Quarzuhr kaufen? Ein Uhrmacher packt aus, worauf es wirklich ankommt
In meiner Werkstatt sehe ich jeden Tag die verschiedensten Uhren. Manche sind alte Erbstücke, andere brandneue Modelle. Oft kommt jemand mit einer neuen Quarzuhr und fragt stolz: „Meister, ist das eine gute Uhr?“ Und ganz ehrlich? Die Antwort ist nicht immer so einfach, wie man denkt. Eine gute Uhr ist nämlich so viel mehr als nur ein schickes Design oder ein bekannter Markenname auf dem Zifferblatt.
Inhaltsverzeichnis
- 0.1 Das Herz der Uhr: Was im Inneren tickt
- 0.2 Das Uhrwerk: Hier trennt sich die Spreu vom Weizen
- 0.3 Das Gehäuse: Mehr als nur eine schicke Hülle
- 0.4 Das Uhrenglas: Der klare Durchblick
- 0.5 Wasserdichtigkeit: Was „ATM“ wirklich bedeutet
- 0.6 Der Batteriewechsel: Warum Geiz hier nicht geil ist
- 0.7 Zifferblatt, Zeiger und das gewisse Etwas
- 0.8 Mein Fazit aus der Werkstatt
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Ich bin Uhrmachermeister, und seit über zwei Jahrzehnten dreht sich bei mir alles um Zeitmesser. Ich habe gelernt, dass der wahre Wert einer Uhr oft im Verborgenen liegt. Besonders bei Quarzuhren gibt es riesige Unterschiede, die man von außen kaum erkennt. Viele glauben ja, es kommt nur auf die Batterie an – ein großer Irrtum! Eine gute Quarzuhr ist ein präzises Instrument. Ich zeige euch heute, worauf es wirklich ankommt, woran ihr Qualität erkennt und wie ihr lange Freude an eurer Uhr habt.
Das Herz der Uhr: Was im Inneren tickt
Jeder kennt dieses typische Springen des Sekundenzeigers, einmal pro Sekunde. Aber was genau passiert da drin? Die Technik ist ehrlich gesagt ziemlich genial und super effizient. Alles fängt mit einem winzigen Stück Quarz an.

Dieser Quarzkristall hat eine faszinierende Eigenschaft: den sogenannten piezoelektrischen Effekt. Setzt man ihn unter Strom, beginnt er zu schwingen – und das mit einer unfassbar konstanten Frequenz von genau 32.768 Mal pro Sekunde. Diese Zahl ist übrigens kein Zufall, sondern eine Zweierpotenz (2 hoch 15), was es für den kleinen Computerchip in der Uhr super einfach macht, die Schwingungen zu zählen.
Dieser Chip ist quasi das Gehirn der Uhr. Er wird von der Batterie mit Energie versorgt und seine einzige Aufgabe ist es, diese 32.768 Schwingungen pro Sekunde so oft durch zwei zu teilen, bis genau ein Impuls pro Sekunde übrig bleibt. Diesen Impuls schickt er an einen winzigen Schrittschaltmotor, der dann den Sekundenzeiger exakt einen Schritt weiterbewegt. Das ist das ganze Geheimnis hinter dem präzisen Ticken.
Diese Technologie ist nicht nur extrem ganggenau (eine gute Quarzuhr weicht nur wenige Sekunden pro Monat ab!), sondern auch sehr energiesparend. Das zu verstehen, hilft uns gleich dabei, die Qualität eines Uhrwerks besser zu beurteilen.

Das Uhrwerk: Hier trennt sich die Spreu vom Weizen
Das Uhrwerk ist der Motor deiner Uhr. Auch wenn du es nie siehst, entscheidet es über Zuverlässigkeit und Lebensdauer. Grob gesagt gibt es Werke aus drei Regionen: der Schweiz, Japan und China.
- Schweizer Uhrwerke: Wenn auf einer Uhr „Swiss Made“ steht, muss auch das Werk aus der Schweiz kommen. Die Werke von dort sind für ihre hohe Qualität und Langlebigkeit bekannt. Ein riesiger Vorteil: Sie sind oft so gebaut, dass man sie reparieren kann. Wenn nach zehn Jahren ein Teil den Geist aufgibt, kann ich es als Uhrmacher nachbestellen und ersetzen. Manchmal haben diese Werke sogar an wichtigen Stellen Lagersteine (winzige Rubine), um die Reibung zu minimieren – ein klares Qualitätsmerkmal. Marken, die oft für ihre gute Preis-Leistung im Bereich von 200-400 Euro bekannt sind, setzen häufig auf diese Schweizer Werke.
- Japanische Uhrwerke: Die großen Spezialisten aus Japan bauen extrem zuverlässige und robuste Werke. Das sind die absoluten Arbeitstiere, die einfach laufen und laufen. Meistens sind sie nicht für eine Reparatur konzipiert; bei einem Defekt wird das ganze Werk getauscht, was oft günstiger und schneller ist. Qualitativ stehen sie den Schweizer Pendants in nichts nach. Tolle Uhren mit diesen Werken findest du oft schon für unter 200 Euro.
- Chinesische Uhrwerke: Hier ist die Qualitätsspanne enorm. Es gibt billigste Massenware, bei der sich nicht mal ein Batteriewechsel lohnt. Aber es gibt auch chinesische Hersteller, die mittlerweile richtig gute Qualität liefern. Ohne Fachwissen ist das von außen aber leider kaum zu beurteilen.
Kleiner Tipp am Rande: Ein teures Quarzwerk ist nicht automatisch ganggenauer als ein günstiges. Die Präzision kommt vom Quarz. Der Unterschied liegt in der Verarbeitung der Bauteile, der Langlebigkeit und der Servicefähigkeit.

Das Gehäuse: Mehr als nur eine schicke Hülle
Das Gehäuse schützt das Uhrwerk vor Stößen, Staub und Wasser. Hier kannst du Qualität buchstäblich fühlen. Nimm eine Uhr in die Hand. Fühlt sie sich solide und schwer an? Sind die Kanten sauber verarbeitet oder eher scharfkantig?
Achte auf die Bezeichnung Edelstahl 316L, auch Chirurgenstahl genannt. Dieser Stahl ist korrosionsbeständig und allergikerfreundlich. Billigere Uhren nutzen oft beschichtetes Messing, wo die Beschichtung mit der Zeit abblättert. Das sieht nicht nur unschön aus, sondern kann auch Hautreizungen verursachen.
Auch die Oberfläche verrät viel. Egal ob satiniert (gebürstet) oder poliert, die Verarbeitung muss makellos sein. Besonders der Übergang zwischen polierten und satinierten Flächen muss gestochen scharf sein – daran erkenne ich als Profi sofort die Qualität.
Das Uhrenglas: Der klare Durchblick
Das Glas ist entscheidend. Es gibt im Grunde drei Varianten:
- Acrylglas (Plexiglas): Weich, zerkratzt leicht, lässt sich aber wieder aufpolieren. Findet man oft bei sehr günstigen oder manchen Retro-Modellen.
- Mineralglas: Der Standard im mittleren Preissegment. Deutlich kratzfester als Acryl, aber wenn ein Kratzer drin ist, bleibt er auch drin.
- Saphirglas: Das ist die Königsklasse. Saphirglas ist ein synthetischer Kristall und fast so hart wie ein Diamant. Im Alltag ist es nahezu unmöglich, es zu zerkratzen. Ein Schlüssel in der Hosentasche? Kein Problem. Das ist ein echter Mehrwert und ein klares Zeichen für eine hochwertige Uhr.
Lust auf einen kleinen Test? Probiert das doch gleich mal bei eurer eigenen Uhr aus! Nehmt einen Tropfen Wasser und gebt ihn auf das Glas. Bei Saphirglas bleibt der Tropfen wegen der hohen Oberflächenspannung schön rund und kugelförmig. Bei Mineralglas verläuft er flacher. Ein einfacher Trick, der aber funktioniert!

Wasserdichtigkeit: Was „ATM“ wirklich bedeutet
Diese Angabe sorgt ständig für Verwirrung. Wichtig zu verstehen ist: Die Meter-Angaben beziehen sich auf Tests unter Laborbedingungen, also ohne Bewegung. Ein Sprung ins Wasser erzeugt einen viel höheren Druck.
Hier ist meine Faustregel für den Alltag:
- 3 ATM (30 Meter): Spritzwassergeschützt. Händewaschen, Regen – alles gut. Aber mehr bitte nicht.
- 5 ATM (50 Meter): Duschen ist theoretisch drin. Ganz ehrlich? Ich rate davon ab. Heißes Wasser und Seife können die Dichtungen auf Dauer angreifen.
- 10 ATM (100 Meter): Jetzt wird’s alltagstauglich! Schwimmen, Schnorcheln, der Sprung in den Pool – das steckt eine solche Uhr locker weg. Das ist meine Empfehlung für eine sorgenfreie Uhr.
- 20 ATM (200 Meter) und mehr: Das sind dann die echten Taucheruhren für den professionellen Einsatz.
Achtung! Die Dichtungen in der Uhr altern. Nach ein paar Jahren ist die ursprüngliche Wasserdichtigkeit nicht mehr garantiert. Deshalb ist eine professionelle Wartung so wichtig.

Der Batteriewechsel: Warum Geiz hier nicht geil ist
Eine Batterie hält im Schnitt zwei bis drei Jahre. Klingt nach einer einfachen Sache, oder? Aber beim Selbermachen lauern echte Gefahren: Kratzer im Gehäuseboden, eine beschädigte Dichtung oder – der Super-GAU – eine zerstörte Spule im Uhrwerk. Eine unachtsame Bewegung mit dem Schraubendreher und die Reparatur wird teurer als ein komplett neues Werk.
Bei mir in der Werkstatt kostet ein professioneller Batteriewechsel je nach Uhr zwischen 15 € und 30 €. Dafür bekommst du eine hochwertige Markenbatterie, eine Überprüfung der Dichtung und vor allem eine Wasserdichtigkeitsprüfung mit Beleg. So bist du auf der sicheren Seite.
Ich hatte mal einen Kunden, der hat für 10 Euro die Batterie im Kaufhaus wechseln lassen. Zwei Wochen später war er im Urlaub schwimmen. Ergebnis: Totalschaden durch Wassereinbruch. Die Reparatur hat ihn dann 150 Euro gekostet – alles nur, um ein paar Euro zu sparen. Das lohnt sich einfach nicht.

Woran erkennst du einen guten Uhrmacher? Frag ihn direkt, ob er nach dem Wechsel eine Druckprüfung macht und dir das bestätigt. Ein Profi wird das immer tun.
Zifferblatt, Zeiger und das gewisse Etwas
Die letzten Details verraten oft am meisten. Sind die Stundenmarkierungen (die Indexe) auf das Zifferblatt aufgesetzt oder nur aufgedruckt? Aufgesetzte Indexe sind ein Zeichen für mehr Aufwand. Schau dir auch den Sekundenzeiger genau an. Ein kleines Zeichen für ein gut gemachtes Werk ist, wenn der Sekundenzeiger bei jedem Sprung ziemlich genau auf den Index-Strichen landet. Bei ganz billigen Werken tanzt er oft irgendwo dazwischen.
Und wenn die Uhr Leuchtmasse hat, sollte sie auch nach einiger Zeit im Dunkeln noch gut ablesbar sein. Hochwertige Leuchtmasse aus der Schweiz speichert das Licht viel länger als billige Alternativen.
Mein Fazit aus der Werkstatt
Eine gute Quarzuhr ist eine smarte Entscheidung für Präzision und Zuverlässigkeit. Lass dich nicht nur vom Aussehen blenden. Wenn du eine Uhr in die Hand nimmst, achte auf die inneren Werte:

- Das Herz: Ein Werk aus Schweizer oder japanischer Fertigung ist fast immer eine sichere Bank.
- Das Glas: Saphirglas ist ein riesiger Vorteil im Alltag. Kratzer haben kaum eine Chance.
- Das Gehäuse: Massiver 316L-Edelstahl ist der Goldstandard.
- Die Dichtigkeit: Mindestens 10 ATM, wenn du beim Schwimmen oder im Urlaub auf Nummer sicher gehen willst.
Eine Quarzuhr braucht nicht viel Pflege, aber die richtige. Gönn ihr alle paar Jahre einen professionellen Service beim Uhrmacher. Dann wird sie dir viele Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte, ein treuer und verlässlicher Begleiter sein.
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Das Glas ist das Fenster zur Zeit – und ein entscheidendes Qualitätsmerkmal, das oft übersehen wird. Hier gibt es zwei Hauptkategorien:
- Saphirglas: Extrem kratzfest, entspiegelt und brillant klar. Ein Wassertropfen perlt darauf ab, ohne zu zerfließen. Es ist der Standard bei fast allen hochwertigen Uhren von Tissot bis Seiko.
- Mineralglas: Günstiger, aber deutlich anfälliger für Kratzer. Es ist ein akzeptabler Kompromiss im Einsteigersegment, wird aber nie die Langlebigkeit von Saphirglas erreichen.

Der Zeiger-Check des Uhrmachers: Achten Sie genau auf den Sekundenzeiger. Bei einer hochwertigen Quarzuhr trifft er exakt die Strichmarkierungen auf dem Zifferblatt, ohne dazwischen oder versetzt zu landen. Dieses kleine Detail verrät viel über die Präzision des Werks und die Sorgfalt bei der Montage – ein einfaches, aber wirkungsvolles Qualitätsmerkmal.

Nicht alle „Swiss Made“ Quarzwerke sind gleich. Es gibt verschiedene Qualitätsstufen, von einfachen Kunststoffwerken bis hin zu robusten, reparierbaren Metallwerken.
Das bedeutet, dass selbst innerhalb renommierter Hersteller wie ETA oder Ronda enorme Unterschiede bestehen. Ein gutes Werk ist oft als „jeweled“ (mit Rubinlagern) oder „gold-plated“ gekennzeichnet. Diese sind nicht nur langlebiger, sondern können von einem Uhrmacher auch gewartet werden. Ein billiges Plastikwerk wird bei einem Defekt einfach komplett ausgetauscht.

Was verrät das „Zucken“ des Sekundenzeigers?
Wenn der Sekundenzeiger Ihrer Quarzuhr plötzlich in Zwei- oder Vier-Sekunden-Sprüngen vorrückt, ist das kein Defekt. Im Gegenteil: Es ist ein cleveres Feature! Viele moderne Uhrwerke, etwa von Miyota oder ETA, verfügen über eine „End-of-Life“-Anzeige (EOL). Dieser Sprung signalisiert Ihnen, dass die Batteriespannung nachlässt und es Zeit für einen Wechsel beim Fachmann ist. So bleiben Sie nie unerwartet stehen.

- Sorgt für Langlebigkeit bei jedem Wetter.
- Schützt das präzise Werk vor Feuchtigkeitsschäden.
- Ermöglicht unbeschwertes Tragen bei alltäglichen Aktivitäten.
Das Geheimnis? Die Wasserdichtigkeit, angegeben in ATM oder Bar. Aber Vorsicht: 3 ATM (30 Meter) bedeutet nur spritzwassergeschützt, nicht zum Duschen geeignet. Erst ab 5 ATM ist die Uhr alltagstauglich. Zum Schwimmen sollten es mindestens 10 ATM sein.

Der minimalistische Stil vieler moderner Quarzuhren, wie bei den abgebildeten Objest-Modellen, folgt oft dem Designprinzip „Form folgt Funktion“. Inspiriert von der Bauhaus-Ära oder dem skandinavischen Design, liegt der Fokus auf Lesbarkeit und klaren Linien. Unnötige Verzierungen weichen einer durchdachten Typografie und ausgewogenen Proportionen. Marken wie Junghans mit der Max Bill-Linie oder die dänische Marke Skagen haben diesen cleanen Look perfektioniert und beweisen, dass gutes Design zeitlos ist.

Standard-Quarz: Die meisten Quarzuhren, von Casio bis zu vielen Schweizer Marken, haben eine Abweichung von +/- 15 Sekunden pro Monat. Das ist bereits extrem genau.
High-Accuracy Quartz (HAQ): Diese Spezialwerke, wie sie z.B. in der Longines Conquest V.H.P. (Very High Precision) oder bei einigen Grand Seiko Modellen zu finden sind, erreichen eine Genauigkeit von +/- 10 Sekunden pro *Jahr*. Sie sind oft thermokompensiert, gleichen also Temperaturschwankungen aktiv aus.

Eine durchschnittliche Quarzuhr ist etwa 30 Mal präziser als eine nicht-zertifizierte mechanische Automatikuhr.

Nehmen Sie die Uhr in die Hand. Fühlt sie sich wertig an oder leicht und blechern? Eine massive Edelstahluhr (achten Sie auf die Bezeichnung 316L) hat ein angenehmes Gewicht. Drehen Sie an der Krone: Spüren Sie einen klaren Widerstand und rastet sie sauber ein? Gleiten Sie mit dem Finger über die Kanten des Gehäuses – sind sie scharf oder sauber poliert? Diese haptischen Details trennen eine gute Uhr von einem Blender.
- Batteriewechsel vom Profi: Ein Uhrmacher prüft beim Wechsel auch die Dichtungen, um die Wasserdichtigkeit zu erhalten.
- Krone immer reindrücken: Eine gezogene Krone ist das Einfallstor für Staub und Feuchtigkeit.
- Starke Magnetfelder meiden: Legen Sie die Uhr nicht direkt auf Lautsprecher oder Tablets. Magnetismus kann den kleinen Schrittmotor im Inneren stören oder sogar anhalten.




