Gutes Fett, schlechtes Fett? Schluss mit der Verwirrung – dein ehrlicher Guide
Hören wir doch mal auf mit dem Quatsch. Fast jeden Tag höre ich in Beratungen den Satz: „Ich lasse jetzt einfach alles Fett weg, dann nehme ich ab.“ Ganz ehrlich? Das ist ein Mythos, der sich hartnäckiger hält als Kalk im Wasserkocher. Und er ist grundfalsch.
Inhaltsverzeichnis
Fett macht dich nicht automatisch fett. Im Gegenteil: Die richtigen Fette sind lebenswichtige Bausteine für deinen Körper. Sie sind der Super-Treibstoff, der dich lange satt und zufrieden hält. Ich erzähle dir das nicht, weil ich es in einem schlauen Buch gelesen habe, sondern weil ich seit Ewigkeiten in der Praxis sehe, was wirklich funktioniert. Ich hab mit so vielen Menschen gesprochen – von der jungen Sportlerin bis zum Rentner, der seinen Blutdruck in den Griff bekommen wollte. Mein Ansatz ist simpel: Wenn du dein Essen verstehst, triffst du automatisch bessere Entscheidungen.
Dieser Artikel hier ist wie ein Gespräch zwischen uns. Kein kompliziertes Chemie-Kauderwelsch, versprochen. Ich zeige dir, welche Fette dein Körper liebt, wie du Öle in der Küche wie ein Profi einsetzt und worauf du im Supermarkt wirklich achten musst. Am Ende siehst du Fett nicht mehr als Feind, sondern als eines deiner besten Werkzeuge für mehr Wohlbefinden.

Erstmal die Basics: Worum geht’s hier überhaupt?
Stell dir Fette wie Ketten aus verschiedenen Bausteinen vor, den Fettsäuren. Je nachdem, wie diese Bausteine aussehen und zusammengebaut sind, wirken sie in unserem Körper völlig unterschiedlich. Um es einfach zu halten, teilen wir sie in drei große Familien ein.
Aber bevor wir das tun, eine ganz simple Faustregel, weil viele total unsicher sind: Wie viel Fett sollte man denn nun essen? Experten empfehlen, dass etwa 30 % deiner täglichen Kalorien aus Fetten kommen sollten. Bei einem durchschnittlichen Bedarf von 2000 Kalorien sind das ungefähr 65 Gramm Fett pro Tag. Das ist eine ganze Menge und viel mehr als „nix“!
Familie 1: Die gesättigten Fettsäuren (die mit dem Ruf)
Ah, die gesättigten Fette. Sie haben einen schlechten Ruf, aber oft zu Unrecht. Ihre Struktur ist sehr stabil und gerade, deshalb sind sie bei Raumtemperatur auch fest. Denk an Butter oder Kokosfett. Dein Körper nutzt sie als zuverlässige Energiequelle und zum Bau von Zellwänden.

Du findest sie hauptsächlich in tierischen Produkten wie Butter, Käse, fettem Fleisch und Wurst, aber auch in pflanzlichem Kokos- und Palmöl. Letzteres versteckt sich oft in Fertigprodukten – da lohnt sich ein Blick aufs Etikett.
Gängige Ernährungsempfehlungen raten dazu, ihren Anteil auf etwa 7 bis 10 Prozent der täglichen Energie zu begrenzen. Klingt abstrakt, oder? Machen wir’s konkret: Bei 2000 Kalorien wären das etwa 15 bis 22 Gramm. Das entspricht zum Beispiel einem Esslöffel Butter auf dem Brot und einer dicken Scheibe Bergkäse am Abend. Also kein Grund zur Panik! Es geht nicht darum, nie wieder Butter zu essen. Problematisch wird’s, wenn morgens, mittags und abends fette Wurst, Käse und Sahnesoße auf den Tisch kommen. Die Dosis macht das Gift, wie immer im Leben.
Familie 2: Die ungesättigten Fettsäuren (deine Super-Helfer)
Das hier sind die Stars, die du aktiv in deinen Speiseplan einbauen solltest. Ihre Struktur hat einen oder mehrere „Knicke“, was sie flüssig und flexibel macht. Sie stecken vor allem in Pflanzen und Fisch.

Einfach ungesättigte Fettsäuren (z. B. Omega-9)
Der bekannteste Vertreter ist die Ölsäure, der Hauptbestandteil von gutem Olivenöl. Sie steckt aber auch in Avocados, Mandeln und anderen Nüssen. Diese Fette sind super für dein Herz-Kreislauf-System, denn sie können dabei helfen, das „böse“ LDL-Cholesterin zu senken, ohne das „gute“ HDL-Cholesterin anzugreifen. Ein hochwertiges Olivenöl ist also wirklich Gold wert für deine Küche und deine Gefäße.
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren (Omega-6 und Omega-3)
Diese beiden sind absolut lebensnotwendig, dein Körper kann sie nicht selbst herstellen. Sie sind die entscheidenden Regulatoren bei Entzündungsprozessen.
- Omega-6 steckt in Sonnenblumen-, Distel- und Maiskeimöl – also in Ölen, die in extrem vielen Fertigprodukten und Margarinen verwendet werden. Omega-6 fördert Entzündungen. Das klingt erstmal schlecht, ist aber überlebenswichtig. Eine Entzündung ist die erste Abwehrreaktion des Körpers auf eine Verletzung.
- Omega-3 ist der Gegenspieler. Es wirkt entzündungshemmend und sorgt dafür, dass die Abwehrreaktion nicht völlig aus dem Ruder läuft. Du findest es in fettem Fisch (Lachs, Hering, Makrele) und in pflanzlicher Form in Leinöl, Walnüssen und Chiasamen.
Das riesige Problem unserer modernen Ernährung? Das Verhältnis ist komplett gekippt. Wir ertrinken in Omega-6 und haben viel zu wenig Omega-3. Statt einem gesunden Verhältnis von etwa 3:1 (Omega-6 zu Omega-3) liegen wir heute oft bei 15:1 oder sogar noch höher. Das ist, als würdest du ständig kleine Schwelbrände in deinem Körper legen. Dieses Ungleichgewicht wird mit unzähligen Zivilisationskrankheiten in Verbindung gebracht.

Familie 3: Die Transfette (der einzig wahre Bösewicht)
Wenn es einen Feind in dieser Geschichte gibt, dann diesen hier. Transfette sind meist künstlich hergestellte Fette, bei denen flüssige Pflanzenöle industriell gehärtet werden. Das macht sie super haltbar und billig – perfekt für die Industrie, aber eine Katastrophe für deinen Körper.
Du findest sie in frittierten Sachen wie Pommes oder Berlinern, in Chips, vielen industriellen Backwaren und manchen billigen Margarinen. Dein Körper kann damit absolut nichts anfangen. Sie lassen das schlechte LDL-Cholesterin durch die Decke gehen und senken sogar das gute HDL. Hier gibt es keine Diskussion: Meide Produkte, auf denen „pflanzliches Fett, teilweise gehärtet“ steht. Das ist der Code für Transfette. Zum Glück gibt es inzwischen EU-weite Grenzwerte, aber selbstgemacht ist immer noch die sicherste Bank.
Die typischen Fett-Fallen – und wie du sie umgehst
Okay, Theorie verstanden. Aber im Alltag lauern ein paar fiese Fallen, in die fast jeder mal tappt. Lass uns die mal entlarven.

- Falle 1: Die Salat-Kalorienbombe. Du isst einen gesunden Salat, super! Aber dann ertränkst du ihn in einem halben Liter Fertigdressing oder auch gutem Olivenöl. Schwupps, hat der Salat mehr Kalorien als eine Pizza. Kleiner Tipp: Eine gute Faustregel sind 1-2 Esslöffel Öl pro Person für das Dressing. Mehr braucht es nicht!
- Falle 2: Die „Light-Lüge“. Aus Angst vor Fett greifst du nur noch zu Light-Produkten? Achtung! Wo Fett rausgenommen wird, muss für den Geschmack oft etwas anderes rein. Und das ist in 99 % der Fälle Zucker oder künstliche Zusatzstoffe. Oft ist es klüger, die Vollfett-Variante (z.B. beim Joghurt) zu nehmen und dafür einfach eine kleinere Portion zu essen. Schmeckt besser und sättigt auch mehr.
Handwerk in der Küche: Welches Öl für was?
Das beste Wissen nützt nichts, wenn man es falsch anwendet. Ich hab in meiner Ausbildung zum Koch eine wichtige Lektion gelernt: Jedes Öl hat seinen perfekten Einsatzort. Das falsche Öl bei der falschen Temperatur zu verwenden, ruiniert nicht nur den Geschmack, es kann sogar ungesund werden.

Das Stichwort hier ist der Rauchpunkt. Das ist die Temperatur, bei der ein Öl anfängt zu qualmen. Und wenn es qualmt, verbrennt es. Dabei entstehen schädliche Stoffe. Ich hab als Lehrling mal ein sauteures, kaltgepresstes Walnussöl in eine glühend heiße Pfanne gekippt… der Geruch war bestialisch und die Standpauke vom Meister hab ich heute noch im Ohr. Diese Lektion sitzt.
Damit dir das nicht passiert, hier mein kleiner Spickzettel für die Küche:
Für die kalte Küche (Salate, Dips, Pesto, übers fertige Essen träufeln):
Hier kommen die empfindlichen, nährstoffreichen Öle zum Einsatz. Hitze würde ihre wertvollen Inhaltsstoffe zerstören.
- Leinöl: Der absolute Omega-3-König. Schmeckt nussig, manchmal etwas herb. Kauftipp: Immer nur kleine, dunkle Flaschen kaufen, am besten aus dem Kühlregal im Bioladen oder Reformhaus. Zuhause gehört es sofort in den Kühlschrank und sollte zügig (innerhalb weniger Wochen) verbraucht werden, da es extrem schnell ranzig wird.
- Walnussöl: Ein wunderbar intensiver Geschmack. Perfekt über Feldsalat oder gedünsteten Spargel.
- Hanföl: Hat ein tolles Fettsäureprofil und schmeckt herrlich „grün“ und nussig. Auf keinen Fall erhitzen!
Für schonendes Erhitzen (Dünsten, Anbraten bei mittlerer Hitze bis ca. 180 °C):
Diese Öle sind stabiler und perfekt für die alltägliche warme Küche.

- Olivenöl (extra vergine): Der mediterrane Alleskönner. Ideal zum Dünsten von Gemüse oder für ein Fischfilet bei mittlerer Temperatur. Ein gutes Olivenöl kostet auch mal 15 Euro, riecht aber frisch nach Gras und nicht muffig.
- Rapsöl (kaltgepresst): Die heimische Alternative mit einem super Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3. Schmeckt leicht nussig und ist oft günstiger. Ein gutes Öl bekommst du hier schon für 3-5 Euro.
Für starkes Erhitzen (Scharfes Anbraten, Frittieren> 180 °C):
Hier brauchst du echte Hitzeprofis. Sie sind sehr stabil und geschmacksneutral.
- Butterschmalz (Ghee): Geklärte Butter, bei der Wasser und Eiweiß entfernt wurden. Superhitzestabil und verleiht einen tollen Buttergeschmack.
- Kokosöl: Besteht fast nur aus gesättigten Fetten und ist daher extrem hitzestabil. Passt mit seinem leichten Aroma super zu asiatischen Gerichten.
- High-Oleic-Bratöle: Das sind spezielle Züchtungen (z.B. aus Sonnenblumen), die einen hohen Anteil an hitzestabiler Ölsäure haben. Ich sehe sie als reines Funktionsfett, wenn man mal richtig hohe Temperaturen braucht.

Dein Spickzettel für den Supermarkt
Ein gutes Öl ist empfindlich. Licht, Wärme und Sauerstoff sind seine größten Feinde. Deshalb hier ein paar simple Einkaufs- und Lagertipps:
Für den Vorratsschrank (kühl & dunkel):
- Ein gutes Olivenöl extra vergine in einer dunklen Glasflasche.
- Ein kaltgepresstes Rapsöl als heimischer Allrounder.
- Kokosöl oder Butterschmalz zum scharfen Anbraten.
Gehört in den Kühlschrank:
- Leinöl! Immer. Und nach dem Öffnen schnell aufbrauchen.
Snacks & Toppings:
- Walnüsse (reich an Omega-3).
- Mandeln (voller einfach ungesättigter Fette).
- Leinsamen (am besten geschrotet kaufen oder frisch mahlen, damit der Körper an die Nährstoffe kommt).
Fünf einfache Gewohnheiten für den Alltag
Theorie ist schön und gut, aber wie kriegt man das jetzt ins tägliche Leben? Ganz einfach.
- Der 2-Minuten-Dressing-Trick: Mach dein Dressing immer selbst. Ein Teil Essig, drei Teile gutes Öl, ein Löffel Senf, Salz, Pfeffer. Schütteln, fertig. Schmeckt besser und du weißt, was drin ist.
- Das Frühstücks-Upgrade: Ein Esslöffel Leinöl in deinen Joghurt, Quark oder Smoothie. Schmeckt man kaum, aber dein Körper wird es dir danken.
- Der schlaue Snack: Eine kleine Dose mit einer Nussmischung für die Arbeit oder unterwegs. Sättigt besser und länger als jeder Schokoriegel.
- Die Avocado-Stulle: Statt Wurst einfach mal eine halbe Avocado mit der Gabel zerdrücken, mit Salz, Pfeffer und Chiliflocken auf ein gutes Vollkornbrot.
- Der Fisch-Tag: Plane bewusst ein- bis zweimal die Woche fetten Fisch ein. Ob Lachs, Makrele oder auch mal eine Dose Hering – alles zählt!
Und jetzt du! Such dir EINE dieser Gewohnheiten aus und zieh sie konsequent eine Woche lang durch. Nur eine! Schreib doch mal in die Kommentare, welche du dir vornimmst!

Ein Wort der Vorsicht zum Schluss
Bei aller Liebe zu guten Fetten, ein paar Dinge sind mir wichtig:
- Wenn es raucht, ist es Müll: Ich kann es nicht oft genug sagen. Erhitze Öle nie über ihren Rauchpunkt. Wenn die Pfanne qualmt, Fenster auf, Öl wegkippen und neu anfangen. Deine Gesundheit ist es wert.
- Frische ist alles: Riech an deinen Ölen und Nüssen. Wenn etwas muffig oder nach alter Farbe riecht, ist es ranzig. Weg damit! Der gesparte Euro ist das Risiko nicht wert.
- Sprich mit deinem Arzt: Ich bin Praktiker, kein Mediziner. Wenn du Vorerkrankungen hast (z.B. eine Fettstoffwechselstörung oder Probleme mit der Galle), besprich deine Ernährungsumstellung immer mit deinem Arzt. Eine gute Ernährung unterstützt, aber sie ersetzt keine medizinische Behandlung.
Siehst du? Fett ist ein unglaublich spannendes Thema. Es ist kein Feind, sondern ein Partner. Du hast jetzt das Wissen, um im Supermarkt und in deiner Küche die richtigen Entscheidungen zu treffen – für deinen Geschmack und für deine Gesundheit.

Bildergalerie


Heiß anbraten oder für den Salat? Nicht jedes Öl kann alles. Der Rauchpunkt ist entscheidend!
Kaltgepresstes Olivenöl (extra vergine): Perfekt für Pesto und Salatdressings. Seine wertvollen Inhaltsstoffe und der feine Geschmack werden bei Hitze über 180 °C zerstört. Also: Finger weg von der heißen Pfanne!
Raffiniertes Rapsöl oder Avocadoöl: Dein Partner fürs scharfe Anbraten. Diese Öle sind hitzestabil bis über 200 °C, ohne schädliche Stoffe zu bilden. Sie sind geschmacksneutral und daher echte Allrounder.
Ein einfaches Prinzip: Je feiner und naturbelassener das Öl, desto eher gehört es in die kalte Küche.

Wussten Sie, dass das Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren in der typischen westlichen Ernährung bei etwa 15:1 liegt, obwohl ein Verhältnis von 3:1 als ideal gilt?
Dieses Ungleichgewicht kann stille Entzündungen im Körper fördern. Omega-6 steckt reichlich in Sonnenblumenöl, Maiskeimöl und vielen verarbeiteten Lebensmitteln. Omega-3 finden wir in fettem Fisch wie Lachs, in Leinöl und Walnüssen. Der einfache Trick für eine bessere Balance: Kochen Sie öfter mit Raps- oder Olivenöl statt mit Sonnenblumenöl und versuchen Sie, zweimal pro Woche Fisch auf den Teller zu bringen.

Die Avocado ist mehr als nur ein Trend. Sie ist ein cremiges Kraftpaket voller einfach ungesättigter Fettsäuren, die als besonders herzfreundlich gelten. Diese Fette helfen, den Cholesterinspiegel zu regulieren und versorgen uns langanhaltend mit Energie. Probieren Sie sie doch mal als gesunden Butterersatz auf Vollkornbrot – einfach mit einer Gabel zerdrücken, mit etwas Salz, Pfeffer und Zitronensaft verfeinern. Ein Genuss!

Im Supermarktregal locken „Light“-Produkte mit weniger Fett. Klingt gut, oder?
Hier ist Vorsicht geboten. Fett ist ein Geschmacksträger. Wenn Hersteller es reduzieren, muss der Geschmack woanders herkommen. Oft wird der Fettanteil durch Zucker, künstliche Süßstoffe, Stärke oder eine lange Liste an Zusatzstoffen ersetzt. Das Ergebnis ist ein hochverarbeitetes Produkt, das oft nicht gesünder ist als das Original. Ein Blick auf die Zutatenliste entlarvt den Schwindel schnell: Steht Zucker weit vorne, ist es meist keine gute Wahl.
Gute Öle sind eine Investition in Ihre Gesundheit. Damit die wertvollen Fettsäuren nicht ranzig werden, ist die richtige Lagerung das A und O:
- Kühl lagern: Empfindliche Öle wie Lein- oder Walnussöl gehören nach dem Öffnen sogar in den Kühlschrank.
- Dunkelheit bevorzugen: Licht zerstört die empfindlichen Verbindungen. Kaufen Sie Öle am besten in dunklen Glasflaschen.
- Gut verschließen: Sauerstoff ist der größte Feind. Drehen Sie den Deckel immer fest zu, um Oxidation zu vermeiden.




