Der chinesische Kalender, einfach erklärt: Warum dein Tierzeichen wahrscheinlich falsch ist

von Mareike Brenner
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Eine ganz andere Art, Zeit zu messen

In meiner Werkstatt hat alles seinen Rhythmus. Das Holz muss zur richtigen Zeit geschlagen werden, der Leim braucht seine exakte Trockenzeit, und ein Möbelstück wird nur dann richtig gut, wenn jeder Arbeitsschritt im Einklang mit dem Material erfolgt. Diese Faszination für Zyklen und Timing hat mich vor langer Zeit neugierig auf den chinesischen Kalender gemacht. Ich wollte wissen, wie eine so alte Kultur die Zeit misst.

Und was ich fand, war so viel mehr als nur die Tierkreiszeichen, die wir hier im Westen kennen. Viele denken, es sei ein reiner Mondkalender, aber das ist ein weit verbreitetes Missverständnis. In Wahrheit ist es ein geniales Stück Handwerkskunst, ein sogenannter Lunisolarkalender. Er verbindet die Zyklen des Mondes mit dem Lauf der Sonne – eine unglaublich clevere und praktische Lösung.

Stell es dir wie den Bau eines stabilen Tisches vor: Du brauchst mehrere Beine, die sich gegenseitig stützen. Hier sind es eben Mond und Sonne. Komm, wir werfen mal einen Blick in den „Maschinenraum“ dieses faszinierenden Systems. Ich erkläre dir die Mechanik dahinter, so wie ich einem Lehrling die Funktion eines neuen Werkzeugs zeigen würde.

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Die Grundlagen: Warum Mond und Sonne zusammenspielen müssen

Um zu verstehen, warum dieser Kalender so aufgebaut ist, muss man das Problem kennen, das seine Erfinder lösen mussten. Am Himmel gibt es zwei große, natürliche Taktgeber.

Da ist zum einen der Mond. Von einem Neumond zum nächsten vergehen etwa 29,5 Tage. Das ist ein Mondmonat. Zwölf davon ergeben ein Mondjahr mit ungefähr 354 Tagen. Auf der anderen Seite haben wir die Sonne. Die Erde braucht etwa 365,25 Tage für eine Runde um die Sonne, und das bestimmt unsere Jahreszeiten – extrem wichtig für die Landwirtschaft.

Du siehst das Problem? Ein reines Mondjahr ist jedes Jahr rund 11 Tage kürzer als das Sonnenjahr. Das klingt erstmal nicht nach viel. Aber schon nach drei Jahren hätte sich der Kalender um einen ganzen Monat verschoben. Das Neujahrsfest würde langsam vom tiefsten Winter in den Herbst und dann in den Sommer wandern. Für eine Kultur, die von der Landwirtschaft abhängig war, wäre das eine Katastrophe. Die Zeiten für Aussaat und Ernte wären völlig unzuverlässig.

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Die Lösung musste also beides können: die Monate nach dem leicht zu beobachtenden Mond zählen und sich gleichzeitig an den Jahreszeiten der Sonne orientieren. Wie ein Schreiner, der zwei unterschiedliche Holzstücke passgenau verbinden muss, brauchten die Kalendermacher eine besondere Technik.

Die clevere Mechanik: Schaltmonate und die 24 Sonnenstationen

Die geniale Lösung für dieses 11-Tage-Problem ist der Schaltmonat. Alle zwei bis drei Jahre wird dem Kalender einfach ein zusätzlicher, 13. Monat hinzugefügt. So wird die verlorene Zeit quasi wieder „aufgefüllt“ und der Kalender richtet sich neu an der Sonne aus. Ein solches Jahr mit 13 Monaten nennt man dann ein Schaltjahr.

Aber wann genau fügt man diesen Monat ein? Das passiert nicht willkürlich, sondern folgt einem präzisen System: den 24 Sonnenstationen. Ehrlich gesagt, sind sie das eigentliche Herzstück des Kalenders. Diese Stationen haben nichts mit dem Mond zu tun, sondern markieren exakte Punkte auf der Umlaufbahn der Erde um die Sonne, jeweils 15 Grad voneinander entfernt. Du kannst sie dir wie die Meilensteine eines Sonnenjahres vorstellen.

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Einige davon kennen wir auch, nur unter anderen Namen:

  • Frühlingsanfang
  • Tagundnachtgleiche im Frühling
  • Sommersonnenwende
  • Herbstbeginn
  • Tagundnachtgleiche im Herbst
  • Wintersonnenwende

Andere Stationen haben wunderbar poetische Namen, die aber knallharte, praktische Anweisungen für die Bauern waren. „Erwachen der Insekten“ zum Beispiel war das Zeichen, dass die Temperaturen steigen und es Zeit wird, die Felder für die Aussaat vorzubereiten. Oder „Kornregen“, was bedeutete, dass die wärmeren Regenfälle jetzt ideal für das Wachstum des Getreides sind. Das war überlebenswichtiges Wissen, verpackt in einem Kalender.

Die Regel für den Schaltmonat ist dann verblüffend einfach: Fällt in einen Mondmonat keine der wichtigen Haupt-Sonnenstationen, wird dieser Monat zum Schaltmonat. Er bekommt keinen eigenen Namen, sondern wird einfach als Wiederholung des Vormonats gezählt. So bleibt der Kalender immer im Takt mit den Jahreszeiten.

Achtung, Falle! So findest du dein WIRKLICHES Tierzeichen

So, und jetzt kommen wir zu dem Teil, den jeder zu kennen glaubt: die zwölf Tierkreiszeichen. Ratte, Büffel, Tiger und so weiter. Sie sind kulturell super wichtig, aber hier lauert ein Fehler, den fast jeder im Westen macht.

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Ich muss hier eine kleine Warnung aussprechen. Viele glauben, ihr Tierkreiszeichen richtet sich einfach nach dem Geburtsjahr. Aber das chinesische Neujahr fällt eben NICHT auf den 1. Januar. Es ist immer der zweite Neumond nach der Wintersonnenwende und liegt daher jedes Jahr woanders, meist zwischen dem 21. Januar und dem 20. Februar.

Kleiner Tipp: So findest du dein echtes Tierzeichen in 3 Schritten:

  1. Such online nach „Chinesisches Neujahr [dein Geburtsjahr]“. So findest du das exakte Datum für das Jahr, in dem du geboren wurdest.
  2. Vergleiche dieses Datum mit deinem Geburtstag. Liegt dein Geburtstag vor diesem Datum?
  3. Wenn ja, dann gehörst du noch zum Tier des Vorjahres. Wenn dein Geburtstag danach liegt, stimmt das Tier des aktuellen Jahres.

Ein konkretes Beispiel: Stell dir vor, das Neujahr fiel in einem bestimmten Jahr auf den 10. Februar. Wenn du am 5. Februar geboren wurdest, bist du astrologisch gesehen noch im alten Jahr und gehörst zum Tier des Vorjahres. Ich habe schon so oft Leute getroffen, die jahrelang vom falschen Tier ausgingen. Also, verlass dich nicht auf simple Online-Rechner, die nur das Jahr abfragen!

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Na, neugierig geworden? Musstest du dein Tierzeichen gerade korrigieren? Schreib es doch mal in die Kommentare, das würde mich wirklich interessieren!

Für Fortgeschrittene: Der große 60-Jahre-Zyklus

Wer jetzt noch tiefer graben will, entdeckt ein noch vielschichtigeres System. Neben den zwölf Erdzweigen (den Tieren) gibt es nämlich noch die zehn Himmelsstämme. Diese sind mit den fünf Elementen verbunden: Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser, jeweils in einer Yin- und einer Yang-Form.

Und jetzt wird’s spannend: Jedes Jahr ist eine Kombination aus einem Himmelsstamm und einem Erdzweig. Das ergibt einen Zyklus, der sich alle 60 Jahre wiederholt. Ein Jahr ist also nicht nur „das Jahr des Drachen“, sondern zum Beispiel das Jahr des „Yang-Holz-Drachen“.

Aber was bedeutet das jetzt im Klartext? Stell dir den Drachen vor. Ein Holz-Drache steht für Wachstum, Kreativität und neue Ideen – wie ein starker, wachsender Baum. Ein Feuer-Drache hingegen, wie er in einem anderen Jahr vorkommt, wäre viel impulsiver, leidenschaftlicher und dominanter. Dasselbe Tier, aber eine völlig andere Grundenergie. Das erklärt, warum Jahre mit dem gleichen Tier sich trotzdem total unterschiedlich anfühlen können.

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Der Kalender im Alltag: Feste, die das Leben prägen

Dieser Kalender war nie nur graue Theorie. Die wichtigsten traditionellen Feste richten sich bis heute nach ihm und bringen Familien zusammen. Die Daten ändern sich jedes Jahr, aber eine schnelle Suche nach „Datum [Festname] [aktuelles Jahr]“ hilft dir, auf dem Laufenden zu bleiben.

  • Das Frühlingsfest (Chinesisches Neujahr): Das wichtigste Familienfest überhaupt. Es geht um Erneuerung, Respekt vor den Ahnen und natürlich gutes Essen. Regional gibt es da riesige Unterschiede, von Teigtaschen im Norden bis zu Klebreiskuchen im Süden.
  • Das Laternenfest: Markiert den Abschluss der Neujahrsfeiern am 15. Tag des ersten Monats. Überall hängen bunte Laternen – ein wunderschöner Anblick.
  • Das Qingming-Fest: Ein Tag des Gedenkens an die Verstorbenen, meist Anfang April. Familien besuchen die Gräber ihrer Vorfahren, eine Mischung aus Trauer und der Freude über den Frühling.
  • Das Drachenbootfest: Am fünften Tag des fünften Monats gibt es spektakuläre Drachenbootrennen und man isst Zongzi, in Bambusblätter gewickelte Klebreispyramiden.
  • Das Mondfest: Ein Erntedankfest zur Zeit des hellsten Vollmonds im Herbst. Familien kommen zusammen, um den Mond zu bewundern und die berühmten Mondkuchen zu essen.

Diese Feste zeigen, wie eng der Kalender mit dem Rhythmus der Natur und dem sozialen Leben verwoben ist. Er ist gelebte Kultur.

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Was du daraus mitnehmen kannst (und worauf du achten solltest)

Dieses Wissen hilft dir nicht nur, eine andere Kultur besser zu verstehen. Es zeigt auch, dass es mehr als nur eine Art gibt, die Welt zu betrachten. Aber Achtung!

Ich möchte dir noch einen Rat aus meiner persönlichen Erfahrung mitgeben: Sei bitte vorsichtig bei den vielen Angeboten im Internet, die dir auf Basis deines Tierkreiszeichens die Zukunft vorhersagen oder teure Glücksbringer verkaufen wollen. Echte Kultur braucht keine kommerzielle Ausbeutung.

Sei besonders skeptisch, wenn jemand…

  • …dir Angst macht, um dich zu einer Handlung zu drängen.
  • …dir teure Amulette oder Kristalle als „einzige Lösung“ verkaufen will (solche Dinge kosten in der Regel nur wenige Euro in der Herstellung).
  • …keine klaren Angaben zu seiner Ausbildung oder seinen Preisen macht.

Wenn du dich wirklich ernsthaft für eine persönliche Analyse interessierst, such nach einem anerkannten Experten. Ein guter Berater ist wie ein guter Handwerksmeister: Er erklärt, berät und zwingt dir nichts auf. Er hilft dir, Potenziale zu verstehen – nicht mehr und nicht weniger.

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Ein letzter Gedanke

Für mich ist der chinesische Kalender wie ein altes, meisterhaft gefertigtes Möbelstück. Von weitem siehst du nur die grobe Form – die zwölf Tiere. Wenn du aber näherkommst, entdeckst du die feinen Holzverbindungen, die präzise Mechanik und die tiefe Symbolik der Elemente. Er ist ein fantastisches Zeugnis menschlichen Erfindergeistes.

Ich hoffe, dieser kleine Ausflug hat dir gefallen und deinen Horizont ein wenig erweitert. Denn egal ob im Handwerk oder im Leben: Neues zu lernen ist immer ein Gewinn.

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Bin ich wirklich im Jahr des Drachen geboren, wenn mein Geburtstag im Januar liegt?

Wahrscheinlich nicht! Das ist der häufigste Fehler. Das chinesische Neujahr fällt jedes Jahr auf ein anderes Datum zwischen dem 21. Januar und dem 20. Februar. Wer vor diesem Datum geboren ist, gehört noch zum Tierkreiszeichen des Vorjahres. Ein Beispiel: Das Jahr des Wasser-Drachen begann am 10. Februar 2024. Wer am 9. Februar 2024 geboren wurde, ist also noch im Zeichen des Wasser-Hasen aus dem Jahr 2023. Der Stichtag ist entscheidend, nicht der 1. Januar.

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Wussten Sie schon? Ein vollständiger Zyklus des traditionellen chinesischen Kalenders dauert 60 Jahre.

Dieser „sechzigjährige Zyklus“ (干支, gānzhī) entsteht durch die Kombination der 10 Himmelsstämme mit den 12 Erdzweigen (den Tierkreiszeichen). Jedes Jahr hat also nicht nur ein Tier, sondern auch ein Element und eine Polarität, wie z.B. das Jahr des „Jia Chen“ (甲辰) – des Holz-Drachen 2024. Erst nach 60 Jahren wiederholt sich die exakte Kombination.

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Mehr als nur Tiere: Die 24 Sonnenstationen (节气, Jiéqì) sind das landwirtschaftliche Herz des Kalenders. Sie teilen das Sonnenjahr in 24 Abschnitte und geben den Rhythmus für Aussaat, Ernte und Naturphänomene vor.

  • Lìchūn (立春): Beginn des Frühlings, oft der wahre astrologische Jahresanfang.
  • Gǔyǔ (谷雨): „Getreideregen“, die ideale Zeit für die Aussaat.
  • Xiàzhì (夏至): Sommersonnenwende, die längsten Tage des Jahres.
  • Dōngzhì (冬至): Wintersonnenwende, Zeit für nahrhafte Suppen und Familientreffen.
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Fasching mit Kids: Eure Bastel-Anleitung gegen Langeweile (und für wenig Geld)

Ein traditioneller chinesischer Almanach, der Tong Sheng (通書), ist weit mehr als ein Kalender. Er ist ein Fest für die Sinne: das dünne, fast durchscheinende Papier, der Geruch der roten und goldenen Druckfarbe und das Gewirr aus Schriftzeichen, das für jeden Tag günstige und ungünstige Aktivitäten vorschlägt – von der Hochzeit bis zum Haarschnitt. Er ist ein Stück gelebte Kultur, das in vielen Haushalten noch heute einen Ehrenplatz an der Wand hat.

Der traditionelle Wandkalender: Ein visuelles Statement. Großformatig, mit Kalligrafie verziert, ist er ein tägliches Ritual. Man reißt bewusst ein Blatt ab, um den Lauf der Zeit zu markieren. Ein klassisches Neujahrsgeschenk in vielen Familien.

Die moderne Kalender-App: Immer zur Hand. Apps wie „The Chinese Almanac“ oder integrierte Funktionen in Apps wie „WeChat“ bieten nicht nur Mondphasen, sondern auch Push-Benachrichtigungen für die 24 Sonnenstationen. Ideal, um Tradition mit einem modernen Lebensstil zu verbinden.

Mareike Brenner

Mareike ist 1991 in Bonn geboren und hat ihr Diplom in der Fachrichtung Journalistik an der TU Dortmund erworben. Sie hat einen Hintergrund im Bereich Design, da sie an der HAW Hamburg Illustration studiert hat. Mareike hat aber einen Sprung in die Welt des Journalismus gemacht, weil sie schon immer eine Leidenschaft für kreatives Schreiben hatte. Derzeit ist sie in der Redaktion von Freshideen tätig und schreibt gern Berichte über Schönheitstrends, Mode und Unterhaltung. Sie kennt übrigens alle Diäten und das Thema „Gesund abnehmen“ wird von ihr oft bevorzugt. In ihrer Freizeit kann man sie beim Kaffeetrinken mit Freunden antreffen oder sie bleibt zu Hause und zeichnet. Neulich hat sie eine neue Leidenschaft entdeckt, und das ist Online-Shopping.