder sehr edle Designs.
Fühlt es sich dagegen komplett glatt an, als wäre das Muster Teil des Tellers? Dann handelt es sich wahrscheinlich um einen robusten Unterglasur- oder Inglasurdekor. Die Farbe ist unter oder in der Glasur eingeschmolzen und damit sicher. Das klassische Zwiebelmuster ist so ein Fall.
Gut zu wissen: Bei einem Aufglasurdekor ist die Spülmaschine absolut tabu. Nur Handwäsche, keine Diskussion!
Handwäsche: Die Wellness-Behandlung für dein Lieblingsgeschirr
Für die echten Schätze – Erbstücke, Handbemaltes, Geschirr mit Goldrand – ist die Handwäsche Pflicht. Aber auch hier lauern Fallen.

Der häufigste Fehler? Das „Klack“ am Wasserhahn oder am harten Keramikbecken. Ein winziger Haarriss entsteht, den du erst gar nicht siehst. Wochen später springt der Teller dann „einfach so“.
So geht’s richtig:
- Schutz im Becken: Leg eine Gummimatte (gibt’s für ein paar Euro im Haushaltswarenladen) oder einfach ein gefaltetes Geschirrtuch ins Becken. Das dämpft Stöße ab.
- Immer nur ein Teil: Spüle jedes Teil einzeln. Niemals einen ganzen Stapel im Wasser planschen lassen, wo die Stücke aneinanderschlagen.
- Schmuck ausziehen: Dein Ring mit dem schönen Stein wirkt auf der Glasur wie ein Glasschneider. Also, Ringe und Armbänder vorher ablegen!
Beim Werkzeug gilt: Sanftheit siegt. Vergiss kratzige Schwämme oder Stahlwolle. Ein weiches Mikrofasertuch und lauwarmes Wasser sind deine besten Freunde. Als Spülmittel nimmst du am besten ein pH-neutrales Produkt, oft als „Sensitiv“ gekennzeichnet. Die aggressiven Fettlöser in manchen Power-Spülis können empfindliche Dekore angreifen.
Und nach dem Spülen? Nicht lufttrocknen lassen, das gibt Kalkflecken. Leg die Teile auf ein sauberes Geschirrtuch und trockne sie sofort mit einem fusselfreien Leinentuch ab. Das bringt den Glanz erst so richtig zurück.

Spülmaschine: Freund oder Feind?
Moderne Maschinen sind schonend, aber sie sind und bleiben eine Herausforderung für Porzellan. „Spülmaschinenfest“ heißt nicht unzerstörbar. Es bedeutet nur, dass der Hersteller eine bestimmte Anzahl von Spülgängen ohne Schaden garantiert.
Wenn du dein alltagstaugliches, als „spülmaschinenfest“ deklariertes Geschirr in die Maschine packst, beachte ein paar Regeln:
- Abstand halten: Räum die Körbe so ein, dass sich kein Teil berührt. Jeder Kontakt kann zu Absplitterungen am Rand führen.
- Schonprogramm wählen: Nutze immer ein Glas- oder Schonprogramm bei maximal 50-55 Grad. Hohe Temperaturen sind Gift für Dekore.
- Der richtige Reiniger: Pulver ist oft besser als Tabs, weil du es niedriger dosieren kannst. Nimm eine milde Variante.
- Tür auf nach dem Spülen: Lass das Geschirr nicht im heißen Dampf stehen. Öffne die Klappe sofort nach Programmende. Der Dampf schadet auf Dauer der Glasur und den Farben.
SOS-Tipps aus der Praxis: Was tun, wenn…?
Im Alltag passieren kleine Malheure. Keine Panik! Für die häufigsten Probleme gibt es einfache Lösungen. Hier ist dein kleines Erste-Hilfe-Set.

Problem 1: Graue Streifen vom Besteck (Besteckabrieb)
Das kennt jeder. Feine, graue Linien auf dem Teller, die aussehen wie Kratzer. Das ist aber kein Kratzer! Hartporzellan ist härter als dein Edelstahlbesteck. Du siehst hier feinen Metallabrieb.
Die Lösung Schritt für Schritt:
- Besorg dir in der Drogerie (z.B. bei dm oder Rossmann) Wiener Kalk. Kostet meist nur 2-3 Euro. Alternativ geht auch eine Paste aus Backpulver und Wasser.
- Feuchte ein weiches Tuch an und gib eine erbsengroße Menge Wiener Kalk darauf.
- Poliere mit sanftem Druck über die grauen Streifen. Du wirst sehen, sie verschwinden wie von Zauberhand.
- Danach gründlich abspülen, fertig!
Problem 2: Hartnäckige Tee- und Kaffeeränder
Diese braunen Ränder in Tassen sind echt unschön. Aber auch hier hilft die Chemie aus der Küche.
Die Lösung: Fülle die Tasse mit warmem Wasser und gib einen Teelöffel Backpulver oder Natron dazu. Lass das Ganze ein paar Stunden (oder über Nacht) einwirken. Danach kannst du die Ränder meist einfach mit einem Schwamm auswischen.

Problem 3: Angeschlagenes Geschirr
Ein kleiner Chip am Rand ist mehr als nur ein Schönheitsfehler. In diesen kleinen Rissen können sich Bakterien sammeln, die du beim Spülen nicht mehr wegbekommst. Das ist unhygienisch.
Meine ehrliche Meinung: Sortiere angeschlagene Teller und Tassen aus dem Essgeschirr aus. Du kannst sie ja noch als Blumentopf-Untersetzer oder Deko-Schale verwenden. Von Reparaturen mit Superkleber rate ich dringend ab – das ist nicht lebensmittelecht! Bei einem wirklich unersetzlichen Erbstück kann ein professioneller Porzellanrestaurator helfen. Aber Achtung, das ist nicht billig und startet oft erst bei 50-80 Euro für kleine Schäden.
Die richtige Lagerung: So schützt du deine Schätze
Die meiste Zeit verbringt dein Geschirr im Schrank. Und genau hier passiert einer der häufigsten Fehler: falsches Stapeln.
Der unglasierte, raue Standring des oberen Tellers schmirgelt über die glatte Oberfläche des unteren. Das Ergebnis sind unzählige kleine Kratzer.
Der absolute Quick-Win, den du heute noch umsetzen kannst: Leg einfach eine simple Papierserviette oder ein Stück Küchenrolle zwischen jeden Teller. Das kostet quasi nichts und verhindert 90 % aller Stapelkratzer. Wenn du es professioneller magst, kauf dir Stapelschützer aus Filz. Die gibt es für ca. 5-10 Euro im Set online oder im Haushaltswarengeschäft.

Tassen übrigens am besten nebeneinander stellen und nicht an den Henkeln aufhängen. Das belastet die Verbindung unnötig.
Ein letztes Wort…
Porzellanpflege ist am Ende einfach eine Form von Respekt. Respekt vor der Handwerkskunst und der Geschichte, die in jedem guten Stück steckt. Mit ein bisschen Achtsamkeit und den richtigen Handgriffen sorgst du dafür, dass dein Geschirr nicht nur dich, sondern auch die nächste Generation noch glücklich macht. Und das, finde ich, ist die kleine Mühe allemal wert.
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Haben Sie schon einmal auf das leise, helle Klingen gehört, wenn feines Porzellan sanft aneinanderstößt? Es ist mehr als nur ein Geräusch. Es ist der Klang von Festtagen, von besonderen Momenten und von Generationen, die am selben Tisch saßen. Dieses akustische Erbe ist fast genauso wertvoll wie das materielle. Behandeln Sie es mit der Achtsamkeit, die es verdient – so bleibt die Melodie Ihrer Familiengeschichte erhalten.

„Hartporzellan, wie es seit 1710 in Meißen hergestellt wird, erreicht bei einem Brand von über 1400 °C eine Dichte, die es unempfindlich gegenüber Säuren und Laugen macht. Das ist der Grund, warum es auch nach 300 Jahren noch strahlen kann.“
Diese extreme Widerstandsfähigkeit der Glasur ist Ihr größter Verbündeter im Kampf gegen Verfärbungen. Tee, Kaffee oder Rotwein haben kaum eine Chance, in das Material einzudringen, solange die Oberfläche intakt ist – ein Hoch auf die deutsche Ingenieurskunst des 18. Jahrhunderts!

Der Goldrand verblasst?
Das ist oft kein Abrieb durch die Spülmaschine, sondern die Folge von Handpolitur mit dem falschen Tuch. Die Goldauflagen auf Porzellan, wie bei der Kollektion „Audun“ von Villeroy & Boch, sind hauchdünn. Zu raue Fasern wirken wie feines Schleifpapier. Nutzen Sie ausschließlich weiche, fusselfreie Mikrofasertücher, um das Edelmetall zu trocknen und zu polieren. So bewahren Sie den Glanz, ohne die kostbare Schicht abzutragen.

Der unsichtbare Feind: Temperaturschock. Gießen Sie niemals kochendes Wasser direkt in eine kalte Porzellankanne aus dem Schrank. Auch das Abstellen heißer Teller auf einer kalten Steinoberfläche kann zu unsichtbaren Haarrissen führen. Wärmen Sie Tassen oder Kannen immer kurz mit warmem Wasser vor – ein kleiner Handgriff, der über Leben und Tod Ihres Erbstücks entscheiden kann.

Hartnäckige Teestreifen oder Kaffeeränder müssen kein Todesurteil sein. Bevor Sie zu aggressiven Mitteln greifen, versuchen Sie es mit bewährten Hausmitteln:
- Ein Päckchen Backpulver mit etwas Wasser zu einer Paste anrühren, sanft auf die Flecken auftragen und kurz einwirken lassen.
- Bei metallischem Abrieb (graue Streifen vom Besteck) helfen spezielle Porzellan-Reiniger, zum Beispiel von Villeroy & Boch oder Etolit, die wie ein Radiergummi wirken, ohne die Glasur anzugreifen.

Stapeln mit System: Filz ist der beste Freund Ihres Porzellans. Legen Sie zwischen jeden Teller einen runden Tellerstapelschutz aus Filz. Das verhindert nicht nur Kratzer auf der Glasur, sondern verteilt auch das Gewicht gleichmäßiger und minimiert die Spannung.
Die schnelle Alternative: Hochwertige, unbedruckte Papierservietten erfüllen den gleichen Zweck und sind eine gute Übergangslösung. Vermeiden Sie Zeitungspapier, da die Druckerschwärze abfärben kann.

- Verhindert Kantenabsplitterungen beim Ein- und Ausräumen.
- Garantiert eine kratzerfreie Oberfläche, auch bei intensivem Gebrauch.
- Bewahrt den Glanz von Dekoren und Goldrändern über Jahrzehnte.
Das Geheimnis? Der richtige Abstand in der Spülmaschine. Stellen Sie sicher, dass sich die einzelnen Teile niemals berühren können. Nutzen Sie alle dafür vorgesehenen Halterungen und Spikes. Gerade wertvolles Geschirr wie das von Stefano Ricci oder Kahla dankt es Ihnen mit ewiger Schönheit.

Der häufigste Grund für „unerklärliche“ Sprünge in altem Porzellan sind Vibrationen im Aufbewahrungsmöbel, etwa durch zuschlagende Türen oder das Vorbeigehen auf knarrenden Dielen.
Lagern Sie Ihre wertvollsten Stücke daher nicht in einer Kommode im Flur oder in einem alten, wackeligen Schrank. Ein stabiles, fest an der Wand verankertes Möbelstück in einer ruhigen Ecke des Raumes ist der sicherste Hafen für Omas Service.

Was ist der Unterschied zwischen „Patina“ und „Schaden“?
Eine leichte Abnutzung des Goldrandes an Ihrer Lieblingstasse oder winzige Kratzer auf dem Speiseteller sind keine Makel, sondern Spuren eines gelebten Lebens. Sie erzählen Geschichten von unzähligen Kaffeekränzchen und Festessen. Ein echter Schaden hingegen, wie ein Chip an der Kante oder ein durchgehender Riss, beeinträchtigt die Funktion und Stabilität. Lernen Sie, die liebevollen Spuren der Zeit zu schätzen – sie machen Ihr Porzellan einzigartig.

- Spülen Sie Porzellan mit Gold-, Silber- oder Platin-Dekor immer von Hand.
- Wählen Sie in der Spülmaschine ein schonendes Glas-Programm mit niedriger Temperatur (maximal 55°C).
- Verwenden Sie milde Reiniger in Pulver- oder Gelform anstelle von aggressiven Multitabs.
- Lassen Sie das Geschirr nach dem Spülgang in der Maschine ausdampfen und trocknen, anstatt es sofort der kühleren Raumluft auszusetzen.

Achtung, Metallabrieb: Wenn Sie feine, graue Linien auf Ihren Tellern entdecken, die wie Bleistiftstriche aussehen, ist meist nicht das Porzellan schuld. Es handelt sich um Abrieb von weicherem Edelstahlbesteck. Diese Spuren sitzen auf der Glasur, nicht darin. Ein spezieller Porzellan-Radierer oder eine Reinigungsmilch für Ceranfelder, vorsichtig mit einem weichen Tuch aufgetragen, entfernt diese unschönen Markierungen spurlos.

Bone China, das „Knochenporzellan“, erkennt man an seiner zarten Transparenz und dem warmen, elfenbeinartigen Schimmer. Halten Sie einen Teller gegen das Licht – wenn Sie den Schatten Ihrer Hand durchscheinen sehen, halten Sie wahrscheinlich dieses edle Material in den Händen. Es ist zwar erstaunlich bruchfest an den Kanten, seine Glasur ist aber weicher als die von Hartporzellan. Seien Sie hier mit Messern besonders vorsichtig.
Selbst eine kleine, unscheinbare Absplitterung („Chip“) an der Kante kann die strukturelle Integrität eines Tellers um über 50 % reduzieren.
Was als kleiner Schönheitsfehler beginnt, wird oft zur Eintrittspforte für Risse. Bei einem echten Erbstück lohnt sich der Gang zum Porzellanrestaurator. Für weniger wertvolle Stücke gibt es spezielle Keramikkleber, die aber mit Vorsicht zu genießen sind und das Stück oft für den Kontakt mit Lebensmitteln unbrauchbar machen.




