Karottenöl selber machen: Der ehrliche Guide, der Mythen aufräumt
Hey, schön, dass du da bist! Lass uns mal Tacheles reden. Überall liest man von Karottenöl als dem neuen Wundermittel für strahlende Haut und glänzende Haare. Aber ganz ehrlich? Die meiste Zeit werden da zwei völlig verschiedene Dinge in einen Topf geworfen, was für eine riesige Verwirrung sorgt.
Inhaltsverzeichnis
Ich stehe seit Jahren in meiner Werkstatt und arbeite mit natürlichen Materialien. Und eines habe ich gelernt: Gutes Handwerk braucht ehrliches Wissen. Deshalb räumen wir heute mal auf. Wir schauen uns ganz genau an, was der Unterschied zwischen dem selbstgemachten Karotten-Ölauszug (dem Mazerat) und dem hochkonzentrierten Karottensamenöl ist. Ich zeig dir, wie du ein richtig gutes Mazerat nach alter Schule herstellst – ohne Schnickschnack und falsche Versprechungen.
Kleiner Trick für Ungeduldige: Noch keine Zeit, dein eigenes Öl anzusetzen? Mische einfach einen Teelöffel frisch gepressten Bio-Karottensaft in eine kleine Portion deiner Lieblings-Bodylotion. Das gibt dir einen Vorgeschmack auf den tollen, frischen Teint! Aber Achtung: Das musst du sofort verbrauchen, es hält sich nicht.

Was ist da eigentlich in der Flasche? Mazerat vs. ätherisches Öl
Bevor wir loslegen, müssen wir kurz die Basics klären. Wer sein Material nicht kennt, kann nicht gut damit arbeiten. Und die Verwechslung dieser beiden Öle ist der häufigste Fehler, den ich sehe.
1. Das Karottenmazerat – Dein DIY-Projekt
Das hier ist das Öl, das wir heute selber machen. Stell es dir wie einen Tee vor, nur dass wir statt Wasser ein fettes Pflanzenöl benutzen, um die Wirkstoffe aus der Pflanze zu ziehen. Wir legen also geraspelte Karotten in Öl ein, und das Öl löst langsam die fettlöslichen Stoffe heraus. Der Star dabei ist das Beta-Carotin. Das ist die Vorstufe von Vitamin A und gibt dem Öl seine fantastische orange Farbe.
Wichtig zu verstehen: Du schmierst dir hier kein pures Vitamin A auf die Haut. Du gibst deiner Haut den Baustein dafür und eine Menge Antioxidantien. Das Ergebnis ist ein sanfter Schutz und dieser gesunde, leicht gebräunte Schimmer.

2. Das ätherische Karottensamenöl – Ein Fall für die Profis
Dieses Öl ist eine komplett andere Hausnummer. Es wird durch Wasserdampfdestillation aus den Samen der Wilden Möhre gewonnen. Das ist ein hochkomplexer Prozess, nichts für die heimische Küche. Das Ergebnis ist ein hochkonzentriertes ätherisches Öl mit einem intensiven, erdigen Duft.
Es enthält kein Beta-Carotin (ist also auch nicht orange!) und seine Stärke liegt in Inhaltsstoffen wie Carotol, die stark regenerierend wirken, besonders bei reifer Haut. Aber Achtung: Dieses Öl darfst du niemals pur verwenden! Es muss immer stark verdünnt werden (maximal 1 Tropfen auf 10 ml Trägeröl), sonst riskierst du üble Hautreizungen.
An die Arbeit: So stellst du dein eigenes Karottenmazerat her
So, genug der Theorie! Ein gutes Mazerat herzustellen ist ein kleines Handwerk, das vor allem Sorgfalt und Geduld erfordert. Ich zeige dir zwei bewährte Methoden: den langsamen Kaltauszug für maximale Qualität und den schnelleren Warmauszug, wenn’s mal eilen muss.

Die Zutaten: Das A und O für die Qualität
Hier zu sparen, ist wirklich die falscheste Entscheidung. Die Qualität deines Öls steht und fällt mit den Ausgangsstoffen.
Die Karotten:
Nimm unbedingt Bio-Karotten. Viele Pestizide sind fettlöslich und würden sich sonst in deinem schönen Öl anreichern – das will niemand auf der Haut haben. Achte auf feste, frische Karotten mit einer kräftigen Farbe. Je satter das Orange, desto mehr Beta-Carotin.
Mein wichtigster Tipp: Trockne die Karotten, bevor du sie ins Öl gibst! Wasser ist der Feind Nummer eins bei jedem Ölauszug. Es führt unweigerlich zu Schimmel und macht dein Öl ranzig. Also: Karotten waschen, schälen, fein raspeln und die Raspel auf einem Backblech ausbreiten. Dann bei ca. 50 °C bei leicht geöffneter Ofentür trocknen, bis sie sich wie trockenes Herbstlaub anfühlen. Das dauert ein paar Stunden, aber dieser Schritt ist deine Haltbarkeits-Garantie. Wer einen Dörrautomaten hat – perfekt! Das geht natürlich auch.

Das Trägeröl – Welches ist das richtige für dich?
Die Wahl des Öls entscheidet über das Hautgefühl und die Eigenschaften deines Mazerats. Kauf immer kaltgepresste Bio-Qualität. Du findest sie im Bioladen, Reformhaus oder in guten Online-Shops für Kosmetik-Rohstoffe (ich habe gute Erfahrungen mit Anbietern wie Dragonspice oder Behawe gemacht).
- Jojobaöl: Mein persönlicher Favorit fürs Gesicht. Es ist eigentlich ein flüssiges Wachs, zieht super ein, ohne einen Fettfilm zu hinterlassen und wird quasi nicht ranzig. Ideal für fast alle Hauttypen. Preislich liegst du hier bei etwa 8 bis 15 € für 100 ml, es ist aber sehr ergiebig.
- Mandelöl: Der sanfte Klassiker, perfekt für empfindliche und trockene Haut. Fühlt sich reichhaltiger an als Jojobaöl und ist etwas günstiger, meist so um die 5 bis 10 € pro 100 ml. Wird aber etwas schneller ranzig.
- Olivenöl: Ein robustes, wirkstoffreiches Öl, das sich aber schwerer auf der Haut anfühlt und einen starken Eigengeruch hat. Ich nutze es lieber für Körperöle. Wenn, dann nur ein hochwertiges, natives Bio-Öl verwenden.
- Sonnenblumenöl: Eine gute, preiswerte Option (ca. 3-6 € pro 500 ml im Bio-Regal), aber achte darauf, die „high oleic“-Variante zu erwischen. Die ist hitzestabiler und länger haltbar als das normale Bratöl.

Methode 1: Der Kaltauszug (für die Geduldigen)
Das ist die schonendste Methode und mein Favorit, wenn ich die beste Qualität will.
Was du brauchst:
- Ein absolut sauberes, trockenes Schraubglas (Hygiene ist alles!)
- Getrocknete Bio-Karottenraspeln (als Faustregel: für ein 500-ml-Glas brauchst du ca. 3-4 mittelgroße Karotten)
- Dein ausgewähltes Trägeröl
So geht’s:
- Fülle das Glas etwa zur Hälfte locker mit den getrockneten Karottenraspeln.
- Gieß das Öl langsam darüber, bis alle Raspeln gut bedeckt sind. Wichtig: Es sollten mindestens zwei Fingerbreit Öl über den Karotten stehen, um Schimmel vorzubeugen.
- Glas fest verschließen, kräftig schütteln und mit Inhalt und Datum beschriften. Eine alte Handwerker-Regel: Ohne Beschriftung herrscht Chaos.
- Stell das Glas für 3 bis 4 Wochen an einen warmen Ort, zum Beispiel eine Fensterbank ohne direkte Mittagssonne.
- Jetzt kommt der wichtigste Teil: Jeden Tag einmal kräftig schütteln! Das ist wie Umrühren beim Kochen – es löst die Wirkstoffe und verhindert, dass sich etwas absetzt.

Methode 2: Der Warmauszug (für die Eiligen)
Wenn du nicht wochenlang warten willst, beschleunigt Wärme den Prozess.
Was du brauchst:
- Die gleichen Zutaten wie oben
- Einen kleinen Topf und ein Küchenthermometer (absolut empfehlenswert!)
So geht’s:
- Bereite das Glas mit Karotten und Öl genauso vor, aber schließe den Deckel nur lose.
- Stell das Glas in einen Topf mit Wasser (Wasserbad), sodass es zu zwei Dritteln im Wasser steht.
- Erhitze das Wasser langsam. Die Öltemperatur im Glas darf niemals 60 °C überschreiten! Zu viel Hitze zerstört die wertvollen Inhaltsstoffe. Kontrolliere das mit dem Thermometer.
- Lass das Ganze für 2-3 Stunden bei dieser Temperatur ziehen. Danach vom Herd nehmen, abkühlen lassen, fest verschließen und noch einen Tag ruhen lassen.
Abseihen & Lagern: Der letzte Schliff
Egal welche Methode du gewählt hast, das Filtern ist entscheidend für die Haltbarkeit.
Du brauchst:
- Eine Schüssel, ein feines Sieb und ein sauberes Baumwolltuch (oder Passiertuch)
- Dunkle Glasflaschen (Braunglas schützt vor Licht) zur Aufbewahrung. Gibt’s für wenige Euro in der Apotheke oder online.

So wird’s gemacht:
- Gieß den gesamten Inhalt deines Glases durch das Tuch im Sieb.
- Wringe die Karottenreste im Tuch kräftig aus – da steckt noch richtig viel gutes Öl drin!
- Fülle das Öl in deine dunklen Flaschen ab.
- Profi-Tipp für die Haltbarkeit: Gib 1-2 Tropfen Vitamin E (Tocopherol) pro 100 ml Öl hinzu. Das wirkt als natürlicher Konservierer und verlängert die Haltbarkeit um Monate. Eine kleine Flasche Tocopherol kostet um die 5-7 Euro und reicht ewig.
- Kühl und dunkel gelagert hält sich dein Öl je nach Basisöl 6 bis 12 Monate.
Was tun, wenn’s schiefgeht? Typische Fehler vermeiden
Jeder Handwerker macht mal Fehler. Wichtig ist, daraus zu lernen. Hier die zwei häufigsten Pannen:
Problem 1: Mein Öl schimmelt!
Wenn du weiße oder schwarze Flecken siehst, heißt es leider: Ab in den Müll, da ist nichts mehr zu retten. Der Grund ist fast immer Restfeuchtigkeit. Die Karotten waren nicht zu 100 % trocken. Ganz ehrlich, mein erster Versuch ist mir auch verschimmelt. Ich war zu ungeduldig… Lektion gelernt: Nimm dir Zeit fürs Trocknen!

Problem 2: Mein Öl riecht komisch oder ranzig.
Das passiert, wenn das Trägeröl von Anfang an nicht mehr gut war oder wenn es zu warm und hell gelagert wurde. Rieche immer an deinem Öl, bevor du es benutzt. Deine Nase ist der beste Qualitätsprüfer. Wenn es muffig oder wie alte Frittenfett riecht – weg damit.
Wie du dein selbstgemachtes Öl jetzt anwendest
Okay, du hast eine Flasche leuchtend orangefarbenes Gold in der Hand. Und jetzt? Hier sind die ehrlichen Anwendungsgebiete, ohne überzogene Werbeversprechen.
Für die Haut: Als Schutz und für einen gesunden Teint
Das Beta-Carotin ist ein super Antioxidans und hilft der Haut, sich gegen Umwelteinflüsse zu wehren. Aber – und das kann ich nicht oft genug sagen – es ist KEIN Sonnenschutzmittel! Diese Falschinformation ist brandgefährlich. Verlass dich bitte immer auf einen geprüften Sonnenschutz.
Wo das Öl aber glänzt, ist als After-Sun-Pflege. Nach dem Sonnenbad beruhigt es die Haut und unterstützt die Regeneration. Außerdem verleiht es der Haut einen leichten, gesunden Schimmer. Ich mische einfach ein paar Tropfen in meine Bodylotion, besonders im Winter gegen fahle Haut.

Für die Haare: Glanz für trockene Spitzen
Bei trockenem, strohigem Haar kann das Öl Wunder wirken. Es repariert zwar keinen Spliss (was kaputt ist, ist kaputt), aber es legt sich wie ein schützender Film um die Haarspitzen und lässt sie wieder geschmeidiger aussehen.
Achtung, Blondies und Silberfüchse! Seid hier bitte vorsichtig. Bei sehr hellem oder grauem Haar kann das Öl bei regelmäßiger Anwendung einen leichten Gelb- oder Orangestich hinterlassen. Teste es lieber erst an einer unauffälligen Strähne.
Fazit: Gutes Handwerk statt leerer Versprechen
Du siehst, das Karottenmazerat ist kein magisches Wundermittel, sondern ein ehrliches, wertvolles Pflegeprodukt, das aus Sorgfalt und guten Zutaten entsteht. Es ist ein Stück Natur, das du mit deinen eigenen Händen geschaffen hast.
Ich hoffe, diese Anleitung hat dir nicht nur die nötigen Schritte, sondern auch das Verständnis dahinter gegeben. Arbeite sauber, sei geduldig und vertrau auf deine Sinne. Dann wirst du am Ende ein Produkt in den Händen halten, auf das du wirklich stolz sein kannst. Und das ist doch das Beste am Selbermachen, oder?

Bildergalerie


Welches Öl für mein Mazerat? Mandelöl vs. Olivenöl
Mandelöl: Der Allrounder. Es ist fast geruchlos, zieht schnell ein und hinterlässt ein seidiges Gefühl. Ideal, wenn du den reinen, erdigen Duft der Karotte einfangen möchtest. Perfekt für die tägliche Gesichtspflege und für normale bis empfindliche Haut.
Olivenöl (nativ extra): Die gehaltvolle Option. Sein intensiver Eigengeruch mischt sich mit dem Karottenaroma. Es ist reich an Nährstoffen und ideal für sehr trockene Körperhaut, besonders im Winter. Für das Gesicht kann es manchen Hauttypen zu schwer sein.
Unsere Empfehlung: Beginne mit einem hochwertigen Bio-Mandelöl für ein vielseitiges Ergebnis.

Wusstest du, dass die orange Farbe der Karotten erst im 17. Jahrhundert in den Niederlanden zu Ehren des Hauses Oranien gezüchtet wurde? Davor waren sie meist lila, weiß oder gelb.
Diese intensive Farbe, die wir heute lieben, ist ein sichtbares Zeichen für den hohen Gehalt an Beta-Carotin. Genau diesen Farbstoff lösen wir in unserem Öl heraus. Du arbeitest also mit einer Zutat, die nicht nur eine lange Geschichte hat, sondern deren wichtigster Wirkstoff direkt ins Auge sticht. Ein echtes Stück Kulturgut in deiner Flasche!

Hilfe, mein Öl wird ranzig oder schimmelt! Was läuft falsch?
Das Problem ist fast immer Wasser. Frische Karotten enthalten einen hohen Wasseranteil, der ein Nährboden für Keime ist. Der Profi-Trick, um dein Mazerat haltbarer zu machen: Verwende getrocknete Karottenraspeln! Du kannst sie entweder fertig kaufen oder frische Karotten sehr fein raspeln und bei 50°C im leicht geöffneten Backofen trocknen, bis sie komplett trocken sind. So extrahierst du nur die reinen, fettlöslichen Wirkstoffe und dein Öl hält sich an einem kühlen, dunklen Ort monatelang.

Dein Karottenmazerat ist mehr als nur ein Pflegeöl. Es ist die perfekte Basis für luxuriöse DIY-Projekte. Wie wäre es mit einem aufgeschlagenen „Golden Glow“ Körperbalsam? Er schmilzt auf der Haut und pflegt intensiv.
- 70g Bio-Sheabutter (z.B. von Primavera) im Wasserbad sanft schmelzen.
- Vom Herd nehmen und 30g deines selbstgemachten Karottenöls einrühren.
- Die Mischung im Kühlschrank fest werden lassen (ca. 1 Stunde).
- Mit einem Handmixer aufschlagen, bis eine luftige, cremige Konsistenz entsteht.
Das Ergebnis? Eine reichhaltige Mousse, die deiner Haut einen zarten Schimmer und eine Extraportion Pflege schenkt.
Der letzte Schliff: Wenn du deinem Öl eine zusätzliche antioxidative und konservierende Wirkung verleihen möchtest, füge dem fertigen, abgekühlten Mazerat pro 100 ml Öl einfach 5-10 Tropfen Vitamin-E-Öl (Tocopherol) hinzu. Es schützt nicht nur die wertvollen Fettsäuren im Öl vor dem Ranzigwerden, sondern gibt deiner Haut auch einen zusätzlichen Schutz vor freien Radikalen.




