Deine Rosen für immer: So einfach vermehrst du sie mit Stecklingen (Anleitung mit Geling-Garantie)

von Augustine Schneider
Anzeige

Ich bin seit Jahrzehnten Gärtner und habe eines gelernt: In jeder Pflanze steckt eine Geschichte. Besonders in Rosen. Es ist wirklich erstaunlich, wie oft Leute mit einem einzigen, unscheinbaren Zweig in der Hand zu mir kommen. Der ist dann aus Omas altem Garten oder von einem Ort, der ihnen die Welt bedeutet. Und der Wunsch ist immer derselbe: Bitte, könnt ihr genau DIESE Rose retten?

Genau deshalb ist die Vermehrung über Stecklinge für mich mehr als nur Gärtner-Technik. Es ist das Bewahren von Erinnerungen. Ein alter Gärtnermeister hat mir mal beigebracht: „Eine Pflanze will leben. Du musst ihr nur den richtigen Start ermöglichen.“ Und ganz ehrlich, daran hat sich bis heute nichts geändert. Es ist kein Hexenwerk, aber es braucht ein bisschen Sorgfalt und das richtige Timing. Ich zeig dir heute, wie wir das machen – ganz ohne Hokuspokus, nur mit sauberem Handwerk.

Warum das Ganze funktioniert (und warum Wassergläser oft scheitern)

Bevor wir zum Messer greifen, lass uns kurz überlegen, was wir da eigentlich tun. Ein Steckling ist quasi ein Klon. Ein abgeschnittenes Stückchen Pflanze, das wir dazu überreden, eine komplett eigenständige, neue Rose zu werden – mit eigenen Wurzeln und Blättern.

rosen vermehren durch stecklinge im sommer
Anzeige

Das Geheimnis sind die Pflanzenhormone (Auxine), die sich an der Schnittstelle sammeln und die Wurzelbildung anregen. Gleichzeitig hat der kleine Zweig ein riesiges Problem: Er hat Blätter, die Wasser verdunsten, aber noch keine Wurzeln, um Nachschub zu holen. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Deshalb müssen wir die Verdunstung so gut es geht reduzieren.

Ach ja, die ewige Frage: „Kann ich den Steckling nicht einfach in ein Glas Wasser stellen?“

Ich weiß, es ist verlockend. Bei manchen Pflanzen klappt das auch super. Bei Rosen aber rate ich dir dringend davon ab. Warum? Rosen bilden im Wasser zwar manchmal Wurzeln, aber das sind oft schwache „Wasserwurzeln“. Die sind nicht an die Struktur von Erde gewöhnt und faulen oder brechen oft, wenn du sie später eintopfst. Außerdem ist die Fäulnisgefahr im stehenden Wasser viel höher. Der Weg über die Erde ist sicherer und führt zu kräftigeren Pflanzen.

Das A und O: Der richtige Zeitpunkt und der perfekte Trieb

Erfolg beginnt bei der Auswahl. Nicht jeder Zweig ist geeignet. Die beste Zeit für Rosenstecklinge ist der Sommer, so von Juni bis August. Dann sind die Triebe „halbverholzt“. Das bedeutet, sie sind unten schon etwas fest, an der Spitze aber noch biegsam. Genau richtig!

rosen vermehren rosenzweig holzig
Anzeige

Geh zu deiner Rose und such dir einen gesunden, bleistiftdicken Trieb aus, der gerade erst verblüht ist. Solche Triebe strotzen nur so vor Wachstumskraft.

Kleiner Tipp vom Profi: Schneide deine Stecklinge am besten frühmorgens. Dann ist der Trieb noch prall mit Wasser gefüllt und hat die besten Startbedingungen.

Achte unbedingt darauf, dass die Mutterpflanze kerngesund ist. Keine Flecken, kein Mehltau, nichts. Du willst ja gesunden Nachwuchs ziehen.

Welche Rosensorten sind anfängerfreundlich?

Grundsätzlich klappt es mit den meisten Rosen, aber einige sind einfacher als andere. Super für den Anfang sind robuste Sorten, die von Natur aus wüchsig sind:

  • Bodendecker- und Kleinstrauchrosen: Sorten wie ‘The Fairy’ oder ‘Heidetraum’ sind absolute Weltmeister im Wurzeln bilden. Die schaffen es fast von allein.
  • Kletter- und Ramblerrosen: Auch hier ist die Erfolgsquote meistens super.
  • Viele historische Rosensorten: Die sind es gewohnt, auf eigenen Wurzeln zu wachsen.

Etwas kniffliger kann es bei modernen Edelrosen werden. Die sind oft auf eine widerstandsfähige Wurzel (die Unterlage) einer anderen Sorte veredelt. Dein Steckling bildet zwar eigene Wurzeln, aber die sind manchmal nicht so stark wie die der Profi-Unterlage. Aber hey, ein Versuch ist es immer wert!

rosen vermehren durch stecklinge blumentöpfe plastikgläser

Die Schritt-für-Schritt-Anleitung, die wirklich klappt

So, jetzt geht’s ans Eingemachte. Sauberkeit ist hier das oberste Gebot. Jede kleine Verunreinigung kann zu Fäulnis führen.

Deine Einkaufsliste für den Start:

Keine Sorge, du brauchst nicht viel. Das meiste hast du vielleicht schon da.

  • Ein scharfes Messer & eine Gartenschere: Wichtiger als alles andere!
  • Desinfektionsmittel: Einfacher Spiritus aus der Drogerie ist perfekt.
  • Kleine Töpfe (ca. 9-12 cm): Mit Löchern im Boden, ganz wichtig.
  • Anzuchterde: Ein Sack kostet im Baumarkt oder Gartencenter meist zwischen 5€ und 10€.
  • Sand oder Perlit: Für die Lockerung der Erde.
  • Abdeckung: Eine simple Gefriertüte oder eine abgeschnittene PET-Flasche.
  • Optional: Bewurzelungspulver: Kostet um die 8€ und hält ewig. Es ist kein Muss, erhöht aber die Erfolgschancen deutlich.

Schritt 1: Werkzeug desinfizieren!

Das ist der Schritt, den die meisten überspringen und sich dann wundern. Wisch die Klingen von Messer und Schere gründlich mit Alkohol ab. Das tötet Pilzsporen ab, die deinen Steckling sonst umbringen würden. Wirklich, mach das!

rosen vermehren juni august stecklinge

Schritt 2: Die perfekte Erde mischen

Staunässe ist der Todfeind jedes Stecklings. Die Erde muss locker sein. Eine super Mischung ist zwei Teile Anzuchterde und ein Teil grober Sand oder Perlit. Füll deine Töpfe damit und drücke die Erde nur ganz leicht an.

Was, wenn du keinen Sand hast? Kein Problem. Ein wenig zerbröseltes Styropor aus einer alten Verpackung tut es zur Not auch. Hauptsache, die Erde bleibt luftig und verklumpt nicht.

Schritt 3: Den Steckling vorbereiten

Nimm deinen Rosentrieb und schneide ihn in Stücke von etwa 15-20 cm Länge. Jedes Stück sollte mindestens drei bis fünf „Augen“ haben (das sind die kleinen Verdickungen, wo Blätter wachsen).

  1. Oben: Schneide ca. 1 cm über dem obersten Auge gerade ab.
  2. Unten: Schneide direkt unter dem untersten Auge mit dem Messer einen langen, schrägen Schnitt. Das vergrößert die Fläche für die Wurzelbildung.
  3. Entblättern: Entferne alle Blätter, bis auf das oberste Blattpaar. Wenn diese Blätter sehr groß sind, schneide sie einfach zur Hälfte ab, um die Verdunstung weiter zu reduzieren.
  4. Entdornen: Brich die Dornen im unteren Drittel vorsichtig ab. Das verringert die Fäulnisgefahr unter der Erde.
rosen vermehren durch stecklinge
What's Hot

Mehltau auf den Rosen? Kein Grund zur Panik! Was wirklich hilft.

Schritt 4: Stecken und Angießen

Wenn du Bewurzelungspulver benutzt, tauch das untere Ende des Stecklings kurz ein und klopf den Überschuss ab. Dann mach mit einem Stöckchen ein Loch in die Erde und steck den Steckling etwa zur Hälfte hinein. Drück die Erde rundherum sanft an. Pro Topf kannst du gut drei Stecklinge am Rand entlang setzen. Danach vorsichtig angießen.

Schritt 5: Das Mini-Gewächshaus bauen

Stülpe jetzt einfach eine durchsichtige Plastiktüte über den Topf oder nutze den oberen Teil einer abgeschnittenen Plastikflasche als Haube. Das hält die Luftfeuchtigkeit hoch und schützt den Steckling vor dem Austrocknen.

Die Wochen des Wartens: Pflege und Geduld

Jetzt heißt es abwarten. Stell die Töpfe an einen hellen Ort, aber ohne direkte Sonne. Ein Nordfenster ist zum Beispiel ideal.

Achtung, das ist der häufigste Fehler: Du musst die Haube jeden Tag für 15-20 Minuten lüften! Sonst bildet sich schnell Schimmel. Halte die Erde leicht feucht, aber niemals triefend nass. Nach etwa vier bis acht Wochen sollten sich die ersten Wurzeln gebildet haben. Ein Zeichen dafür ist, wenn oben neue, kleine Blättchen sprießen.

rosen vermehren mini gewächshaus mit flasche

Willst du es genau wissen? Mach den Zupftest. Zieh GANZ vorsichtig am Steckling. Spürst du einen leichten Widerstand? Perfekt, dann hat er Wurzeln! Aber bitte, mach das nur einmal und sei kein Grobmotoriker. Jedes Ziehen stört die neuen, feinen Haarwurzeln.

Der kostenlose Wurzel-Booster aus der Natur: Weidenwasser

Ein alter Gärtnertrick, der absolut genial ist: Weidenwasser. Weiden enthalten natürliche Stoffe, die die Wurzelbildung fördern. Und das Beste: Du kannst es dir kostenlos selbst herstellen.

So geht’s in 3 einfachen Schritten: 1. Schneide ein paar junge, grüne Weidenzweige in kleine Stücke. 2. Übergieße sie in einem Eimer mit heißem (nicht kochendem) Wasser. 3. Lass das Ganze 24 Stunden ziehen. Fertig!

Mit diesem selbstgemachten Wurzel-Booster kannst du deine Stecklinge angießen. Eine super Alternative zu gekauftem Pulver.

Was tun, wenn’s nicht klappt?

Ganz ehrlich: Nicht jeder Steckling schafft es. Selbst bei uns Profis gibt es Ausfälle. Wenn du von zehn Versuchen sieben durchbekommst, bist du schon richtig gut dabei. Das sind die häufigsten Probleme:

rosen vermehren duch stecklinge im garten
What's Hot
kaffeesatz als duenger

Kaffeesatz als Dünger für Rosen- Die Gartenarbeit im April geht weiter

  • Steckling wird unten schwarz: Das ist Fäulnis. Meistens war die Erde zu nass oder das Werkzeug nicht sauber. Den musst du leider entsorgen.
  • Schimmel auf der Erde: Du hast zu wenig gelüftet. Haube runter, gut abtrocknen lassen und in Zukunft öfter lüften.
  • Blätter werden gelb: Das kann normal sein. Der Steckling wirft Ballast ab, um Kraft für die Wurzeln zu haben. Solange der Stiel grün ist, besteht Hoffnung!

Der letzte Schritt: Der Umzug ins eigene Heim

Wenn deine Stecklinge kräftige Wurzeln und neue Triebe haben, dürfen sie in eigene, etwas größere Töpfe mit normaler, guter Rosenerde umziehen. Danach müssen sie sich langsam an das Leben ohne schützende Haube gewöhnen („Abhärten“). Stell sie erst mal nur stundenweise an einen geschützten Platz nach draußen.

Wichtiger Tipp für die Überwinterung: Pflanz die jungen Rosen erst im nächsten Frühjahr ins Beet. Überwintere sie im ersten Jahr im Topf an einem geschützten Ort. Damit meine ich eine unbeheizte Garage, ein kühles Kellerfenster oder eingepackt in Jute an einer Hauswand, wo sie nicht voll durchfrieren. Temperaturen um 0 bis 5 Grad sind ideal.

rosen vermehren duch stecklinge im wasser

Und das war’s schon. Du siehst, es ist vor allem eine Sache der Sorgfalt und Geduld. Aber der Moment, in dem deine selbst gezogene Rose zum ersten Mal blüht, ist einfach unbezahlbar. Dann hast du nicht nur eine Pflanze vermehrt, sondern eine Geschichte am Leben erhalten. Und das ist doch das Schönste am Gärtnern, oder?

Bildergalerie

rosen vermehren mit kartoffeln
What's Hot

Entdecken Sie die wichtigsten Tipps für die Pflege der Bodendecker Rosen

rosen vermehren steckling methode

Pulver oder Gel? Die Wahl des Wurzelaktivators:

Wurzelhormon-Pulver: Der Klassiker, wie Neudorffs Neudomon. Der Steckling wird kurz in Wasser getaucht, dann ins Pulver. Vorteil: Lange haltbar und einfach in der Anwendung. Nachteil: Die Dosierung ist oft ungleichmäßig.

Wurzelhormon-Gel: Produkte wie Clonex versiegeln die Schnittstelle komplett. Das Gel haftet perfekt am Stiel, schützt vor Infektionen und versorgt den Steckling gleichmäßig mit Hormonen. Oft die Wahl der Profis für wertvolle Stecklinge.

rosen vermehren duch stecklinge einfache methode
What's Hot
Kletterrosen schneiden Profi Tipps

Kletterrosen schneiden und für noch mehr herrliche Blütenpracht im Sommer sorgen

Der Kartoffel-Trick: Mythos oder Magie?

Immer wieder sieht man den Tipp, Rosenstecklinge in eine Kartoffel zu stecken. Die Idee dahinter: Die Kartoffel liefert Feuchtigkeit und Nährstoffe. Das kann funktionieren, ist aber riskant. Die Kartoffel hält den Steckling zwar feucht, kann aber auch schnell faulen und Pilzkrankheiten auf den empfindlichen Schnitt übertragen. Ein hochwertiges Anzuchtsubstrat in einem sauberen Topf ist die deutlich sicherere und zuverlässigere Methode, um Enttäuschungen zu vermeiden.

duch stecklinge rosen vermehren

Eine der berühmtesten Rosen der Welt, die Sorte ‚Peace‘, überlebte den Zweiten Weltkrieg nur, weil ihre Stecklinge kurz vor der deutschen Invasion aus Frankreich herausgeschmuggelt wurden.

Diese Geschichte zeigt, was für ein emotionaler Schatz in einem einzigen Zweig stecken kann. Jede erfolgreiche Vermehrung ist eine kleine Rettungsaktion – für eine Sorte, eine Erinnerung oder ein Stück Familiengeschichte.

Der saubere Schnitt ist die halbe Miete. Eine gequetschte oder ausgefranste Schnittstelle ist eine offene Einladung für Pilze und Bakterien. Investieren Sie in ein wirklich scharfes Gartenmesser oder eine Bypass-Gartenschere wie die Felco 322. Desinfizieren Sie die Klinge vor jedem Schnitt kurz mit Reinigungsalkohol. Dieser kleine Mehraufwand entscheidet oft über Erfolg und Misserfolg und sorgt dafür, dass die Pflanze ihre ganze Energie in die Wurzelbildung statt in die Wundheilung steckt.

Augustine Schneider

Augustine ist eine offene und wissenshungrige Person, die ständig nach neuen Herausforderungen sucht. Sie hat ihren ersten Studienabschluss in Journalistik an der Uni Berlin erfolgreich absolviert. Ihr Interesse und Leidenschaft für digitale Medien und Kommunikation haben sie motiviert und sie hat ihr Masterstudium im Bereich Media, Interkulturelle Kommunikation und Journalistik wieder an der Freien Universität Berlin abgeschlossen. Ihre Praktika in London und Brighton haben ihren beruflichen Werdegang sowie ihre Weltanschauung noch mehr bereichert und erweitert. Die nachfolgenden Jahre hat sie sich dem kreativen Schreiben als freiberufliche Online-Autorin sowie der Arbeit als PR-Referentin gewidmet. Zum Glück hat sie den Weg zu unserer Freshideen-Redation gefunden und ist zurzeit ein wertvolles Mitglied in unserem motivierten Team. Ihre Freizeit verbringt sie gerne auf Reisen oder beim Wandern in den Bergen. Ihre kreative Seele schöpft dadurch immer wieder neue Inspiration und findet die nötige Portion innerer Ruhe und Freiheit.