Porzellan verstehen wie ein Profi: Dein Guide für Qualität, Pflege & clevere Käufe

von Angela Schmidt
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Ich steh‘ schon seit Ewigkeiten in der Werkstatt, die Hände voller Ton und Porzellanstaub. Ich hab das Zeug geformt, bei irrsinnigen Temperaturen gebrannt, glasiert und unzählige Male zerbrochene Erbstücke wieder zusammengeflickt. Ganz ehrlich? Nichts geht über das Leuchten in den Augen von jemandem, der Omas Lieblingstasse wieder heil in Händen hält. Ein alter Meister hat mir mal gesagt: „Porzellan hat ’ne Seele. Du musst es verstehen, nicht nur bearbeiten.“ Und genau das ist hängengeblieben.

Deshalb will ich heute mal ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern. Kein trockenes Zeug aus Büchern, sondern Wissen, das aus der täglichen Arbeit kommt. Vergiss kompliziertes Fach-Chinesisch. Ich zeig dir, was Porzellan wirklich ist, wie du echte Qualität von billigem Kram unterscheidest und wie du deine Schätze so behandelst, dass sie ewig halten.

Was steckt wirklich in deiner Tasse?

Viele halten Porzellan für eine Art edle Keramik. Das stimmt schon, aber es ist wie der Unterschied zwischen einem Pony und einem Rennpferd. Die Magie liegt in nur drei Zutaten, aber die Mischung macht’s.

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Die Grundmasse, wir nennen sie den „Scherben“, besteht aus:

  • Kaolin (Porzellanerde): Das ist der Star der Show. Reines Kaolin ist strahlend weiß und extrem hitzefest. Es gibt dem Porzellan die typische Farbe und sorgt dafür, dass im Ofen nichts zusammenfällt. Die Qualität des Kaolins entscheidet am Ende über alles.
  • Feldspat: Stell es dir wie den Superkleber im Mix vor. Beim Brennen schmilzt der Feldspat zu einer Art Glas und verschweißt alle Partikel bombenfest miteinander. Er macht das Porzellan dicht – so dicht, dass keine Flüssigkeit eindringen kann.
  • Quarz: Das ist das Skelett. Quarz sorgt für die nötige Härte und Stabilität. Übrigens ist er auch für diese wunderschöne Lichtdurchlässigkeit verantwortlich, die feines Porzellan ausmacht.

Diese drei Zutaten werden superfein gemahlen, mit Wasser gemischt und dann geht’s ans Formen. Die genauen Rezepte sind oft die bestgehüteten Geheimnisse der Manufakturen.

Im Feuer geboren: Vom Lehmklumpen zum Schatz

Nach dem Formen sind die Teile noch total zerbrechlich. Ihre wahre Kraft bekommen sie erst im Ofen, und zwar in zwei Runden. Zuerst kommt der sogenannte Schrühbrand bei um die 900 Grad. Das entzieht die Restfeuchtigkeit und macht das Teil hart, aber noch porös genug, um die Glasur aufzusaugen.

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Nach dem Glasieren wird’s ernst: der Glattbrand. Bei traditionellem Hartporzellan sprechen wir hier von Temperaturen bis zu 1450 Grad! Wahnsinn, oder? Bei dieser Hitze verschmilzt alles zu einer extrem harten, dichten Einheit. Glasur und Körper werden eins. Genau das macht gutes Porzellan so unglaublich widerstandsfähig. Aber wehe, die Temperatur stimmt nicht auf den Punkt… Ich hab schon ganze Ofenladungen verloren, weil es zehn Grad zu heiß war. Das lehrt einen echt Demut.

Hart, weich oder mit Knochen? Die wichtigen Unterschiede

Porzellan ist nicht gleich Porzellan. Wenn du überlegst, dir etwas Gutes zu gönnen, solltest du die drei Haupttypen kennen. Es gibt kein „besser“ oder „schlechter“, nur „anders“.

Hartporzellan: Der robuste Alleskönner
Das ist der Klassiker, den man oft in Europa findet. Extrem hoch gebrannt, was es unglaublich robust gegen Kratzer und Kantenschläge macht. Die Farbe ist meist ein eher kühles, leicht bläuliches Weiß. Perfekt für den täglichen Gebrauch und die erste Wahl für Restaurants, weil es einfach was aushält. Preislich oft der zugänglichste Einstieg in die Welt des echten Porzellans. Ein guter Teller startet hier vielleicht schon bei 20 bis 40 Euro.

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Weichporzellan: Der charmante Künstler
Der Name täuscht, „weich“ ist es nicht. Es wird aber bei niedrigeren Temperaturen gebrannt. Dadurch ist es nicht ganz so schlagfest wie Hartporzellan. Dafür hat es oft einen wärmeren, elfenbeinfarbenen Ton und eignet sich fantastisch für kunstvolle Bemalungen, weil die Farben schöner leuchten. Es ist wunderschön, aber eben ein bisschen empfindlicher.

Knochenporzellan (Bone China): Die edle Diva
Hier wird der Porzellanmasse bis zu 50 % fein gemahlene Asche von Tierknochen beigemischt. Klingt schräg, das Ergebnis ist aber atemberaubend. Bone China ist hauchdünn, federleicht und hat einen warmen, cremigen Weißton. Es ist so lichtdurchlässig, dass du deine Finger durch eine Tasse schimmern siehst, wenn du sie gegen eine Lampe hältst. Trotz seiner Zartheit ist es erstaunlich stabil, aber die Kanten sind anfälliger für kleine Abplatzer. Qualitativ und preislich ist es oft in der Oberliga angesiedelt, ein einzelner Teller kann hier gut und gerne mal 60 Euro oder mehr kosten.

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Ach ja, und dann gibt es noch den Begriff Fine China. Das ist oft ein Marketing-Name für qualitativ hochwertiges Porzellan, das aber kein Knochenporzellan ist. Also nicht verwirren lassen!

Dein 4-Sinne-Qualitätscheck für den Flohmarkt & Co.

Im Laden oder online ist es schwer, die Spreu vom Weizen zu trennen. Aber mit ein paar einfachen Tricks kannst du schnell ein Gefühl für Qualität entwickeln. Verlass dich auf deine Sinne!

1. Der 5-Sekunden-Check: Der Klang

Das ist mein absoluter Lieblingstrick. Schnapp dir eine Tasse oder einen Teller (bitte vorsichtig!) und schnippe mit dem Fingernagel leicht an den Rand. Hochwertiges, gut gebranntes Porzellan „singt“ – es erzeugt einen hellen, klaren Ton, der lange nachklingt. Billige Keramik oder Steingut macht nur ein kurzes, dumpfes „Pock“. Probier das mal bei verschiedenen Stücken aus, du wirst den Unterschied sofort hören!

2. Der Sehtest: Licht und Makel

Halte das Stück gegen das Licht. Gutes Porzellan ist immer leicht durchscheinend (transluzent). Bei Bone China ist der Effekt am stärksten. Schau dir auch die Glasur ganz genau an. Ist sie glatt und ebenmäßig oder hat sie kleine Bläschen oder „Nadelstiche“? Kleine schwarze Pünktchen im Material selbst sind übrigens oft winzige Eisenpartikel und ein Zeichen für nicht ganz so reine Rohstoffe.

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3. Der Fühltest: Glatt muss es sein

Fahr mit den Fingern über die Oberfläche. Sie muss sich absolut glatt und seidig anfühlen. Jetzt dreh das Teil um. Unten am Boden gibt es fast immer einen unglasierten Standring. Bei Qualitätsporzellan ist dieser Ring extra poliert und fühlt sich samtweich an. Bei Billigware ist er oft rau wie Schmirgelpapier. Und genau das zerkratzt dir auf Dauer deinen schönen Holztisch.

4. Die Bodenmarke: Mehr als nur ein Name

Der Stempel am Boden verrät die Herkunft. Eine gute Marke ist klar, scharf und liegt meistens unter der Glasur, sodass sie sich nicht abreiben kann. Fühlt sich die Marke rau an und liegt auf der Glasur, ist Vorsicht geboten. Das kann auf eine spätere Verzierung hindeuten oder im schlimmsten Fall auf eine plumpe Fälschung. Glaub mir, ich hab schon Leute beraten, die hunderte Euro für gefälschtes „Markenporzellan“ auf dem Flohmarkt gelassen haben. Das tut weh.

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Die richtige Pflege: Liebe, die man spürt

Gutes Porzellan ist eine Anschaffung fürs Leben. Die meisten Schäden passieren aber nicht beim Essen, sondern beim Spülen und Wegräumen.

Spülmaschine – ja oder nein?

Modernes, weißes Hartporzellan ist oft als „spülmaschinenfest“ deklariert. Und ja, es überlebt das. Aber wenn du deine Stücke wirklich liebst, spül sie von Hand. Besonders alles mit Gold-, Platinrand oder handgemalten Dekoren leidet enorm in der Maschine. Die aggressiven Reiniger und die Hitze lassen Goldränder mit der Zeit matt und blass werden. Wenn es doch mal sein muss: Schonprogramm, niedrige Temperatur und stell sicher, dass die Teile nicht aneinanderschlagen.

Die sanfte Tour: Handwäsche für Profis

  • Tipp 1: Leg ein Spültuch oder eine Gummimatte ins Becken. Die meisten Unfälle passieren durch einen Stoß gegen den harten Wasserhahn.
  • Tipp 2: Lauwarmes Wasser und ein mildes Spüli sind die besten Freunde deines Porzellans. Niemals Scheuermittel oder Stahlwolle!
  • Tipp 3: Jedes Teil einzeln spülen und sofort mit einem weichen Tuch abtrocknen, das vermeidet Wasserflecken.

Kleiner Geheimtipp aus der Werkstatt: Hartnäckige Tee- oder Kaffeeränder in Tassen? Mach einen Brei aus Wasser und Backpulver, reibe die Flecken damit sanft ein, kurz einwirken lassen und ausspülen. Wirkt Wunder und ist schonender als jede Chemiekeule!

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Die richtige Lagerung

Staple Teller niemals direkt aufeinander! Der raue Standring des oberen Tellers schmirgelt sonst auf der Glasur des unteren. Leg immer eine Papierserviette oder spezielle Filz-Einlagen dazwischen. Und Tassen? Bitte nicht an den Henkeln aufhängen. Das belastet die Verbindung auf Dauer. Stell sie einfach normal in den Schrank. Wenn der Platz knapp wird, gibt es online oder im Haushaltswarenladen günstige Regaleinsätze zum Stapeln.

Und wenn doch mal was kaputtgeht?

Ein unachtsamer Moment, und schon liegt der Henkel daneben. Dein erster Gedanke: Sekundenkleber. BITTE NICHT! Dieser Kleber wird mit der Zeit gelb und brüchig und macht eine professionelle Reparatur danach fast unmöglich.

Ein Profi nutzt spezielle 2-Komponenten-Kleber, die transparent aushärten und ewig halten. Eine saubere Bruchstelle, wie bei einem Henkel, lässt sich oft so gut reparieren, dass man sie kaum noch sieht. Rechne hierfür mal mit Kosten zwischen 30 und 60 Euro, je nach Aufwand. Fehlt allerdings eine ganze Ecke, die nachmodelliert werden muss, kann das schnell über 100 Euro kosten. Bei einem wertvollen Erbstück ist das aber oft gut investiertes Geld.

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Ein letztes Wort zur Sicherheit

Zum Schluss noch zwei Dinge, die mir am Herzen liegen.

Vorsicht bei sehr altem Porzellan: Bei farbenprächtigen Dekoren von Stücken, die schon ein paar Generationen auf dem Buckel haben, ist Vorsicht geboten. Damals enthielten manche Glasurfarben (besonders Rot- und Gelbtöne) Schwermetalle wie Blei. Aus solchen Tassen oder Tellern solltest du keine säurehaltigen Speisen wie Zitronenkuchen oder Tomatensalat essen. Als Deko sind sie unbedenklich, aber für den Genuss greif lieber zu modernem Geschirr.

Der gefürchtete Temperaturschock: Porzellan hasst abrupte Temperaturwechsel. Gieß niemals kochendes Wasser direkt in eine kalte Teekanne. Die Spannung kann zu Rissen führen. Die Kanne immer erst mit warmem Leitungswasser vorwärmen! Das Gleiche gilt umgekehrt: Einen heißen Teller niemals auf eine kalte Stein-Arbeitsplatte legen.

Ich hoffe, dieser kleine Ausflug in meine Welt hat dir geholfen. Sieh dein Geschirr nicht nur als Gebrauchsgegenstand. Es ist ein Stück Handwerkskunst, das dich bei guter Behandlung ein Leben lang begleiten kann.

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Der Klangtest: Halten Sie eine Tasse oder einen Teller vorsichtig an einem Rand hoch und klopfen Sie sanft mit dem Fingernagel dagegen. Hochwertiges Hartporzellan antwortet mit einem klaren, hellen, fast melodiösen Klingeln. Ein dumpfer, kurzer Ton deutet oft auf dickere, weniger verdichtete Keramik oder Steingut hin. Ein einfacher Trick, der im Geschäft oder auf dem Flohmarkt sofort ein Gefühl für die Qualität gibt.

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Schon mal eine Scherbe als Kunstwerk betrachtet?

Wenn ein geliebtes Stück zerbricht, muss das nicht das Ende sein. Die japanische Kintsugi-Technik feiert die Makel, anstatt sie zu verstecken. Dabei werden die Bruchstücke mit einem speziellen Lack (Urushi) geklebt und die Bruchlinien mit Goldpuder (oft echtes Gold) nachgezeichnet. Das Ergebnis ist nicht nur eine Reparatur, sondern eine Veredelung, die die Geschichte des Objekts ehrt. Jede goldene Ader erzählt von einem Moment im Leben des Stücks und macht es zu einem einzigartigen Kunstwerk.

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Das berühmte „Zwiebelmuster“ von Meissen zeigt in Wahrheit gar keine Zwiebeln.

Was wir als Zwiebeln wahrnehmen, sind eigentlich stilisierte Granatäpfel und Pfirsiche – Symbole für Fruchtbarkeit und Langlebigkeit. Das Design war eine europäische Interpretation chinesischer Vorbilder aus der Ming-Dynastie. Ein perfektes Beispiel dafür, wie Porzellan seit Jahrhunderten Geschichten über Kulturen und Kontinente hinweg erzählt.

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Bone China: Enthält bis zu 50 % Knochenasche, was ihm eine außergewöhnliche Weiße, eine feine Lichtdurchlässigkeit und eine hohe Widerstandsfähigkeit verleiht. Es fühlt sich oft zarter und wärmer an. Ein Klassiker hierfür ist die britische Marke Wedgwood.

Fine China (Hartporzellan): Besteht rein aus den mineralischen Grundstoffen. Es ist extrem hart, weniger durchscheinend und oft etwas kühler im Farbton. Ideal für den täglichen Gebrauch, wie es Manufakturen wie Villeroy & Boch perfektionieren.

Beide sind hochwertig, aber Bone China spielt in einer eigenen Liga der Eleganz.

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Die Glasur ist die unsichtbare Schutzschicht Ihres Porzellans. Sie ist mehr als nur Glanz. Ihre Hauptaufgaben sind:

  • Versiegelung: Sie schließt die Poren des gebrannten Tons und macht das Geschirr absolut wasserdicht und hygienisch.
  • Schutz des Dekors: Bei Unterglasurmalerei liegt die Farbe sicher unter der Glasschicht und ist so vor Abrieb und Spülmittel geschützt.
  • Haptik: Sie bestimmt, wie sich das Porzellan in der Hand anfühlt – von seidig-matt bis spiegelglatt.
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Der unsichtbare Feind: Thermoschock. Gießen Sie niemals kochendes Wasser direkt in eine eiskalte Tasse aus dem Schrank. Wärmen Sie sie kurz mit warmem Wasser vor. Extreme und plötzliche Temperaturwechsel können zu feinsten Haarrissen in der Glasur führen, die das Porzellan langfristig schwächen.

  • Stapeln Sie Teller niemals direkt aufeinander. Legen Sie dünne Filz- oder Papiereinlagen dazwischen, um Kratzer auf der Glasur zu vermeiden.
  • Hängen Sie Tassen an Haken, anstatt sie ineinander zu stapeln. Der Tassenrand ist eine der empfindlichsten Stellen.
  • Bewahren Sie besonderes Geschirr nicht im feuchten Keller auf. Das kann zu „Glasur-Krankheiten“ und Verfärbungen führen.
Angela Schmidt

Nach dem Abschluss meines Studiums für Journalismus an der Uni- München, arbeite ich freiberuflich für diverse Formate und Produktionen. Freshideen ist für mich ein gegenseitiges Langzeitprojekt, mit dem ich meinen Alltag viel schöner gestalte. Die Themen der Nachhaltigkeit und der Umwelt bewegen mich am meisten, aber auch die kreativen DIY Ideen finden Platz in meinem Herzen.