Müde, schlapp, dauerkrank? Vielleicht fehlt dir nur dieses eine Spurenelement – Dein Selen-Fahrplan
Kennst du das? Du schläfst eigentlich genug, versuchst, dich gesund zu ernähren, aber fühlst dich trotzdem ständig, als würdest du mit angezogener Handbremse durchs Leben fahren. Jeder Infekt, der umgeht, landet zielsicher bei dir, und an manchen Tagen fällt schon das Aufstehen schwer. Wenn dir das bekannt vorkommt, bist du nicht allein. In meiner Arbeit mit Menschen, die genau über diese diffuse Erschöpfung klagen, führt die Spur erstaunlich oft zu einem kleinen, aber mächtigen Helfer in unserem Körper: Selen.
Inhaltsverzeichnis
- 0.1 Was ist Selen eigentlich und wofür zum Teufel brauchen wir das?
- 0.2 Warum haben so viele bei uns einen Mangel?
- 0.3 Wenn der Körper flüstert: Symptome richtig deuten
- 0.4 Der Weg zur Klarheit: Dein 3-Schritte-Plan für den Arztbesuch
- 0.5 Food First: So füllst du deine Speicher über die Ernährung auf
- 0.6 Supplemente: Wann sie sinnvoll sind und worauf du achten musst
- 0.7 Achtung, Falle! Die Gefahr der Überdosierung
- 0.8 Häufige Fragen, die mir immer wieder begegnen
- 0.9 Mein Fazit für dich
- 1 Bildergalerie
Und nein, Selen ist kein gehypter Trend aus den sozialen Medien. Es ist ein lebenswichtiges Spurenelement, dessen Bedeutung viele unterschätzen. Gerade bei uns in Deutschland ist ein Mangel aber weiter verbreitet, als man denkt. Lass uns das Thema mal ganz ohne kompliziertes Fachchinesisch angehen. Stell dir einfach vor, wir sitzen bei einem Kaffee zusammen und ich erzähle dir, worauf es wirklich ankommt.
Was ist Selen eigentlich und wofür zum Teufel brauchen wir das?
Stell dir deinen Körper wie ein super komplexes Schweizer Uhrwerk vor. Selen ist eines dieser winzigen, unscheinbaren Rädchen. Wenn es fehlt, gerät das ganze System ins Stottern. Es ist ein Spurenelement, was bedeutet: Der Körper braucht nur winzige Mengen davon, aber diese sind absolut unverzichtbar.

Ganz einfach gesagt, hat Selen zwei Hauptjobs, die es verdammt gut macht:
1. Bodyguard für deine Zellen: Beim Atmen, beim Essen, eigentlich ständig, entstehen in unserem Körper aggressive Teilchen, die man „freie Radikale“ nennt. Das sind quasi die kleinen Störenfriede, die unsere Zellen angreifen und alt aussehen lassen. Selen ist der Chef-Baustein für eines der stärksten Schutz-Enzyme überhaupt, die Glutathionperoxidase. Dieses Enzym fängt die Störenfriede ab und schützt so unsere Zellwände und unser Erbgut. Ein guter Selenspiegel ist also wie eine persönliche Security für jede einzelne Zelle.
2. Der Zündschlüssel für deine Schilddrüse: Das ist ein Punkt, den viele nicht auf dem Schirm haben. Deine Schilddrüse produziert Hormone, vor allem das Speicherhormon T4. Das ist aber quasi nur der Sprit im Tank. Damit der Motor anspringt und dein Stoffwechsel auf Touren kommt, muss T4 in die aktive Form T3 umgewandelt werden. Und genau hierfür brauchst du Enzyme, die Selen enthalten. Ohne genug Selen stottert dieser Umwandlungsprozess. Die Folge? Du fühlst dich müde und antriebslos, obwohl deine Schilddrüse vielleicht genug Hormone produziert. Gerade bei Schilddrüsen-Themen wie Hashimoto ist ein Blick auf den Selenwert daher für mich absolute Pflicht.

Ach ja, und für ein schlagkräftiges Immunsystem und die Entgiftung ist es auch noch zuständig. Ein echtes Multitalent, dieses Selen.
Warum haben so viele bei uns einen Mangel?
Jetzt fragst du dich vielleicht: „Aber ich esse doch gesund, wie kann das sein?“ Die Antwort liegt meist nicht direkt auf deinem Teller, sondern in der Erde darunter. Der Selengehalt in unseren Lebensmitteln hängt eins zu eins vom Boden ab, auf dem die Pflanzen wachsen.
Und hier in Europa, besonders in Deutschland, haben wir das Problem, dass unsere Böden von Natur aus sehr selenarm sind. Das ist einfach ein geologischer Fakt. Was nicht im Boden ist, kann die Pflanze nicht aufnehmen und landet somit auch nicht in unserem Essen oder im Futter der Tiere. In anderen Teilen der Welt, etwa in einigen Regionen Nordamerikas, sind die Böden reich an Selen. Deshalb kann Weizen von dort ein Vielfaches an Selen enthalten als unserer.

Daraus ergeben sich ein paar Gruppen, bei denen ich in meiner Erfahrung besonders hellhörig werde:
- Veganer und Vegetarier: Ohne Fisch, Fleisch und Eier fallen wichtige Selenquellen weg. Das geht, erfordert aber eine clevere und bewusste Lebensmittelauswahl.
- Menschen mit Darmproblemen: Bei chronischen Entzündungen wie Morbus Crohn oder auch bei Zöliakie ist die Nährstoffaufnahme oft gestört. Da kann man noch so gut essen, es kommt einfach nicht alles an.
- Nach Magen-Operationen: Ist die Aufnahmefläche im Verdauungstrakt verkleinert, muss man Spurenelemente besonders gut im Blick behalten.
Wenn der Körper flüstert: Symptome richtig deuten
Ein Selenmangel kommt schleichend. Die Symptome sind oft so unspezifisch, dass man sie leicht auf Stress oder den anstrengenden Alltag schiebt. Deshalb: Die folgende Liste ist ein Hinweis, keine Diagnose! Endgültige Klarheit bringt nur ein Bluttest beim Arzt.
Leise Alarmsignale, die du nicht ignorieren solltest:
- Ständige Infekte: Du nimmst jede Erkältung mit, die im Büro oder in der Kita kursiert? Könnte am Immunsystem liegen, das auf Sparflamme läuft.
- Bleierne Müdigkeit: Diese Art von Erschöpfung, die auch nach acht Stunden Schlaf nicht weggeht.
- „Gehirnnebel“: Ein Gefühl wie Watte im Kopf, Konzentrationsprobleme, Wortfindungsstörungen.
- Muskelschwäche: Die Muskeln fühlen sich einfach kraftlos an.
Wenn der Körper lauter um Hilfe ruft:

- Haarausfall: Kein büschelweiser Ausfall, sondern das Haar wird insgesamt dünner und verliert an Volumen.
- Brüchige Nägel: Splitternde, weiche Nägel oder auch weiße Flecken können ein Zeichen sein.
- Schilddrüsenprobleme: Wie oben erklärt, kann ein Mangel eine Schilddrüsenunterfunktion oder eine Hashimoto-Thyreoiditis verschlimmern oder sogar mit auslösen.
Der Weg zur Klarheit: Dein 3-Schritte-Plan für den Arztbesuch
Okay, du erkennst dich in einigen Punkten wieder. Was jetzt? Geh nicht einfach zum Arzt und sag: „Ich glaube, ich habe Selenmangel.“ Sei vorbereitet! Das erhöht die Chance, dass man dich ernst nimmt.
- Symptome notieren: Schreib dir eine kurze Liste mit deinen Beschwerden. Seit wann treten sie auf? Wie fühlen sie sich an?
- Den richtigen Test verlangen: Bitte gezielt um eine „Vollblut-Mineralstoffanalyse für Selen“. Das ist wichtig! Viele Labore testen nur im Serum, das ist aber nur eine Momentaufnahme. Der Wert im Vollblut zeigt deinen Langzeitspeicher an und ist viel aussagekräftiger.
- Begründen, warum: Sag zum Beispiel: „Aufgrund meiner anhaltenden Müdigkeit und Konzentrationsprobleme und weil in meiner Familie Schilddrüsenprobleme bekannt sind, möchte ich gerne meinen Selenwert im Vollblut überprüfen lassen.“
Gut zu wissen: Das ist oft eine sogenannte IGeL-Leistung, also eine individuelle Gesundheitsleistung, die du meist selbst zahlen musst. Rechne hier mit etwa 20 bis 30 Euro. Ehrlich gesagt, eine Investition in deine Gesundheit, die sich absolut lohnen kann, um endlich Klarheit zu bekommen.

Food First: So füllst du deine Speicher über die Ernährung auf
Wenn ein Mangel da ist, lautet die erste Devise immer: Ernährung optimieren! Pillen sind eine Krücke, echtes Essen ist der Weg. Dein Körper kann Nährstoffe aus Lebensmitteln im Verbund mit anderen Stoffen viel besser verwerten.
Dein schnellster Selen-Boost für heute: Iss zwei Paranüsse. Fertig. Mehr braucht es für einen guten Start oft nicht!
Aber Achtung, die Paranuss ist ein Superstar mit Beipackzettel. Sie ist die unangefochtene Königin des Selens, aber ihr Gehalt schwankt extrem. Eine einzige Nuss kann deinen Tagesbedarf decken, eine Handvoll kann schon zu viel des Guten sein. Meine goldene Regel: Niemals mehr als ein bis zwei Paranüsse pro Tag. Behandle sie wie ein natürliches Supplement, nicht wie einen Snack.
Zuverlässiger und sicherer sind andere Quellen. Hier ist eine kleine Übersicht:
- Fisch & Meeresfrüchte: Eine Dose Thunfisch im Salat, Hering oder ein schönes Stück Lachs – ein bis zwei Fischmahlzeiten pro Woche sind eine super Basis.
- Eier & Fleisch: Auch eine solide Quelle. Vor allem im Eigelb steckt eine gute Portion Selen.
- Linsen & Hülsenfrüchte: Rote Linsen, Kichererbsen und Bohnen sind fantastisch, aber auch hier hängt der Gehalt vom Anbauboden ab. Am besten mal die Herkunftsländer variieren.
- Gemüse: Pilze (besonders Steinpilze), Kohlsorten wie Brokkoli, Spargel und Zwiebelgewächse wie Knoblauch sind gute Ergänzungen.

Dein Selen-Einkauf: Für jeden Geldbeutel was dabei
Gesunde Ernährung muss nicht teuer sein. Es kommt auf die Auswahl an.
Die Budget-Helden (günstig & effektiv):
Linsen (rot oder braun), Haferflocken, Sonnenblumenkerne, Eier, Zwiebeln und Champignons. Eine Linsensuppe und ein paar Eier pro Woche machen schon einen riesigen Unterschied und schonen den Geldbeutel.
Die Premium-Quellen (wenn’s mal was mehr sein darf):
Wildlachs, Thunfisch in Sushi-Qualität, Bio-Rindfleisch und natürlich die Paranüsse. Diese liefern oft eine höhere Konzentration und zusätzliche Nährstoffe.
Supplemente: Wann sie sinnvoll sind und worauf du achten musst
Ich bin kein pauschaler Gegner von Nahrungsergänzungsmitteln. Sie können ein wertvolles Werkzeug sein, aber eben nur dann, wenn sie gezielt eingesetzt werden. Mein Motto: „Erst messen, dann handeln.“ Blind einwerfen ist keine gute Idee.
In diesen Fällen kann ein Präparat sinnvoll sein:
- Bei einem ärztlich nachgewiesenen, starken Mangel, um die Speicher schneller aufzufüllen.
- Im Rahmen einer ärztlichen Therapie bei Hashimoto-Thyreoiditis (hier werden oft Dosen um die 200 µg eingesetzt – aber bitte NIEMALS auf eigene Faust!).
- Bei nachgewiesenen Aufnahmestörungen im Darm.
Wenn du ein Supplement kaufst, schau genau hin. Organische Verbindungen wie Selenmethionin kann der Körper in der Regel viel besser aufnehmen als anorganisches Natriumselenit. Ein guter Tipp: Achte auf Produkte aus der Apotheke oder von Herstellern mit Sitz in der EU, da die Qualitätsstandards hier meist höher sind. Du findest sie aber auch in gut sortierten Drogerien oder online.

Achtung, Falle! Die Gefahr der Überdosierung
Ehrlichkeit gehört dazu: So nützlich Selen ist, so schädlich kann es im Übermaß sein. Die Grenze zwischen Freund und Feind ist hier leider ziemlich schmal.
Ich vergesse nie einen Fall aus meiner Praxis: Ein Mann hatte es zu gut gemeint. Er aß täglich eine ganze Handvoll Paranüsse UND nahm ein hochdosiertes Präparat. Nach ein paar Wochen kam er mit Haarausfall, brüchigen Nägeln und einem seltsamen, knoblauchartigen Körpergeruch zu mir. Die Blutanalyse war ein Schock: eine massive Selenvergiftung. Es hat Monate gedauert, bis sich sein Körper erholt hat. Diese Geschichte soll keine Angst machen, sondern für Respekt vor der richtigen Dosis werben.
Aber es geht auch andersrum! Ich erinnere mich so gut an eine Klientin Mitte 40, die sich monatelang zur Arbeit geschleppt hatte. Nach der Diagnose und einer gezielten Ernährungsumstellung – viel Linsensuppe, ab und zu Fisch und zwei Paranüsse am Tag – rief sie mich nach drei Monaten an und erzählte mir mit strahlender Stimme, dass sie am Wochenende zum ersten Mal seit Jahren wieder eine lange Wanderung gemacht habe. Ohne am nächsten Tag komplett erledigt zu sein. Das sind die Momente, die zeigen, was für eine gewaltige Wirkung so ein kleines Spurenelement haben kann.

Die sichere Obergrenze für die tägliche Gesamtzufuhr (Essen + Supplemente) liegt bei etwa 300 Mikrogramm. Mit normalem Essen ist das praktisch unerreichbar. Die Gefahr lauert nur bei unkontrollierter Einnahme von Pillen oder zu vielen Paranüssen.
Häufige Fragen, die mir immer wieder begegnen
F: Kann ich meinen Selenbedarf als Veganer sicher decken?
A: Ja, absolut. Es erfordert nur etwas mehr Planung. Die Basis sind Hülsenfrüchte, Vollkorn, Pilze und Nüsse/Samen. Der Game-Changer sind die ein bis zwei Paranüsse am Tag. Damit klappt es in der Regel sehr gut. Ein Check der Blutwerte alle ein bis zwei Jahre ist trotzdem eine gute Idee.
F: Wie lange dauert es, bis ich eine Besserung spüre?
A: Das ist individuell. Eine Besserung der Blutwerte sieht man oft schon nach 6-8 Wochen. Bis aber Symptome wie Haarausfall oder Müdigkeit spürbar nachlassen, kann es gut 3 bis 6 Monate dauern. Dein Körper braucht Zeit, um die Speicher aufzufüllen und sich zu regenerieren. Geduld ist hier dein Freund.

F: Machen Bio-Lebensmittel einen Unterschied beim Selengehalt?
A: Eine super Frage! Die ehrliche Antwort ist: nicht unbedingt. Der Selengehalt hängt, wie gesagt, vom Boden ab, nicht von der Anbaumethode (Bio vs. konventionell). Ein Bio-Apfel vom selenarmen deutschen Acker hat nicht mehr Selen als ein konventioneller vom selben Acker.
Mein Fazit für dich
Selen ist ein kleines Ding mit riesiger Wirkung. Ein Mangel kann dir die Lebensenergie rauben, aber die gute Nachricht ist: Du kannst aktiv etwas dagegen tun.
Höre auf die Signale deines Körpers, aber verlasse dich auf Fakten aus einer Blutanalyse. Der beste und sicherste Weg führt über eine bunte, abwechslungsreiche Ernährung. Iss Fisch, Eier, Linsen und ja, auch mal die eine oder andere Paranuss. Pillen sind nur die zweite Wahl für besondere Fälle und gehören in die Hand von Profis.
Gib deinem Körper die Bausteine, die er für seine harte Arbeit braucht. Er wird es dir mit Energie, Widerstandskraft und einem ganz neuen Lebensgefühl danken.

Bildergalerie


„Die Böden in weiten Teilen Europas, darunter Deutschland, gehören zu den selenärmsten der Welt.“ – Studie der ETH Zürich & Eawag
Das ist der eigentliche Grund, warum ein Mangel hierzulande so verbreitet ist. Es liegt nicht unbedingt an einer schlechten Ernährung, sondern daran, dass unsere heimischen Pflanzen und das Getreide von Natur aus weniger von diesem Spurenelement aufnehmen können. Selbst wer viel Gemüse und Vollkorn isst, erreicht möglicherweise nicht den optimalen Spiegel. Das erklärt, warum auch gesundheitsbewusste Menschen oft von Müdigkeit und Infektanfälligkeit betroffen sind und eine gezielte Ergänzung sinnvoll sein kann.

Eine Paranuss am Tag deckt den Bedarf – Mythos oder Wahrheit?
Vorsicht, dieser beliebte Tipp ist unzuverlässig. Der Selengehalt in Paranüssen schwankt extrem, je nach Ernte und Anbaugebiet in Südamerika – von unter 50 mcg bis über 500 mcg pro Nuss. Bei täglichem Verzehr riskiert man entweder eine Unterversorgung oder im schlimmsten Fall eine chronische Überdosierung (Selenose). Eine sicherere Strategie ist es, den Bedarf über eine Mischung verschiedener Quellen wie Linsen, Eier, Sonnenblumenkerne und Fisch zu decken, statt sich auf eine einzige, unberechenbare Quelle zu verlassen.
Selenmethionin vs. Natriumselenit: Was ist der Unterschied bei Ergänzungsmitteln?
Selenmethionin: Dies ist eine organische Form, die an eine Aminosäure gebunden ist – so wie Selen auch in der Nahrung vorkommt. Der Körper kann sie sehr gut aufnehmen und als eine Art Depot in Muskeln und Gewebe einlagern. Ideal für die langfristige Sicherstellung. Man findet sie oft in hochwertigen Präparaten, z.B. von Pure Encapsulations.
Natriumselenit: Eine anorganische, schnell verfügbare Form. Der Körper nutzt sie direkt, kann sie aber nicht speichern. Sie wird oft gezielt eingesetzt, um einen akuten Mangel rasch zu beheben.




