Stilmix wie ein Profi: So wird aus Chaos ein Zuhause mit Charakter
Ich bin seit über 20 Jahren im Handwerk und hab als Tischlermeister unzählige Wohnungen von innen gesehen. Oft komme ich rein und spüre sofort eine Geschichte. In der Ecke steht der geerbte, dunkle Holzsekretär von der Oma, daneben ein brandneues, modernes Sofa, das sich die junge Familie gerade gegönnt hat. Und genau das ist der Punkt, an dem es spannend wird. Das ist der Anfang von einem Zuhause mit Persönlichkeit – oder der Anfang von Chaos.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Das Fundament: Lies den Raum, bevor du auch nur ein Möbelstück rückst
- 2 Der rote Faden: So vermeidest du das „Unfall“-Gefühl
- 3 Die Mitspieler: Möbel und Materialien gekonnt mischen
- 4 Die Feinarbeit: Deko, die deine Geschichte erzählt
- 5 Was tun mit den Störenfrieden?
- 6 Werkstattpraxis: Ein Wort zur Sicherheit vom Meister
- 7 Wo findet man eigentlich die besten Stücke?
- 8 Dein Zuhause ist eine Reise, kein Ziel
- 9 Bildergalerie
Ganz ehrlich? Viele verwechseln einen persönlichen Stilmix mit Beliebigkeit. Sie kaufen einfach alles, was ihnen gefällt, und stellen es zusammen. Das Ergebnis fühlt sich dann oft an wie ein überfüllter Trödelladen, in dem das Auge keine Ruhe findet. Aber echte, gekonnte Eklektik ist eine Kunst. Es ist ein Dialog zwischen Alt und Neu, Teuer und Günstig, Schlicht und Verschnörkelt. Und genau darum soll es hier gehen.
Ich werde dir keine trockenen Regeln runterbeten. Stattdessen zeige ich dir, wie wir Profis an so eine Aufgabe herangehen. Wir nehmen mal ein typisches Problem, das du vielleicht kennst: Du hast Omas wuchtigen Eichenschrank, ein schickes, aber schlichtes graues Sofa und einen bunten Teppich aus dem letzten Urlaub. Klingt erstmal unmöglich, oder? Keine Sorge, am Ende dieses Artikels wirst du genau wissen, wie du diese drei Stücke zu einer Familie machst.
Das Fundament: Lies den Raum, bevor du auch nur ein Möbelstück rückst
Bevor wir über Möbel und Farben reden, müssen wir über das Wichtigste sprechen: den Raum selbst. Das ist der Schritt, den die meisten aus Ungeduld überspringen. Ein Riesenfehler! Ein Raum hat seine eigene Persönlichkeit, seine Stärken und Schwächen. Unsere Aufgabe ist es, mit ihnen zu arbeiten, nicht gegen sie.
Dein Spielfeld: Der Grundriss
Schau dir den Grundriss genau an. Woher kommt das Licht? Ein Zimmer, das nach Norden ausgerichtet ist, hat ein kühles, gleichmäßiges Licht und kann dunkle Farben schnell schlucken. Ein Südzimmer wird von warmer Sonne geflutet, da kann ein dunkles Grau plötzlich superedel aussehen.
Achte auch auf die Proportionen. Ist der Raum lang und schmal? Oder hat er niedrige Decken, wie in vielen Bauten aus einer früheren Ära? Das sind keine Probleme, sondern Gestaltungsaufgaben. Eine lange Wand kannst du optisch verkürzen, indem du die schmale Stirnseite in einem kräftigen, dunkleren Ton streichst. Das holt die Wand gefühlt näher ran.
Licht ist dein mächtigstes Werkzeug
Ein häufiger Fehler ist diese eine, einsame Deckenlampe in der Mitte des Raumes. Das macht flaches, ungemütliches Licht und harte Schatten. Denk lieber in Lichtebenen, das ist einfacher, als es klingt:
- Grundbeleuchtung: Das ist das allgemeine Licht von Deckenleuchten oder Spots. Gut zu wissen: Achte auf eine warme Lichtfarbe zwischen 2700 und 3000 Kelvin (steht auf der Packung). Alles darüber wirkt schnell wie im Büro.
- Platzbeleuchtung: Das ist dein Arbeitslicht – die Leselampe neben dem Sessel oder das Licht über dem Esstisch.
- Akzentbeleuchtung: Das ist das, was Gemütlichkeit schafft! Kleine Tischlampen, ein Strahler, der ein Bild oder eine Pflanze anleuchtet. Diese Lichtinseln lenken den Blick und machen den Raum interessant.
Achtung bei alten Lampen vom Flohmarkt! Die Kabel sind oft brüchig. Lass das unbedingt von einem Elektriker prüfen und neu verkabeln. Das kostet vielleicht 40 bis 80 Euro, aber das ist eine verdammt gute Investition in deine Sicherheit. Ich habe schon Schwelbrände wegen sowas gesehen.
Der rote Faden: So vermeidest du das „Unfall“-Gefühl
Jetzt wird’s spannend. Wie schaffen wir es, dass unser Mix aus Omas Schrank und modernem Sofa nicht wie Kraut und Rüben aussieht? Wir brauchen ein verbindendes Element – einen roten Faden. Dein Gehirn sucht unbewusst nach Mustern. Findet es keine, empfindet es den Raum als anstrengend.
Finde dein verbindendes Element
Dieser rote Faden kann alles Mögliche sein. Such dir EINE Sache aus, die den Rahmen vorgibt:
- Eine Farbpalette: Schauen wir uns unser Beispiel an. Der Urlaubsteppich ist bunt, das Sofa grau, der Schrank dunkelbraun. Nimm den Teppich und such dir daraus eine Akzentfarbe aus, sagen wir ein warmes Terrakotta. Kauf jetzt Kissen für das graue Sofa in genau diesem Terrakotta. Schon hast du eine Verbindung! Ein super Trick, um eine Palette zu finden: Nutze kostenlose Online-Tools wie Coolors. Da kannst du ein Foto von deinem Teppich hochladen, und das Tool spuckt dir eine passende Farbpalette aus.
- Ein Material: Vielleicht hat der alte Schrank Beschläge aus Messing. Super! Lass dieses Messing an anderen Stellen wieder auftauchen: ein Bilderrahmen, der Fuß einer Stehlampe, eine kleine Schale auf dem Couchtisch. Das schafft eine subtile, edle Verbindung.
- Eine Form: Du kannst auch mit wiederkehrenden Formen arbeiten. Hat der Schrank vielleicht eine sanfte Rundung an den Ecken? Greif das mit einem runden Spiegel oder einem runden Beistelltisch wieder auf.
Kleine Hausaufgabe für dich: Such dir die 3 wichtigsten Stücke in deinem Wohnzimmer. Was haben sie gemeinsam? Die Holzart? Ein metallisches Detail? Eine geschwungene Linie? Das ist dein Startpunkt!
Die Mitspieler: Möbel und Materialien gekonnt mischen
Wenn das Fundament steht, geht’s ans Einrichten. Hier geht es um Kontraste und darum, dem Raum Luft zum Atmen zu lassen.
Spiele mit groß und klein, wuchtig und filigran
Einer der häufigsten Fehler ist, nur Möbel in ähnlicher Größe zu verwenden. Das wirkt schnell langweilig. Die Spannung entsteht durch Kontraste. Stell einen filigranen Beistelltisch aus Metall neben das massive Sofa. Häng eine riesige, moderne Papierleuchte über einen alten, rustikalen Esstisch. Dieser Mix aus verschiedenen Maßstäben macht einen Raum erst richtig lebendig.
Und ganz wichtig: der leere Raum. Ein Zimmer muss atmen können. Stell es nicht zu voll. Manchmal ist das Beste, was du tun kannst, ein Möbelstück einfach wegzulassen.
Ein Fest für die Sinne: Texturen mixen
Ein Raum wird erst dann richtig gut, wenn er sich auch gut anfühlt. Kombiniere bewusst verschiedene Oberflächen. Das macht alles viel interessanter.
Denk in Gegensätzen:
- Glatt & Rau: Eine glatte Ledercouch mit einer grob gestrickten Wolldecke.
- Weich & Hart: Ein weiches Samtkissen auf einem Stuhl aus kühlem Metall und Holz.
- Matt & Glänzend: Eine matte Wandfarbe und daneben ein glänzender Messing-Kerzenständer.
Aus meiner Praxis kann ich erzählen: Wir hatten mal einen Kunden mit einem supermodernen, minimalistischen Esstisch aus Stahl. Er wollte aber unbedingt die alten Bugholzstühle seiner Familie dazustellen. Auf den ersten Blick passte das gar nicht. Der Trick? Wir haben das Stahlgestell des Tisches in Mattschwarz pulverbeschichtet – fast derselbe Farbton wie das dunkel gebeizte Holz der Stühle. Plötzlich haben die Möbel miteinander geredet. Das war ein Dialog zwischen alter Handwerkskunst und moderner Technik.
Die Feinarbeit: Deko, die deine Geschichte erzählt
Die Möbel sind das Skelett, die Deko ist die Seele. Aber auch hier gilt: Weniger ist oft mehr.
Kunst und persönliche Schätze richtig in Szene setzen
Häng Bilder bloß nicht zu hoch! Die Bildmitte sollte ungefähr auf Augenhöhe sein, also bei 1,55 m bis 1,60 m. Wenn du eine ganze Bilderwand gestalten willst, leg die Anordnung vorher auf dem Boden aus. Ein wenig bekannter Trick: Male die Umrisse deiner Rahmen auf Packpapier, schneide sie aus und klebe die Papierschablonen mit Malerkrepp an die Wand. So kannst du tagelang schieben und probieren, ohne ein einziges Loch zu bohren.
Für Kleinkram und Sammlungen gilt die Regel der Gruppierung. Stell nicht lauter einzelne Dinge im Raum verteilt auf. Das wirkt unruhig. Nimm lieber ein schönes Tablett und arrangiere darauf drei, fünf oder sieben Objekte (ungerade Zahlen wirken meist harmonischer). Das schafft einen bewussten Akzent.
Dein 10-Minuten-Upgrade: Schnapp dir heute Abend ein Tablett und sammle 3-5 kleine Deko-Objekte ein, die einzeln im Raum herumstehen. Gruppier sie auf dem Tablett auf dem Couchtisch. Zack, sofort wirkt es aufgeräumter und trotzdem persönlich!
Die Geheimwaffen: Teppiche und Vorhänge
Ein Teppich kann eine Sitzgruppe zu einer gemütlichen Insel im Raum zusammenfassen. Als Faustregel gilt: Er sollte mindestens so breit sein wie dein Sofa und die vorderen Füße aller Sessel und Stühle sollten darauf Platz finden. Ein kleiner 140x200cm-Teppich vor einem 250cm-Sofa sieht meistens etwas verloren aus.
Vorhänge können einen Raum höher wirken lassen. Der Trick: Montiere die Vorhangstange so hoch wie möglich, fast unter der Decke, und lass sie an beiden Seiten deutlich über das Fenster hinausragen. Das lässt das Fenster größer und den ganzen Raum luftiger erscheinen.
Was tun mit den Störenfrieden?
Jeder hat sie: Dinge, die bleiben müssen, aber nicht wirklich schön sind. Der riesige schwarze Fernseher, der klobige Heizkörper oder die Standard-Mietwohnungstür.
- Der Fernseher: Integriere ihn, statt ihn zu verstecken. Eine dunkle Wandfarbe hinter dem TV lässt ihn fast verschwinden. Oder du machst ihn zum Teil einer Bilderwand, dann fällt er zwischen den Kunstwerken kaum noch auf.
- Der Heizkörper: Wenn du darfst, streich ihn in der gleichen Farbe wie die Wand. So tritt er optisch zurück. Eine andere Möglichkeit ist eine schicke Heizkörperverkleidung, die du als zusätzliche Ablage nutzen kannst. Die gibt’s im Baumarkt oder man kann sie sich vom Tischler passgenau anfertigen lassen.
Werkstattpraxis: Ein Wort zur Sicherheit vom Meister
Ich liebe alte Möbel, sie haben eine Seele. Aber man muss auch aufpassen. Vor allem bei alten Lacken: Möbel, die vor ein paar Jahrzehnten lackiert wurden, können noch bedenkliche Stoffe enthalten. Wenn du so ein Stück abschleifst, trag bitte eine FFP3-Maske und arbeite draußen. Besser noch, du gibst es zum professionellen Ablaugen. Das kann je nach Größe des Stücks zwischen 100€ und 300€ kosten, aber das ist es wert, besonders wenn Kinder im Haus sind.
Und schau dir alte Holzmöbel genau an. Siehst du kleine Löcher und frisches Holzmehl? Das könnte ein Holzwurm sein. Behandle das Stück, bevor es in die Wohnung kommt, sonst befällt er vielleicht auch dein Parkett.
Wo findet man eigentlich die besten Stücke?
Klar, der Flohmarkt ist super. Aber halte auch die Augen auf Online-Portalen wie Kleinanzeigen auf. Mit den richtigen Suchbegriffen („Sideboard Teak“, „Cocktailsessel“, „Messinglampe“) findet man oft wahre Schätze für kleines Geld. Manchmal lohnt es sich auch, bei lokalen Entrümpelungen nachzufragen. Aber kauf bewusst! Frag dich immer: Wo genau soll das stehen und passt es zu meinem roten Faden?
Dein Zuhause ist eine Reise, kein Ziel
Eine Einrichtung mit Charakter entsteht nicht über Nacht. Sie wächst mit dir. Sei nicht entmutigt, wenn es nicht sofort perfekt ist. Die besten Räume sind die, die sich über Jahre entwickeln. Tausch Dinge aus, stell um, probier was Neues. Es ist dein Zuhause, es gibt keine festen Regeln, nur Leitplanken.
Der wichtigste Rat, den ich dir geben kann: Vertrau auf dein Bauchgefühl. Umgib dich mit Dingen, die du liebst. Wenn du die handwerklichen Grundlagen beachtest, die wir besprochen haben, dann wird aus einer Sammlung von Lieblingsstücken ein stimmiges und zutiefst persönliches Zuhause. Und das ist mehr wert als jeder kurzlebige Designtrend.
Bildergalerie
Der rote Faden muss nicht immer eine Farbe sein. Manchmal ist es eine Form oder ein Material, das den Dialog zwischen den Möbeln lenkt. Eine runde Leuchte über einem eckigen Tisch? Greifen Sie die runde Form in einem Kissenmuster oder einem runden Beistelltisch wieder auf. Diese subtile Wiederholung schafft eine visuelle Harmonie, die das Gehirn als angenehm und gewollt empfindet, selbst wenn die Stile Welten trennen.
- Die 80/20-Regel: Gestalten Sie 80% des Raumes in einem dominanten Stil (z.B. modern-minimalistisch) und setzen Sie die restlichen 20% als bewussten Kontrast mit Stücken aus einer anderen Epoche (z.B. ein barocker Spiegel, ein rustikaler Hocker).
- Die Brücke bauen: Suchen Sie ein „Vermittler-Stück“. Ein Teppich oder ein Kunstwerk, das die Farben des alten Sofas und des modernen Sessels in sich vereint, wirkt Wunder.
- Die Höhenstaffelung: Achten Sie darauf, dass nicht alle Möbel auf der gleichen Ebene „enden“. Variieren Sie die Höhen mit Stehlampen, hohen Pflanzen oder einer Bilderleiste, um dem Auge eine spannende Reise durch den Raum zu bieten.
„Der erfolgreichste Stilmix erzählt immer eine persönliche Geschichte. Es geht nicht darum, was passt, sondern darum, was du liebst.“
Diese Philosophie der Interior-Ikone Kelly Wearstler ist der Kern der Eklektik. Jedes Stück, ob Flohmarktfund oder Designklassiker, sollte eine Bedeutung für Sie haben. Der emotionale Wert ist der unsichtbare Klebstoff, der disparate Objekte zu einem einzigartigen Ganzen verbindet und ein Zuhause von einem Showroom unterscheidet.
Mein Raum wirkt unruhig. Wie kombiniere ich verschiedene Muster, ohne Chaos zu stiften?
Der Schlüssel liegt in der Skalierung. Mischen Sie ein großflächiges, dominantes Muster (z.B. breite Streifen auf dem Teppich) mit einem mittelgroßen (etwa florale Kissen) und einem kleinteiligen, feinen Muster (ein geometrischer Print auf einer Vase). Halten Sie sich dabei an eine gemeinsame Farbklammer – wenn alle Muster zum Beispiel einen Blauton enthalten, entsteht eine visuelle Verbindung, die dem Auge Halt gibt.
Statement-Kunst als Ankerpunkt: Ein großes, ausdrucksstarkes Kunstwerk kann ein ganzes Zimmer zusammenhalten. Es gibt dem Raum einen Fokus und eine Farbpalette vor. Wählen Sie ein Bild, das Sie wirklich anspricht, und ziehen Sie zwei oder drei seiner Farben heraus. Diese können Sie dann in kleinen Dosen im Raum verteilen – als Kissen, Decke oder Deko-Objekt. So wird selbst die wildeste Möbelmischung plötzlich zur kuratierten Ausstellung.
- Verleiht dem Raum sofortige Authentizität.
- Fühlt sich an, als wäre es über Jahre gewachsen.
- Erzählt eine visuelle Geschichte Ihrer Persönlichkeit.
Das Geheimnis? Der „Collected Look“. Kaufen Sie nicht alles auf einmal. Nehmen Sie sich Zeit, Stücke zu finden, die Sie wirklich ansprechen. Die Jagd nach dem perfekten Fund auf dem Flohmarkt oder im Urlaub ist Teil des Prozesses und macht Ihr Zuhause unverwechselbar.
Poliertes Messing: Bringt Wärme und einen Hauch von Glamour. Ideal, um dunklen, satten Farben wie Marineblau oder Waldgrün Tiefe zu verleihen. Passt wunderbar zu Vintage-Stücken und Samt.
Mattes Schwarz: Wirkt modern, grafisch und erdet den Raum. Ein perfekter Kontrapunkt zu weichen Texturen und hellen Hölzern. Setzt klare, architektonische Akzente.
Unser Tipp: Entscheiden Sie sich für ein dominantes Metall und setzen Sie das andere gezielt als kleinen Akzent ein, um visuelle Spannung zu erzeugen.
Achtung, Museumsfalle: Ein Raum voller Designklassiker und teurer Antiquitäten kann schnell unnahbar und steif wirken. Die Lösung? Integrieren Sie gezielt unperfekte, persönliche und sogar humorvolle Gegenstände. Eine kitschige Porzellanfigur vom Flohmarkt neben einer edlen Leuchte von Louis Poulsen bricht die Ernsthaftigkeit und zeigt, dass hier wirklich gelebt wird.
Der eklektische Stil hat seine Wurzeln in der Architektur des 19. Jahrhunderts, als Architekten erstmals begannen, Elemente aus Gotik, Renaissance und Barock frei zu kombinieren.
Was damals eine architektonische Revolution war, ist heute ein persönliches Statement im Wohnraum. Es ist also keine flüchtige Modeerscheinung, sondern ein seit über 150 Jahren bewährter Ansatz, um Individualität und Geschichte auszudrücken.
Texturen sind die heimlichen Helden des Stilmix. Ein glattes Ledersofa wirkt erst richtig spannend, wenn es mit einem grob gestrickten Wollplaid und einem weichen Samtkissen kombiniert wird. Denken Sie in Gegensätzen:
- Weich & Rau: Samt trifft auf unbehandeltes Holz oder rauen Beton.
- Glatt & Strukturiert: Ein Glastisch neben einem flauschigen Berberteppich.
- Matt & Glänzend: Eine seidenmatte Wandfarbe hinter einem glänzenden Messingregal.
Unterschätzen Sie niemals die Macht der Beleuchtung, um verschiedene Zonen in einem eklektischen Raum zu definieren. Nutzen Sie verschiedene Lichtquellen auf unterschiedlichen Höhen: Eine moderne Bogenlampe, die sich über das Vintage-Sofa neigt, eine klassische Tischleuchte auf einer geerbten Kommode und ein paar Spots, die ein zeitgenössisches Bild an der Wand hervorheben. Jede Lichtinsel schafft eine eigene Stimmung und verbindet die Elemente in ihrem Schein.
Kann ein ultramodernes USM Haller Regal neben Omas rustikalem Eichentisch funktionieren?
Absolut! Der Trick ist die Wiederholung. Das kühle, technische Metall des Regals sollte sich an anderer Stelle im Raum wiederfinden. Das können schwarze Metall-Bilderrahmen an der Wand sein, die Füße eines Sessels oder eine schlichte Metallvase auf dem Tisch. Diese kleinen Echos schaffen eine visuelle Brücke zwischen den scheinbar unvereinbaren Stilen und lassen sie wie eine bewusste Entscheidung wirken.
Auf Pinterest stiegen die Suchanfragen nach „Dopamine Decor“ – also einer Einrichtung, die durch kräftige Farben und verspielte Formen Glücksgefühle auslöst – im letzten Jahr um über 200%.
Dieser Trend ist die perfekte Einladung für einen mutigen Stilmix. Kombinieren Sie einen knallgelben Sessel mit einem gemusterten Teppich und einer unerwarteten Wandfarbe. Eklektik bedeutet auch, sich von der reinen Funktionalität zu lösen und Räume zu schaffen, die einfach nur Freude bereiten.
Das Geheimnis der negativen Fläche: In einem Raum voller Charakterstücke ist das, was man nicht sieht, genauso wichtig wie das, was man sieht. Leere Wandflächen oder ein freier Bereich auf dem Boden sind kein ungenutzter Platz, sondern eine bewusste Pause für das Auge. Sie lassen die einzelnen Möbelstücke atmen und geben ihnen die Bühne, die sie verdienen. Bevor Sie eine weitere Deko-Ecke schaffen, fragen Sie sich: Braucht der Raum vielleicht einfach etwas Ruhe?
Manchmal braucht es ein einziges, verbindendes Element, um den Mix zu zementieren. Ein großer Teppich ist dafür ideal. Er funktioniert wie eine Bühne, auf der die verschiedenen Möbel – der filigrane Mid-Century-Sessel, der wuchtige Holztisch und das moderne Sofa – zu einer Ensemble-Aufführung zusammenkommen. Marken wie Tisca oder Kinnasand bieten oft Modelle mit subtilen Mustern oder Farbverläufen an, die unterschiedliche Stile elegant verbinden können.
- Ein alter Spiegel mit facettiertem Glas.
- Ein kleiner, unerwarteter Hocker als Beistelltisch.
- Vintage-Bücher mit schönen Einbänden als Deko-Objekt.
- Eine einzelne, charakterstarke Keramikvase.
Diese kleinen, günstigen Fundstücke vom Flohmarkt oder aus dem Second-Hand-Laden sind oft die Seele eines eklektischen Raumes. Sie bringen eine Geschichte mit und verhindern, dass der Look zu durchgestylt oder wie aus einem Katalog wirkt.
Galerie-Wand: Lebendig, persönlich und dynamisch. Perfekt, um eine Sammlung aus Kunstdrucken, Urlaubsfotos und geerbten Zeichnungen zu einer Einheit zu verschmelzen. Der Trick: Verwenden Sie unterschiedliche Rahmen, aber halten Sie einen einheitlichen Abstand zwischen den Bildern ein.
Einzelnes Statement-Bild: Ruhig, fokussiert und selbstbewusst. Ein großformatiges Werk gibt dem Raum einen klaren Ankerpunkt und wirkt besonders stark über einem Sofa oder Bett.
Ihre Wahl hängt davon ab, ob Sie eine erzählerische, belebte Wand oder einen meditativen Ruhepol schaffen möchten.
Der sogenannte „Grandmillennial“-Stil ist ein perfektes Beispiel für moderne Eklektik. Er kombiniert die Vorliebe für traditionelle Elemente wie geblümte Stoffe, Rüschen und dunkles Holz mit klaren, modernen Linien und zeitgenössischer Kunst. Stellen Sie sich einen klassischen Ohrensessel vor, der mit einem kühnen, grafischen Stoff von Marimekko neu bezogen wurde – das ist Eklektik auf den Punkt gebracht.
Die Kraft der Symmetrie: Wenn ein Raum durch den Mix vieler Stile sehr lebendig ist, kann eine symmetrische Anordnung für wohltuende Ordnung sorgen. Zwei identische Beistelltische mit gleichen Lampen, die ein buntes Sofa flankieren, schaffen einen formalen Rahmen. Innerhalb dieses Rahmens können Sie dann kreativ werden, ohne dass der Gesamteindruck chaotisch wird.
Was ist der häufigste Fehler beim Mischen von Alt und Neu?
Der Verlust der Proportionen. Ein zierliches Biedermeier-Sofa kann neben einer riesigen, modernen Wohnlandschaft verloren und deplatziert aussehen. Achten Sie darauf, dass die Möbelstücke eine ähnliche „visuelle Gewichtung“ haben. Wenn Sie Stücke mit sehr unterschiedlichen Größen kombinieren, gruppieren Sie kleinere Objekte, um ein Gegengewicht zum großen Stück zu schaffen.
„Have nothing in your house that you do not know to be useful, or believe to be beautiful.“ – William Morris
Dieses Zitat des Arts-and-Crafts-Pioniers aus dem 19. Jahrhundert ist heute relevanter denn je. Jeder Gegenstand in Ihrem eklektischen Zuhause sollte diese Prüfung bestehen. Es ist die ultimative Formel, um Beliebigkeit zu vermeiden und einen Raum zu schaffen, der wirklich Ihnen gehört.
Vergessen Sie nicht die Pflanzen! Sie sind die perfekten Stilvermittler. Eine große Geigenfeige im Korb bringt Leben in eine minimalistische Ecke, während eine Hängepflanze wie eine Efeutute die harten Kanten eines Industrie-Regals weicher macht. Pflanzen sind lebendige Skulpturen, die zu jedem Stil passen und eine natürliche, entspannte Atmosphäre schaffen.
