Jedes Jahr am 26. Oktober ist es wieder so weit: Österreich schaltet einen Gang runter. Die Geschäfte haben zu, die Schulen sind dicht, und viele von uns nutzen den Tag für einen Ausflug in die Berge, die ja bei uns zum Glück nie wirklich weit weg sind. Und klar, wer morgens seinen Laptop aufklappt, wird oft von einem speziellen Google Doodle begrüßt – eine nette Geste, die uns an diesen Tag erinnert.
Aber ganz ehrlich, wenn ich mich so umhöre, ist das Wissen um den Grund für diesen Feiertag oft ein bisschen lückenhaft. Neutralität, Staatsvertrag, Abzug der Soldaten – die Begriffe schwirren im Raum, aber die genaue Reihenfolge? Die ist entscheidend. Es ist wie beim Handwerk: Du musst das Fundament kennen, um zu verstehen, warum das Haus so steht, wie es steht. Und die Geschichte unseres Nationalfeiertags ist das Fundament unserer modernen Republik.
Also, lass uns das mal ohne kompliziertes Geschwafel aufdröseln. Wir klären die Mythen auf und schauen uns an, wie du diesen Tag – egal ob in Wien oder im Rest des Landes – am besten für dich nutzen kannst.
Anzeige
-->
Klartext: Warum feiern wir am 26. Oktober?
Um das zu verstehen, müssen wir uns die Ereignisse eines entscheidenden Jahres der Nachkriegszeit ansehen. Viele glauben ja, wir feiern den Tag, an dem der letzte fremde Soldat das Land verlassen hat. Das ist ein schönes Bild und kommt der Sache nahe, aber es ist nicht der springende Punkt.
Die Chronologie ist eigentlich ganz einfach:
Der Staatsvertrag: Im Frühjahr wurde im Wiener Schloss Belvedere der Staatsvertrag unterzeichnet. Das war quasi der juristische Handschlag, der Österreich die volle Freiheit versprach. Die Besatzungsmächte sagten zu, ihre Truppen abzuziehen. Das war der erste, riesige Meilenstein.
Der Abzug: Im Laufe des Sommers und Herbstes packten die alliierten Soldaten dann tatsächlich ihre Koffer. Am Abend des 25. Oktober verließ der letzte ausländische Soldat österreichischen Boden. Ab diesem Moment war das Land de facto frei.
Der entscheidende Tag danach: Und genau hier liegt der Kern der Sache. Am Tag darauf, dem 26. Oktober, trat der Nationalrat zusammen. Als freies, souveränes Land beschloss Österreich aus eigenem Antrieb das Gesetz über die immerwährende Neutralität.
Wir feiern also nicht, dass wir in die Freiheit entlassen wurden. Wir feiern den Tag, an dem wir als freies Land selbstbewusst gesagt haben: „So, und das ist jetzt unser Weg.“ Ein aktiver Schritt, keine passive Befreiung. Das ist ein gewaltiger Unterschied. Übrigens, ein kleines Detail am Rande: Bevor der Tag zum Nationalfeiertag wurde, hieß er eine Zeit lang „Tag der Fahne“.
Dein Fahrplan für den 26. Oktober in Wien
Wenn du in Wien bist, ist der Heldenplatz der absolute Hotspot. Aber ohne Plan kann das schnell chaotisch werden. Hier ein kleiner Leitfaden, damit du den Tag genießen kannst.
Anzeige
-->
Das Zentrum des Geschehens ist die große Leistungsschau des Bundesheeres. Ich erinnere mich noch, wie ich als Kind das erste Mal ehrfürchtig vor einem dieser riesigen Panzer stand – für Familien ist das oft das Highlight. Der Tag beginnt für die Politik aber meist ernster, mit einer Kranzniederlegung am Grab des unbekannten Soldaten. Der große Publikums-Moment ist dann gegen Mittag die feierliche Angelobung von rund 1.000 Rekruten. Das ist schon ein Gänsehaut-Moment, wenn die jungen Männer ihr Gelöbnis auf die Republik ablegen.
Dein Spickzettel für den Heldenplatz:
Beste Zeit: Sei am besten schon am Vormittag dort, ab Mittag wird es extrem voll.
Verkehr: Lass das Auto stehen! Der Ring ist gesperrt. Die Öffis fahren nach Sonn- und Feiertagsfahrplan, aber achte auf Umleitungen bei den Trams.
Essen & Trinken: Die Gulaschkanonen des Heeres sind legendär. Rechne aber mit langen Schlangen und Preisen um die 8 bis 10 Euro pro Portion. Kleiner Tipp: Pack dir selbst eine Jause und eine Flasche Wasser ein, das spart Zeit und Geld.
Für Familien: Die Technikschau ist super für Kinder, aber vereinbart unbedingt einen festen Treffpunkt. In dem Gewimmel verliert man sich schneller, als man „Panzer“ sagen kann.
Parallel dazu gibt es den „Tag der offenen Tür“. Bundeskanzleramt, Parlament und Ministerien öffnen ihre Pforten. Eine coole Gelegenheit, mal hinter die Kulissen der Macht zu blicken. Aber auch hier gilt: Geduld mitbringen, die Schlangen, besonders am Ballhausplatz, können lang sein.
Und außerhalb von Wien? Mehr als nur Wandern!
Österreich wäre nicht Österreich, wenn nur in der Hauptstadt gefeiert würde. In allen Bundesländern gibt es eigene Programme. In Graz oder Linz zum Beispiel öffnen oft die Landhäuser ihre Türen für Besucher. Viele Kasernen im ganzen Land veranstalten ebenfalls kleinere Leistungsschauen – eine super Alternative, wenn dir der Trubel in Wien zu viel ist.
Und dann ist da natürlich die wohl österreichischste aller Traditionen an diesem Tag: das Wandern. Tausende schnüren ihre Wanderschuhe für die organisierten „Fit-Märsche“. Das ist weniger politisch, sondern einfach ein schönes Gemeinschaftserlebnis. Man trifft Leute, genießt die knackige Herbstluft und kehrt danach gemütlich in einer Hütte ein. Das verbindet die Menschen auf eine sehr bodenständige Art mit ihrer Heimat.
Unsere Symbole: Was Adler und Flagge wirklich bedeuten
An keinem Tag siehst du so viel Rot-Weiß-Rot wie am 26. Oktober. Aber was steckt eigentlich dahinter?
Die Farben unserer Flagge sind uralt und gehen auf ein mittelalterliches Herrschergeschlecht zurück. Die Legende dazu ist ziemlich bildhaft: Ein Herzog soll nach einer Schlacht sein weißes Gewand, das komplett blutgetränkt war, abgelegt haben. Nur dort, wo sein Gürtel saß, war ein weißer Streifen zu sehen. Rot-Weiß-Rot. Ob’s stimmt? Wahrscheinlich nicht, aber es ist eine gute Geschichte.
Noch spannender ist unser Bundeswappen, der Adler. Jedes Detail erzählt einen Teil unserer Geschichte:
Die Mauerkrone auf dem Kopf steht für das Bürgertum. Es ist bewusst keine Königskrone – ein Zeichen für die Republik.
Die Sichel in der einen Kralle symbolisiert den Bauernstand.
Der Hammer in der anderen Kralle steht für die Arbeiterschaft.
Und nach den dunklen Jahren der Diktatur kam noch ein entscheidendes Detail dazu: die gesprengte Eisenkette an beiden Fängen. Sie symbolisiert die wiedererlangte Freiheit und Unabhängigkeit. Unser Wappen ist also quasi ein politisches Programm in Bildform: eine freie Republik der Bürger, Bauern und Arbeiter.
Die Neutralität heute – noch zeitgemäß?
Klar, ein altes Handwerk muss sich an neue Materialien anpassen. Die Neutralität wurde in einer Zeit des Kalten Krieges geboren, als Österreich genau zwischen den großen Machtblöcken lag. Sie war eine kluge Überlebensstrategie.
Heute ist die Welt eine andere. Seit unserem EU-Beitritt und angesichts der geopolitischen Verschiebungen in Europa wird die Debatte über die Neutralität immer lauter. Passt sie noch in eine Zeit, in der europäische Solidarität gefragt ist? Da gibt es keine einfachen Antworten. Einerseits hat uns die Neutralität viel gebracht – Wien wurde zu einem wichtigen internationalen Verhandlungsort. Andererseits hat sich die Sicherheitslage dramatisch verändert. Diese Diskussionen zu führen, gehört auch dazu, wenn man den Nationalfeiertag wirklich verstehen will.
Am Ende ist der 26. Oktober das, was wir daraus machen. Ob bei der Parade in Wien, beim Wandern in den Alpen oder einfach nur bei einem gemütlichen Tag mit der Familie. Wichtig ist nur, dass wir uns einen kurzen Moment nehmen und darüber nachdenken, was für ein Privileg es ist, in einem freien und selbstbestimmten Land zu leben. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Es ist das Ergebnis kluger Entscheidungen, die vor langer Zeit getroffen wurden. Und dieses Fundament sollten wir pflegen.
Absolut nicht, aber die Bundeshauptstadt bietet an diesem Tag eine einzigartige Perspektive auf die österreichische Demokratie. Beim traditionellen „Tag der offenen Tür“ gewähren sonst verschlossene Institutionen Einblicke. Das Bundeskanzleramt, das Parlament oder die Präsidentschaftskanzlei in der Hofburg öffnen ihre Pforten für alle. Es ist die seltene Gelegenheit, politisches Parkett zu betreten, ohne Anzug und Krawatte tragen zu müssen – eine lebendige Geschichtsstunde, die weit über das hinausgeht, was in Büchern steht.
Wussten Sie, dass der 26. Oktober erst seit 1965 offiziell „Nationalfeiertag“ heißt?
Davor, ab 1955, wurde er als „Tag der Fahne“ begangen. Die Umbenennung war mehr als nur eine kosmetische Änderung; sie sollte das Bewusstsein für die Neutralität und die wiedererlangte Souveränität stärker im kollektiven Gedächtnis verankern. Eine subtile, aber wichtige Verschiebung vom Symbol (Fahne) zum staatsbürgerlichen Konzept (Nation).
Stadtspektakel am Heldenplatz: Die traditionelle Leistungsschau des Bundesheeres verwandelt den Wiener Heldenplatz in ein riesiges Freiluftmuseum. Panzer zum Anfassen, die Vorführung von Eurofighter-Jets und die Angelobung von Rekruten ziehen jedes Jahr Tausende an. Es ist laut, trubelig und eindrucksvoll.
Naturerlebnis in den Bundesländern: Gleichzeitig findet der „Fit-Marsch“ statt, eine landesweite Initiative, die Menschen zum gemeinsamen Wandern motiviert. Statt Motorenlärm hört man hier das Rascheln von Herbstlaub. Es ist die ruhige, besinnliche Art, das Land und seine Schönheit zu feiern.
Zwei Seiten einer Medaille, die perfekt zeigen, wie vielfältig Österreich seinen wichtigsten Tag zelebriert.
Der Nationalfeiertag ist auch ein Tag der Symbole, und das fängt schon bei der Beflaggung an. Viele hissen die rot-weiß-rote Fahne, doch es gibt eine goldene Regel, die oft übersehen wird:
Die Dienstflagge des Bundes: Die Fahne mit dem Bundesadler in der Mitte ist ausschließlich staatlichen Organen wie dem Bundespräsidenten, Ministerien oder dem Bundesheer vorbehalten.
Die Nationalflagge: Für Privatpersonen und Unternehmen ist die einfache rot-weiß-rote Fahne ohne Wappen die korrekte Wahl.
Ein kleines Detail, das den Respekt vor den staatlichen Symbolen zeigt.
Augustine ist eine offene und wissenshungrige Person, die ständig nach neuen Herausforderungen sucht. Sie hat ihren ersten Studienabschluss in Journalistik an der Uni Berlin erfolgreich absolviert. Ihr Interesse und Leidenschaft für digitale Medien und Kommunikation haben sie motiviert und sie hat ihr Masterstudium im Bereich Media, Interkulturelle Kommunikation und Journalistik wieder an der Freien Universität Berlin abgeschlossen. Ihre Praktika in London und Brighton haben ihren beruflichen Werdegang sowie ihre Weltanschauung noch mehr bereichert und erweitert. Die nachfolgenden Jahre hat sie sich dem kreativen Schreiben als freiberufliche Online-Autorin sowie der Arbeit als PR-Referentin gewidmet. Zum Glück hat sie den Weg zu unserer Freshideen-Redation gefunden und ist zurzeit ein wertvolles Mitglied in unserem motivierten Team. Ihre Freizeit verbringt sie gerne auf Reisen oder beim Wandern in den Bergen. Ihre kreative Seele schöpft dadurch immer wieder neue Inspiration und findet die nötige Portion innerer Ruhe und Freiheit.