Besenreiser? Was wirklich hilft (und was du dir getrost sparen kannst)
Ich arbeite schon ewig als Therapeut und fast täglich höre ich den gleichen Satz: „Meine Beine sind abends so schwer und müde.“ Oft zeigen mir die Leute dann diese feinen, bläulich-roten Äderchen an den Waden oder Oberschenkeln. Genau, das sind Besenreiser. Viele sind total verunsichert und googeln dann nach schnellen Lösungen – und stoßen auf Tipps wie Koriandersamen in Wasser einlegen. Ganz ehrlich? Ich verstehe den Wunsch nach einer einfachen, natürlichen Hilfe total. Aber aus meiner täglichen Praxis weiß ich auch: So einfach ist es leider nicht.
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Ein paar Samen im Wasserglas werden deine Besenreiser nicht wegzaubern. Das ist ein Mythos, den wir gleich mal beiseiteschieben können. Was wir aber tun können, ist so viel mehr wert: die Ursachen verstehen und mit Methoden gegensteuern, die wirklich etwas bringen. Es geht darum, deine Beine zu entlasten, die Venen zu stärken und zu verhindern, dass es schlimmer wird. In diesem Guide teile ich mein Wissen aus der Praxis – was wir Profis anwenden und was du selbst sicher zu Hause umsetzen kannst.

Erstmal verstehen: Woher kommen diese Äderchen überhaupt?
Stell dir dein Venensystem mal wie ein Einbahnstraßen-Netz vor, das Blut zurück zum Herzen transportiert. In den Beinen muss das Blut dabei gegen die Schwerkraft ankämpfen. Dafür gibt es geniale kleine Helfer: die Venenklappen. Sie funktionieren wie Rückschlagventile und verhindern, dass das Blut wieder nach unten sackt.
Das Problem ist oft eine angeborene Bindegewebsschwäche. Sie macht die Venenwände und eben auch diese Klappen etwas schlapper. Wenn die Klappen nicht mehr richtig schließen, staut sich das Blut in den oberflächlichen, kleinen Venen. Der Druck steigt, die Gefäße weiten sich und werden als feine Linien unter der Haut sichtbar. Das sind Besenreiser – im Grunde die kleinste Form von Krampfadern.
Einige Dinge im Alltag erhöhen den Druck auf die Venen zusätzlich:
- Langes Stehen oder Sitzen: Hierbei wird die Wadenmuskelpumpe, unser „zweites Herz“ im Bein, kaum aktiviert. Das Blut versackt also leichter.
- Übergewicht: Jedes Kilo zu viel ist eine extra Last für dein Venensystem und erschwert den Blutrückfluss.
- Hormonelle Einflüsse: Eine Schwangerschaft oder auch die Einnahme bestimmter Hormonpräparate können das Bindegewebe weicher und nachgiebiger machen.
Meistens sind Besenreiser nur ein kosmetisches Thema. Sie können aber auch das erste, leise Anzeichen für eine tiefere Venenschwäche sein. Deshalb lohnt es sich, sie ernst zu nehmen.

Was Profis tun: Diese Methoden wirken wirklich
In meiner Ausbildung und den Jahren danach habe ich gelernt, dass eine Kombination aus verschiedenen Ansätzen am besten funktioniert. Wir können die Venen von außen unterstützen und die Zirkulation gezielt anregen.
1. Kompression: Das absolute Fundament für fitte Venen
Viele zucken bei dem Wort „Kompressionsstrümpfe“ zusammen und denken an dicke, hautfarbene Gummistrümpfe von Oma. Vergiss das! Moderne Kompressionsstrümpfe sehen oft aus wie normale, schicke Strümpfe oder Strumpfhosen und sind aus atmungsaktiven Materialien gefertigt. Ich erinnere mich an einen Postboten, der dachte, die Dinger wären nur was für alte Leute. Nach zwei Wochen hat er mir erzählt, dass er abends zum ersten Mal seit Jahren keine „Blei-Beine“ mehr hat.
Der Strumpf übt einen gezielten Druck aus, der von der Fessel nach oben hin abnimmt. Das drückt die erweiterten Venen sanft zusammen, sodass die Klappen wieder besser schließen können, und unterstützt die Muskelpumpe bei jeder Bewegung. Das Ergebnis spürst du sofort.

Achtung: Kauf diese Strümpfe nicht einfach irgendwo online. Sie müssen exakt passen! In einem Sanitätshaus werden deine Beine professionell vermessen, um den richtigen Druck zu gewährleisten. Bei leichten Beschwerden reicht oft die Kompressionsklasse 1. Ein Venenfacharzt (Phlebologe) kann dir ein Rezept ausstellen, dann übernimmt die Krankenkasse einen Großteil der Kosten. Ohne Rezept musst du je nach Qualität und Modell mit 50 € bis 90 € pro Paar rechnen.
Kleiner Tipp vom Profi: Wenn der Strumpf am Anfang rutscht oder zwickt, gib nicht gleich auf! Oft muss er nur ein, zwei Mal gewaschen werden, um sich perfekt anzupassen. Falls nicht, geh nochmal ins Sanitätshaus und lass die Passform checken.
2. Manuelle Lymphdrainage: Sanfte Erleichterung
Wenn sich Flüssigkeit im Gewebe staut, fühlen sich die Beine schwer und geschwollen an. Hier ist die manuelle Lymphdrainage (MLD) eine Wohltat. Das ist eine ganz sanfte Massagetechnik mit speziellen, pumpenden Griffen, die den Abfluss der Lymphe anregt. Das entlastet nicht nur, sondern ist auch super entspannend. Wichtig: Das gehört in die Hände von ausgebildeten Therapeuten, eine normale Massage kann bei Venenproblemen sogar kontraproduktiv sein.

3. Wasseranwendungen: Das Fitnessstudio für deine Gefäße
Schon seit Ewigkeiten weiß man, wie wirksam kaltes Wasser für die Gefäßgesundheit ist. Der Kältereiz lässt die Venen kurz zusammenzucken, danach weiten sie sich wieder. Dieses „Training“ hält die Gefäßwände elastisch und fit.
Eine super einfache Anwendung für zu Hause ist der Knieguss mit der Duschbrause:
- Beginne immer am rechten Fuß, also herzfern.
- Führe den kalten Wasserstrahl langsam an der Außenseite des Beins hoch bis zum Knie.
- Kurz in der Kniekehle verweilen und dann an der Innenseite wieder runter.
- Das Ganze am linken Bein wiederholen.
Wichtig ist, dass deine Füße vorher warm sind. Danach das Wasser nur abstreifen, nicht trockenrubbeln, und schnell wieder für Wärme sorgen (Wollsocken anziehen!). Regelmäßig gemacht, fühlen sich deine Beine viel frischer an.
Was du jeden Tag selbst tun kannst: Kleine Gewohnheiten, große Wirkung
Die beste professionelle Behandlung nützt wenig, wenn der Alltag nicht mitspielt. Aber keine Sorge, das sind alles einfache Dinge.

1. Bewegung, Bewegung, Bewegung!
Die Wadenmuskelpumpe ist dein bester Freund. Jeder Schritt aktiviert sie. Vermeide es, stundenlang starr zu sitzen oder zu stehen.
Dein 3-Minuten-Venen-Workout für den Schreibtisch:
Mach das ruhig stündlich, es merkt kaum jemand!
- Fußwippe (60 Sek.): Einfach mit den Füßen im Sitzen auf und ab wippen, von der Ferse auf die Zehenspitzen und zurück.
- Fußkreisen (60 Sek.): Jedes Fußgelenk abwechselnd 30 Sekunden langsam in die eine, dann in die andere Richtung kreisen.
- Zehen krallen (60 Sek.): Stell dir vor, du willst mit den Zehen einen Stift vom Boden aufheben. Anspannen, kurz halten, lockerlassen.
Ideal sind übrigens Sportarten wie Schwimmen (der Wasserdruck ist eine natürliche Kompression), Radfahren und Walken.
2. Iss deine Venen stark
Du musst keine strenge Diät halten, aber ein paar Lebensmittel sind wahre Venen-Helden. Statt nur von „gesunden Stoffen“ zu reden, hier eine kleine Einkaufsliste:
Pack das nächste Mal für deine Venen ein: Heidelbeeren (auch gefroren super!), eine Handvoll Walnüsse, dunkle Trauben und Buchweizen (z.B. als Müsli-Alternative). Diese enthalten Stoffe, die die Gefäßwände stärken und abdichten können.

Ach ja, und was ist mit den ganzen Salben mit Rosskastanie oder Weinlaub? Die können durchaus angenehm sein! Sie kühlen, lindern das Schweregefühl und können leichte Schwellungen reduzieren. Eine Wunderheilung darfst du aber nicht erwarten – sie reparieren keine Venen, sondern verschaffen dir vor allem kurzfristig Erleichterung. Für einen langen Tag im Sommer sind sie aber eine echte Wohltat.
- Beine hochlegen: Wann immer es geht! Das ist die einfachste und effektivste Entlastung für deine Venen.
- Flache Schuhe: Hohe Absätze sehen toll aus, legen aber die Wadenpumpe lahm. Öfter mal flache, bequeme Schuhe tragen.
- Kalter Abschluss: Beende jede Dusche damit, deine Beine von unten nach oben kalt abzuduschen. Dauert 30 Sekunden, wirkt aber Wunder.
Wenn du mehr willst: Was der Arzt tun kann
So, jetzt mal Butter bei die Fische. Besenreiser sind meist harmlos. Aber wenn du folgende Symptome bemerkst, solltest du das unbedingt ärztlich abklären lassen: Plötzliche Schwellungen, Schmerzen, Hautveränderungen oder offene Stellen. Ein plötzlich stark geschwollenes, heißes und schmerzendes Bein ist ein Notfall!

Wenn du deine Besenreiser aus kosmetischen Gründen entfernen lassen möchtest, gibt es hauptsächlich zwei bewährte Methoden, die ein Phlebologe anbietet.
Die bekannteste Methode ist die Verödung (Sklerotherapie). Hier spritzt der Arzt eine spezielle Flüssigkeit in die Äderchen. Das führt dazu, dass die Venenwände verkleben und der Körper sie nach und nach abbaut. Diese Methode ist super für etwas dickere, bläuliche Besenreiser. Pro Sitzung musst du mit Kosten zwischen 80 € und 150 € rechnen, und oft sind 2 bis 4 Sitzungen nötig. Die meisten beschreiben den Schmerz als ein kleines Pieksen und leichtes Brennen.
Als Alternative gibt es die Lasertherapie. Ein Laserstrahl erhitzt das Blut in den feinen Gefäßen, wodurch sie sich verschließen. Das eignet sich besonders gut für sehr feine, rote Äderchen, an die man mit der Nadel kaum herankommt. Preislich liegt eine Sitzung hier oft etwas höher, so zwischen 100 € und 250 €. Auch hier können mehrere Behandlungen notwendig sein. Viele empfinden die Laserimpulse wie kleine, heiße Nadelstiche auf der Haut.

Beide Verfahren entfernen nur die sichtbaren Äderchen, nicht aber die Ursache. Deswegen ist die ganze Vorbeugung so verdammt wichtig, damit nicht gleich an der nächsten Stelle neue auftauchen.
Mein Fazit aus der Praxis
Der Kampf gegen Besenreiser ist kein Sprint, sondern eher wie Gartenarbeit. Es gibt keine magische Pille. Es ist die Summe der vielen kleinen, regelmäßigen Dinge, die den Unterschied macht: Bewegung, mal die Beine hochlegen, die kalte Dusche und bei Bedarf eben die Kompressionsstrümpfe.
Ich habe so viele Leute erlebt, deren Lebensqualität sich massiv verbessert hat, als sie diese Tipps konsequent umgesetzt haben. Ihre Beine fühlten sich nicht nur leichter an, sie waren es auch. Sei geduldig und gut zu deinen Beinen. Sie tragen dich dein ganzes Leben. Fang einfach heute mit einem kleinen Schritt an – jeder einzelne zählt.
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Stützstrümpfe sind nur etwas für Ältere? Weit gefehlt! Moderne Kompressionsstrümpfe, zum Beispiel von Marken wie Bauerfeind oder CEP, sind heute hochelastische Hightech-Produkte. Sie sehen aus wie normale Strümpfe, werden aber auch von Leistungssportlern zur Regeneration und Leistungssteigerung getragen. Der gezielte Druck von außen unterstützt die Venenfunktion, beugt müden Beinen vor und ist eine der effektivsten Maßnahmen im Alltag.

- Fördert die Durchblutung bis in die kleinsten Gefäße
- Wirkt entzündungshemmend und gefäßschützend
- Kann das Gefühl von Schwere und Spannung in den Beinen lindern
Das Geheimnis? Extrakte aus Rosskastanie oder Rotem Weinlaub. Salben und Gels mit diesen Wirkstoffen, wie zum Beispiel Antistax, bieten eine wohltuende, kühlende Unterstützung von außen und sind eine sinnvolle Ergänzung Ihrer täglichen Pflegeroutine.

Wussten Sie, dass die Wadenmuskulatur oft als unser „zweites Herz“ bezeichnet wird?
Bei jedem Schritt presst sie das Blut in den Beinvenen kraftvoll nach oben Richtung Herz. Langes Sitzen oder Stehen legt diese Pumpe lahm. Die einfachste Reaktivierung: Gehen Sie ein paar Schritte, machen Sie Zehenstandsübungen oder wippen Sie einfach mit den Füßen auf und ab. Jede kleine Bewegung zählt!

Hilft eine Bindegewebsmassage wirklich?
Ja, aber anders als viele denken. Eine sanfte Massage, zum Beispiel mit einer Faszienrolle oder einem Igelball, löst Verspannungen und regt den Lymphfluss sowie die lokale Durchblutung an. Sie kann Besenreiser zwar nicht entfernen, aber das Gewebe straffen und das Erscheinungsbild der Haut verbessern. Wichtig: Bei entzündeten Venen oder Schmerzen ist Vorsicht geboten – hier lieber einen Profi fragen.

Die richtige Ernährung kann die Venenwände von innen stärken. Besonders wertvoll sind Flavonoide – sekundäre Pflanzenstoffe, die als Antioxidantien wirken.
- Rutin: Findet sich reichlich in Buchweizen und stärkt die Kapillarwände.
- Hesperidin: Hauptsächlich in Zitrusfrüchten enthalten, verbessert es den Venentonus.
- Anthocyane: Geben Beeren wie Heidel- und Brombeeren ihre dunkle Farbe und schützen die Gefäße.

Lasertherapie: Gezielte Lichtimpulse erhitzen das Blut in den feinen Äderchen. Das Gefäß wird dadurch verschlossen und vom Körper abgebaut. Ideal für sehr feine, rötliche Besenreiser.
Sklerotherapie (Verödung): Ein spezielles Mittel wird direkt in die Vene injiziert. Es reizt die Venenwand, sodass sie verklebt und ebenfalls abgebaut wird. Die Methode der Wahl bei etwas größeren, bläulichen Besenreisern.

Laut der „Bonner Venenstudie I“ haben rund 59 % der erwachsenen Deutschen zumindest geringfügige Venenveränderungen wie Besenreiser.
Diese beeindruckende Zahl zeigt: Sie sind nicht allein. Es handelt sich um ein weit verbreitetes Phänomen, das oft eine genetische Veranlagung hat. Das Wissen darum kann den Druck nehmen, eine „perfekte“ Haut haben zu müssen, und den Fokus auf die gesundheitliche Prävention lenken.

Der einfachste Trick für sofortige Linderung nach einem langen Tag? Die Wechseldusche. Beenden Sie Ihre Dusche, indem Sie die Beine von den Füßen aufwärts kalt abduschen. Der Kältereiz sorgt dafür, dass sich die erweiterten Venen kurz zusammenziehen. Das fördert den Blutfluss, erfrischt und kann Schwellungen reduzieren.

Achten Sie auf Ihre Schuhe! Hohe Absätze sehen zwar elegant aus, legen aber die wichtige Wadenmuskelpumpe fast vollständig lahm. Flache, gut gedämpfte Schuhe mit flexibler Sohle sind die beste Wahl für gesunde Venen, da sie ein natürliches Abrollen des Fußes ermöglichen. Ein toller Bonus: Öfter mal barfuß auf unebenem Untergrund wie Gras oder Sand laufen – das ist Training pur für Füße und Venen.

- Trinken Sie ausreichend Wasser oder ungesüßten Tee (mindestens 1,5 Liter).
- Reduzieren Sie den Salzkonsum, da Salz Wasser im Gewebe binden kann.
- Integrieren Sie kaliumreiche Lebensmittel wie Bananen, Aprikosen und Kartoffeln.

Was man oft vergisst: Auch enge Hosen im Oberschenkel- oder Taillenbereich können den venösen Rückfluss behindern. Der leichte, aber ständige Druck stört die Zirkulation. Lockere, bequeme Kleidung ist daher nicht nur angenehmer, sondern auch eine Wohltat für Ihre Beine.

Können Besenreiser nach einer Behandlung wiederkommen?
Ja, das ist möglich. Professionelle Behandlungen wie Laser oder Verödung entfernen die aktuell sichtbaren Äderchen sehr effektiv. Sie beheben aber nicht die zugrundeliegende Bindegewebsschwäche. Daher ist eine konsequente Vorbeugung durch Bewegung, Kompression und einen gesunden Lebensstil der beste Weg, um das Auftreten neuer Besenreiser zu verlangsamen.
Sonne und Solarium können das Bindegewebe zusätzlich schwächen und Besenreiser sichtbarer machen. Ein hoher Lichtschutzfaktor für die Beine ist daher nicht nur Hautschutz, sondern auch Venenschutz.




