Mehr als nur Prag: Dein Insider-Guide für das echte Tschechien
Meine erste Reise nach Tschechien? Fühlt sich an wie gestern und ist doch eine halbe Ewigkeit her. Damals, in einer Zeit des großen Umbruchs, war es wie eine Reise in eine andere Welt. Die Luft roch anders, die Fassaden trugen die Patina der Geschichte, und überall lag diese besondere Mischung aus Aufbruch und Nostalgie in der Luft. Heute? Klar, vieles ist modern, blitzblank und an westliche Standards angepasst. Aber das Herz von Böhmen und Mähren, das schlägt immer noch in seinem ganz eigenen, faszinierenden Takt.
Inhaltsverzeichnis
Und genau diesen Rhythmus findest du nicht auf einer zweitägigen Blitz-Tour durch Prag.
Ich habe dieses Land kreuz und quer bereist, nicht als einfacher Tourist, sondern aus purer Leidenschaft. Ich saß mit Winzern in den tiefen Kellern Südmährens, habe Restauratoren über die Schulter geschaut und gesehen, wie junge Handwerker alte Techniken wieder zum Leben erwecken. Dieser Artikel ist also kein 08/15-Reiseführer. Er ist die Summe unzähliger Erlebnisse und soll dir helfen, Tschechien nicht nur zu besuchen, sondern es wirklich zu spüren.

Gute Vorbereitung ist die halbe Miete
Bevor du die Koffer packst, lass uns kurz ein paar praktische Dinge klären. Eine gute Vorbereitung erspart dir nämlich nicht nur Nerven, sondern auch teure Fehler. Glaub mir, ich spreche da aus Erfahrung.
Die digitale Vignette: So fährst du clever
Auf tschechischen Autobahnen und vielen Schnellstraßen herrscht Mautpflicht. Die alten Klebevignetten sind zum Glück Geschichte, heute läuft alles digital. Kauf die elektronische Vignette (elektronická dálniční známka) aber bitte ausschließlich auf der offiziellen staatlichen Webseite edalnice.cz. Die Seite gibt’s auch auf Deutsch, ist also kinderleicht.
Achtung, Falle! Im Internet wimmelt es von inoffiziellen Seiten, die täuschend echt aussehen, aber saftige Servicegebühren draufschlagen. Auch die Verkaufsbuden direkt an der Grenze sind oft Abzocke. Ein konkretes Beispiel: Die 10-Tages-Vignette kostet online offiziell 270 Kč (Stand Anfang 2024), also um die 11 Euro. An der Grenze wollen sie dir oft 20 Euro oder mehr abknöpfen. Der Online-Kauf ist also der einzig richtige Weg. Ohne erwischt zu werden, kann übrigens richtig teuer werden.

Geld wechseln: So vermeidest du die Touristenfallen
Die Währung ist die Tschechische Krone (Kč). Obwohl du in Prag oft mit Euro bezahlen kannst, ist der Kurs fast immer mies. Mein wichtigster Rat: Tausch niemals Geld bei zwielichtigen Gestalten auf der Straße und meide Wechselstuben mit riesigen „0 % Commission“-Schildern. Der Trick dabei ist oft, dass der Satz nur für den Verkauf von Kronen gilt oder der gute Kurs nur für absurd hohe Beträge.
Ich geb’s zu, bei einer meiner ersten Reisen habe ich an so einer Bude viel zu viel Geld für einen miesen Kurs gelassen. Von der Differenz hätte ich drei Abende lang fürstlich essen können. Mach nicht den gleichen Fehler!
Die beste Methode: Heb einfach Geld an einem Bankautomaten einer großen tschechischen Bank ab (z. B. Česká spořitelna, Komerční banka, ČSOB). Wenn der Automat fragt, ob du in Euro oder Kronen abrechnen willst, wähle IMMER die Abrechnung in Kronen (Kč). So bekommst du den fairen Bankenkurs und zahlst nur die Gebühren deiner Hausbank.

Ein paar Worte Tschechisch als Türöffner
Klar, in Prag kommst du mit Deutsch und Englisch gut durch. Aber sobald du aufs Land fährst, sieht die Welt anders aus. Ein paar Brocken Tschechisch sind nicht nur praktisch, sie sind ein Zeichen von Respekt und zaubern den Leuten ein Lächeln ins Gesicht.
- Dobrý den (sprich: DO-brie denn) – Guten Tag. Geht immer.
- Děkuji (sprich: DJE-kuyi) – Danke. Das wichtigste Wort überhaupt.
- Prosím (sprich: PRO-seem) – Bitte / Gern geschehen. Ein Alleskönner.
- Na shledanou (sprich: NA-skhle-da-nou) – Auf Wiedersehen.
Perfekte Aussprache? Erwartet niemand. Der Versuch zählt!
Prag: Mehr als nur die Karlsbrücke
Prag ist ein steinernes Märchenbuch. Die meisten Touristen blättern aber nur bis zur ersten Seite. Um die Stadt wirklich zu „lesen“, musst du genauer hinschauen.
Der Hradschin: Eine Stadt in der Stadt
Die Prager Burg ist kein einzelnes Gebäude, sondern ein ganzer Kosmos aus Palästen, Kirchen und Gassen. Mein Tipp: Kauf nicht das teuerste Kombiticket. Für die meisten reicht das „Circuit B“-Ticket völlig aus. Das kostet um die 250 Kč (ca. 10 Euro) und beinhaltet die wichtigsten Highlights wie den Alten Königspalast, den Veitsdom und das Goldene Gässchen.

Im Veitsdom solltest du unbedingt auf die Fenster achten. Neben den alten, ehrwürdigen gotischen Meisterwerken gibt es auch unglaublich farbenprächtige Jugendstil-Fenster, die von einem der berühmtesten Künstler des Landes entworfen wurden. Und bleib mal einen Moment still stehen und lausche dem Echo. Gänsehaut pur!
Das Goldene Gässchen ist tagsüber oft hoffnungslos überlaufen. Komm lieber am späten Nachmittag, wenn die großen Reisegruppen weg sind. Dann spürst du noch die besondere Atmosphäre dieser winzigen Häuschen, in denen einst die Burgwachen lebten.
Insider-Tipp für Prag: Die Tram 22
Vergiss die teuren Hop-on-Hop-off-Busse! Hol dir lieber eine Tageskarte für den öffentlichen Nahverkehr (kostet um die 120 Kč, also nicht mal 5 Euro) und setz dich in die Tram-Linie 22. Sie ist die inoffizielle Sightseeing-Linie der Einheimischen und fährt dich für Kleingeld an der Burg, der Kleinseite und vielen anderen Highlights vorbei. Der beste und günstigste Sightseeing-Hack für Prag!
Was auf den Teller kommt: Böhmische Küche für Genießer
Tschechien ohne das Essen zu probieren, ist wie Paris ohne den Eiffelturm. Du musst nicht alles mögen, aber du solltest es probieren!

- Svíčková na smetaně: Das ist der heilige Gral der tschechischen Küche. Ein zarter Lendenbraten in einer sämigen Gemüsesahnesoße, serviert mit böhmischen Knödeln und einem Klecks Preiselbeeren. Ein Gedicht!
- Smažený sýr: Klingt simpel, ist aber genial. Panierter und frittierter Käse (meist Edamer), serviert mit Pommes und tatarská omáčka (einer Art Remoulade). Das ultimative Comfort-Food.
- Pivo (Bier): Tschechien ist die Heimat des Pilsners. Ein halber Liter Bier kostet abseits der Touristenmeilen oft nur um die 50 Kč (ca. 2 Euro). Man bestellt es mit einem freundlichen „Pivo, prosím!“ und prostet mit „Na zdraví!“
Ach ja, und der berühmte Trdelník, dieses süße Gebäck, das an jeder Ecke verkauft wird? Ehrlich gesagt, das ist eher eine moderne Erfindung für Touristen und kein traditionelles Gebäck. Lecker, ja. Authentisch? Eher nicht.
Böhmen & Mähren: Die Schätze abseits der Hauptstadt
Der wahre Charakter Tschechiens zeigt sich erst, wenn man Prag hinter sich lässt.
Český Krumlov (Krumau): Ein Märchen mit zwei Gesichtern
Krumau ist eine Postkartenidylle, die mittelalterliche Struktur ist seit Jahrhunderten fast unverändert. Das hat die Stadt ihrer abgeschiedenen Lage in einer Moldauschleife und der langen Herrschaft einflussreicher Adelsfamilien zu verdanken, die den Ort als Gesamtkunstwerk erhielten.

Aber ganz ehrlich: Im Sommer kann der Ort von Tagesausflüglern regelrecht überrannt werden. Mein dringendster Rat: Bleib über Nacht! Wenn am Abend die Busse weg sind, kehrt eine magische Ruhe ein. Dann gehören die beleuchteten Gassen fast dir allein.
Brünn (Brno): Die coole kleine Schwester von Prag
Tschechiens zweitgrößte Stadt wird oft übersehen – ein großer Fehler! Brünn ist eine lebendige, junge Universitätsstadt mit einer super entspannten Atmosphäre. Hier findest du eines der wichtigsten Bauwerke der modernen Architektur, eine weltberühmte Villa, die als Meilenstein des Funktionalismus gilt und zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Eine Besichtigung musst du Monate im Voraus buchen, aber allein der Anblick von außen lohnt sich.
Südmähren: Wo der Wein zu Hause ist
Die Landschaft südlich von Brünn ist einfach bezaubernd: sanfte, sonnenverwöhnte Hügel, gespickt mit Weinreben. In Städtchen wie Mikulov oder Znojmo dreht sich alles um den Wein. Im Herbst musst du unbedingt den Burčák probieren – teilweise vergorener Traubenmost. Schmeckt süffig, hat es aber in sich! Die Einheimischen schwören, er reinige das Blut.

Natur pur: Wandern im Paradies
Tschechien ist ein Traum für Wanderer. Das Netz an markierten Wegen ist eines der besten der Welt – einfach genial und genial einfach. Rot sind die Hauptrouten, Blau, Grün und Gelb die regionalen und lokalen Wege. Verlaufen ist fast unmöglich.
Das Riesengebirge oder die Felsenstädte der Böhmischen Schweiz sind spektakulär. Aber ein persönlicher Rat: Unterschätze diese Mittelgebirge niemals. Das Wetter kann blitzschnell umschlagen. Feste Wanderschuhe, wetterfeste Kleidung und Respekt vor der Natur sind die beste Lebensversicherung.
Ein Routenvorschlag für deine Reise (10 Tage)
Überfordert mit all den Möglichkeiten? Kein Problem. Hier ist eine Idee, die Kultur, Natur und Genuss verbindet:
- Tag 1-3: Prag. Ankommen, die Atmosphäre aufsaugen, die Highlights mit dem Tram-Hack entdecken.
- Tag 4-5: Böhmisches Paradies. Mietwagen oder Zug nehmen und durch die bizarren Sandsteinformationen wandern.
- Tag 6-7: Olmütz (Olomouc). Das „Prag für Kenner“ entdecken, die barocke Pracht und die entspannte Atmosphäre genießen.
- Tag 8-10: Südmähren. Von Weinkeller zu Weinkeller schlendern, in Mikulov übernachten und die Seele baumeln lassen.

Ein letzter Gedanke
Das Wichtigste, was du nach Tschechien mitbringen kannst, ist Neugier. Probier ein Gericht, dessen Namen du nicht aussprechen kannst. Bieg in eine Gasse ab, die in keinem Reiseführer steht. Ich reise seit Ewigkeiten in dieses Land und entdecke immer wieder neue, wunderbare Ecken. Sei offen, sei respektvoll, und du wirst mit Erlebnissen belohnt, die du auf keiner Postkarte findest.
Nur zur Sicherheit: Dieser Artikel spiegelt meine persönlichen Erfahrungen wider. Preise, Öffnungszeiten und Vorschriften können sich natürlich ändern. Check wichtige Infos wie die Vignettenpreise oder Transportverbindungen am besten immer kurz vor deiner Reise auf den offiziellen Seiten. Gute Anlaufstellen sind edalnice.cz (Vignette), idos.cz (landesweite Fahrpläne für Bus & Bahn) und dpp.cz (Prager Verkehrsbetriebe). Gute Reise!
Bildergalerie


Vergessen Sie für einen Moment den Trdelník, die süße Touristenfalle. Das wahre kulinarische Herz Mährens schlägt deftiger: Probieren Sie eine ehrliche Česnečka (Knoblauchsuppe) in einer Dorfkneipe oder lassen Sie sich in Brünn auf Svíčková (Lendenbraten in Sahnesoße) ein. Das ist die Art von Essen, die Geschichten erzählt – von langen Wintern, reichen Ernten und der Kunst, einfache Zutaten in pures Glück zu verwandeln.

- Dobrý den: Der universelle Gruß für

Abseits der Pfade: Während sich in Prag die Massen drängen, wartet nur zwei Stunden nördlich eine völlig andere Welt auf Sie. Das Elbsandsteingebirge, auf tschechischer Seite als Böhmische Schweiz (České Švýcarsko) bekannt, ist ein Paradies aus bizarren Felsformationen, tiefen Schluchten und moosbewachsenen Wegen. Das Prebischtor, Europas größte natürliche Sandsteinbrücke, ist ein Anblick, der die Seele atmen lässt – eine perfekte Antithese zur Hektik der Hauptstadt.

Wussten Sie, dass die Tschechen Weltmeister im Pilzesammeln sind? Im Spätsommer und Herbst wird die Suche nach Steinpilzen und Maronen zu einem wahren Volkssport.

Die böhmischen Kurorte sind mehr als nur hübsche Fassaden. Eine

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Pils und einem Ležák?
Während im Ausland oft alles als

Option A – Der Penzion: Oft familiengeführt, bietet ein Penzion eine sehr persönliche, authentische Atmosphäre. Erwarten Sie kein rund um die Uhr besetztes Foyer, dafür aber herzliche Gastfreundschaft und unbezahlbare Insidertipps vom Besitzer.
Option B – Das Stadthotel: Standardisierter Komfort, oft zentral gelegen und mit allen Annehmlichkeiten wie Klimaanlage oder Minibar ausgestattet. Ideal für kurze Städtetrips, bei denen Effizienz und Lage im Vordergrund stehen.
Für das

Tschechien hat eine der höchsten Dichten an Burgen und Schlössern weltweit – über 2.000 sind es im ganzen Land.
Was das für Ihre Reise bedeutet? Sie sind praktisch nie weit von einem Märchen entfernt. Ob die uneinnehmbare Festung Karlštejn, das romantische Renaissance-Schloss in Litomyšl (UNESCO-Weltkulturerbe) oder eine verfallene Ruine auf einem Hügel – hinter jeder Biegung wartet ein Stück lebendige Geschichte.
- Entspannt ankommen, ohne Stau und Vignettenstress.
- Die malerische böhmische Landschaft direkt vom Fenster aus genießen.
- Auch kleinere Städte ohne eigenes Auto erreichen.
- Ein kühles Bier im Speisewagen trinken, während die Welt vorbeizieht.
Das Geheimnis? Das überraschend dichte und günstige Schienennetz der Tschechischen Bahnen (České dráhy). Eine der besten Arten, das Land wirklich zu sehen.




