Destilliertes Wasser: Genial für die Werkstatt, aber auch was fürs Wasserglas?

von Adele Voß
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In meiner Werkstatt komme ich ohne destilliertes Wasser einfach nicht aus. Es ist quasi das Schweizer Taschenmesser unter den Flüssigkeiten: perfekt für Autobatterien, essenziell für Kühlsysteme und, ganz ehrlich, ein Retter für jedes Dampfbügeleisen. Wer will schon Kalkflecken auf einem frisch gewaschenen Hemd? Aus jahrelanger Erfahrung kenne ich das Zeug in- und auswendig. Und trotzdem kommt immer wieder die eine Frage, egal ob vom neuen Azubi oder einem neugierigen Kunden: „Sag mal, kann man das eigentlich auch trinken?“

Und, tja, die Antwort ist nicht ganz so simpel, wie man meinen könnte. Im Netz kursieren ja die wildesten Storys. Für die einen ist es das reinste Gesundheitselixier, für die anderen eine tödliche Gefahr. Um das mal direkt klarzustellen: Beides ist Quatsch. Ich verlasse mich lieber auf handfeste Fakten und simple Physik statt auf Meinungen. Also, schauen wir uns das Thema mal ganz von Grund auf an, so wie sich das gehört.

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Was ist dieses „destillierte Wasser“ überhaupt?

Stell dir den natürlichen Wasserkreislauf vor – Regen, der zur Erde fällt. Genau das wird hier im Grunde technisch nachgebaut. Man nimmt normales Wasser, erhitzt es, bis es zu Dampf wird. Der Clou dabei: Alles, was kein Wasser ist – also Kalk, Salze, Mineralien und anderer Kram – kann nicht mit aufsteigen. Dieser ganze Ballast bleibt zurück. Der reine Wasserdampf wird dann aufgefangen, abgekühlt und wird wieder zu flüssigem Wasser. Und zack, das ist es: aqua destillata, reines H₂O.

Klingt einfach, braucht aber eine Menge Energie und spezielle Apparate. Deshalb ist der Kanister aus dem Baumarkt auch teurer als das, was bei dir aus dem Hahn kommt.

Ach ja, und bitte nicht verwechseln! Es gibt da ein paar ähnliche Begriffe, die aber was anderes bedeuten:

  • Demineralisiertes Wasser: Das wird oft durch einen sogenannten Ionenaustauscher gejagt, der die Salze rausfiltert. Ist für viele technische Zwecke okay, aber nicht ganz so blitzblank sauber wie destilliertes Wasser.
  • Gefiltertes Wasser: Dein normaler Tischfilter mit Aktivkohle macht genau das. Er holt vor allem Chlor und grobe Partikel raus, was den Geschmack verbessert. Die Mineralien bleiben aber größtenteils drin.
  • Umkehrosmose-Wasser: Hier wird Wasser mit hohem Druck durch eine superfeine Membran gepresst. Das Ergebnis ist extrem rein und kommt der Qualität von destilliertem Wasser schon sehr, sehr nahe.
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Die großen Mythen: Was ist wirklich dran?

So, jetzt aber Butter bei die Fische. Klären wir mal die Schauergeschichten, die man ständig hört, und zwar ganz nüchtern und sachlich.

Mythos 1: „Das Zeug entzieht dem Körper alle Mineralien!“

Das ist der Klassiker. Die Angst basiert auf dem Prinzip der Osmose – die Idee, dass das „leere“ Wasser in die Körperzellen strömt und ihnen die wertvollen Mineralien entreißt. Klingt dramatisch, oder?

Die Realität sieht aber anders aus. Unser Körper ist ja kein Reagenzglas, sondern ein verdammt cleveres System. Sobald du einen Schluck nimmst, vermischt er sich im Mund mit Speichel (der hat Mineralien) und spätestens im Magen mit deinem Essen. In dem Moment ist es schon kein reines destilliertes Wasser mehr. Unser Körper reguliert seinen Mineralhaushalt über die Nieren so präzise, dass er sich von einem Glas Wasser nicht aus der Fassung bringen lässt.

Ganz ehrlich? Der Mineraliengehalt in unserem Leitungswasser wird eh total überschätzt. In einer einzigen Banane steckt ein Vielfaches dessen, was in einem Liter Wasser schwimmt. Merkst du was? Für die wichtigen Mineralien isst du was Gutes, das Wasser ist vor allem zum Spülen und Transportieren da.

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Kleine Ausnahme: Wenn du gerade einen Marathon gelaufen bist und literweise Schweiß verloren hast, wäre es keine gute Idee, nur destilliertes Wasser zu trinken. Aber das gilt für Leitungswasser genauso. Deshalb greifen Sportler ja zu isotonischen Getränken.

Mythos 2: „Das Wasser ist sauer und übersäuert dich!“

Ein bisschen Chemie-Wissen: Absolut reines Wasser ist neutral (pH-Wert 7). Kommt es aber mit Luft in Kontakt, löst sich Kohlendioxid darin und es wird ganz leicht sauer, so um den pH-Wert 5,5. Aber Achtung: Dein Magensaft hat einen pH-Wert von 1-2, ist also zehntausendmal saurer. Dein Körper steckt das locker weg, ohne mit der Wimper zu zucken. Die Puffer-Systeme in deinem Blut sind extrem robust.

Der wirklich wichtige Punkt: Wo kaufst du dein Wasser?

Jetzt kommt die Warnung, die mir am Herzen liegt. Ich hatte mal einen jungen Azubi, der es gut meinte. Er hatte online gelesen, wie toll destilliertes Wasser sei, sah den großen 5-Liter-Kanister bei uns im Lager und wollte sich prompt ein Glas einschenken. Ich konnte ihn gerade noch aufhalten!

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Merk dir bitte eins: Destilliertes Wasser aus dem Baumarkt oder Autozubehör ist für Maschinen, NICHT für Menschen!

Das hat handfeste Gründe. Es wird nicht unter Lebensmittel-Standards hergestellt. Die Kanister können Weichmacher oder andere Chemikalien abgeben. Auf den Dingern steht nicht umsonst „Nicht zum Verzehr geeignet“. Das ist die größte Gefahr an der ganzen Sache – die Verwechslung.

Wenn du es wirklich mal probieren möchtest, dann musst du Wasser kaufen, das explizit für den menschlichen Verzehr oder für pharmazeutische Zwecke hergestellt wurde. Das findest du manchmal in Apotheken, im Reformhaus oder online. Es ist aber deutlich teurer, rechne mal mit 2 bis 3 Euro pro Liter.

Übrigens, der Geschmack… sei nicht enttäuscht. Die meisten Leute finden es ziemlich fade und flach. Es hat diesen „leeren“ Charakter, weil eben genau die Mineralien fehlen, die unserem Leitungswasser seinen typischen Geschmack geben.

Gibt es denn sinnvolle Anwendungen zu Hause?

Aber hallo! Abseits vom Trinken ist destilliertes Wasser ein echter Held im Haushalt, vor allem wenn du in einer Gegend mit sehr hartem, kalkhaltigem Wasser lebst.

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Hier mal eine kleine Handwerker-Rechnung: Eine gute Kaffeemaschine kostet dich locker 150 Euro. Wenn du sie ständig entkalken musst oder sie wegen Kalkablagerungen frühzeitig den Geist aufgibt, ist das ärgerlich. Ein 5-Liter-Kanister destilliertes Wasser kostet im Baumarkt vielleicht 3 bis 4 Euro und reicht ewig. Damit verlängerst du die Lebensdauer deiner Geräte erheblich. Das ist eine einfache Rechnung, oder? Gleiches gilt für Dampfbügeleisen, Luftbefeuchter und sogar zum Fensterputzen (gibt keine Streifen!).

Für die Bastler unter euch gibt es sogar Heim-Destilliergeräte. Die kosten in der Anschaffung so zwischen 80 und 150 Euro. Da kippst du oben Leitungswasser rein, drückst einen Knopf, und ein paar Stunden später hast du 4 Liter reinstes Wasser. Der Liter kostet dich dann nur noch den Strom – vielleicht so 30 bis 40 Cent. Für manche kann sich das lohnen.

Mein Fazit für dich – kurz und knackig

Fassen wir das Wichtigste mal zusammen, ohne langes Gerede:

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  • Dein Leitungswasser ist super. In Deutschland ist es eines der am besten kontrollierten Lebensmittel. Sicher, günstig und völlig ausreichend.
  • Mineralien holst du dir übers Essen. Eine ausgewogene Ernährung ist hier der Schlüssel, nicht das Wasser.
  • Destilliertes Wasser trinken? Wenn es lebensmittelecht ist, schadet es dir nicht. Es bringt dir aber auch keine besonderen Vorteile. Es ist kein Wundermittel.
  • DIE GRÖSSTE GEFAHR: Trink niemals das technische Wasser aus dem Baumarkt-Kanister! Das ist der wichtigste Punkt überhaupt.

Kleiner Tipp zum Schluss, den du sofort umsetzen kannst: Spuckt dein Dampfbügeleisen mal wieder Kalkflecken auf dein schwarzes Lieblingshemd? Hol dir für ein paar Euro einen Kanister aus dem Baumarkt. Problem für die nächsten Monate gelöst. So einfach kann’s sein.

In meiner Werkstatt bleibt destilliertes Wasser also ein unersetzliches Werkzeug. Und bei mir zu Hause im Wasserglas? Da bleibe ich beim guten, alten Leitungswasser. Ist unkompliziert, bewährt und schmeckt mir einfach besser.

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Warum schmeckt destilliertes Wasser so „leer“?

Wer es zum ersten Mal probiert, ist oft überrascht: Destilliertes Wasser schmeckt nicht neutral, sondern fade oder sogar leicht metallisch. Das liegt daran, dass uns der vertraute Geschmack von Mineralien wie Kalzium, Magnesium und Natrium fehlt, die unserem Leitungswasser seinen charakteristischen „Körper“ verleihen. Ohne diese gelösten Stoffe ist das Wasser chemisch „hungrig“ und reagiert sofort mit dem Kohlendioxid aus der Luft, wodurch eine geringe Menge Kohlensäure entsteht. Diese minimale Säure nehmen unsere Geschmacksknospen als ungewohnt wahr.

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„Der Großteil der für den Menschen wichtigen Mineralstoffe stammt aus der Nahrung, nicht aus dem Trinkwasser.“

Diese oft von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zitierte Feststellung entkräftet den Mythos, dass der gelegentliche Konsum von destilliertem Wasser dem Körper Mineralien „entzieht“. Bei einer ausgewogenen Ernährung ist der Beitrag des Wassers zur Mineralstoffversorgung ohnehin gering. Der Körper reguliert seinen Mineralhaushalt sehr effizient über die Nieren. Ein Glas reines H₂O bringt dieses komplexe System nicht aus dem Gleichgewicht.

Reinstwasser ist nicht nur in der Werkstatt ein Held. Auch in anspruchsvollen Haushalten findet es seinen Platz, um die Lebensdauer und Leistung teurer Geräte zu maximieren:

  • Für Kaffeegenuss: Besitzer von High-End-Siebträgermaschinen, etwa von ECM oder Rocket, nutzen oft eine Mischung aus destilliertem und mineralisiertem Wasser, um die perfekte Balance für den Geschmack zu finden und Kalkablagerungen komplett zu vermeiden.
  • Für empfindliche Pflanzen: Orchideen, Bonsais oder fleischfressende Pflanzen reagieren oft empfindlich auf den Kalk und die Salze im Leitungswasser. Das Gießen mit destilliertem Wasser kommt ihren natürlichen Bedingungen am nächsten.
  • In Luftbefeuchtern: Besonders bei Ultraschallverneblern verhindert die Verwendung von destilliertem Wasser den feinen weißen Mineralstaub, der sich sonst auf Möbeln ablagert.
Adele Voß

Adele Voß ist 1979 in Wien geboren und hat dort Kunstgeschichte studiert. Deshalb sind ihre Interessen als Online-Autorin auf die Bereiche Kunst und Kultur gerichtet.  Ihrer Meinung nach muss man Mode und Design ebenso als Quellen kreativer Inspiration betrachtet und als Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit. Adele macht ihre Leser gerne aufmerksam auf die tiefere Bedeutung der Trends im Innendesign im Konkreten und auch in der modernen Lebensweise im Allgemeinen. Adele Voß schreibt darüber hinaus gerne übers Thema Gesundheit. Es umfasst Artikel über gesundes Abnehmen, gesunde Speisen und Getränke und auch über sportliche Aktivitäten in jedem Alter. In ihrer Freizeit kocht sie gern für die Familie und sie alle reisen oft zusammen.