Ringelblumensalbe selber machen: Der ehrliche Guide, der wirklich funktioniert
Ein ganz ehrliches Wort zur Ringelblume
In meiner kleinen Werkstatt, in der es immer nach Kräutern und Wachs duftet, gibt es ein großes Glas, das einfach nie leer wird. Es ist randvoll mit den leuchtend orangen, getrockneten Blüten der Ringelblume – der guten alten Calendula officinalis. Und ich sag’s euch ganz ehrlich: Sie ist kein Wundermittel, das über Nacht Magie wirkt. Aber sie ist eines der verlässlichsten und sichersten Werkzeuge für die Haut, die uns die Natur in die Hand gibt.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Ein ganz ehrliches Wort zur Ringelblume
- 2 Die Pflanze: Worauf es bei der Ernte wirklich ankommt
- 3 Was steckt da drin? Die Superkräfte der Ringelblume
- 4 Ab in die Küche: So wird ein Schuh draus!
- 5 Wann hilft die Ringelblume wirklich?
- 6 Sicherheit geht vor: Die Grenzen der Selbstbehandlung
- 7 Ein letztes Wort aus der Werkstatt
- 8 Bildergalerie
Ich habe sie bei unzähligen kleinen Schrammen, rissigen Gärtnerhänden und leichten Hautirritationen eingesetzt. Das Erste, was ich jedem beibringe, der bei mir was lernen will, ist, wie man eine ehrliche, wirksame Ringelblumensalbe herstellt. Wer das nämlich kann, der hat die Grundlagen der Kräuterverarbeitung wirklich verstanden. In diesem Text teile ich mein Wissen mit dir. Ohne Übertreibungen, aber mit handfesten Anleitungen und den kleinen, wichtigen Details, die am Ende den Unterschied machen.

Die Pflanze: Worauf es bei der Ernte wirklich ankommt
Augen auf, denn nicht jede Ringelblume ist für unsere Zwecke geeignet. Wir brauchen die Echte Ringelblume, Calendula officinalis. Du erkennst sie an ihren leicht gebogenen, sichelförmigen Samen und den klebrigen, harzigen Blütenköpfen. Schicke Zierformen mit riesigen, gefüllten Blüten sehen zwar toll im Beet aus, haben aber oft viel weniger von den wertvollen Inhaltsstoffen.
Ein super Trick, um eine wirkstoffreiche Pflanze zu erkennen: der Klebe-Test! Fass mal den grünen Kelch direkt unter der Blüte an. Wenn er sich deutlich klebrig anfühlt, fast wie Harz, dann hast du ein Top-Exemplar. Genau in diesem klebrigen Zeug stecken viele der heilenden Substanzen.
Wann und wie ernten?
Die beste Zeit ist von Juni bis in den Oktober hinein. Pflück die Blütenköpfe an einem sonnigen, trockenen Tag um die Mittagszeit. Dann sind die Blüten voll geöffnet und der Morgentau ist längst verdunstet. Feuchtigkeit ist unser größter Feind, denn sie führt später unweigerlich zu Schimmel im Öl oder in der Salbe. Nimm immer die ganzen Blütenköpfe, nicht nur die einzelnen Zupfblättchen! Die meiste Power steckt nämlich im grünen Blütenboden.

Trocknen: Der wichtigste Schritt für die Haltbarkeit
Klar, man kann auch frische Blüten verarbeiten, aber ganz ehrlich: Das Schimmelrisiko ist enorm hoch und mir ist schon mehr als eine Charge deswegen gekippt. Also, trockne deine Ernte immer zuerst. Das ist quasi die Qualitätssicherung. Breite die Blütenköpfe einfach in einer dünnen Schicht auf einem sauberen Geschirrtuch oder einem Gitter aus. Der Ort sollte luftig, schattig und warm sein – ein Dachboden oder ein gut belüfteter Abstellraum ist perfekt. Direkte Sonne ist tabu, sie bleicht die Farbe aus und zerstört die Wirkstoffe. Nach etwa einer Woche sollten die Blüten „rascheltrocken“ sein, sich also wie Papier anfühlen. Perfekt! Ab damit in ein dunkles, fest verschlossenes Schraubglas. So halten sie ihre Kraft gut ein Jahr.
Was steckt da drin? Die Superkräfte der Ringelblume
Die Wirkung der Ringelblume ist übrigens kein Mythos, sondern wissenschaftlich gut belegt. Verantwortlich dafür ist ein geniales Teamwork verschiedener Inhaltsstoffe:
- Triterpenoide (z.B. Faradiol): Das sind die Stars, wenn es um Entzündungshemmung geht. Sie wirken abschwellend und lindern den Schmerz bei kleinen Wehwehchen.
- Flavonoide: Man kann sie als die Bodyguards der Hautzellen bezeichnen. Sie wirken antioxidativ und stärken die winzigen Blutgefäße.
- Carotinoide: Sie sorgen nicht nur für die leuchtend orange Farbe, sondern unterstützen auch die Zellerneuerung und damit die Wundheilung. Eine Salbe mit intensiver Farbe ist oft ein gutes Zeichen!
Zusammen kurbeln diese Stoffe die Bildung von neuem Gewebe an und helfen der Haut, sich sauber und schnell zu regenerieren. Keine Magie, sondern reine, clevere Biochemie der Pflanze.

Ab in die Küche: So wird ein Schuh draus!
So, jetzt wird’s praktisch. Wir stellen die drei Grundprodukte her: Ölauszug, Salbe und Tinktur. Das A und O dabei: absolute Sauberkeit. Jedes Glas, jeder Löffel, jeder Rührstab muss blitzblank und vor allem knochentrocken sein. Ein einziger Wassertropfen kann dir deine ganze Arbeit ruinieren.
1. Der Ölauszug (Mazerat) – Die goldene Basis
Der Ölauszug ist der erste und wichtigste Schritt. Damit lösen wir die fettlöslichen Wirkstoffe aus den Blüten. Es gibt zwei Wege zum Ziel.
Die Kaltmethode (meine Empfehlung)
Dauert länger, ist aber viel schonender für die Inhaltsstoffe und das Ergebnis wird meiner Erfahrung nach einfach besser.
Was du brauchst:
- Ein sauberes 500-ml-Schraubglas
- Getrocknete Ringelblumenblütenköpfe
- Ein hochwertiges Pflanzenöl. Bio-Olivenöl ist ein Klassiker. Aber auch Mandelöl (riecht kaum, super für’s Gesicht) oder Jojobaöl (fettet weniger, für leichtere Salben) sind fantastisch.
So geht’s:
- Fülle das Glas locker zu etwa zwei Dritteln mit den getrockneten Blüten. Als Faustregel gilt: ca. 1 Teil getrocknete Blüten auf 7 Teile Öl (z.B. 25 g Blüten auf gut 200 ml Öl).
- Gieß das Öl langsam darüber, bis alle Blüten gut bedeckt sind und das Öl etwa 1-2 cm über ihnen steht.
- Glas zuschrauben, gut durchschütteln und an einen warmen, aber nicht sonnigen Ort stellen. Eine Fensterbank nach Norden ist ideal.
- Jetzt heißt es warten: 3 bis 4 Wochen. Schüttle das Glas jeden Tag einmal kurz durch.
- Nach der Ziehzeit hat das Öl eine wunderschöne orange-gelbe Farbe. Jetzt seihst du es durch ein feines Sieb oder ein sauberes Baumwolltuch in eine dunkle Flasche ab. Drück die Blüten gut aus, um jeden kostbaren Tropfen zu erwischen!
Beschriften nicht vergessen! Kühl und dunkel gelagert, hält das Öl etwa ein Jahr.

Die Heißmethode (für Ungeduldige)
Wenn’s schnell gehen muss, kannst du mit Wärme nachhelfen. Aber Achtung! Das Öl darf nie zu heiß werden (maximal 60°C), sonst machst du die guten Wirkstoffe kaputt. Erwärme Öl und Blüten einfach in einem Topf im Wasserbad für 2-3 Stunden. Ein Küchenthermometer ist hier dein bester Freund. Danach abkühlen lassen und abseihen.
2. Die klassische Ringelblumensalbe – Schutz und Pflege in einem Tiegel
Mit unserem Gold, dem Ölauszug, machen wir jetzt eine Salbe. Dafür brauchen wir noch einen Konsistenzgeber. Meistens ist das Bienenwachs.
Kleiner Einkaufszettel: Bevor es losgeht, brauchst du Bienenwachs (am besten in Pastillenform), eventuell Lanolin (Wollwachs, macht die Salbe geschmeidiger) und natürlich leere Salbentiegel. Das alles bekommst du in Apotheken, gut sortierten Reformhäusern oder online in Shops für Kosmetik-Rohstoffe. Rechne mal mit 20 bis 30 Euro für eine komplette Erstausstattung, die dann aber für mehrere Chargen reicht.
Grundrezept:
- 100 ml deines Ringelblumenöls
- 10-12 g Bienenwachs
- Optional: 15 g Lanolin für extra Pflege
Anleitung:

- Gib Öl, Bienenwachs und Lanolin in ein hitzebeständiges Glas (z.B. ein leeres Marmeladenglas) und stelle es ins Wasserbad.
- Langsam erwärmen, bis alles geschmolzen ist. Nicht kochen!
- Nimm das Glas aus dem Wasserbad. Jetzt mach die „Gelierprobe“: Gib einen Tropfen der flüssigen Masse auf einen kalten Teller. Wird er zu fest, gib noch etwas Öl dazu. Ist er zu weich, schmilzt du noch eine Wachspastille mit ein.
- Fülle die noch flüssige, aber nicht mehr heiße Salbe in deine sauberen Tiegel.
- Offen auskühlen lassen, dann erst Deckel drauf und beschriften. Fertig!
Kleiner Tipp für Fortgeschrittene: Um die Haltbarkeit zu verlängern und die Pflege zu steigern, kannst du vor dem Abfüllen noch 5 Tropfen Vitamin-E-Öl (Tocopherol) unterrühren. Ein paar Tropfen ätherisches Lavendelöl beruhigen zusätzlich, aber teste das vorher wegen möglicher Allergien.
Hilfe, meine Salbe ist krisselig! Kein Grund zur Panik. Das passiert, wenn die Masse zu schnell oder ungleichmäßig abkühlt. Einfach nochmal langsam im Wasserbad erwärmen, gut durchrühren und erneut abfüllen. Problem gelöst.

3. Die Tinktur – Für Umschläge und zum Gurgeln
Eine Tinktur löst die wasser- und alkohollöslichen Stoffe und ist super für Entzündungen im Mundraum.
Fülle dazu ein Schraubglas zur Hälfte locker mit Blüten, gieße es mit mindestens 40%igem Alkohol (Korn oder Wodka) auf, bis alles bedeckt ist. Lass es 2 bis 3 Wochen an einem warmen Ort ziehen und schüttle es täglich. Danach abseihen und in eine dunkle Tropfflasche füllen. Achtung: Niemals pur verwenden! Immer verdünnen: 10-15 Tropfen auf ein Glas Wasser zum Gurgeln.
Wann hilft die Ringelblume wirklich?
Hier sind die Bereiche, in denen die Ringelblume ein verlässlicher Helfer ist:
- Kleine Schnitt- und Schürfwunden: Sobald die Wunde sauber ist, fördert die Salbe eine saubere Heilung und hält die Haut geschmeidig.
- Rissige, trockene Haut: Stell dir deine Hände nach einem Tag Gartenarbeit vor – trocken, rau, vielleicht kleine Risse. Abends dick mit Ringelblumensalbe eincremen, Baumwollhandschuhe drüber und am nächsten Morgen sind sie wieder weich und gepflegt. Das ist der Effekt!
- Leichter Sonnenbrand: Nach dem Kühlen (ganz wichtig!) beruhigt das Öl oder eine leichte Salbe die Haut.
- Wunder Babypo: Eine Salbe ohne Zusätze ist eine sanfte und effektive Pflege bei Windelreizungen.
- Entzündungen im Mund: Bei gereiztem Zahnfleisch oder Halsschmerzen kann das Gurgeln mit verdünnter Tinktur Linderung verschaffen.

Sicherheit geht vor: Die Grenzen der Selbstbehandlung
Ganz ehrlich, hier hört der Spaß auf und die Verantwortung fängt an. Ringelblume ist super für die Hausapotheke, aber sie ist kein Ersatz für einen Arzt.
Allergierisiko: Die Ringelblume ist ein Korbblütler. Wer also auf Kamille, Arnika oder Beifuß allergisch ist, sollte vorsichtig sein. Mach vor der ersten Anwendung einen Test: Ein bisschen Salbe in die Armbeuge, 24 Stunden warten. Wenn nichts juckt oder rot wird, ist alles gut.
Verwende die Salbe NIEMALS auf tiefen, klaffenden oder eitrigen Wunden, bei Tierbissen oder starken Verbrennungen. In diesen Fällen gehst du bitte sofort zum Arzt. Die Salbe könnte die Oberfläche verschließen, während darunter eine Infektion wütet. Die eigenen Grenzen zu kennen, ist ein Zeichen von Kompetenz.
Ein letztes Wort aus der Werkstatt
Die Ringelblume ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie wirksam und sanft die Natur sein kann. Sie fordert ein bisschen Geduld und saubere Arbeit, aber das Ergebnis ist ein reines, ehrliches Produkt, bei dem du ganz genau weißt, was drin ist. Das ist ein kleines Stück Unabhängigkeit und ein wahrer Schatz für die kleinen Notfälle des Alltags. Geh mit Respekt an die Arbeit, dann wird die Ringelblume auch für dich ein treuer Begleiter.

Bildergalerie


Welches Öl für meinen Auszug?
Die Wahl des Trägeröls prägt den Charakter deiner Salbe. Es geht nicht nur um die Wirkung, sondern auch um das Gefühl auf der Haut.
- Für Puristen: Kaltgepresstes Olivenöl. Es ist der Klassiker der Klosterheilkunde. Sein intensiver Duft harmoniert wunderbar mit der Ringelblume und es bildet einen reichhaltigen, schützenden Film – ideal für rissige Gärtnerhände oder trockene Füsse.
- Für Sensible: Bio-Mandelöl. Es ist fast geruchlos, zieht schnell ein und ist besonders mild. Perfekt, wenn die Salbe auch für die zarte Gesichtshaut oder für Kinder gedacht ist. Marken wie Primavera bieten hier eine exzellente Qualität.

Wussten Sie, dass die klebrige Substanz an den Ringelblumenkelchen der wahre Schatz ist? Sie enthält hohe Konzentrationen an Faradiol-Estern, den potenten entzündungshemmenden Wirkstoffen der Pflanze.
Das ist keine reine Volksweisheit, sondern wissenschaftlich belegt. Genau diese Stoffe sind es, die bei leichten Rötungen, kleinen Hautirritationen oder nach zu viel Sonne beruhigend wirken. Sie helfen der Haut, sich schneller zu regenerieren und wieder ins Gleichgewicht zu finden. Der im Artikel erwähnte „Klebe-Test“ bei der Ernte ist also quasi Ihre Qualitätskontrolle, um sicherzustellen, dass Ihre Salbe reich an diesen wertvollen Helfern ist.
Der letzte Schliff: Bienenwachs als Konsistenzgeber. Achten Sie auf reines Bienenwachs, am besten direkt vom lokalen Imker oder als Bio-Wachspastillen. Es verleiht der Salbe nicht nur ihre feste Konsistenz, sondern legt auch einen hauchdünnen, atmungsaktiven Schutzfilm auf die Haut, der Feuchtigkeit bewahrt, ohne die Poren zu verschließen. Ein echtes Geschenk der Natur!



