Nie wieder Eselsohren: So bastelst du Lesezeichen, die deine Bücher lieben werden
Wisst ihr, was mir als junger Lehrling in der Buchbinderei als Erstes eingetrichtert wurde? Respekt vor dem Buch. Ich erinnere mich noch genau, wie ich gedankenlos die Ecke einer Seite umknickte. Mein Meister sagte kein Wort. Er nahm das Buch, strich die Seite sanft glatt und legte ein schlichtes Stück Karton hinein. Dann sah er mich an und meinte nur: „Ein Buch hat eine Seele. Behandle es auch so.“
Inhaltsverzeichnis
- 1 Was du wirklich brauchst: Material & Werkzeug für den Start
- 2 Anleitung: Dein erstes Meisterstück in unter einer Stunde
- 3 Bereit für die nächste Stufe? Ein Lesezeichen aus Leder
- 4 Ein ehrliches Wort zu den „Spaß-Lesezeichen“
- 5 Typische Anfängerfehler (und wie du sie vermeidest)
- 6 Ein letzter Gedanke
- 7 Bildergalerie
Ganz ehrlich, dieser Satz hat sich bei mir eingebrannt. Für mich ist ein Lesezeichen deshalb kein modischer Schnickschnack, sondern ein Zeichen der Wertschätzung. Es markiert die Pause im Gespräch zwischen dir und der Geschichte, ohne dem Buch wehzutun. Die lustigen 3D-Lesezeichen mit dicken Figuren oder baumelnden Beinen haben ja ihren Charme, keine Frage. Aber in der Werkstatt sehe ich oft die Folgen: gedehnte Buchrücken und unschöne Druckstellen auf den Seiten. Ein gutes Lesezeichen ist flach, stabil und aus dem richtigen Material. Punkt.

In diesem Beitrag zeige ich dir nicht nur, wie du selbst professionelle Lesezeichen herstellen kannst, die wirklich was hermachen. Ich verrate dir auch die kleinen Geheimnisse aus der Werkstatt – das Wissen aus Jahrzehnten Arbeit mit Papier, Leim und Leder. Los geht’s!
Was du wirklich brauchst: Material & Werkzeug für den Start
Bevor wir loslegen, lass uns kurz über die Ausrüstung sprechen. Keine Sorge, du musst nicht gleich eine ganze Werkstatt einrichten. Aber mit den richtigen Grundlagen wird dein Ergebnis um Welten besser.
Die Einkaufsliste für Anfänger (und was der Spaß kostet)
Viele fragen sich, ob das ein teures Hobby ist. Überhaupt nicht! Hier ist eine kleine Übersicht, was du für den Anfang brauchst. Das meiste findest du im Künstler- oder Bastelbedarf (wie Boesner oder Gerstaecker) oder natürlich online.
- Guter Karton: Ein Block Tonkarton (so um die 220-300 g/m²) ist perfekt. Achte darauf, dass er „durchgefärbt“ ist, sonst hast du unschöne weiße Schnittkanten. Kostenpunkt: ca. 5-8 Euro.
- Der richtige Leim: Greif zu „Buchbinderleim“ (PVA-Leim). Er trocknet flexibel und transparent. Eine kleine Flasche kostet etwa 6-9 Euro und reicht ewig.
- Ein scharfes Messer: Vergiss die Schere! Ein Cuttermesser mit frischen Klingen ist Pflicht für saubere Kanten. Rechne mit 5-10 Euro.
- Lineal & Matte: Ein kleines Stahllineal (ca. 5-10 Euro) und eine Schneidematte (ca. 5-12 Euro) schützen deine Finger und deinen Tisch.
Insgesamt liegst du also bei einer Erstinvestition von etwa 25 bis 50 Euro. Damit bist du aber für Dutzende Lesezeichen und viele andere Papierprojekte bestens ausgestattet.

Das Geheimnis steckt im Papier: Laufrichtung & Co.
Für ein stabiles Lesezeichen brauchst du Papier, das etwas mehr kann als normales Druckerpapier. Alles zwischen 160 g/m² und 300 g/m² ist ideal. Aquarellpapier hat zum Beispiel eine tolle, griffige Struktur.
Kleiner Profi-Trick: Jedes Papier hat eine „Laufrichtung“. Die Papierfasern sind in eine Richtung ausgerichtet. Ein Lesezeichen, das parallel zu dieser Richtung geschnitten wird, ist viel steifer und stabiler. Wie du die findest? Mach den Biegetest! Biege ein Blatt Papier vorsichtig einmal quer und einmal längs. In eine Richtung geht es leichter – das ist gegen die Laufrichtung. In die andere spürst du mehr Widerstand. Schneide dein Lesezeichen immer so, dass die lange Seite mit diesem Widerstand, also parallel zur Laufrichtung, verläuft.
Das richtige Werkzeug für den Feinschliff
Neben Messer und Lineal gibt es ein Werkzeug, das in keiner Buchbinderei fehlt: das Falzbein. Das ist ein abgerundetes Werkzeug aus Knochen oder Teflon, mit dem man Falze zieht und geklebte Flächen glatt streicht. Es vertreibt jede Luftblase und sorgt für eine bombenfeste Verbindung.

Kein Falzbein zur Hand? Pssst, nicht meinem alten Meister verraten, aber für den Anfang tut es auch der glatte Griff eines Esslöffels oder der Rand eines stabilen Plastiklineals, um die Luftblasen herauszustreichen.
Anleitung: Dein erstes Meisterstück in unter einer Stunde
So, genug Theorie! Jetzt wird gebastelt. Wir fertigen ein „kaschiertes“ Lesezeichen, bei dem wir zwei Lagen Papier miteinander verleimen. Das ist die klassische Methode für Stabilität und eine tolle Optik.
Rechne für dein erstes Lesezeichen mit etwa 30-45 Minuten aktiver Bastelzeit. Die Trockenzeit über Nacht kommt natürlich noch dazu.
Schritt 1: Material vorbereiten
Schnapp dir zwei Bögen schönes Papier oder Karton. Das können gleiche oder unterschiedliche sein. Ein typisches Lesezeichen ist 5 x 15 cm groß. Schneide deine Papiere deshalb erstmal größer zu, sagen wir 6 x 16 cm. (Denk an die Laufrichtung!)
Tipp: Du willst ein Foto oder ein dünnes Motivpapier (80-120 g/m²) verwenden? Kein Problem! Nutze es als eine der beiden Lagen und klebe es auf einen stabileren Trägerkarton (ca. 220-300 g/m²).

Schritt 2: Das Kaschieren (Verleimen)
Gib einen kleinen Klecks Buchbinderleim auf eines der Papiere und verteile ihn mit einem Pinsel hauchdünn und gleichmäßig. Weniger ist hier definitiv mehr! Leg das zweite Papier passgenau darauf. Nimm nun dein Falzbein (oder den Löffelstiel) und streiche fest von der Mitte nach außen alle Luftblasen heraus.
Schritt 3: Das Pressen (der wichtigste Schritt!)
Dieser Schritt ist nicht optional, wenn du ein perfekt flaches Ergebnis willst. Leg dein geklebtes Werkstück zwischen zwei Lagen Backpapier (damit nichts festklebt) und dann unter einen schweren Stapel Bücher. Lass es mindestens 4-6 Stunden, am besten über Nacht, in Ruhe trocknen.
Schritt 4: Der finale Schnitt
Am nächsten Tag hast du ein bretthartes, flaches Stück Material. Jetzt misst du dein Endformat (z.B. 5 x 15 cm) aus und schneidest es mit dem scharfen Messer und dem Stahllineal sauber zu. Das Ergebnis: Perfekt glatte Kanten!
Schritt 5: Veredelung (optional)
Du kannst mit einer Lochzange oben ein Loch anbringen und ein schönes Band durchziehen. Richtig professionell wird’s mit einer kleinen Metallöse, die das Loch vor dem Ausreißen schützt. Dafür gibt es günstige Ösenzangen im Bastelbedarf.

Bereit für die nächste Stufe? Ein Lesezeichen aus Leder
Wenn du dich mit Papier sicher fühlst, ist Leder der nächste logische Schritt. Ein Lesezeichen aus dünnem Leder (ca. 1-1,5 mm) fühlt sich fantastisch an und hält ein Leben lang. Mit der Zeit bekommt es eine wunderschöne Patina – ein echtes Gedächtnis seiner Benutzung.
Das Geheimnis bei Leder liegt in der Kantenbearbeitung. Die rauen Schnittkanten werden mit einem speziellen Werkzeug oder feinem Schleifpapier geglättet und poliert, bis sie dunkel und versiegelt sind. Ein bisschen Lederfett oder Bienenwachs als Finish, und du hast ein echtes Erbstück in der Hand.
Ein ehrliches Wort zu den „Spaß-Lesezeichen“
Okay, kommen wir zu den Lesezeichen, die aussehen wie Tierpfoten oder lustige Figuren. Ich verstehe den Reiz, wirklich! Aber bei einem schönen, gebundenen Buch solltest du vorsichtig sein. Jeder feste Gegenstand, der dicker als ein paar Blatt Papier ist, übt enormen Druck auf den Buchrücken aus. Das kann die Bindung auf Dauer schwächen oder sogar brechen.

Aber es gibt eine elegante Lösung! Bastle dir ein wunderschönes, flaches Lesezeichen nach meiner Anleitung. An das obere Ende, das aus dem Buch herausschaut, kannst du dann eine kleine, federleichte Figur oder eine Perle an einer dünnen Seidenkordel befestigen. Stell es dir vor: ein schlichtes, edles Lesezeichen im Buch, und nur oben tanzt ein kleiner, kreativer Akzent. Perfekt, oder?
Typische Anfängerfehler (und wie du sie vermeidest)
- Dein Papier wellt sich? Du hast zu viel Leim genommen. Denk dran: hauchdünn auftragen und sofort pressen!
- Die Kanten sind fransig? Deine Klinge ist stumpf. Eine Cutter-Klinge ist ein Verbrauchsartikel. Gönn dir eine neue.
- Du hast Luftblasen? Nicht fest genug oder nicht von der Mitte nach außen gestrichen. Nimm dir Zeit beim Rausstreichen der Luft.
Übrigens: Ein sauberer Arbeitsplatz ist die halbe Miete. Nichts ist ärgerlicher als ein Leimfleck auf deinem fast fertigen Meisterwerk.
Achtung! Ein scharfes Messer verlangt Respekt. Schneide immer vom Körper weg und halte das Lineal fest, aber mit den Fingern in sicherem Abstand zur Klinge.

Ein letzter Gedanke
Ein selbstgemachtes Lesezeichen ist mehr als nur ein Stück Pappe. Es ist eine kleine Übung in Sorgfalt und Präzision. Jedes Mal, wenn du es in die Hand nimmst, siehst du ein Stück deiner eigenen Zeit und Kreativität. Es ist ein kleines Nicken der Anerkennung an das Buch in deinen Händen. Und ganz ehrlich? Dieses Gefühl kann man nicht kaufen.
Bildergalerie


Karton (220-300 g/m²): Der verlässliche Allrounder. Ideal für Anfänger, leicht zu schneiden und in unzähligen Farben bei Anbietern wie Boesner oder Modulor erhältlich. Perfekt für bedruckte oder bemalte Designs.
Dünne Lederreste: Die edle, langlebige Alternative. Fühlen sich fantastisch an und entwickeln mit der Zeit eine wunderschöne Patina. Ein Stück vegetabil gegerbtes Leder (ca. 1 mm dick) verleiht deinem Lesezeichen eine unvergleichliche Wertigkeit.
Für den Einstieg ist Karton super, aber wer ein wirklich besonderes Geschenk sucht, sollte den Griff zu Leder wagen.

Eine Umfrage des Portals „Goodreads“ zeigte einst, dass die Community tief gespalten ist: Ein großer Teil der Leser nutzt alles Greifbare als Lesezeichen – von der alten Fahrkarte bis zum Kassenzettel.
Das beweist, dass ein schönes, stabiles Lesezeichen nicht nur ein hübsches Accessoire ist, sondern auch eine bewusste Entscheidung für die Wertschätzung des Buches darstellt.

Wer sagt, dass ein Lesezeichen immer ein einfacher Streifen sein muss? Hier sind ein paar kreative Formen, die trotzdem flach und buchschonend bleiben:
- Eck-Lesezeichen: Ein kleines Quadrat, das diagonal gefaltet wird, um über die Ecke der Seite geschoben zu werden. Ideal für Origami-Papier.
- Magnetische Lesezeichen: Zwei kleine Kartonstücke, die mit dünnen Magnetfolien (z.B. von MAQNA) versehen und zusammengefaltet werden. Sie klammern sich sicher an die Seite.
- Kontur-Schnitt: Schneide die obere Kante deines Lesezeichens entlang einer Silhouette aus – etwa einer Katzen- oder Bergform.

Wie füge ich eine Quaste oder ein Band hinzu, ohne dass es aufträgt?
Der Trick liegt im Detail. Stanze mit einer Lochzange (2 mm Durchmesser ist ideal) ein sauberes Loch, etwa 1 cm vom oberen Rand entfernt. Anstatt eines dicken Wollfadens, verwende dünnen, gewachsten Leinenzwirn, wie ihn Buchbinder nutzen. Fädle ihn durch das Loch, befestige eine flache Seidenquaste oder ein feines Samtband und verknote es eng. So bleibt der Schmuck elegant und drückt sich nicht durch die Seiten.

Für die Ewigkeit gemacht: Dein selbstgebasteltes Lesezeichen aus Karton soll lange schön bleiben? Schütze es vor Abnutzung und Kaffeeflecken! Eine hauchdünne Schicht transparenter, matter Sprühlack (z.B. „Montana GOLD UV-Schutz“) versiegelt die Oberfläche, ohne aufzutragen. Alternativ kannst du es auch mit ein wenig Bienenwachs einreiben und mit einem weichen Tuch polieren – das verleiht ihm einen seidenmatten Glanz und eine angenehme Haptik.

Verwandle dein Lesezeichen in ein persönliches Statement mit einem „Ex Libris“-Stempel. Diese alte Tradition („aus den Büchern von…“) markierte einst den Besitzer eines Buches. Ein kleiner Stempel mit deinen Initialen oder einem persönlichen Symbol auf der Rückseite des Lesezeichens macht es unverwechselbar. Es wird so zu einem perfekten, durchdachten Geschenk für befreundete Bücherwürmer. Maßgefertigte Stempel findet man online bei spezialisierten Anbietern.

Die Angabe „g/m²“ steht für Gramm pro Quadratmeter und ist das A und O bei der Papierwahl.
Ein Standard-Druckerpapier hat ca. 80 g/m² – viel zu schlaff für ein Lesezeichen. Der im Artikel empfohlene Bereich von 220-300 g/m² ist der „Sweet Spot“: Der Karton ist steif genug, um nicht zu knicken, wenn man ihn zwischen die Seiten schiebt, aber noch dünn genug, um den Buchrücken nicht zu belasten. Alles über 350 g/m² wird schon kritisch und ist eher für Postkarten geeignet.
- Findet einzigartige Muster und Motive, die es nirgends zu kaufen gibt.
- Ist eine absolut kostenlose und nachhaltige Bastel-Option.
- Verleiht alten Erinnerungen ein zweites Leben.
Das Geheimnis? Kreatives Upcycling! Statt neuen Karton zu kaufen, nutze doch mal das, was du schon hast: die stabilen Cover alter Magazine, schöne Grußkarten, alte Kalenderblätter mit tollen Fotos oder sogar die gemusterten Innenseiten von Briefumschlägen. Ein Schatz an Materialien wartet direkt vor deiner Nase.




