Pralinen selber machen wie ein Profi: Dein Guide für die perfekte Schokolade
Mal ganz ehrlich: Zum Valentinstag oder einem anderen besonderen Anlass eine Schachtel Pralinen zu kaufen, ist einfach. Aber eine selbstgemachte? Das ist eine völlig andere Liga. Das ist nicht nur Schokolade, das ist Zeit, Mühe und echte Zuneigung, die man schmecken kann.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Das A und O: Warum Schokolade eine Diva ist und temperiert werden will
- 2 Dein erstes Erfolgserlebnis: Edle Bruchschokolade zum Üben
- 3 Die Profi-Technik für zu Hause: Temperieren mit der Impfmethode
- 4 Das klassische Projekt: Handgerollte Trüffel
- 5 Für Ambitionierte: Pralinen aus der Form gießen
- 6 Verpackung und Lagerung: Der letzte, wichtige Schliff
- 7 Ein letztes Wort…
- 8 Bildergalerie
Ich stehe seit Jahrzehnten in der Backstube und hab schon unzählige Pralinen geformt. Eins habe ich dabei gelernt: Es geht nicht um Magie, sondern um Handwerk. Und dieses Handwerk kannst du lernen! Vergiss die überteuerten Pralinenschachteln aus dem Supermarkt. Wir verwandeln deine Küche in eine kleine, feine Manufaktur. Es ist einfacher, als du denkst – wenn du die Regeln kennst.
Das A und O: Warum Schokolade eine Diva ist und temperiert werden will
Bevor wir auch nur an Füllungen denken, müssen wir über das Wichtigste sprechen: das Temperieren von Schokolade. Viele Rezepte im Netz lassen diesen Schritt weg, und genau das ist der Kardinalfehler. Ohne richtiges Temperieren wird deine Schokolade matt, grau und bricht nicht knackig, sondern bröselt traurig vor sich hin. Sie schmilzt dir schon in der Hand, bevor sie überhaupt den Mund erreicht.

Warum ist das so? In guter Kuvertüre steckt Kakaobutter, und die kann in verschiedenen Kristallformen erstarren. Nur eine einzige davon ist die, die wir wollen. Sie sorgt für den perfekten Glanz, den knackigen Bruch und den zarten Schmelz auf der Zunge. Durch das Temperieren bringen wir die Kakaobutter quasi dazu, sich für genau diese perfekte Kristallform zu entscheiden.
Kleiner, aber wichtiger Exkurs: Kuvertüre vs. Schokolade
Für unser Vorhaben brauchst du unbedingt Kuvertüre, nicht die normale Tafel Schokolade zum Naschen. Der Unterschied? Kuvertüre enthält deutlich mehr Kakaobutter (gesetzlich vorgeschrieben sind mindestens 31 %). Das macht sie flüssiger und ist entscheidend für den Glanz und die dünnen, knackigen Schalen. Investiere hier in Qualität. Gute Kuvertüre in Callets (kleinen Tropfen) von Marken wie Callebaut oder Valrhona findest du im Konditoreibedarf online, z.B. bei Pati-Versand. Rechne mal mit 15 bis 25 € pro Kilo. Klingt erst mal viel, aber der Unterschied ist gewaltig und so ein Beutel reicht eine Weile.

Dein erstes Erfolgserlebnis: Edle Bruchschokolade zum Üben
Bevor wir uns an die filigranen Pralinen wagen, starten wir mit einem „Quick Win“. Bruchschokolade ist perfekt, um das Temperieren ohne Druck zu üben. Scheitern ist hier quasi unmöglich und das Ergebnis trotzdem superlecker!
So geht’s: Temperiere deine Lieblingskuvertüre nach der Anleitung unten. Gieße die flüssige Schokolade dann einfach auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech und streiche sie etwa einen halben Zentimeter dick aus. Jetzt kommt der Spaß: Bestreue sie mit allem, was du magst – geröstete Nüsse, getrocknete Beeren, Salzkaramell-Stückchen, bunte Streusel. Lass sie bei Raumtemperatur fest werden und brich sie dann in rustikale Stücke. Fertig ist ein super Geschenk oder eine tolle Nascherei, und du hast ganz nebenbei das Temperieren gemeistert!
Die Profi-Technik für zu Hause: Temperieren mit der Impfmethode
In der Konditorei arbeiten wir oft auf riesigen Marmorplatten. Für zu Hause ist die sogenannte Impfmethode aber viel praktischer und sauberer. Das Einzige, was du dafür wirklich brauchst, ist ein digitales Küchenthermometer. Das ist nicht optional! Schätzungen enden hier garantiert in einer Enttäuschung. Ein gutes Thermometer bekommst du schon für 10 bis 15 Euro.

Was du brauchst:
- Hochwertige Kuvertüre in Callets
- Eine mikrowellengeeignete Schüssel (am besten Kunststoff, kein Glas, da es Wärme zu lange speichert)
- Ein Teigschaber aus Silikon
- Dein digitales Thermometer
Schritt für Schritt (Beispiel für dunkle Kuvertüre):
- Vorbereiten: Nimm deine gesamte Kuvertüre. Gib zwei Drittel davon in die Schüssel, ein Drittel stellst du beiseite.
- Schmelzen: Erwärme die zwei Drittel in der Mikrowelle bei mittlerer Leistung in 30-Sekunden-Intervallen. Nach JEDEM Intervall gut umrühren! Schokolade sieht oft noch fest aus, obwohl sie innen schon heiß ist. Das Ziel sind 45-50 °C. Auf keinen Fall heißer, sonst zerstörst du die Struktur.
- Abkühlen & Impfen: Hol die Schüssel raus. Gib jetzt das restliche Drittel der festen Kuvertüre (das „Impfmaterial“ mit den perfekten Kristallen) dazu und rühre langsam, aber stetig. Die Temperatur der Masse wird nun sinken.
- Der kritische Punkt: Rühre, bis die Temperatur auf 27-28 °C gefallen ist. Es dürfen ruhig noch ein paar kleine Stücke übrig sein, die fischst du einfach raus.
- Auf Arbeitstemperatur bringen: Jetzt muss die Schokolade wieder ganz leicht erwärmt werden. Stell die Schüssel für 5-10 Sekunden (wirklich nur ganz kurz!) zurück in die Mikrowelle. Gut umrühren!
Die magischen Zahlen für die perfekte Arbeitstemperatur sind:

- Dunkle Kuvertüre: exakt 31-32 °C
- Milchkuvertüre: exakt 29-30 °C
- Weiße Kuvertüre: exakt 28-29 °C
Achtung, Wasser ist der Feind! Ein einziger Tropfen Wasser oder Wasserdampf lässt deine Schokolade sofort verklumpen. Deshalb ist die Mikrowelle für Anfänger oft sicherer als das klassische Wasserbad.
Die Probe aufs Exempel: Tauch eine Messerspitze in die fertige Schokolade. Bei normaler Zimmertemperatur (ca. 20 °C) sollte sie innerhalb von 3-5 Minuten fest, glänzend und ohne Streifen sein. Wenn nicht: Keine Panik! Das passiert auch Profis. Einfach alles wieder einschmelzen und den Prozess von vorn beginnen.
Das klassische Projekt: Handgerollte Trüffel
Ein Trüffel ist ehrlich und pur. Sein Herz ist die Ganache – eine cremige Mischung aus Sahne und Schokolade. Hier entscheidet die Qualität über alles.
Rezept für eine klassische Ganache:
- 200 g dunkle Kuvertüre (mind. 60 % Kakao), fein gehackt
- 100 ml Schlagsahne (mind. 32 % Fett)
- 20 g weiche Butter
- Optional: 1 EL guter Rum, Kirschwasser oder dein Lieblingslikör

So gelingt die perfekte Ganache:
- Die gehackte Kuvertüre in eine Schüssel geben.
- Die Sahne in einem Topf einmal kurz aufkochen lassen und sofort vom Herd nehmen.
- Die heiße Sahne über die Schokolade gießen. Wichtig: Eine Minute stehen lassen, nicht rühren!
- Jetzt mit einem Teigschaber von der Mitte aus in kleinen Kreisen rühren. Langsam entsteht eine glänzende, homogene Masse.
- Wenn die Ganache etwas abgekühlt ist (unter 40 °C), die weiche Butter und den Alkohol unterrühren. Das sorgt für einen noch zarteren Schmelz.
- Die Ganache direkt an der Oberfläche mit Frischhaltefolie abdecken (damit sich keine Haut bildet) und bei Raumtemperatur für mehrere Stunden, am besten über Nacht, fest werden lassen. Bitte nicht in den Kühlschrank, dort wird sie bröselig!
Formen und Überziehen:
Jetzt wird’s kreativ. Nimm mit einem Teelöffel kleine Portionen von der festen Ganache ab und rolle sie schnell zwischen den Händen zu Kugeln. Ein kleiner Tipp: Einweghandschuhe helfen gegen klebrige Finger. Lass die Kugeln kurz auf Backpapier anziehen.

Anschließend temperierst du deine Kuvertüre für den Überzug. Tauche die Kugeln mit einer Gabel (es gibt spezielle Pralinengabeln, aber eine normale tut’s am Anfang auch) hinein, lass sie gut abtropfen und setze sie auf Backpapier. Bevor der Überzug fest ist, kannst du sie in Kakaopulver, gehackten Nüssen oder Schokostreuseln wälzen.
Für Ambitionierte: Pralinen aus der Form gießen
Wenn du das Temperieren draufhast, ist der nächste Schritt das Gießen von Hohlkörpern. Hier entstehen Pralinen mit knackiger Hülle und flüssiger oder cremiger Füllung.
Vergiss weiche Silikonformen. Für den ultimativen Glanz brauchst du harte, durchsichtige Formen aus Polycarbonat. Sie sind eine Investition, die sich lohnt – rechne mit 15 bis 30 Euro pro Form, aber sie halten bei guter Pflege ewig. Vor der Benutzung muss die Form absolut sauber und trocken sein. Profis polieren jede Vertiefung mit Watte, um den perfekten Glanz zu garantieren.
Der Prozess kurz und knapp:
- Schale gießen: Die Form randvoll mit temperierter Kuvertüre füllen.
- Klopfen: Kräftig auf die Arbeitsfläche klopfen, damit Luftblasen entweichen.
- Ausleeren: Die Form über der Schokoladenschüssel umdrehen und die überschüssige Schokolade auslaufen lassen. Zurück bleibt eine dünne Schale.
- Säubern & Aushärten: Die Oberfläche mit einem Spachtel sauber abziehen und die Form bei Raumtemperatur aushärten lassen.
- Füllen: Die festen Schalen füllen – aber nur bis 2-3 mm unter den Rand!
- Verschließen: Mit etwas temperierter Kuvertüre einen Deckel aufbringen und glatt abziehen.
- Kühlen & Lösen: Für ca. 20 Minuten in den Kühlschrank. Wenn alles geklappt hat, fallen die Pralinen danach durch leichtes Klopfen einfach aus der Form.
Was, wenn die Pralinen in der Form kleben bleiben?

Passiert. Ehrlich gesagt ist mir auch schon mal eine ganze Charge in der Form kleben geblieben, weil ich ungeduldig war und die Kuvertüre nicht exakt auf Temperatur war. Meistens liegt es an genau zwei Dingen: Die Schokolade war nicht perfekt temperiert oder die gegossene Schale war zu dünn. Also: keine Panik, Reste auskratzen, einschmelzen und mit neuer Geduld nochmal versuchen. Das ist der Lernprozess!
Noch mehr Ideen für die Füllung
Ganache ist der Klassiker, aber du kannst auch kreativ werden! Gute Nuss-Nougat-Creme (nicht die aus dem Supermarkt, lieber eine hochwertige vom Konditor) leicht erwärmen und einfüllen. Oder du verknetest hochwertiges Marzipan (z.B. Lübecker) mit einem Schuss Likör zu einer leckeren Füllung. Erlaubt ist, was schmeckt!
Verpackung und Lagerung: Der letzte, wichtige Schliff
Du hast so viel Arbeit investiert, jetzt präsentiere deine Schätze auch entsprechend. Kauf dir ein paar richtige Pralinenschachteln mit Einsätzen, damit jede Praline ihren eigenen, geschützten Platz hat. Das sieht nicht nur professionell aus, sondern verhindert auch Kratzer.

Achte bei allen Verpackungen auf das kleine Glas-Gabel-Symbol. Es garantiert, dass das Material lebensmittelecht ist und keine unerwünschten Stoffe abgibt.
Zur Lagerung: Selbstgemachte Pralinen mit Sahne sind nur begrenzt haltbar. Lagere sie kühl, trocken und dunkel. Die perfekten 15-18 °C hat natürlich kaum jemand zu Hause. Ein kühler Keller oder eine unbeheizte Speisekammer sind ideal. Ansonsten ist der kühlste Raum in der Wohnung (nicht das Bad!) die beste Notlösung. Bitte, bitte leg sie nicht in den Kühlschrank! Dort ziehen sie Feuchtigkeit und verlieren ihr Aroma. Am besten sollten sie innerhalb von ein bis zwei Wochen genossen werden.
Und ganz wichtig: Wenn du Nüsse oder Alkohol verwendest und die Pralinen verschenkst, schreib eine kleine Karte mit den Zutaten dazu. Das ist nicht nur umsichtig wegen Allergien, sondern zeigt auch, wie viel Sorgfalt in deinem Geschenk steckt.
Ein letztes Wort…
Du hast jetzt das Rüstzeug, um ein Geschenk zu schaffen, das man nicht kaufen kann. Wenn du diese Pralinen überreichst, verschenkst du nicht nur Schokolade. Du verschenkst einen Nachmittag voller Konzentration, den Duft von warmer Kuvertüre und die Sorgfalt, mit der du jedes Stück von Hand gefertigt hast. Der erste Versuch wird vielleicht nicht perfekt aussehen, aber er wird mit Liebe gemacht sein. Und das, mein Freund, ist unbezahlbar. Viel Spaß beim Ausprobieren!

Bildergalerie


Welche Füllung passt zu meiner Schokolade? Und muss es immer die klassische Ganache sein?
Ganz und gar nicht! Eine Ganache aus Sahne und Kuvertüre ist zwar die perfekte, samtige Basis, aber sie ist vor allem eine leere Leinwand. Der wahre Spaß beginnt beim Aromatisieren. Ein Schuss hochwertiges Fruchtpüree (z.B. von Boiron Himbeere), ein Löffel feinstes Nussmus für ein Gianduja-Gefühl oder eine Prise Chili oder Kardamom verwandeln eine simple Füllung in ein einzigartiges Geschmackserlebnis. Der Trick ist, Aromen sparsam hinzuzufügen und zwischen den Schritten immer wieder abzuschmecken.

Schokolade ist der einzige Luxus, den man sich jeden Tag leisten kann.
Dieses Zitat wird oft dem legendären französischen Chocolatier Robert Linxe (Gründer von La Maison du Chocolat) zugeschrieben. Es erinnert uns daran, dass der Genuss einer perfekt gemachten Praline ein kleiner, erreichbarer Moment des Glücks ist. Wenn Sie sie selbst herstellen, steigern Sie diesen Wert ins Unermessliche – denn dann stecken nicht nur Kakao und Zucker darin, sondern auch Ihre Zeit und Leidenschaft.

Dunkle Kuvertüre (z.B. Callebaut 811): Ihr hoher Kakaoanteil sorgt für einen intensiven Geschmack und einen wunderbar festen „Knack“. Sie ist fehlerverzeihender beim Temperieren und die erste Wahl für klassische, herbe Pralinenschalen.
Weiße Kuvertüre (z.B. Valrhona Ivoire 35%): Sie ist die wahre Diva. Ohne Kakaomasse, nur aus Kakaobutter, Zucker und Milch, ist sie extrem hitzeempfindlich. Perfekt temperiert, bietet sie eine cremige Süße, die ideal für fruchtige Füllungen ist, aber sie verzeiht keine Temperaturschwankungen.
Für den Anfang ist eine gute dunkle oder Zartbitter-Kuvertüre die sicherste und lohnendste Wahl.

Der heimliche Saboteur in Ihrer Küche: Wasser. Selbst ein einziger Tropfen, der in Ihre schmelzende Kuvertüre gelangt, kann eine Katastrophe auslösen. Die Schokolade verklumpt sofort, wird zu einer körnigen, unbrauchbaren Masse – ein Prozess, den Profis als „Anziehen“ oder „Seizing“ bezeichnen. Achten Sie also peinlich genau darauf, dass Schüsseln, Spatel und Arbeitsflächen absolut trocken sind, besonders wenn Sie mit einem Wasserbad arbeiten.
- Musterzauber mit Transferfolien: Das sind Folien mit Mustern aus Kakaobutter. Man legt sie in die Pralinenform, bevor die temperierte Schokolade hineinkommt. Nach dem Aushärten zieht man die Folie ab und das Muster bleibt auf der Praline.
- Ein Hauch von Luxus: Mit einem weichen, sauberen Pinsel lässt sich essbares Gold- oder Bronzepulver (z.B. von Rainbow Dust) auf die fertigen Pralinen tupfen. Das verleiht ihnen sofort eine edle, patisserie-reife Optik.
- Der Klassiker für Trüffel: Selbstgemachte Trüffel werden erst durch das Wälzen in hochwertigem Kakaopulver, wie dem von Van Houten, perfekt. Das balanciert die Süße der Ganache ideal aus.




