Zimt ist nicht gleich Zimt: Das Geheimnis, das deine Küche verändern wird
Hey, schön, dass du hier bist! Lass uns mal über ein Gewürz reden, das jeder kennt, aber kaum jemand so richtig versteht: Zimt. In all den Jahren, in denen ich in der Backstube stehe, war eine der ersten Lektionen für meine Azubis immer die gleiche. Ich stelle zwei Dosen Zimt auf den Tisch. Für die meisten sehen sie identisch aus. Aber dann… der Geruchstest. Und spätestens die Geschmacksprobe. Plötzlich wird klar: Das sind zwei komplett verschiedene Welten.
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Diese Lektion ist mehr als nur Bäckertheorie. Sie entscheidet über den Geschmack deiner Zimtschnecken, die Qualität deines Apfelkuchens und, ehrlich gesagt, auch ein Stück weit über deine Gesundheit. Die meisten kennen nur diesen einen, fast scharfen „Weihnachts“-Zimt aus dem Supermarkt. Aber das ist nur die halbe Miete. Es gibt zwei Hauptdarsteller: den feinen, edlen Ceylon-Zimt und den kräftigen, allgegenwärtigen Kassia-Zimt. Und die beiden zu verwechseln? Ein Fehler, den man als Profi nur einmal macht.

Keine Sorge, das hier wird keine trockene Vorlesung. Das sind handfeste Tipps aus der Praxis, gereift in der Hitze des Ofens. Also, schnapp dir ’nen Kaffee, und lass uns mal dein Gewürzregal revolutionieren.
Die zwei Gesichter des Zimts: Ein genauer Blick
Botanisch gesehen stammen beide Sorten von der Rinde sogenannter Zimtbäume. Aber das war’s dann auch schon fast mit den Gemeinsamkeiten. Herkunft, Ernte und vor allem die Inhaltsstoffe sind grundverschieden.
Ceylon-Zimt: Der Echte und Feine
Sein botanischer Name bedeutet so viel wie „wahrer Zimt“. Das sagt eigentlich alles. Er gilt als die edelste Sorte und wenn du mal eine Stange in der Hand hältst, weißt du auch warum.
- So erkennst du ihn: Eine Ceylon-Zimtstange sieht aus wie eine feine Zigarre, die aus vielen hauchdünnen Schichten zusammengerollt ist. Sie ist hellbraun (denk an Ocker) und so brüchig, dass du sie leicht mit den Fingern zerbröseln kannst.
- Geruch & Geschmack: Hier liegt die Magie! Ceylon duftet warm, blumig, fast elegant. Er ist subtil, leicht süßlich und überdeckt andere Aromen nicht, sondern hebt sie hervor. Kein Brennen, kein bitterer Nachgeschmack.
- Der Preis: Qualität hat ihren Preis. Die Ernte ist reine Handarbeit, was ihn teurer macht. Rechne mal mit 5 € bis 8 € für ein 50g-Döschen von guten Bio-Marken wie Sonnentor oder Lebensbaum.

Kassia-Zimt: Der kräftige Allrounder
Das ist der Zimt, den 90 % von uns im Schrank haben. Er ist günstiger in der Herstellung und dominiert daher die Supermarktregale.
- So erkennst du ihn: Die Stange besteht aus einer einzigen, dicken und harten Rindenschicht, die sich von beiden Seiten einrollt. Sie ist dunkel-rotbraun und extrem hart. Versuch mal, die zu zerbrechen – viel Spaß!
- Geruch & Geschmack: Intensiv, stechend, dominant. Er hat diese typische Schärfe, die man von Zimtkaugummi kennt. Kräftig-süßlich, aber oft mit einem leicht bitteren Abgang.
- Der Preis: Deutlich günstiger. Oft bekommst du ein Döschen schon für 1 € bis 2 €.
Gut zu wissen: Die meisten von uns kaufen ja gemahlenen Zimt. Wie unterscheidet man den? Ganz einfach an der Farbe! Echter Ceylon-Zimt ist hell und ockerfarben, während Kassia ein deutlich dunkleres, rötliches Braun hat. Schau einfach mal genau hin!
Der entscheidende Inhaltsstoff: Warum Cumarin den Unterschied macht
Jetzt wird’s wirklich wichtig, denn hier geht es nicht nur um Geschmack, sondern um deine Gesundheit. Der große Unterschied zwischen den beiden Sorten ist ein Stoff namens Cumarin.

Cumarin ist ein natürlicher Aromastoff, der in höheren Dosen bei empfindlichen Menschen die Leber belasten kann. Stell es dir wie Salz vor: Ein bisschen ist super, zu viel ist ungesund. Die tägliche Obergrenze, die Experten empfehlen, liegt bei etwa 0,1 Milligramm Cumarin pro Kilogramm Körpergewicht.
Und jetzt kommt der Hammer:
- Kassia-Zimt enthält richtig viel Cumarin – im Schnitt etwa 3 Gramm pro Kilo.
- Ceylon-Zimt enthält so gut wie kein Cumarin, der Gehalt ist praktisch nicht messbar.
Lass uns das mal kurz durchrechnen. Für einen Erwachsenen mit 70 kg liegt die Obergrenze bei 7 mg Cumarin pro Tag. Diese Grenze erreichst du mit Kassia-Zimt schon mit einem knappen Teelöffel (der hat etwa 2-3 Gramm). Wer also täglich seinen Porridge oder Kaffee mit Kassia-Zimt aufpeppt, kann schnell drüber liegen. Mit Ceylon-Zimt? Unmöglich. Du müsstest hunderte Gramm davon essen.
Ganz ehrlich: Seit ich das weiß, kommt mir für den täglichen Gebrauch nur noch Ceylon ins Haus. Vor allem, wenn Kinder mitessen, deren Körper ja viel empfindlicher reagiert.

Anwendung in der Praxis: Welcher Zimt für was?
In meiner Backstube hat Ceylon-Zimt klar die Hauptrolle. Sein feines Aroma ist ein Teamplayer, während Kassia eher ein lauter Solist ist.
Nimm Ceylon-Zimt für alles, was fein und edel schmecken soll:
- Feingebäck: Zimtsterne, Biskuitrollen, helle Kuchen.
- Desserts: Milchreis, Crème brûlée, Pudding – hier sorgt er für eine wohlige Wärme.
- Fruchtiges: Apfelmus, Pflaumenkompott, Bratäpfel. Er hebt den Fruchtgeschmack hervor, statt ihn zu erschlagen.
- Getränke: Für einen guten Glühwein, Chai oder heiße Schokolade ist er perfekt.
Und Kassia? Ehrlich gesagt, verwende ich den kaum noch. Sein Geschmack ist mir zu plump. Wenn überhaupt, dann mal eine winzige Prise in einem sehr kräftigen, orientalischen Schmorgericht, wo er gegen andere starke Gewürze bestehen muss. Für den Hausgebrauch lautet mein Rat: Investier die paar Euro mehr in Ceylon. Du schmeckst den Unterschied und bist auf der sicheren Seite.
Kleiner Profi-Tipp: Für ein noch intensiveres Aroma, röste den Zimt (egal ob Pulver oder Stange) ganz kurz in warmer Butter oder etwas neutralem Öl an, bevor du ihn zum Teig oder Gericht gibst. Das weckt die ätherischen Öle so richtig auf!

Einkauf, Lagerung & der geniale Kaffeemühlen-Trick
Gute Rohstoffe sind die halbe Miete. Hier sind meine besten Tipps für den Umgang mit Zimt.
- Lies das Etikett: Das ist das A und O. Suche nach „Ceylon-Zimt“ oder „Cinnamomum verum“. Steht nur „Zimt“ drauf, ist es zu 99% der billigere Kassia.
- Schau genau hin: Bei Stangen ist es einfach (dünne Röllchen vs. dicke Rinde). Bei Pulver achte auf die helle, ockerbraune Farbe von Ceylon.
- Wo kaufen? Die beste Qualität findest du in gut sortierten Bio-Märkten (z.B. bei Alnatura), Reformhäusern oder spezialisierten Gewürzläden online und offline.
Gewürze hassen Licht und Luft. Kaufe Zimt am besten als ganze Stangen – so hält sich das Aroma am besten. Gelagert in einer dunklen, luftdichten Dose an einem kühlen Ort (also nicht über dem Herd!) halten sich Stangen locker 2-3 Jahre. Gemahlener Zimt verliert schon nach etwa 6 Monaten deutlich an Kraft.
Ach ja, und zum Mahlen: Ich nutze dafür eine kleine elektrische Kaffeemühle, die nur für Gewürze reserviert ist. Du wirst umgehauen vom Duft! Und wie kriegt man den Zimtgeruch wieder raus? Ganz einfach: Mahle danach eine kleine Handvoll trockenen Reis oder ein Stück altes, hartes Brot durch. Das neutralisiert den Geruch und reinigt das Mahlwerk. Genial, oder?

Ein letztes Wort zur Verantwortung
Mir werden immer wieder Fragen zu den gesundheitlichen Vorteilen von Zimt gestellt. Ich bin Bäcker, kein Arzt. Wenn du Zimt als Nahrungsergänzungsmittel nehmen willst, sprich bitte unbedingt vorher mit deinem Arzt darüber.
Für den Genuss in der Küche lautet meine goldene Regel: Verwende für den regelmäßigen Gebrauch und vor allem für Kinder immer und ausschließlich Ceylon-Zimt. Das ist eine einfache Entscheidung für Qualität und Sorgfalt.
Und jetzt bist du dran: Marschier mal zu deinem Gewürzregal und schau nach, was auf deiner Zimtdose steht. Ceylon oder Kassia? Ich bin neugierig! Schreib es doch mal in die Kommentare. Du wirst sehen, die kleine Investition in echten Zimt ist eine der besten, die du für deine Küche tätigen kannst.
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Lagern wie ein Profi: Das teure Aroma von Ceylon-Zimt ist flüchtig! Bewahren Sie gemahlenen Zimt unbedingt in einem kleinen, luftdichten und lichtundurchlässigen Gefäß auf, um die ätherischen Öle zu schützen. Ideal sind kleine Keramikdosen oder Braunglas-Behälter. Zimtstangen halten ihr Aroma deutlich länger – am besten in einem klassischen Einmachglas von WECK oder Le Parfait an einem dunklen, kühlen Ort.

Zimt nur für Süßes? Weit gefehlt! In der herzhaften Küche entfaltet er eine ganz andere, faszinierende Tiefe und Wärme. Probieren Sie es mal aus:
- Eine Prise Ceylon-Zimt in marokkanischen Schmorgerichten wie einer Lamm-Tagine mit Aprikosen.
- Ein Hauch im Chili con Carne, um die Schärfe abzurunden.
- Als Geheimzutat in der Tomatensauce für Pasta oder in einer Linsensuppe.

Hilfe, mein Zimt verklumpt im Kaffee oder Tee! Woran liegt’s?
Das ist ein klassischer Fehler! Gemahlener Zimt ist von Natur aus hydrophob, also leicht wasserabweisend. Streut man ihn direkt auf eine heiße Flüssigkeit, sorgt die Oberflächenspannung dafür, dass er zusammenklumpt. Der Trick: Mischen Sie den Zimt vorher mit etwas Zucker, Kakaopulver oder einem Schuss kalter Milch zu einer Paste, bevor Sie ihn unterrühren. So löst er sich perfekt auf.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt eine tolerierbare tägliche Aufnahmemenge von 0,1 Milligramm Cumarin pro Kilogramm Körpergewicht.
Was heißt das konkret? Bei einem Erwachsenen mit 60 kg sind das 6 mg Cumarin. Diese Menge kann schon in ca. 2 Gramm (einem knappen Teelöffel) des günstigeren Kassia-Zimts enthalten sein. Ceylon-Zimt enthält hingegen so gut wie kein Cumarin und ist daher für den täglichen Genuss die sichere Wahl.

Ceylon-Zimt: Perfekt für feine Desserts, bei denen das Aroma glänzen soll, ohne zu dominieren. Ideal für Crème brûlée, Milchreis, helle Obstkuchen und zum Verfeinern von Heißgetränken.
Kassia-Zimt: Die richtige Wahl, wenn ein kräftiges, fast pfeffriges Aroma gefordert ist, das sich gegen andere starke Gewürze durchsetzen muss. Denken Sie an amerikanische Cinnamon Rolls oder intensive Weihnachtslebkuchen.

Vergessen Sie für einen Moment den Apfel. Ceylon-Zimt entfaltet sein blumiges Aroma in Kombination mit anderen Zutaten oft noch überraschender. Versuchen Sie ihn einmal zusammen mit der Schale einer Bio-Orange in einem Schokoladenkuchen. Oder kombinieren Sie ihn mit Kardamom für ein skandinavisches Gebäck. Eine Prise über geröstetem Kürbis oder in einer Tasse hochwertigem schwarzen Kaffee – das sind die Momente, in denen „wahrer Zimt“ seine ganze Eleganz zeigt.

Im Römischen Reich war Zimt extrem kostbar. Der Geschichtsschreiber Plinius der Ältere notierte im 1. Jahrhundert n. Chr., dass 350 Gramm Zimt dem Jahreslohn eines Arbeiters entsprachen.

- Verleiht der vietnamesischen Pho-Suppe ihre charakteristische, wärmende Tiefe.
- Ist eine unverzichtbare Komponente in der indischen Gewürzmischung Garam Masala.
- Sorgt im mexikanischen Mole für eine komplexe, erdige Note.
Das Geheimnis dieser globalen Aromen? Zimt wird weltweit nicht nur als süßes, sondern als herzhaftes und ausbalancierendes Gewürz geschätzt.

Für das intensivste Aroma mahlen Sie Ihre Zimtstangen am besten frisch. Der Clou: Rösten Sie die Stangen vorher kurz in einer trockenen Pfanne bei niedriger Hitze an, bis sie duften. Dadurch werden die ätherischen Öle aktiviert. Lassen Sie sie abkühlen und zermahlen Sie sie dann in einer sauberen Kaffeemühle, die nur für Gewürze genutzt wird (z.B. von Graef), oder klassisch im Mörser. Der Unterschied ist gewaltig!
- In einem Topf 200 ml Wasser mit 200 g braunem Zucker erhitzen, bis er sich gelöst hat.
- 3-4 Ceylon-Zimtstangen (leicht angebrochen) und optional eine aufgeschnittene Vanilleschote hinzufügen.
- Alles 10 Minuten leise köcheln lassen, dann vom Herd nehmen und über Nacht ziehen lassen.
- Durch ein feines Sieb in eine saubere Flasche abfüllen. Perfekt für Kaffee, Cocktails oder über Eiscreme!




