Quitten-Gold: So verwandelst du die störrische Frucht in flüssiges Glück

von Angela Schmidt
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Jedes Jahr im Herbst zieht ein ganz besonderer Duft durch mein Haus. Eine unglaubliche Mischung, irgendwo zwischen Apfel, Zitrone und einem Hauch von Rose. Das ist der Duft der Quitte. Ehrlich gesagt, es gibt kaum etwas, das so sehr nach Herbst riecht.

Dieses Handwerk, aus den steinharten, gelben Früchten etwas Wunderbares zu machen, ist eine alte Kunst. Mir wurde immer gesagt: „Die Quitte ist nichts für eilige Leute. Sie fordert Geduld, aber belohnt dich am Ende mit purem Gold.“ Und das stimmt bis heute zu 100 %.

Viele kennen die Quitte ja kaum noch. Im normalen Supermarkt? Fehlanzeige. Aber das macht sie ja gerade so besonders. Falls du dich jetzt fragst, wo du überhaupt welche herbekommst: Halte die Augen auf Bauernmärkten, in türkischen Gemüseläden oder bei Online-Kleinanzeigen offen. Manchmal hilft auch ein netter Aushang im lokalen Bioladen oder einfach die Frage an Nachbarn, die vielleicht einen alten Baum im Garten stehen haben, den sie selbst kaum abernten.

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Erst die Wahl, dann die Qual: Apfel- oder Birnenquitte?

Bevor wir uns die Hände schmutzig machen, eine kurze Materialkunde. Es gibt nämlich nicht nur „die eine“ Quitte. Die zwei Hauptdarsteller sind die Apfel- und die Birnenquitte. Ihre Namen verraten schon die Form, aber die inneren Werte sind entscheidend.

  • Die Apfelquitte: Sie ist kugelrund, steinhart und ihr Fruchtfleisch eher trocken. Ihr riesiger Vorteil ist das unfassbar intensive Aroma. Außerdem steckt sie voller Pektin, unserem natürlichen Geliermittel. Perfekt also für ein glasklares, festes Gelee. Der Nachteil: Sie hat mehr harte „Steinzellen“ im Fruchtfleisch, diese körnigen Pünktchen, die man von manchen Birnen kennt. Das macht sie für Mus etwas mühsamer.
  • Die Birnenquitte: Sie ist, Überraschung, birnenförmig und oft etwas weicher. Weniger Steinzellen machen sie zum Favoriten für Quittenbrot oder Kompott. Ihr Duft ist etwas feiner, weniger wuchtig, aber sehr elegant. Sie hat allerdings auch etwas weniger Pektin.

Kleiner Tipp aus der Praxis: Wenn du kannst, nimm eine Mischung aus beiden! So kriegst du das Beste aus beiden Welten: volles Aroma und trotzdem gut zu verarbeitendes Fruchtfleisch. Aber keine Sorge, wenn du nur eine Sorte bekommst – am Ende wird aus jeder Quitte was Leckeres.

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Die Vorbereitung: Wo das Abenteuer beginnt

Die Erntezeit ist meist so im Oktober. Reife Quitten erkennst du an der satten, goldgelben Farbe. Noch wichtiger ist aber der Flaum: Bei reifen Früchten lässt sich der pelzige Belag ganz leicht mit den Fingern abreiben. Wenn nicht, lass sie lieber noch hängen.

Schritt 1: Der Flaum muss runter

Dieser Pelz ist nicht nur ein Reifezeichen, er enthält auch Bitterstoffe, die uns den Geschmack komplett ruinieren würden. Also, weg damit! Nimm ein trockenes, raues Küchentuch oder eine Gemüsebürste und reibe jede einzelne Quitte kräftig ab, bis die Schale glänzt. Das ist eine fast meditative Arbeit. Erst DANACH die Früchte waschen – nasser Flaum klebt wie verrückt und geht kaum noch ab.

Schritt 2: Die Werkzeug-Checkliste

Bevor es richtig losgeht, leg dir am besten alles bereit. Nichts ist nerviger, als mitten im Prozess mit klebrigen Händen nach etwas suchen zu müssen.

Du brauchst:

  • Ein wirklich großes, stabiles Messer (die Dinger sind hart!)
  • Ein großes Schneidebrett
  • Einen riesigen Topf (wichtig: Edelstahl oder Emaille, bloß kein Aluminium, das reagiert mit der Fruchtsäure)
  • Ein Passiertuch oder ein altes, sauberes Baumwoll-Geschirrtuch ohne Weichspülerduft
  • Einen zweiten großen Topf oder eine Schüssel zum Auffangen des Safts
  • Später dann: sterile Gläser mit Deckel
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Das Herzstück: So kochst du den perfekten Quittensaft

Fast alles, was wir mit Quitten anstellen, beginnt mit dem Entsaften. Und genau hier wird oft ein entscheidender Fehler gemacht: Viele schälen die Früchte und entfernen das Kerngehäuse. Tu das auf keinen Fall! Das meiste Pektin, unser Zaubermittel fürs Gelieren, sitzt direkt unter der Schale und in den Kernen.

Ganz wichtig – kleiner Sicherheitshinweis: Die Quittenkerne enthalten Amygdalin, woraus bei Zerstörung Blausäure entstehen kann. Solange die Kerne ganz bleiben, wie bei unserem Kochvorgang, ist alles sicher. Wir seihen sie ja später aus. Also, die Kerne nicht zermahlen oder mitessen!

Als Faustregel für die Planung: Rechne mit etwa 1,5 bis 2 kg Quitten, um am Ende ungefähr 1 Liter reinen Saft zu erhalten. Auf dem Wochenmarkt zahlst du für die Früchte meist zwischen 3 und 5 Euro pro Kilo.

  1. Zerteilen: Nimm dein stabiles Messer und viertele oder achtele die abgeriebenen, gewaschenen Quitten. Schale, Kerne, alles bleibt dran. Nur Stiel und Blütenansatz schneidest du grob weg. Pass dabei gut auf deine Finger auf!
  2. Kochen: Gib die Stücke in den großen Topf und bedecke sie nur knapp mit Wasser. Zu viel Wasser verdünnt den Geschmack und das Pektin. Aufkochen, dann Deckel drauf und bei mittlerer Hitze 40 bis 60 Minuten leise köcheln lassen. Die Stücke müssen butterweich sein. Du wirst dabei ein kleines Wunder erleben: Das blasse Fruchtfleisch färbt sich langsam magisch von rosa zu einem tiefen Rot.
  3. Entsaften (mit Geduld!): Hänge dein Passiertuch über den zweiten Topf und schütte den gesamten Inhalt hinein. Und jetzt kommt der wichtigste Rat, den ich dir geben kann: Lass den Saft einfach über Nacht abtropfen. Drücke oder wringe das Tuch auf keinen Fall aus! Ganz ehrlich, ich hab den Fehler früher auch gemacht. Die Ungeduld siegt, man drückt – und zack, das Gelee wird trüb. Deine Belohnung für die Geduld ist ein kristallklarer, rubinroter Saft.

Ach ja, das Mus, das im Tuch zurückbleibt? Das werfen wir natürlich nicht weg. Das ist die Basis für unser Quittenbrot!

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Meisterstück 1: Kristallklares Quittengelee

Mit unserem kostbaren Saft machen wir jetzt den Klassiker. Das Verhältnis von Saft zu Zucker ist hier alles.

Gut zu wissen beim Gelierzucker: Für Anfänger ist Gelierzucker 1:1 (also 1 Liter Saft auf 1 Kilo Zucker) die einfachste und sicherste Wahl. Das Gelee wird damit garantiert fest. Wenn du es fruchtiger und weniger süß magst, kannst du Gelierzucker 2:1 oder 3:1 nehmen. Das bedeutet aber auch, dass du bei der Gelierprobe sehr exakt sein musst, weil weniger Zucker auch weniger „Gelier-Unterstützung“ bedeutet.

Gib den Saft, den Gelierzucker deiner Wahl und den Saft einer Zitrone (die Säure hilft dem Pektin!) in einen großen Topf. Wichtig: Der Topf sollte nur zur Hälfte gefüllt sein, die Masse schäumt stark auf! Unter Rühren aufkochen und dann mindestens 4 Minuten sprudelnd kochen lassen. Den aufsteigenden Schaum mit einer Kelle abschöpfen, das sorgt für ein blitzsauberes Gelee.

Die gefürchtete Gelierprobe (und was tun, wenn’s schiefgeht)

Gib einen Löffel der heißen Flüssigkeit auf einen kleinen, eiskalten Teller. Kurz warten. Wenn die Masse fest wird und Fältchen wirft, wenn du mit dem Finger dagegen schiebst – perfekt! Dein Gelee ist fertig.

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HILFE, MEIN GELEE WIRD NICHT FEST!
Keine Panik, das ist der häufigste Fehler und passiert jedem mal. Du hast Optionen:

  • Option 1: Einfach noch 5 Minuten sprudelnd weiterkochen und erneut testen. Manchmal braucht es nur etwas mehr Zeit.
  • Option 2: Einen kräftigen Schuss Zitronensaft dazugeben. Die zusätzliche Säure kann Wunder wirken.
  • Option 3 (die Rettung): Wenn gar nichts hilft, rühre nach Packungsanleitung etwas flüssiges Pektin oder Apfelpektin-Pulver ein. Das bekommst du im Reformhaus oder gut sortierten Supermärkten.

Das fertige, heiße Gelee sofort in sterile Gläser füllen (im Backofen bei 120°C für 15 Min. sterilisiert), zuschrauben und für 5 Minuten auf den Kopf stellen. Das erzeugt ein Vakuum. Danach umdrehen, abkühlen lassen und an einem dunklen, kühlen Ort lagern. Hält mindestens ein Jahr.

Meisterstück 2: Traditionelles Quittenbrot (oder Quittenkäse)

Aus dem restlichen Fruchtmus machen wir jetzt eine traditionsreiche Süßigkeit.

  1. Passieren: Streiche das Mus aus dem Tuch durch ein feines Sieb oder eine „Flotte Lotte“, um Schalen und Kerngehäuse zu entfernen. Das ist der anstrengendste Teil, aber er lohnt sich.
  2. Kochen: Wiege das Mus und rechne pro Kilo Mus etwa 500-700 g Zucker. Beides in einen Topf und unter STÄNDIGEM Rühren erhitzen. Und ich meine wirklich ständig, das Zeug brennt wahnsinnig schnell an! Du kochst die Masse so lange, bis sie extrem dick ist und beim Rühren eine „Gasse“ für einen Moment offenbleibt. Das dauert gut 30-45 Minuten. Vorsicht, es spritzt!
  3. Trocknen: Streiche die dicke Masse ca. 1-2 cm dick auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech. Und wo trocknen, wenn man keinen kühlen, luftigen Dachboden hat? Kein Problem. Der Klassiker ist, das Blech einfach oben auf einen Kleiderschrank zu stellen. Mein Geheimtipp für Ungeduldige: Im Backofen bei nur eingeschalteter Ofenlampe (ca. 40 °C) trocknen lassen, dabei einen Kochlöffel in die Tür klemmen, damit die Feuchtigkeit entweicht. Das dauert trotzdem ein paar Tage, aber nicht Wochen.

Wenn das Quittenbrot fest ist, schneide es in Rauten oder Würfel und wälze es in Zucker. In einer Blechdose, getrennt durch Backpapier, hält es ewig und wird mit der Zeit sogar noch besser.

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Noch nicht genug? Ein paar schnelle Ideen

Der Quick-Win für Ungeduldige: Keine Zeit für das alles? Probier das: Schneide eine Quitte in Spalten (Kerngehäuse raus) und lass sie einfach in deinem Lieblingstee für 10 Minuten mitziehen. Du bekommst das volle Aroma fast ohne Arbeit!

Bratquitte aus dem Ofen: Eine Quitte halbieren, Kerngehäuse raus, mit Zitrone einreiben. Die Höhlung mit Butter, Honig und Walnüssen füllen und bei 180 °C weich backen. Ein Traum im Herbst.

Quittenlikör: Grob zerteilte Quitten (ohne Kerne) mit Kandiszucker und einer Zimtstange in ein großes Glas geben. Mit Korn oder Wodka auffüllen, 4-6 Wochen ziehen lassen, ab und zu schütteln, fertig.

Ein letzter Gedanke

Die Arbeit mit Quitten ist mehr als nur Kochen. Sie entschleunigt. Sie zwingt dich, dir Zeit zu nehmen und dich auf eine Sache zu konzentrieren. Das Gefühl, im tiefsten Winter ein Glas selbstgemachtes, leuchtend rotes Quittengelee zu öffnen, ist unbezahlbar. Das ist der konservierte Geschmack deiner eigenen, ehrlichen Arbeit. Und wenn das erste Gelee nicht fest wird – egal! Daraus lernt man. In der Küche wie im Leben.

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Wie kann man Quitten verarbeiten und gesund nach Saison kochen?

Ein Detail, das alles ändert: Der feine, pelzige Flaum auf der Quittenschale muss unbedingt weg! Viele reiben ihn nur oberflächlich ab, aber genau hier lauern die meisten Bitterstoffe, die dem Gelee später eine unerwünschte, kratzige Note verleihen können. Am besten geht das mit einem rauen Küchenschwamm oder einem alten Geschirrtuch unter fließendem Wasser. Die Mühe lohnt sich für ein reines, fruchtiges Aroma.

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  • Eine samtige Textur ohne störende Körnchen.
  • Ein reineres Aroma, da Schalenreste und Kerngehäuse einfach zurückbleiben.
  • Weniger Arbeit, da die Quitten nur grob zerteilt gekocht werden müssen.

Das Geheimnis für perfektes Quittenmus oder -brot? Nicht der Pürierstab, sondern die klassische „Flotte Lotte“! Dieses Passiergerät von Marken wie Gefu trennt das Fruchtfleisch schonend von den unerwünschten Teilen und ist der wahre Profi für diese Aufgabe.

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Der „Goldene Apfel“, den Paris der Göttin Aphrodite überreichte und damit den Trojanischen Krieg auslöste, war höchstwahrscheinlich eine Quitte.

Diese historische Einordnung verleiht der Frucht eine besondere Aura. Seit der Antike gilt die Quitte als Symbol für Liebe, Glück und Fruchtbarkeit. Ein Glas selbstgemachtes Quittengelee zu verschenken, ist also nicht nur eine kulinarische Geste, sondern knüpft an eine jahrtausendealte Tradition an – ein wahres Geschenk der Götter.

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Das Gelee ist im Glas, aber was passiert mit Schalen und Kerngehäusen?

Wegwerfen wäre eine Sünde! Aus diesen vermeintlichen Resten lässt sich ein wunderbarer Quitten-Ansatzlikör herstellen. Einfach Schalen und Kerngehäuse in ein großes Schraubglas geben, mit weißem Kandiszucker bedecken und mit einem klaren Alkohol wie Wodka oder Korn auffüllen. Nach einigen Wochen an einem dunklen Ort haben Sie einen hocharomatischen Likör, der den Duft des Herbstes einfängt.

Der Landhaus-Look: Kleine Stoffdeckchen, zum Beispiel von Weck, mit einem Juteband um das Glas gebunden. Ein handgeschriebenes Etikett aus Kraftpapier verleiht jedem Glas eine persönliche, warme Note.

Der Design-Ansatz: Ein klares, schnörkelloses Glas mit einem präzise gedruckten Etikett von einem Dymo-Prägegerät. Der Fokus liegt hier ganz auf der leuchtenden Farbe des Gelees.

Der letzte Schliff macht Ihr Quitten-Gold zum perfekten Geschenk – für andere oder für Sie selbst.

Angela Schmidt

Nach dem Abschluss meines Studiums für Journalismus an der Uni- München, arbeite ich freiberuflich für diverse Formate und Produktionen. Freshideen ist für mich ein gegenseitiges Langzeitprojekt, mit dem ich meinen Alltag viel schöner gestalte. Die Themen der Nachhaltigkeit und der Umwelt bewegen mich am meisten, aber auch die kreativen DIY Ideen finden Platz in meinem Herzen.