Zementfliesen verlegen? Mein ehrlicher Ratgeber aus der Werkstatt – damit nichts schiefgeht
Ich bin seit über 20 Jahren im Geschäft, habe meine Hände in so ziemlich jedem Kleber gehabt und alles von der simplen Kellerfliese bis zum filigranen Mosaik verlegt. Aber an meinen ersten Job mit echten marokkanischen Zementfliesen erinnere ich mich, als wär’s gestern gewesen. Ein wunderschöner Altbau in Hamburg, der Kunde hatte die Fliesen direkt aus dem Urlaub mitgebracht. Jede ein kleines Kunstwerk. Und, ehrlich gesagt, eine echte Zerreißprobe für meine Nerven. An dem Tag habe ich gelernt: Diese Diven von Fliesen verzeihen absolut keine Fehler. Sie brauchen Respekt, Geduld und vor allem Ahnung von der Materie.
Inhaltsverzeichnis
- 0.1 1. Das Material verstehen: Mehr als nur eine bunte Fliese
- 0.2 2. Die Vorbereitung: Das A und O für einen langlebigen Boden
- 0.3 3. Das Verlegen: Präzision und saubere Hände
- 0.4 4. Verfugen & Imprägnieren: Hier entscheidet sich alles!
- 0.5 5. Das Leben mit deinem neuen Boden
- 0.6 6. Was ist mit Fußbodenheizung?
- 0.7 7. Wann du den Profi rufen solltest (und was das kostet)
- 1 Bildergalerie
Heute stolpert man ja quasi überall über diese Schönheiten. Man sagt „marokkanische Fliesen“, meint aber meistens diese matten, schweren Zementfliesen. (Übrigens, manchmal sind auch Zellige gemeint, das sind ganz andere Gesellen – glasierte Tonfliesen). In diesem Ratgeber geht es aber nur um die Zementfliesen, die mit ihren tiefen Farben und der samtigen Oberfläche so einen einzigartigen Charme versprühen. Ich will hier mein Wissen aus der Praxis an dich weitergeben. Ohne Filter und ohne Schönrederei. Damit du weißt, worauf du dich einlässt und wie du jahrzehntelang Freude an deinem Boden hast.
1. Das Material verstehen: Mehr als nur eine bunte Fliese
Das Wichtigste zuerst, und das ist wirklich nicht verhandelbar: Eine Zementfliese ist keine Keramikfliese. Das ist der Denkfehler Nummer eins. Keramik wird aus Ton geformt und im Ofen bei Affenhitze gebrannt. Das macht die Oberfläche knallhart und dicht. Zementfliesen hingegen? Die sehen keinen Ofen von innen. Ihre Herstellung ist pures Handwerk.
Wie so eine Fliese entsteht
Stell dir eine Metallform vor, quasi eine Schablone für das Muster. Da gießt der Handwerker eine flüssige, farbige Zementmischung rein. Jede Farbe einzeln, in ihre eigene kleine Kammer. Diese erste Schicht ist nur ein paar Millimeter dick, aber sie ist das Gesicht der Fliese. Darauf kommt dann eine dickere Schicht aus trockenem Zement und Sand, und das Ganze wird mit immensem Druck hydraulisch zusammengepresst. Danach müssen die Fliesen wochenlang an der Luft aushärten. Sie trocknen, sie brennen nicht.
Und genau dieser Prozess führt zu zwei entscheidenden Eigenschaften:
- Die einzigartige Optik: Die Farben wirken tief und matt, nicht aufgedruckt. Sie sind Teil der Fliese. Kleine Unregelmäßigkeiten? Das sind keine Fehler, das ist der Beweis für Handarbeit!
- Die poröse Oberfläche: Weil sie nicht gebrannt wird, ist die Oberfläche offenporig wie ein Schwamm. Sie saugt Flüssigkeiten auf wie nichts Gutes. Das ist der Knackpunkt bei der ganzen Sache.
Wer das nicht kapiert, steuert direkt auf eine Katastrophe zu. Ich habe Böden gesehen, die vor dem Verfugen nicht imprägniert wurden. Die graue Farbe aus der Fugenmasse ist in die Fliesen gezogen und hat sie für immer versaut. Ein Fehler, der Tausende von Euro gekostet hat und so einfach zu vermeiden gewesen wäre.
2. Die Vorbereitung: Das A und O für einen langlebigen Boden
Ein guter Fliesenleger verbringt mehr Zeit mit der Vorbereitung als mit dem Kleben selbst. Bei Zementfliesen gilt das mal zwei. Der Untergrund muss absolut perfekt sein. Das ist kein Perfektionismus, sondern schlichtweg notwendig.
Check den Untergrund!
Der Boden muss vier Dinge sein: bretthart eben, furztrocken, fest und sauber. Zementfliesen sind dick und starr. Jede noch so kleine Unebenheit kann später zu hohlen Stellen oder sogar Rissen führen. Wir prüfen das mit einer langen Wasserwaage. Mehr als 2 mm Abweichung auf einem Meter? Muss ausgeglichen werden, meist mit einer selbstverlaufenden Ausgleichsmasse. Rechne da mal mit 20-30 € pro Sack, den du im Baumarkt bekommst.
Und die Trockenheit ist heilig, besonders bei frischem Estrich. Wir messen die Restfeuchte professionell. Ist der Boden zu feucht, drückt die Nässe später durch die Fugen und hinterlässt hässliche weiße Flecken, sogenannte Ausblühungen.
Das richtige Zeug besorgen
Nimm einen flexiblen Fliesenkleber, der mindestens die Klassifizierung S1 hat. Und ganz wichtig: Er sollte „trasshaltig“ sein. Trass ist ein Gesteinsmehl, das Kalk bindet und genau diese Ausblühungen verhindert. Der billige Standard-Flexkleber aus dem Baumarkt ist hier definitiv die falsche Wahl. Plane hier mal mit 25-40 € pro Sack, der für etwa 5-7 qm reicht.
Fürs Auftragen brauchst du eine Zahnkelle. Für die typischen 20×20 cm Fliesen nehme ich meistens eine 10er Zahnung. Damit bekommst du ein schön sattes Kleberbett, das alles hohlraumfrei umschließt.
Erst legen, dann kleben
Bevor auch nur ein Tropfen Kleber den Boden berührt, leg die Fliesen trocken aus. Das hat zwei Gründe. Erstens siehst du, wie das Muster im Raum wirkt. Zweitens, und das ist noch wichtiger: Du kannst die Farben mischen. Da jede Fliese ein Unikat ist, gibt es leichte Farbunterschiede. Öffne also mehrere Kartons und mische die Fliesen wild durcheinander. So kriegst du ein lebendiges, harmonisches Bild und keine komischen Farbflecken.
3. Das Verlegen: Präzision und saubere Hände
Stimmt die Vorbereitung, ist das Verlegen fast schon meditativ. Aber es braucht Konzentration. Zementfliesen sind schwer und dick, das geht ganz schön in die Arme.
Die Klebetechnik für Profis
Hier gibt es nur eine Methode: das Buttering-Floating-Verfahren. Das bedeutet, du ziehst den Kleber mit der Zahnkelle auf den Boden UND zusätzlich eine dünne Schicht glatt auf die Rückseite der Fliese. Nur so stellst du sicher, dass wirklich keine Hohlräume unter der Fliese bleiben. Diese wären Schwachstellen und könnten später zu Brüchen führen.
Quillt Kleber aus den Fugen? SOFORT mit einem feuchten Schwamm wegwischen. Denk dran, die Oberfläche saugt alles auf! Eingetrockneter Kleber ist dein Endgegner.
Wie schneidet man die Dinger?
Am besten geht das mit einem Nassschneider und einer guten Diamantscheibe. Ein normaler Fliesenschneider zum Anritzen und Brechen funktioniert nicht, die Fliese würde unsauber splittern. Der Nassschnitt kühlt und bindet den Staub. Trotzdem können an der Kante kleine Ecken abplatzen. Das ist normal. Kleiner Tipp am Rande: Die Schnittkanten, die später eh unter der Sockelleiste verschwinden, musst du nicht extra nachschleifen. Das spart unnötige Arbeit.
4. Verfugen & Imprägnieren: Hier entscheidet sich alles!
Jetzt kommt der kritischste Teil. Hier werden die teuersten Fehler gemacht. Ich hatte mal einen jungen Gesellen, der dachte, er wäre schlauer und könnte sich einen Schritt sparen. Er hat einen ganzen Badboden direkt verfugt, ohne ihn vorher zu behandeln. Das Ergebnis war eine Katastrophe. Der Boden war hinüber und musste komplett wieder raus. Eine Lektion, die er (und ich) nie vergessen haben.
Also, Schritt für Schritt:
- Die ERSTE Imprägnierung (VOR dem Verfugen): Wenn der Kleber trocken ist (meist nach 24-48 Stunden), wird der Boden penibel gereinigt. Dann kommt die erste Schicht Imprägnierung drauf. Ich greife da gerne zu bewährten Markenprodukten wie von Lithofin oder Fila. Such nach „Fleckstopp“ oder ähnlichen Mitteln für saugfähigen Naturstein. So eine Flasche kostet zwar 30-50 Euro, ist aber die beste Versicherung für deinen Boden. Teste das Mittel unbedingt an einer Restfliese, um zu sehen, ob es die Farbe verändert! Nach dem Auftragen und Einwirken müssen Überschüsse weg und der Boden wieder komplett trocknen.
- Das Verfugen: Nimm eine Fugenmasse, die für Naturstein geeignet ist. Mein Rat: Wähle eine helle Farbe wie Zementgrau. Dunkle Fugen enthalten viele Pigmente, die selbst bei guter Imprägnierung in die Kanten ziehen können. Arbeite in kleinen Abschnitten und wasche den Überschuss schnell, aber mit wenig Wasser ab.
- Die Endbehandlung: Wenn auch die Fuge steinhart ist (kann Tage dauern!), wird der Boden ein letztes Mal gereinigt. Jetzt kommt die finale Schutzschicht drauf. In Bad oder Küche trage ich oft zwei bis drei Schichten Imprägnierung auf. Ob der Schutz reicht, testest du mit einem Wassertropfen: Perlt er ab, ist alles super. Zieht er ein, muss noch eine Schicht drauf.
5. Das Leben mit deinem neuen Boden
Ein Zementfliesenboden lebt. Er bekommt mit der Zeit eine Patina, also kleine Kratzer und Gebrauchsspuren, die seinen Charakter ausmachen. Das ist gewollt und wunderschön. Trotzdem gibt es ein paar Regeln.
Pflege: Die Todsünde heißt Säure
Das Allerwichtigste: NIEMALS säurehaltige Reiniger benutzen! Essigreiniger, Zitrusreiniger oder scharfe Badreiniger sind absolut tabu. Die Säure frisst sich in den Zement und ruiniert die Oberfläche für immer. Nimm zur Reinigung einfach Wasser und eine milde, pH-neutrale Schmierseife. Die reinigt nicht nur, sondern hat eine rückfettende Wirkung und pflegt den Boden bei jedem Wischen.
Echt oder Optik? Ein ehrlicher Vergleich
Jetzt fragst du dich vielleicht: Warum der ganze Zirkus, wenn es doch Feinsteinzeug in Zementfliesen-Optik gibt? Berechtigte Frage! Die Keramik-Variante ist definitiv pflegeleichter und günstiger, sowohl im Material als auch in der Verlegung. Sie ist quasi unverwüstlich und verzeiht auch mal einen Reinigungsfehler. Aber, und das ist der Punkt, sie fühlt sich eben auch wie eine normale Fliese an. Kalt, hart, perfekt.
Die echte Zementfliese hat eine samtige, warme Haptik. Sie fühlt sich unter den Füßen einfach anders an, weicher, natürlicher. Sie hat Charakter, erzählt eine Geschichte und entwickelt über die Jahre eine einzigartige Patina. Es ist die Entscheidung zwischen perfekter, aber etwas seelenloser Funktionalität und lebendiger, aber pflegeintensiver Schönheit. Was für dich das Richtige ist, kannst nur du entscheiden.
6. Was ist mit Fußbodenheizung?
Ja, das geht! Zementfliesen sind dick und speichern Wärme hervorragend. Aber es gibt zwei Bedingungen: Du brauchst einen erstklassigen, hochflexiblen Fliesenkleber (S1 ist Minimum, S2 besser) und die Fliesen müssen absolut hohlraumfrei verlegt sein. Und das Wichtigste: Wenn die Heizung das erste Mal in Betrieb genommen wird, muss sie ganz, ganz langsam über mehrere Tage hochgefahren werden. Sonst können Spannungen entstehen, die den schönsten Boden ruinieren.
7. Wann du den Profi rufen solltest (und was das kostet)
Ich bin ein Fan vom Selbermachen, aber hier rate ich zur Vorsicht. Die Fliesen allein kosten schnell 100 bis 150 Euro pro Quadratmeter. Ein Fehler bei der Versiegelung, und der ganze Betrag ist futsch. Wenn du noch nie gefliest hast, ist das definitiv das falsche Projekt für den Einstieg.
Ganz ehrlich: Wenn du auch nur den kleinsten Zweifel hast, hol dir einen Fachmann, der nachweislich Erfahrung mit Zementfliesen hat. Frag nach Bildern seiner Arbeit! Was kostet der Spaß? Rechne für die reine Verlegearbeit, je nach Region und Muster, mal mit 60 bis 90 Euro pro Quadratmeter. Das klingt erstmal viel, ist aber die beste Versicherung gegen einen Totalschaden.
Um dir mal ein Gefühl für die Zeit zu geben: Für ein 15-Quadratmeter-Projekt solltest du realistisch eine ganze Woche einplanen. Tag 1: Untergrund vorbereiten. Tag 2: Verlegen. Tag 3: Kleber in Ruhe aushärten lassen. Tag 4: Erste Imprägnierung. Tag 5: Verfugen. Tag 6 & 7: Alles trocknen lassen, Endreinigung und finale Versiegelung. Das ist kein schnelles Wochenend-Ding!
Mein Meister-Fazit: Die 7 goldenen Regeln
Wenn du dir nur sieben Dinge merken willst, dann diese:
- Der Untergrund muss 100 % perfekt sein. Keine Kompromisse.
- Mische immer Fliesen aus mehreren Kartons, um ein harmonisches Bild zu bekommen.
- Verwende die Buttering-Floating-Technik für eine hohlraumfreie Verlegung.
- Das Wichtigste überhaupt: IMMER vor dem Verfugen imprägnieren!
- Zur Reinigung: NIEMALS Essig- oder Säurereiniger verwenden. Nur Schmierseife.
- Bei Fußbodenheizung: ganz langsam und schrittweise aufheizen.
- Im Zweifelsfall ist der Anruf beim Profi immer günstiger als ein ruinierter Boden.
Ein Boden aus Zementfliesen ist ein Statement. Er ist Handwerkskunst, die Seele in ein Haus bringt. Er fordert Sorgfalt, belohnt dich aber mit einer Schönheit, die kaum ein anderer Belag erreicht. Wenn man weiß, wie’s geht.
Bildergalerie
Bevor der erste Klecks Fliesenkleber die Kelle berührt, sollten Sie alle Kartons öffnen und die Fliesen mischen. Da jede einzelne von Hand gefertigt wird, sind leichte Farb- und Dickenunterschiede kein Mangel, sondern ein Charaktermerkmal. Durch das Mischen verteilen sich diese Nuancen harmonisch über die gesamte Fläche und es entsteht ein lebendiges, authentisches Gesamtbild statt unruhiger „Farbnester“.
- Geduld beim Trocknen: Der Untergrund (Estrich) muss absolut trocken sein. Eine Restfeuchte unter 2 CM-% ist Pflicht, sonst drohen später Ausblühungen.
- Die richtige Grundierung: Ein Haftgrund, passend zum Untergrund und Kleber, ist nicht optional. Er bindet Staub und sorgt für den nötigen „Grip“.
- Ebenheit ist alles: Unebenheiten von mehr als 2-3 mm auf zwei Metern müssen vorher mit Ausgleichsmasse beseitigt werden. Zementfliesen können keine Dellen kaschieren.
Achtung, Säure-Alarm: Zement ist kalkhaltig. Jeder Kontakt mit säurehaltigen Reinigern (Essigreiniger, Zitrusreiniger, viele Badreiniger) führt zu irreparablen, matten Flecken. Die Säure frisst sich regelrecht in die Oberfläche. Für die Reinigung sind ausschließlich pH-neutrale oder leicht alkalische Produkte wie klassische Schmierseife geeignet.
Eine einzelne Zementfliese im Format 20×20 cm wiegt rund 1,3 bis 1,5 Kilogramm. Das summiert sich pro Quadratmeter auf über 30 Kilogramm – ein Gewicht, das bei der Planung, besonders in Altbauten, statisch berücksichtigt werden muss.
Kann man Zementfliesen mit einer Fußbodenheizung kombinieren?
Ja, absolut! Zement ist ein hervorragender Wärmespeicher und sorgt für eine angenehme, langanhaltende Strahlungswärme. Wichtig ist jedoch die Verwendung eines flexiblen Fliesenklebers (Klasse S1), um die Spannungen durch die Temperaturwechsel auszugleichen. Zudem muss das Aufheizprotokoll des Estrichs vor dem Verlegen zwingend eingehalten werden, um Rissbildung zu vermeiden.
Der Charme von Zementfliesen liegt in ihrer Patina – der sichtbaren Lebensgeschichte des Bodens. Diese entwickelt sich über Jahre und macht den Boden erst richtig einzigartig.
- Leichte Kratzer von Alltagsgegenständen
- Farbvertiefungen durch regelmäßige Pflege mit rückfettender Seife
- Minimale Verfärbungen durch Sonnenlicht
Wer einen klinisch perfekten, unveränderlichen Boden sucht, ist hier falsch. Wer aber einen Boden mit Seele will, wird die Patina lieben.
Echtes Handwerk vs. Keramik-Look:
Echte Zementfliese: Offenporig, samtig-matte Haptik, entwickelt eine individuelle Patina, muss imprägniert werden, fußwarm.
Zementfliesen-Optik (Feinsteinzeug): Geschlossene, harte Oberfläche, pflegeleicht, keine Imprägnierung nötig, Muster ist nur aufgedruckt, wirkt kühler. Marken wie Villeroy & Boch oder Marazzi bieten hier täuschend echte Designs an.
Die Wahl ist eine Frage der Philosophie: Authentisches Material mit Charakter oder pflegeleichte Perfektion.
- Einzigartige, samtige Haptik
- Unendliche Muster- und Farbvielfalt
- Entwickelt mit der Zeit eine wunderschöne Patina
- Langlebig und restaurierbar
Das Geheimnis? Der Verzicht auf den Brennofen. Das hydraulische Pressen und langsame Lufttrocknen verleiht den Fliesen ihre besondere Dichte und offenporige Struktur, die sich so wunderbar anfühlt und das Licht schluckt statt es zu reflektieren.
Schon um 1900 erlebte die Zementfliese ihre erste Blütezeit und zierte die Böden unzähliger Gründerzeitvillen und Jugendstilhäuser in Paris, Barcelona und Berlin.
Diese historische Verbindung macht sie zur ersten Wahl bei der stilgerechten Sanierung von Altbauten. Ein Blick in alte Musterbücher von Herstellern wie „Via“ kann Inspiration für authentische Designs liefern, die perfekt mit Stuckdecken und alten Holztüren harmonieren.
Die Verfugung ist ein kritischer Moment. Da die Fliesen saugfähig sind, können Farbpigmente aus dem Fugenmörtel in die Ränder einziehen und diese dauerhaft verfärben. Der Trick der Profis: Vor dem Verfugen wird die Fläche „vorgenässt“ oder mit einem Fugenschutz wie „Fila Fugaproof“ behandelt. Dadurch ist die Fliese bereits mit Wasser gesättigt und nimmt weniger Pigmente auf. Überschüssigen Fugenmörtel immer diagonal zum Fugenverlauf und zügig entfernen!
Der richtige Schnitt: Eine Zementfliese bricht man nicht wie eine Keramikfliese. Vergessen Sie den manuellen Fliesenschneider. Für saubere, ausrissfreie Kanten ist eine Nassschneidemaschine mit einer hochwertigen Diamanttrennscheibe für Feinsteinzeug oder harte Materialien unerlässlich. Langsam und mit wenig Druck schneiden, um die empfindliche Farbschicht nicht zu beschädigen.
Welche Fugenbreite ist ideal?
Um die grafische Wirkung der Muster zur Geltung zu bringen, arbeitet man bei Zementfliesen mit einer möglichst schmalen Fuge von nur 2-3 mm. Dies erfordert eine sehr exakte Verlegung. Eine breitere Fuge würde die Muster zu sehr zerstückeln und das Gesamtbild stören. Eine Ausnahme bilden Fliesen mit bewusst rustikalen, unregelmäßigen Kanten.
Wichtiger Punkt: Die erste Imprägnierung muss zwingend VOR dem Verfugen auf die saubere, trockene Fliese aufgetragen werden. Dieser Schritt, oft als „Porensättigung“ bezeichnet, schützt die Fliese vor den Pigmenten des Fugenmörtels. Bewährte Produkte hierfür sind zum Beispiel Lithofin FLECKSTOP >W< oder FilaFOB.
- Der Kleber wird sowohl auf den Untergrund aufgetragen (Floating) als auch dünn auf die Fliesenrückseite (Buttering).
- Dieses „Buttering-Floating“-Verfahren sorgt für eine 100%ige, hohlraumfreie Bettung der schweren Fliesen.
- Hohlräume sind der Feind Nr. 1 – sie können später zu Rissen oder lockeren Fliesen führen.
Ein „Fliesen-Teppich“ ist eine wunderbare Möglichkeit, einen Bereich optisch zu definieren – zum Beispiel den Essplatz in einer offenen Wohnküche. Dafür wird eine zentrale Fläche mit einem auffälligen Muster gefliest und mit einer Bordüre oder einer einfarbigen Zementfliese eingerahmt. Der umliegende Boden kann dann aus Holz oder schlichtem Estrich bestehen. Ein starkes Design-Statement!
„Handgefertigte Materialien wie Zementfliesen bringen eine Seele in den Raum, die maschinell hergestellte Produkte niemals erreichen können. Jede kleine Unvollkommenheit erzählt eine Geschichte.“ – Ilse Crawford, renommierte britische Innenarchitektin.
Fugenmörtel: Hell oder Dunkel?
Helle Fuge (Zementgrau, Silbergrau): Betont das Muster der Fliese, lässt die Gesamtfläche grafisch und ruhig wirken. Der Klassiker für die meisten geometrischen und floralen Muster.
Dunkle Fuge (Anthrazit): Lässt die Fuge optisch zurücktreten und hebt die einzelnen Fliesen wie Bausteine hervor. Kann bei dunklen Mustern einen sehr modernen, monolithischen Effekt erzeugen.
Wichtig: Verwenden Sie einen Fugenmörtel auf Trasszement-Basis, um das Risiko von Kalkausblühungen zu minimieren.
Die Endbehandlung entscheidet über Optik und Schutz. Nach der vollständigen Trocknung wird die Imprägnierung mit einem Finish versiegelt. Ein spezielles Fliesen-Wachs kann den Farben mehr Tiefe verleihen und einen dezenten, seidenmatten Schimmer erzeugen. Dies erleichtert auch die spätere Pflege, da Schmutz weniger anhaftet. Es ist ein zusätzlicher Schritt, der sich aber über die Jahre auszahlt.
Hilfe, ein Rotweinfleck! Was tun?
Keine Panik. Dank der Imprägnierung hat man Zeit zu reagieren. Den Fleck sofort mit einem saugfähigen Tuch abtupfen, nicht reiben. Bei hartnäckigen organischen Flecken hilft oft eine Paste aus Wasser und Bikarbonat oder ein Spezialreiniger für Zementfliesen wie der Fila PS87. Wichtig ist, den Reiniger erst an einer unauffälligen Stelle zu testen.
- Unterschätzen der Saugfähigkeit und zu spätes Imprägnieren.
- Verwendung von Billig-Kleber statt eines hochwertigen S1-Flexklebers.
- Zu breite Fugen, die das Muster zerstören.
- Reinigung mit dem falschen, säurehaltigen Mittel.
Für ein perfektes Ergebnis beginnt man mit der Verlegung in der Mitte des Raumes oder an der sichtbarsten Achse, zum Beispiel in einer Linie mit der Tür. Spannen Sie dafür zwei Maurerschnüre im 90-Grad-Winkel (Kreuzfuge), um eine exakte Orientierung zu haben. So stellen Sie sicher, dass das Muster symmetrisch verläuft und die angeschnittenen Fliesen unauffällig an den Rändern liegen.
Laut einer Studie des Houzz-Portals stiegen die Suchanfragen nach „gemusterten Fliesen“ in den letzten fünf Jahren um über 250 %.
Dieser Trend zeigt eine Abkehr von minimalistischen, einfarbigen Flächen hin zu mehr Individualität und wohnlichem Charakter. Zementfliesen sind die Protagonisten dieser Bewegung, da sie Farbe, Muster und Handwerkskunst auf einzigartige Weise vereinen.
Budget-Falle Kleinteile: Während die Fliesen selbst den größten Posten ausmachen, summieren sich die „Nebenkosten“ schnell. Planen Sie mindestens 20-25 % des Fliesenpreises zusätzlich für hochwertige Materialien ein: Ausgleichsmasse, Haftgrund, S1-Flexkleber (z.B. von PCI oder Ardex), Trass-Fugenmörtel und vor allem ein gutes Imprägniermittel. Hier zu sparen, rächt sich garantiert und kann den teuren Boden ruinieren.
Denken Sie über die reine Fläche hinaus. Eine einzelne Reihe gemusterter Zementfliesen kann als Sockelleiste eine schlichte Wand veredeln. Als Fliesenspiegel in der Küche setzen sie einen unverwechselbaren Akzent. Selbst eine Tischplatte oder eine einzelne Stufe, belegt mit diesen kleinen Kunstwerken, kann zum Highlight des Raumes werden. Kreativität ist hier keine Grenze gesetzt.
Der frisch verlegte Boden braucht Zeit zum „Ankommen“. In den ersten zwei Wochen sollte er nur mit klarem Wasser und einem weichen Tuch gereinigt werden. Vermeiden Sie das Abstellen schwerer Möbel und legen Sie keine Teppiche oder Folien darauf, damit die Restfeuchte aus Kleber und Fugen vollständig entweichen kann. Diese Schonfrist ist entscheidend für die Langlebigkeit des Bodens.
