Schoduvel in Braunschweig: Dein Insider-Guide für den größten Karneval im Norden
Hör mal, wenn du an Karneval denkst, kommen dir wahrscheinlich sofort Köln oder Düsseldorf in den Sinn, oder? Das ist total okay. Aber ich sag dir was: Hier bei uns in Braunschweig ticken die Uhren anders. Unser Karneval, der „Schoduvel“, ist eine ganz eigene Nummer. Ich bin quasi mit dem Geruch von frischer Farbe und Pappmaché aufgewachsen und habe schon bei Eiseskälte Schrauben in Wagen-Fahrgestelle gedreht. Darum kann ich dir aus erster Hand erzählen: Der Schoduvel ist viel mehr als nur ein bunter Umzug. Er ist das pulsierende Herz der norddeutschen Karnevalstradition.
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Und damit du nicht gleich als Neuling auffällst, das Wichtigste zuerst: Bei uns schreit niemand „Helau“ oder „Alaaf“. Wenn du hier dazugehören willst, dann rufst du aus voller Kehle: „Brunswick Helau!“
Warum der ganze Aufwand? Die Wurzeln des Schoduvel
Um zu verstehen, was den Braunschweiger Karneval so besonders macht, muss man seinen Namen kennen: Schoduvel. Das ist uraltes, mittelniederdeutsches Platt und bedeutet so viel wie „Scheuch den Teufel“. Die Tradition ist nachweislich eine der ältesten in ganz Deutschland. Schon vor Jahrhunderten sind die Menschen hier laut und lärmend durch die Gassen gezogen, um die bösen Geister des Winters zu vertreiben und Platz für den Frühling zu schaffen.

Dieser Gedanke lebt bis heute weiter, auch wenn es heute weniger um Dämonen geht. Stattdessen nehmen die riesigen Motivwagen die Plagen unserer Zeit aufs Korn – von der großen Weltpolitik bis hin zu kleinen Ärgernissen hier bei uns in der Stadt. Genau das ist der Kern des Ganzen: ein gigantischer, satirischer Kommentar auf Rädern. Es ist das Ventil der Bürger, einmal im Jahr den Mächtigen den Spiegel vorzuhalten. Das erklärt auch, warum der Bau der Wagen so ein riesiges Geheimnis ist. Die volle Wirkung entfaltet sich erst durch die Überraschung am Zugtag selbst.
Ein Blick hinter die Kulissen: Wo die Magie entsteht
Stell dir riesige Hallen vor, in denen monatelang gewerkelt, geschraubt und gemalt wird. Alles beginnt mit einem soliden Fundament, meistens sind das alte landwirtschaftliche Anhänger. Jedes einzelne Fahrgestell wird aufwendig verstärkt und umgebaut, denn Sicherheit ist das A und O. Ohne eine knallharte Abnahme vom TÜV rollt hier gar nichts. Gar nichts.

Auf dieses Skelett aus Stahl kommt dann eine Holzkonstruktion, die später mit Drahtgeflecht in Form gebracht wird. Das ist echte Handwerkskunst! Danach folgt die klebrigste Arbeit von allen: das Kaschieren. Schicht für Schicht wird zeitungspapier, getränkt in Kleister, auf das Drahtgitter aufgetragen. Ein Geruch, den man nie wieder vergisst, und Kleister, den man tagelang unter den Fingernägeln hat. Ehrlich gesagt, das ist der Teil, den man liebt und hasst zugleich.
Ich erinnere mich an eine Nacht, da hat uns eine plötzliche Windböe fast eine riesige, schon fertig bemalte Figur vom Wagen gerissen. Wir haben die ganze Nacht durchgeschweißt und zusätzliche Verstrebungen angebracht. Seit diesem Erlebnis planen wir Windlasten immer extra sorgfältig ein – eine Lektion, die man zum Glück nur einmal lernen muss.
Dein Survival-Guide: So wird der Schoduvel-Tag perfekt
Wenn du zum ersten Mal dabei bist, können ein paar Tipps aus der Praxis den Unterschied zwischen einem unvergesslichen Tag und purem Stress ausmachen. Die Stadt ist an diesem Sonntag im absoluten Ausnahmezustand.

Die Route und der richtige Zeitpunkt
Offiziell startet der Zug meistens um 12:40 Uhr. Aber das heißt nicht, dass du um 12:30 Uhr ankommen solltest! Um einen guten Platz zu ergattern, sei am besten schon gegen 11:00 Uhr vor Ort. Die typische Route führt vom Europaplatz über die Theodor-Heuss-Straße, den Bohlweg und den Altstadtmarkt, bevor sie sich durch die Innenstadt schlängelt. Aber Achtung: Schau am besten am Morgen nochmal auf die offizielle Webseite der Stadt oder des Karnevals-Komitees, denn manchmal gibt es kurzfristige Änderungen.
Der ganze Zug ist riesig! Es kann gut und gerne vier bis fünf Stunden dauern, bis der letzte Wagen an dir vorbeigezogen ist. Das solltest du bei deiner Planung, vor allem mit Kindern, unbedingt bedenken.
Der beste Platz für dich: Familie, Party oder Fotos?
Wo du stehst, hängt ganz davon ab, was du erleben willst. Es gibt da so ein paar ungeschriebene Gesetze:
- Für Familien mit Kindern: Sucht euch einen Platz eher am Anfang der Strecke, zum Beispiel in der Theodor-Heuss-Straße. Da ist es meistens etwas entspannter und nicht ganz so voll. Auch die späteren Abschnitte wie der Hagenmarkt sind eine gute Wahl, weil sich die Menge dort schon etwas verteilt hat.
- Für die Party-Meute: Euer Revier ist ganz klar der Altstadtmarkt und der Bohlweg. Hier ist es laut, es ist proppenvoll und die Stimmung kocht über. Wenn du mittendrin statt nur dabei sein willst, dann bist du hier richtig.
- Für Fotografen: Ein kleiner Profi-Tipp ist der Startbereich am Europaplatz. Dort hast du oft noch eine freie Sicht auf die Wagen, bevor die großen Menschenmassen die Perspektive versperren. Auch Kurven sind super für dynamische Bilder, aber sei dort bitte extra vorsichtig!

Dein Schoduvel-Überlebenspaket: Was du dabeihaben solltest
Ein Kostüm ist zwar keine Pflicht, aber mal ehrlich, es macht einfach viel mehr Spaß. Über 90 % der Leute sind verkleidet! Aber denk praktisch, es ist Februar in Norddeutschland. Das Wetter kann alles sein, von strahlendem Sonnenschein bis zu eisigem Schneeregen.
Hier ist deine kleine Checkliste für den Tag:
- Zwiebellook: Mehrere Schichten sind dein bester Freund. Thermounterwäsche unter dem Kostüm hat schon so manchen Tag gerettet.
- Festes Schuhwerk: Du wirst stundenlang stehen. Bequeme, wasserdichte Schuhe sind unverzichtbar.
- Ein stabiler Beutel: Nimm einen Jutebeutel oder einen kleinen Rucksack für das Wurfmaterial („Kamelle“). Eine Plastiktüte reißt dir garantiert nach zehn Minuten.
- Bargeld: Ganz wichtig! An den Buden für Bratwurst (rechne mit 4-5 €), Glühwein (ca. 3-4 €) oder Bier ist Kartenzahlung oft ein Fremdwort. Mit 20-30 € pro Person bist du auf der sicheren Seite.
- Eine Powerbank: Dein Handy-Akku wird es dir danken, vor allem, wenn du deine Freunde im Getümmel wiederfinden musst.

Anreise und… die unvermeidliche Toiletten-Frage
Lass das Auto am Stadtrand stehen! Die gesamte Innenstadt ist gesperrt. Die beste Wahl sind die Park-and-Ride-Plätze, zum Beispiel am Thüringenplatz im Süden oder an der Lincolnsiedlung im Norden. Von dort bringen dich Sonderbusse in die Nähe der Zugstrecke. Informiere dich am besten vorher auf der Seite der Braunschweiger Verkehrs-GmbH (BSVG) über die Sonderfahrpläne.
Ach ja, und die Toiletten. Ein Thema, das nach dem zweiten Glühwein plötzlich sehr dringend wird. Öffentliche Toiletten sind rar, aber an den Hotspots wie dem Altstadtmarkt findest du normalerweise ganze Batterien von mobilen Toilettenhäuschen. Halte einfach Ausschau nach den blauen „Dixi-Burgen“. Kleiner Tipp aus Erfahrung: Geh lieber einmal zu früh als zu spät, die Schlangen können brutal lang werden.
Sicherheit zuerst! Ein paar ehrliche Worte
Bei einer Veranstaltung mit Hunderttausenden von Menschen müssen alle mitdenken. Die Organisatoren tun alles, aber es kommt auch auf dich an. Hier die wichtigsten Regeln:

- Abstand halten! Die Fahrer der großen Traktoren haben eine extrem eingeschränkte Sicht. Bleib weg von den Rädern, besonders in den Kurven!
- NIEMALS auf die Straße laufen, um Kamelle aufzuheben. Warte, bis der Wagen vorbei ist. Nichts ist es wert, unter ein tonnenschweres Rad zu geraten.
- Behalte deine Kinder im Blick. Schreib deine Handynummer auf ihren Arm oder einen Zettel in ihre Tasche und vereinbart einen festen Treffpunkt, falls ihr euch verliert.
- Glasflaschen sind tabu. In der ganzen Innenstadt herrscht ein striktes Glasverbot. Füll deine Getränke in Plastikflaschen um.
Und was passiert nach dem Zug?
Wenn der letzte Wagen durch ist, ist die Party noch lange nicht vorbei! Viele, die noch Energie haben, ziehen weiter in die Kneipen und Bars der Innenstadt. Besonders im Magniviertel geht die Feier oft bis in den späten Abend weiter. Wer es etwas organisierter mag, sollte sich die Prunksitzungen der Karnevalsgesellschaften ansehen, die in den Wochen vor dem Umzug stattfinden. Die Karten dafür gibt es direkt bei den Vereinen und kosten je nach Platz so zwischen 25 und 50 Euro – aber sei schnell, die sind oft ratzfatz ausverkauft.

Komm also nach Braunschweig und erlebe unseren Schoduvel. Und wenn du dann da stehst, inmitten der feiernden Menge, und die Süßigkeiten fliegen – wusstest du eigentlich, dass da jedes Jahr über 30 Tonnen Kamelle und anderes Wurfmaterial unters Volk gebracht werden? – dann wirst du spüren, was diesen Tag so besonders macht. Es ist nicht nur eine Parade. Es ist die Seele unserer Stadt.
In diesem Sinne: Brunswick Helau!
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Beim Schoduvel geht es nicht nur ums Schauen, sondern auch ums Fangen! Das „Wurfmaterial“ ist legendär und weit mehr als nur einfaches Gummibärchen. Die Wagenbesatzungen lassen einen wahren Segen auf die Menge regnen. Was du in deine Tasche packen könntest:
- Bolchen: Traditionelle, oft handgemachte Bonbons. Ein Klassiker sind die von der Braunschweiger Bonbonmanufaktur oder die bekannten „Büddenstedter“ Karamell-Kissen.
- Schokoladentafeln: Ganze Tafeln, oft von Marken wie Sarotti oder Ritter Sport, fliegen durch die Luft.
- Popcorntüten und Spielzeug: Besonders für die kleinen Jecken gibt es oft kleine Überraschungen, die über Süßigkeiten hinausgehen.

Rund 300.000 Zuschauer und mehr als 4.000 aktive Teilnehmer machen den Schoduvel zum größten Karnevalsumzug Norddeutschlands.
Diese Zahl ist mehr als nur eine Statistik. Sie bedeutet, dass die gesamte Braunschweiger Innenstadt für einen Tag in einen riesigen, bunten Ausnahmezustand versetzt wird. Es ist ein Volksfest, bei dem sich die Gemeinschaft selbst feiert – eine Demonstration von lokalem Stolz und Lebensfreude, die weit über die Grenzen der Stadt hinausstrahlt und Besucher aus ganz Niedersachsen und darüber hinaus anzieht.

Was hört man eigentlich beim Schoduvel, außer dem Schlachtruf?
Die Klangkulisse ist ein wilder, fröhlicher Mix. Jeder Motivwagen hat seine eigene, dröhnende Musikanlage, aus der oft eine Mischung aus aktuellen Charthits, 90er-Jahre-Klassikern und natürlich Karnevalsmusik schallt. Dazwischen mischen sich die lauten Rufe der Spielmannszüge und Guggemusik-Gruppen, die zu Fuß zwischen den Wagen für handgemachte Stimmung sorgen. Es ist ein organisiertes Chaos aus Trompeten, Trommeln und Bässen, das die ganze Innenstadt zum Vibrieren bringt.

Ein Fehler, den nur Neulinge machen: Das Wetter unterschätzen. Der Schoduvel findet im Februar statt, und das norddeutsche Klima ist oft unbarmherzig. Dein aufwendiges Elfenkostüm nützt dir nichts, wenn du nach einer Stunde vor Kälte zitterst. Der Profi-Tipp lautet Zwiebellook! Trage Thermounterwäsche unter deinem Kostüm und pack dir dicke Socken und wasserfeste Schuhe ein. Ein heißer Tee in der Thermoskanne ist dein bester Freund.

Wenn der letzte Wagen vorbeigezogen ist, ist die Party noch lange nicht vorbei. Das wahre Herz des Schoduvels schlägt danach in den unzähligen Kneipen und Bars der Innenstadt weiter. Vom Magniviertel bis zum Friedrich-Wilhelm-Platz verwandeln sich die Lokale in brodelnde Karnevalshochburgen. Hier treffen sich erschöpfte, aber glückliche Wagenbauer, Gardemädchen und Zuschauer, um bei einem Wolters Pils den Tag ausklingen zu lassen. Fremde werden zu Freunden – das ist der wahre Geist des Schoduvels.

- Sie sorgen für freie Wege und die Sicherheit der Zuschauer.
- Sie leisten Erste Hilfe bei kleinen und großen Notfällen.
- Sie organisieren den reibungslosen Ablauf hinter den Kulissen.
Das Geheimnis eines gelungenen Umzugs? Hunderte ehrenamtliche Helfer! Neben den Aktiven auf den Wagen sind es unzählige Freiwillige vom THW, dem DRK, der Feuerwehr und den Zugordnern der Karnevalsgesellschaften, die stundenlang im Einsatz sind. Sie sind die stillen Helden, ohne die ein Event dieser Größenordnung undenkbar wäre.
Tribünenplatz: Bequem, mit garantierter Sicht und oft moderiert. Ideal für Familien mit kleinen Kindern oder wenn du dem größten Gedränge entgehen möchtest. Du zahlst für den Komfort.
Straßenrand: Mitten im Getümmel, kostenlos und authentisch. Hier bist du am nächsten dran, um Kamelle zu fangen und die Atmosphäre aufzusaugen. Tipp: Früh da sein für einen Platz in der ersten Reihe, besonders am Altstadtmarkt oder Bohlweg.
Die Wahl hängt davon ab, ob du Komfort oder das volle, trubelige Erlebnis suchst.




