AcroYoga für Anfänger: Dein Guide für sicheres Fliegen und stabile Fundamente

von Mareike Brenner
Anzeige

Ganz ehrlich? Als ich das erste Mal AcroYoga gesehen habe, war ich skeptisch. In all den Jahren als Yogalehrer habe ich so viele Trends kommen und gehen sehen. Das hier sah für mich erst mal nur nach Zirkusakrobatik aus, nach reiner Show für Instagram. Aber dann habe ich es selbst ausprobiert und etwas völlig Unerwartetes gespürt: eine unglaublich tiefe Verbindung, ein stilles Gespräch zwischen zwei Körpern. Es geht nicht darum, die wildeste Figur zu bauen. Es geht um Vertrauen, saubere Technik und diese pure Freude, gemeinsam etwas zu schaffen, was man alleine niemals könnte.

Dieser Guide ist also keine schnelle Anleitung für coole Fotos. Er ist eine ehrliche Einweisung in die Grundlagen, so wie ich sie auch meinen Leuten in Kursen beibringe. Wir schauen uns die Technik an, die Physik dahinter und vor allem die Sicherheit. Denn genau wie im Handwerk führt Pfusch auch hier schnell zu Problemen. Aber wenn das Fundament stimmt, können wir darauf sicher und mit einem breiten Grinsen aufbauen.

Yoga Übungen zu zweit Akro Yoga Posen
Anzeige

Das Fundament: Wer macht was und warum?

Bevor wir auch nur an eine einzige Pose denken, müssen wir die Rollenverteilung klären. Im AcroYoga gibt es drei unzertrennliche Rollen. Das ist keine Empfehlung, das ist eine eiserne Regel. Wer sie ignoriert, spielt mit der Sicherheit.

  • Die Basis (Base): Das ist dein Fels in der Brandung. Die Basis liegt meist auf dem Rücken und trägt den Flieger mit Armen und Beinen. Viele glauben, hier zählt nur pure Kraft. Falsch gedacht! Es geht um Stabilität und schlaue Technik. Eine gute Basis lernt, ihre Knochen so auszurichten („Knochenstapeln“), dass das Skelett die Last trägt, nicht die Muskeln. Das ist viel effizienter. Die Beine stehen oft im 90-Grad-Winkel zur Hüfte, um die Kraft perfekt zu übertragen. Die Basis muss sensibel sein und kleinste Gewichtsverlagerungen sofort spüren und ausgleichen.
  • Der Flieger (Flyer): Der Flieger ist die Person, die in die Luft gehoben wird. Die wichtigste Eigenschaft? Nein, nicht möglichst wenig zu wiegen. Es ist Körperspannung! Ein Flieger muss seinen Körper wie ein Brett halten können, fest vom Bauch bis in die Zehenspitzen. Ohne diese Spannung wird er für die Basis unberechenbar und fühlt sich tonnenschwer an. Die größte Hürde für den Flieger ist oft mental: lernen, die Kontrolle abzugeben und der Basis voll zu vertrauen.
  • Der Spotter (Hilfestellung): Und hier kommt die wichtigste und leider am häufigsten vergessene Rolle. Der Spotter ist eure Lebensversicherung. Er steht daneben, beobachtet und greift nur ein, wenn es nötig ist. Seine Aufgabe ist es, einen Sturz zu verhindern. Er sichert den Flieger, meist an Hüfte und Schultern, und sorgt dafür, dass er immer sicher landen kann, egal was passiert. Ich hab schon zu viele Leute gesehen, die dachten „ach, das geht schon“ und dann unsanft auf dem Hosenboden gelandet sind, weil eine kleine Wackelei sie aus dem Konzept gebracht hat. Ein guter Spotter hat die Hände immer in der Nähe des Fliegers und ist zu 100 % bei der Sache.
Yoga Übungen zu zweit Akro Yoga für Fortgeschrittene
Anzeige

Der große Mythos: Muss die Basis immer stärker sein?

Lasst uns mal mit einem riesigen Vorurteil aufräumen: „Der schwere Partner muss immer unten liegen.“ Das ist Quatsch. AcroYoga ist viel mehr Physik als Muckibude. Es geht um den gemeinsamen Schwerpunkt. Wenn die Basis ihre Beine im richtigen Winkel hält und der Flieger seine Hüfte genau über die Hüfte der Basis bringt, wird das ganze System fast schwerelos und stabil.

Jede kleine Abweichung von dieser senkrechten Linie erfordert immense Muskelkraft. Deshalb ist die präzise Ausrichtung alles. Ich hab schon zierliche 50-Kilo-Frauen gesehen, die locker einen 90-Kilo-Mann als Basis halten, einfach weil ihre Technik perfekt war. Es geht darum, die Physik zu eurem Freund zu machen!

Bevor es in die Luft geht: Eure Vorbereitung

Ins kalte Wasser springen? Keine gute Idee. Bevor ihr abhebt, müsst ihr ein Gefühl füreinander entwickeln und lernen, klar zu kommunizieren. Legt einfache Kommandos fest. „Runter“, „Stopp“ oder „fest“ sind tausendmal besser als lange Romane in der Luft.

Yoga Übungen zu zweit Akro Yoga

Deine Werkzeugkiste für den Start: Du brauchst übrigens nicht viel. Eine einfache Yogamatte, die du schon für 20-30 € bekommst, ist perfekt. Zieh bequeme, aber eher anliegende Kleidung an – weite Schlabber-Shirts können sich verfangen oder rutschen. Und wenn du über einen Workshop nachdenkst: Rechne mal mit 30-50 € für 2-3 Stunden. Das ist wirklich gut investiertes Geld in deine Sicherheit und macht am Anfang einen Riesenunterschied.

Dein 5-Minuten-Warm-up (Pflichtprogramm!):

  1. Gelenke schmieren: Kreise deine Handgelenke, Fußgelenke, Schultern und Hüften in beide Richtungen.
  2. Wirbelsäule wecken: Mach ein paar Runden Katze-Kuh im Vierfüßlerstand.
  3. Beine aktivieren: Ein paar Kniebeugen ohne Gewicht, um die großen Muskeln aufzuwärmen.
  4. Hamstrings vorbereiten: Dehne sanft deine Beinrückseiten, zum Beispiel in einer stehenden Vorbeuge.

Drei Posen für den Einstieg – Schritt für Schritt erklärt

So, jetzt wird’s ernst! Wir gehen langsam vor, mit klaren Anweisungen und – ich kann es nicht oft genug sagen – immer mit einem Spotter.

Yoga Übungen zu zweit 3 effektive Akro Yoga Posen für Anfänger

1. Der Vordere Vogel (Front Bird)

Das ist der absolute Grundpfeiler. Hier lernt die Basis das Balancieren mit den Beinen und der Flieger die Körperspannung. Die Pose ist relativ stabil, weil die Kontaktfläche groß ist.

Du als Basis:

  • Leg dich auf den Rücken. Platziere deine Füße auf den Hüftknochen des Fliegers (niemals auf den weichen Bauch!). Deine Zehen zeigen nach oben.
  • Strecke die Arme und fasse die Hände des Fliegers. Das ist anfangs nur zur Kommunikation, nicht zum Tragen.
  • Beuge die Knie, um den Flieger „einzuladen“. Wenn er sich nach vorne lehnt, strecke deine Beine langsam Richtung 90 Grad. Deine Beine machen die ganze Arbeit.

Du als Flieger:

  • Stell dich vor die Füße der Basis. Greife die Hände und halte Blickkontakt.
  • Lehne dich langsam nach vorne und gib dein Gewicht ab. Vertrau drauf!
  • Sobald deine Füße den Boden verlassen: Ganzkörperspannung! Stell dir vor, du bist Superman im Flug. Bauch fest, Po zusammenkneifen. Blick nach vorne. Probier das mal jetzt sofort aus: Leg dich auf den Bauch und heb Arme und Beine gestreckt vom Boden ab. Fühlst du diese Spannung im ganzen Körper? Genau die brauchen wir!

Du als Spotter:

Yoga Übungen zu zweit Akro Yoga vordere Vogelhaltung Front Bird Pose
What's Hot

Sedona-Methode: So können Sie negative Gedanken loslassen!

  • Steh seitlich neben der Hüfte des Fliegers. Deine Hände schweben knapp darunter und darüber. Deine Aufgabe ist es, ein seitliches Kippen zu verhindern und den Flieger im Notfall sicher auf die Füße zu führen.

Häufige Fehler: Der Flieger knickt in der Hüfte ein (Anweisung: „Bauch fest!“), oder die Basis hat Rückenschmerzen (Problem: Beine sind nicht im 90-Grad-Winkel). Auch ein Kommunikationsfehler ist klassisch: Einer redet zu viel, der andere sagt nichts. Macht vorher klare Kommandos aus!

2. Der Thron (Throne Pose)

Fühlt sich verspielter an, erfordert aber mehr Vertrauen vom Flieger, weil er sich rückwärts auf die Füße der Basis setzt. Stabilität kommt wieder aus der perfekten Ausrichtung: Hüfte über Hüfte.

Du als Basis:

  • Der Flieger steht mit dem Rücken zu dir. Du hebst die Beine und der Flieger setzt sich auf deine Fußsohlen. Deine Füße stützen das Gesäß und die Oberschenkel, nicht den unteren Rücken!
  • Deine Schienbeine sollten möglichst senkrecht sein, das ist am stabilsten.

Du als Flieger:

Yoga Übungen zu zweit Akro Yoga vordere Vogelhaltung Front Bird Pose am Strand
  • Kommuniziere, bevor du dich setzt! Beuge die Knie und setz dich langsam nach hinten, als wäre dort ein Stuhl.
  • Halte den Rücken gerade und den Rumpf aktiv. Sobald du stabil bist, kannst du die Arme lösen.

Du als Spotter:

  • Stell dich hinter den Flieger. Eine Hand am oberen Rücken, die andere an der Hüfte. Du bist quasi die unsichtbare Rückenlehne.

3. Der Wal (Whale Pose) – Mit besonderer Vorsicht!

Achtung! Diese Pose ist eine wunderschöne Rückbeuge für den Flieger, aber auch potenziell heikel. Übt sie erst, wenn die ersten beiden Posen wirklich sicher sitzen. Ohne einen aufmerksamen Spotter ist diese Pose absolut tabu.

Du als Basis:

  • Platziere deine Füße auf dem oberen Rücken des Fliegers, auf den Schulterblättern. Ganz wichtig: Deine Füße rahmen die Wirbelsäule ein, aber berühren sie NIEMALS direkt!
  • Greif die Hände des Fliegers und strecke deine Beine, um ihn sanft in die Rückbeuge zu heben. Du kontrollierst die Intensität.

Du als Flieger:

Yoga Übungen zu zweit Akro Yoga Hochfliegende Walhaltung
What's Hot

Wie können Sie Ihre Yogamatte reinigen und desinfizieren? – ein effektives Reinigungsmittel selber machen

  • Lehn dich langsam und mit einer tiefen Einatmung zurück. Lass den Kopf nicht unkontrolliert nach hinten fallen, das schont den Nacken.
  • Kommuniziere sofort, wenn es zu intensiv wird. Ein kurzes „Stopp“ reicht.

Du als Spotter:

  • Deine Rolle ist hier entscheidend. Steh seitlich, eine Hand unterstützt den unteren Rücken, die andere den Nacken oder oberen Rücken. Du bist die Lebensversicherung für den Nacken des Fliegers.

Die richtige Einstellung ist alles

AcroYoga ist eine gemeinsame Praxis, kein Wettkampf. Es wird Tage geben, an denen nichts klappt, und Tage, an denen alles wie von selbst fliegt. Das ist völlig normal.

Ein paar unumstößliche Regeln:

  • Immer mit Spotter üben. Ja, ich wiederhole mich.
  • Niemals auf hartem Beton üben. Eine Wiese oder eine Yogamatte sind deine Freunde.
  • Kenne deine Grenzen. Wenn du müde bist, hör auf. Die meisten Fehler passieren aus Erschöpfung.
  • Sprich über alles: Unsicherheiten, Ängste, wenn etwas zwickt. Nur so kann Vertrauen wachsen.

Ach ja, und wenn du tiefer einsteigen willst: Dieser Artikel ersetzt keinen qualifizierten Lehrer. Such dir einen Workshop in deiner Nähe. Dort bekommst du individuelles Feedback. In vielen Städten gibt es auch eine aktive AcroYoga-Community. Schau mal auf Facebook nach „[Deine Stadt] AcroYoga“. Dort findest du oft sogenannte „Jams“ – das sind keine Musik-Sessions, sondern offene, zwanglose Treffen zum gemeinsamen Üben. Geh aber erst dorthin, wenn du die Grundlagen wirklich verstanden hast.

Yoga Übungen zu zweit Akro Yoga High Flying Whale Pose

Für mich hat AcroYoga alles verändert. Es hat mir gezeigt, dass wir durch die Verbindung mit anderen über uns hinauswachsen können. Es ist eine Lektion in Vertrauen, Verantwortung und Loslassen. Wenn du mit Respekt, Geduld und einem Lächeln an die Sache herangehst, wird es auch für dich eine unglaublich bereichernde Erfahrung sein.

Bildergalerie

Yoga Übungen zu zweit Akro Yoga vordere Throne Pose Thronhaltung
What's Hot

Widerstandsbänder meistern: Dein kompletter Guide für mehr Kraft und weniger Schmerzen

Yoga Übungen zu zweit Akro Yoga Übungen

Eine Studie aus dem Fachjournal „Frontiers in Psychology“ zeigte, dass synchronisierte Bewegungen, wie sie im AcroYoga ständig stattfinden, die soziale Bindung und das Gefühl der Verbundenheit signifikant verstärken können.

Was sich also wie pure Magie anfühlt, hat eine neurobiologische Grundlage. Wenn Base und Flieger atmen, sich ausbalancieren und gemeinsam bewegen, schüttet das Gehirn Bindungshormone wie Oxytocin aus. Es ist mehr als nur Sport; es ist eine aktive Übung in Vertrauen und Empathie, die Beziehungen auch ausserhalb der Matte stärken kann.

Die richtige Ausrüstung für den Start?

Weniger ist mehr, aber das Richtige muss es sein. Eine rutschfeste Matte ist entscheidend, aber eine zu dicke (über 6mm) kann für die Base instabil werden. Modelle wie die Manduka PRO oder die Liforme Yoga Mat bieten exzellenten Grip, der auch bei schwitzigen Händen und Füssen Halt gibt. Bei der Kleidung gilt: Eng anliegend und aus Materialien, die nicht rutschen. Glänzende Leggings aus Polyester sehen vielleicht gut aus, sind für den Anfang aber eine echte Rutschpartie. Baumwollmischungen sind hier oft die bessere Wahl.

Mareike Brenner

Mareike ist 1991 in Bonn geboren und hat ihr Diplom in der Fachrichtung Journalistik an der TU Dortmund erworben. Sie hat einen Hintergrund im Bereich Design, da sie an der HAW Hamburg Illustration studiert hat. Mareike hat aber einen Sprung in die Welt des Journalismus gemacht, weil sie schon immer eine Leidenschaft für kreatives Schreiben hatte. Derzeit ist sie in der Redaktion von Freshideen tätig und schreibt gern Berichte über Schönheitstrends, Mode und Unterhaltung. Sie kennt übrigens alle Diäten und das Thema „Gesund abnehmen“ wird von ihr oft bevorzugt. In ihrer Freizeit kann man sie beim Kaffeetrinken mit Freunden antreffen oder sie bleibt zu Hause und zeichnet. Neulich hat sie eine neue Leidenschaft entdeckt, und das ist Online-Shopping.