Nur eine Mahlzeit am Tag (OMAD)? Ein brutaler ehrlicher Blick aus der Praxis
In der Welt der Ernährungstrends kommt und geht so einiges, das sehe ich in meinem Job jeden Tag. Aber ein Thema hält sich hartnäckig: Intervallfasten. Und mittendrin gibt es da diese eine, ziemlich extreme Variante, über die alle flüstern: OMAD – „One Meal A Day“. Richtig gelesen, das bedeutet, du isst all deine Kalorien in einer einzigen Mahlzeit innerhalb von 24 Stunden. Klingt radikal, oder? Ist es auch.
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Ganz ehrlich? Ich hab Leute gesehen, die damit unglaubliche Erfolge hatten. Aber ich hab auch die andere Seite erlebt – wenn man ohne Plan und Wissen blindlings reinstolpert, kann das Ganze böse nach hinten losgehen. Genau dieses Wissen will ich hier mit dir teilen. Kein Verkaufs-Blabla, sondern ein ehrlicher Praxis-Check. Wir schauen uns an, was wirklich im Körper abgeht, wie man es sicher umsetzt und, ganz wichtig, für wen dieser Weg absolut tabu ist.
Was dein Körper wirklich macht, wenn du 23 Stunden nichts isst
Um OMAD zu kapieren, müssen wir kurz unter die Motorhaube unseres Körpers schauen. Der ist nämlich ein echtes Anpassungswunder. Normalerweise läuft er auf Glukose, also Zucker aus Kohlenhydraten. Bleibt der Nachschub aber aus, zuckt der Körper nur mit den Schultern und schaltet um. Genau das ist die Magie des Fastens.

Dein Insulinspiegel bekommt endlich eine Pause
Jedes Mal, wenn du isst – egal ob Apfel oder Pizza – schüttet deine Bauchspeicheldrüse Insulin aus. Dieses Hormon ist wie ein Türsteher: Es schleust den Zucker aus dem Blut in die Zellen. Solange der Insulin-Türsteher aktiv ist, bleibt die Tür zur Fettverbrennung fest verschlossen. Logisch, der Körper hat ja schnelle Energie.
Bei OMAD isst du nur einmal. Das heißt, der Insulinspiegel ist für fast 23 Stunden im Keller. Das ist das unmissverständliche Signal für den Körper: „Okay, Chef, keine schnelle Energie da, wir gehen an die Reserven!“ Und zack, die Fettverbrennung springt an. Es geht also nicht nur um Kalorien, sondern um diese hormonelle Ruhepause.
Der Sprung in die Ketose: Super-Sprit fürs Gehirn
Nach etwa 12 bis 16 Stunden ohne Essen sind deine Zuckerspeicher (das sogenannte Glykogen) ziemlich leergefegt. Jetzt braucht der Körper einen neuen Treibstoff und fängt an, Fett in Ketonkörper umzuwandeln. Willkommen in der Ketose! Diese Ketone sind eine fantastische Energiequelle, besonders für dein Gehirn.

Viele berichten dann von einer Art mentaler Klarheit, einem „Nebel“, der sich lichtet. Das ist kein Hokuspokus. Das Gehirn liebt Ketone. Der Weg dahin kann aber etwas holprig sein, die berühmte „Keto-Grippe“ mit Kopfschmerz und Müdigkeit ist in den ersten Tagen normal. Dein Körper stellt halt seine komplette Energieversorgung auf den Kopf – das ist harte Arbeit.
Autophagie: Der Frühjahrsputz für deine Zellen
Und dann gibt es da noch diesen faszinierenden Prozess, die Autophagie. Klingt kompliziert, ist aber im Grunde die Müllabfuhr deiner Zellen. Die Zelle fängt an, alten, kaputten oder unnötigen Zellmüll zu recyceln. Das schafft Platz für Neues und hält die Bude sauber. Dieser Prozess startet so richtig nach 16-18 Stunden Fasten. OMAD ist also ein echter Autophagie-Booster. Einer der Gründe, warum Fasten weit mehr als nur Abnehmen sein kann.
So packst du es an, ohne dich zu quälen: Der Praxis-Leitfaden
Theorie ist schön und gut, aber wie fängt man an? Mein wichtigster Rat: Stürz dich nicht von null auf hundert ins kalte Wasser. Das ist ein Schock für Körper und Psyche. Mach es Schritt für Schritt.

Der sanfte Einstieg ist alles
Glaub mir, von drei Mahlzeiten plus Snacks direkt auf eine umzusteigen, schafft kaum jemand. Gib deinem Körper Zeit, sich anzupassen. So geht’s viel smarter:
- Woche 1: Fang mit 16:8 an. Der Klassiker. Du fastest 16 Stunden und isst in einem 8-Stunden-Fenster, zum Beispiel von 12 bis 20 Uhr. Einfach das Frühstück weglassen.
- Woche 2: Verkürze auf 18:6. Du engst das Essensfenster weiter ein, isst also nur noch zwischen 13 und 19 Uhr.
- Woche 3: Teste 20:4. Jetzt wird’s sportlich. Nur noch vier Stunden zum Essen. Das sind meist zwei kleinere Mahlzeiten.
- Woche 4: Erste OMAD-Testtage. Fühlen sich die 20 Stunden Fasten gut an? Dann bau mal einen oder zwei OMAD-Tage pro Woche ein. Erst wenn das locker klappt, denk über mehr nach.
Dieser Übergang lehrt deinen Körper, dass er nicht verhungert, sondern nur seine Energiequelle wechseln muss. Das killt den Heißhunger und die fiesen Energietiefs.

Die eine Mahlzeit: Hier zählt JEDER Bissen
Der größte Fehler? Zu denken, die eine Mahlzeit sei ein Freifahrtschein für Burger, Pommes und Eiscreme. Falsch! Weil dein Körper nur diese eine Chance bekommt, Nährstoffe zu tanken, muss diese Mahlzeit eine absolute Nährstoffbombe sein.
Viele fragen sich, ob man bei OMAD nur 1.000 Kalorien essen darf, um abzunehmen. Absolut nicht! Die Mahlzeit sollte idealerweise deinen Tagesbedarf decken oder nur leicht darunter liegen. Ein zu starkes Defizit über längere Zeit kann deinen Stoffwechsel ruinieren.
Eine ideale OMAD-Mahlzeit hat drei Helden:
- Proteine (Eiweiß): Dein wichtigster Freund. Sättigt ewig und schützt deine Muskeln. Ziel mal so 1,5 bis 2 Gramm pro Kilogramm deines Wunschgewichts an. Für eine 70-kg-Person sind das also 105 bis 140 Gramm.
- Gesunde Fette: Wichtig für Hormone und die Vitaminaufnahme. Denk an Avocado, Nüsse, gutes Olivenöl oder fetten Fisch wie Lachs.
- Komplexe Kohlenhydrate & Ballaststoffe: Ein riesiger Berg Gemüse in allen Farben ist Pflicht! Dazu eine kleine Portion Süßkartoffeln oder Quinoa, um die Speicher etwas zu füllen.
Ein ganz konkretes Beispiel, um auf ca. 120g Protein zu kommen: Kombiniere doch mal 250g Hähnchenbrust (ca. 55g Protein) mit 2 gekochten Eiern (ca. 12g Protein) und einer großen Portion Linsengemüse (ca. 15g Protein). Als Nachtisch gibt’s dann 250g Magerquark (ca. 30g Protein) mit ein paar Beeren. Das macht die Sache doch gleich viel greifbarer, oder?

Ach ja, für die Vegetarier und Veganer unter euch: Ihr müsst besonders auf euer Protein achten. Eine super Kombi ist zum Beispiel eine große Schüssel mit Linsen, Kichererbsen und Tofu, dazu Nüsse und Samen. Eine vegane Proteinquelle wie Erbsen- oder Sojaprotein in einem Shake kann hier auch Wunder wirken, um auf die nötige Menge zu kommen.
Trinken, trinken, trinken – aber richtig!
Während der Fastenzeit spült dein Körper mehr Wasser und Salze aus. Nur Wasser zu trinken, kann dann zu Kopfschmerzen und Krämpfen führen. Erlaubt sind Wasser, ungesüßter Tee und schwarzer Kaffee.
Kleiner Tipp aus der Praxis: Gib eine gute Prise Meersalz oder Himalayasalz (ca. 1/2 Teelöffel auf einen Liter Wasser) in deine Wasserflasche. Das füllt die Elektrolytspeicher auf und wirkt oft Wunder gegen das Nachmittagstief. Gegen Krämpfe kann auch ein Magnesium-Supplement (bekommst du für ein paar Euro in jeder Drogerie) am Abend helfen.
Für wen ist OMAD geeignet – und bei wem schrillen die Alarmglocken?
OMAD ist wie ein scharfes Skalpell: In der Hand eines Profis kann es Wunder wirken, in den falschen Händen aber gefährlich werden. Sei hier brutal ehrlich zu dir selbst.

Wer könnte davon profitieren?
- Erfahrene Faster, die schon mit 16:8 bestens klarkommen.
- Menschen auf einem Abnehm-Plateau, die für eine kurze Zeit einen neuen Reiz setzen wollen.
- Vielbeschäftigte, für die es einfacher ist, sich auf eine geplante Mahlzeit zu fokussieren, statt ständig ans Essen zu denken.
- Personen, die (unter ärztlicher Aufsicht!) ihre Insulinsensitivität verbessern möchten.
Achtung! Für diese Gruppen ist OMAD absolut tabu:
Und hier gibt es keine Diskussion. Wenn du zu einer dieser Gruppen gehörst, ist OMAD der falsche Weg für dich.
- Schwangere und Stillende: Euer Nährstoffbedarf ist immens und muss konstant gedeckt werden.
- Kinder und Jugendliche im Wachstum.
- Menschen mit Untergewicht oder einer (auch vergangenen!) Essstörung. Das rigide Muster kann ungesunde Verhaltensweisen triggern.
- Typ-1-Diabetiker: Das Risiko einer Unterzuckerung ist viel zu hoch.
- Leistungssportler oder Menschen mit extrem anstrengenden Jobs.
- Personen mit Vorerkrankungen (Nieren-, Leber-, Gallenprobleme, niedriger Blutdruck). Hier gilt: Erst den Arzt fragen!
Typische Hürden und wie du sie locker meisterst
Natürlich ist nicht immer alles eitel Sonnenschein. Aber für die typischen Probleme gibt es meist einfache Lösungen.

Der Hunger meldet sich? Meistens ist es nur Gewohnheit. Der Kopf schreit um 12 Uhr „Mittagessen!“, nicht der Magen. Ein großes Glas Wasser oder Tee hilft oft, diese Welle zu überstehen. Nach 20 Minuten ist der Spuk meist vorbei.
Soziale Anlässe – der Endgegner? Das ist wohl die größte Hürde. Aber du hast zwei Optionen: Sei flexibel und verschieb dein Essensfenster für die Familienfeier. Ein Tag Pause ruiniert nichts! Oder kommuniziere es einfach. Ich hatte mal einen Klienten, der beim Geschäftsessen saß und nur Wasser trank. Er sagte locker: „Mein Essens-Timing ist heute etwas anders, aber lasst es euch schmecken!“ Das hat den Druck komplett rausgenommen.
Sport im Fastenzustand? Leichtes Training wie Yoga oder ein Spaziergang am Vormittag ist super. Ein knallhartes Workout solltest du aber lieber kurz vor deine Mahlzeit legen, damit dein Körper die Nährstoffe direkt zur Regeneration nutzen kann. Wenn dir schwindelig wird, schaltest du sofort einen Gang zurück!

OMAD ist ein Werkzeug, keine Religion
Ich sehe OMAD nicht als eine Ernährungsform für die Ewigkeit. Für die meisten jedenfalls nicht. Es ist ein mächtiges Werkzeug, das man für eine bestimmte Zeit nutzen kann, um ein Ziel zu erreichen.
Der Ausstieg ist dabei genauso wichtig wie der Einstieg, um den gefürchteten Jo-Jo-Effekt zu vermeiden. Geh den Weg einfach rückwärts: von OMAD zu 20:4, dann zu 18:6, bis du bei einem nachhaltigen Modell wie einer ausgewogenen Low-Carb-Ernährung oder flexiblem 16:8 landest.
Und wir müssen ehrlich sein: Langzeitstudien zu OMAD am Menschen gibt es kaum. Wir wissen nicht sicher, was es über Jahre hinweg mit dem Hormonhaushalt oder der Knochendichte macht. Deshalb mein Rat: Nutze es als kurzfristige Intervention für ein paar Wochen, aber höre immer auf die Signale deines Körpers. Anhaltende Müdigkeit oder Haarausfall sind ernste Warnzeichen.
Mein Fazit nach all den Jahren
OMAD ist faszinierend und zeigt, wozu unser Körper fähig ist. Richtig gemacht, kann es beim Abnehmen helfen und die Zellgesundheit fördern.

Aber es ist auch eine extreme Belastung, die Disziplin und ein verdammt gutes Körpergefühl erfordert. Es ist nicht für jeden geeignet und kann bei falscher Anwendung sogar gefährlich sein.
Dein erster, einfacher Schritt? Probier doch morgen einfach mal, das Frühstück wegzulassen und erst mittags deine erste Mahlzeit zu essen. Nur um mal zu spüren, wie sich 16 Stunden Fasten anfühlen. Das ist der erste Schritt auf dem Weg. Ganz ohne Druck.
Wenn du OMAD wirklich testen willst, mach es langsam, bewusst und sprich im Zweifel vorher mit einem Arzt. Das Ziel ist immer deine langfristige Gesundheit, nicht der schnelle Erfolg auf der Waage. Pass auf dich auf!
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Und was ist mit den 23 Stunden Durststrecke? Nur Wasser?
Ganz und gar nicht – das ist einer der größten Anfängerfehler. Während dein Körper fastet, spült er vermehrt Wasser und damit wertvolle Mineralien aus. Kopfschmerzen und Müdigkeit sind oft keine Hunger-Symptome, sondern ein Schrei nach Elektrolyten. Ungesüßter Kräutertee und schwarzer Kaffee sind deine besten Freunde. Noch wichtiger: Eine Prise hochwertiges Salz (wie Himalaya- oder Meersalz) im Wasser oder ein gezieltes Elektrolytpulver kann den Unterschied zwischen Qual und mentaler Klarheit machen. Es geht nicht darum, durchzuhalten, sondern den Körper intelligent zu unterstützen.
Der Magen knurrt vielleicht, aber die größte Herausforderung bei OMAD ist oft nicht der Hunger, sondern der soziale Kalender.
Vom Geschäftsessen über den Familienbrunch bis zum spontanen Drink nach der Arbeit – unsere Kultur ist um gemeinsame Mahlzeiten herum aufgebaut. Wer nur ein einstündiges Essensfenster am Abend hat, muss lernen, bei unzähligen Gelegenheiten „Nein, danke“ zu sagen. Das erfordert nicht nur Disziplin, sondern auch eine gute Kommunikationsstrategie, um nicht als ungesellig abgestempelt zu werden. Ein Aspekt, den man vor dem Start ehrlich für sich selbst klären sollte.



