Echte Schnitzkunst erkennen: Woran du siehst, ob’s Handarbeit oder Schmu ist

von Mareike Brenner
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Stell dir mal vor, du stehst in einem kleinen Laden in den Alpen. Überall duftet es nach Holz, und in den Regalen stehen sie: handgeschnitzte Figuren. Wunderschön. Aber wie erkennst du, ob du gerade ein echtes Kunstwerk oder nur ein schickes Souvenir in der Hand hältst? Ehrlich gesagt, das ist gar nicht so einfach, wenn man nicht weiß, worauf man achten muss.

In den traditionellen Werkstätten ist der Geruch von frischem Zirbenholz der Duft von Heimat. Diese Kunst lernt man nicht in Büchern, sondern durch tausende Stunden an der Werkbank, durch Schnitte, die gelingen, und ja, auch durch die, bei denen man abrutscht. Ich nehme dich mal mit hinter die Kulissen und zeige dir, wie eine Figur entsteht und wie du echte Qualität von Massenware unterscheiden kannst. Versprochen!

Alles beginnt mit dem Holz: Die Seele der Figur

Die Wahl des Holzes ist schon die halbe Miete. Man kann nicht einfach irgendein Brett aus dem Baumarkt nehmen. In den traditionellen Betrieben haben sich über Generationen zwei Holzarten als die absoluten Favoriten herauskristallisiert.

Holzschnitzkunst aus Gröden Krippenfiguren und Holzfiguren Holzschnitzereien
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Da wäre zum einen die Zirbelkiefer, oft einfach nur Zirbe genannt. Man nennt sie auch die „Königin der Alpen“, und das zurecht. Ihr Holz ist relativ weich, hat eine wunderschöne, lebhafte Maserung und diesen unverwechselbaren, harzigen Duft, der jahrelang anhält. Übrigens, kleiner Fun-Fact: Studien deuten darauf hin, dass der Duft von Zirbenholz die Herzfrequenz senken und entspannend wirken kann. Deine Figur ist also nicht nur Deko, sondern quasi ein kleiner Wellness-Helfer fürs Wohnzimmer! Ganz wichtig für die Profis: Das Holz „arbeitet“ kaum, es verzieht sich also nicht so stark und reißt selten. Niemand will, dass ein Kunstwerk, in dem wochenlange Arbeit steckt, plötzlich Risse bekommt.

Der zweite Star ist das Lindenholz. Es ist noch feiner als die Zirbe und hat fast keine sichtbare Maserung. Das macht es zur ersten Wahl für extrem detaillierte Arbeiten. Winzige Gesichtszüge, filigrane Hände oder feine Stofffalten – all das lässt sich aus Linde perfekt herausarbeiten. Es ist auch das ideale Holz, wenn eine Figur später noch bemalt werden soll, weil die glatte Oberfläche die Farbe wunderbar gleichmäßig aufnimmt.

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Also, kurz gesagt: Zirbe für den Duft, die rustikale Optik und die Seele. Linde für feinste Details und eine spätere Bemalung.

Mehr als nur ein Messer: Das Werkzeug der Profis

Vergiss mal das Bild vom alten Mann mit dem Taschenmesser. Eine professionelle Schnitzwerkstatt sieht eher aus wie die Chirurgie für Holz. Da liegen hunderte von Werkzeugen, jedes für einen ganz speziellen Zweck. Die wichtigsten sind:

  • Schnitzmesser: Gibt’s in allen erdenklichen Formen, mit geraden oder gebogenen Klingen. Das A und O ist, dass sie aus bestem Stahl gefertigt und rasiermesserscharf sind. Ein scharfes Messer ist paradoxerweise auch ein sicheres Messer, weil man nicht abrutscht.
  • Hohleisen: Das sind diese gebogenen Eisen in verschiedenen Wölbungen und Breiten. Mit einem flachen Eisen formt man sanfte Kurven, mit einem fast U-förmigen arbeitet man tiefe Rillen aus, zum Beispiel für Haarlocken.
  • Geißfüße: Das sind V-förmige Eisen, perfekt für scharfe Kanten und feine Linien, etwa bei den Falten eines Gewandes.
  • Klöpfel: Ein spezieller Holzhammer, mit dem man auf die größeren Eisen schlägt, um grob Material abzutragen.

Die Pflege dieser Werkzeuge ist heilig. Nach der Arbeit werden sie gereinigt, geölt und jeden Tag von Hand geschärft. Es gibt eine alte Werkstatt-Weisheit: Lehrlinge, die das am Anfang nicht ernst nehmen, müssen zur Strafe oft einen ganzen Tag lang nur Werkzeuge schleifen. Danach passiert ihnen das nie wieder.

Holzschnitzereien aus Gröden und Holzfiguren Holzschnitzkunst

Der Weg zur Figur: Vom Klotz zum Kunstwerk

Der eigentliche Prozess hat sich über die Jahre kaum verändert. Er gliedert sich grob in drei Phasen:

1. Der Rohling: Alles beginnt mit einem Holzblock. Mit einer Bandsäge werden die groben Umrisse ausgeschnitten. Das spart später enorm viel Arbeit. Man kann die Figur schon erahnen, aber Details gibt es noch keine.

2. Das Vorscheiden: Jetzt geht’s an die Handarbeit. Mit größeren Hohleisen und dem Klöpfel werden die Grundformen herausgearbeitet: Kopf, Körper, die Haltung. Das ist oft körperlich anstrengende Arbeit.

3. Die Feinarbeit: Das ist der magische Teil, bei dem die Figur zum Leben erwacht. Mit feinsten Messern entstehen Gesichtsausdruck, Hände und die Details der Kleidung. Hier ist Erfahrung alles. Ein Schnitt zu viel, und der ganze Ausdruck ist ruiniert.

Handarbeit vs. Maschine: Eine ehrliche Einordnung

Und jetzt mal Butter bei die Fische. Nicht jede Figur, die du heute siehst, ist komplett von Hand aus einem einzigen Block geschnitzt. Der Markt verlangt auch nach erschwinglichen Stücken. Es ist wichtig, die Unterschiede zu kennen, um fair zu bewerten, was man kauft.

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  • Maschinell vorgefräst, von Hand fertiggestellt: Viele Figuren, besonders Krippenfiguren, werden heute mit einer Kopierfräse grob vorgearbeitet. Die Maschine erledigt also den anstrengenden Teil des Vorscheidens. Ein Schnitzer übernimmt dann aber die komplette Feinarbeit und gibt der Figur ihren Charakter. Das ist eine absolut legitime Methode, um Handwerkskunst für mehr Menschen zugänglich zu machen. Rechne hier bei einer ca. 15 cm großen Figur mit Preisen zwischen 80 € und 200 €.
  • Das Unikat – komplett handgeschnitzt: Hier entsteht alles aus einem Holzblock, nur mit Säge, Eisen und Muskelkraft. Jede Figur ist ein Einzelstück mit der unverwechselbaren Handschrift des Meisters. Das dauert! Für eine detailreiche, 30 cm große Figur können da schon mal zwei bis drei Wochen reine Arbeitszeit draufgehen. Solche Werke sind selten und haben natürlich ihren Preis. Ein Unikat in der 15-cm-Größe startet oft erst bei 500 € und kann je nach Künstler und Aufwand weit darüber liegen.

Achte auf offizielle Zertifikate oder Gütesiegel von Handwerkskammern, die eine reine Handarbeit garantieren. Werkstätten, die solche Unikate schaffen, sind stolz darauf und weisen das auch gerne aus.

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Farbe und Veredelung: Der letzte Schliff

Viele Figuren werden nach dem Schnitzen noch „gefasst“, also bemalt oder veredelt. Das ist eine eigene Kunstform. Die Figur kann naturbelassen und nur gewachst werden, gebeizt, um die Maserung zu betonen, oder aufwändig bemalt. Besonders edel ist die „antike“ Fassung, bei der die Figur bemalt und dann an einigen Stellen wieder leicht abgeschliffen wird, um einen gealterten Look zu erzeugen. Die Krönung ist die Bemalung mit echtem Blattgold – eine unglaublich aufwendige Technik.

Der typische Stil: Woran man die Tradition erkennt

Die Schnitzkunst in den Alpen hat eine sehr lange Tradition, die in den kargen Wintermonaten früherer Jahrhunderte begann. Später wurde der Stil in Kunstschulen professionalisiert. Daraus entwickelte sich eine typische Ästhetik, die man oft erkennt an:

  • Sanften, fast andächtigen Gesichtsausdrücken, die eine innere Ruhe ausstrahlen.
  • Elegant fließenden Gewändern, deren Faltenwurf sehr natürlich wirkt.
  • Einer großen Liebe zum Detail, von den Fingernägeln bis zu den Haarsträhnen.

Kleiner Tipp: Geh doch mal bewusst in eine alte Kirche in deiner Nähe und schau dir die Heiligenfiguren ganz genau an. Wetten, dass du jetzt den Faltenwurf, die Werkzeugspuren und die feinen Details mit ganz anderen Augen siehst?

Holzschnitzereien aus Gröden Holzschnitzkunst

Dein 3-Schritte-Check beim Kauf

Du stehst also im Laden und hast eine Figur in der Hand. Wie prüfst du die Qualität? Ganz einfach mit diesem schnellen Check:

Schritt 1: Dreh sie um! Schau dir die Unterseite an. Ist sie sauber gearbeitet? Findest du dort eine Signatur der Werkstatt oder des Künstlers? Ein schlampiger Boden ist oft kein gutes Zeichen.

Schritt 2: Geh ins Detail. Sind die Kanten scharf und klar geschnitten oder wirken sie verwaschen? Sind die Finger einzeln ausgearbeitet, vielleicht sogar mit Fingernägeln? Ein entscheidender Punkt: Schau dir die tiefen Stellen an, z. B. zwischen Arm und Körper. Sind die Kanten dort scharf und „lebendig“ oder eher weich und verdächtig uniform? Letzteres kann ein Hinweis auf Maschinenarbeit sein.

Schritt 3: Fühl die Figur. Streich vorsichtig über die Oberfläche (wenn erlaubt!). Fühlt sie sich „totgeschliffen“ an, also spiegelglatt? Oder spürst du noch eine minimale, feine Struktur von den Werkzeugspuren? Diese feinen Spuren sind oft ein Zeichen echter Handarbeit.

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Ach ja, und noch ein persönlicher Tipp: Die wahren Schätze findest du oft nicht in den Hochglanzläden an der Hauptstraße. Trau dich mal in die Seitengassen, in die kleinen Werkstätten. Dort kannst du den Meistern oft über die Schulter schauen und bekommst die besten Geschichten zu deiner Figur gratis dazu.

Lust bekommen, es selbst zu probieren?

Wenn es dich jetzt in den Fingern juckt: Nur zu! Für den Anfang brauchst du nicht viel. Ein gutes Anfänger-Set mit einem Schnitzmesser, einem kleinen Hohleisen und einem Geißfuß bekommst du im Fachhandel schon für ca. 50-80 €. Als Holz eignet sich Lindenholz am besten, da es weich ist und Fehler verzeiht. Aber Achtung: Die Werkzeuge sind kein Spielzeug! Arbeite immer vom Körper weg und trage zur Sicherheit an der Hand, die das Holz hält, einen schnittfesten Handschuh. Das ist keine Schande, sondern schlau.

Die richtige Pflege: Ein Leben lang Freude

Damit dein Kunstwerk auch in 50 Jahren noch schön ist, braucht es nicht viel. Stell es nicht in die pralle Sonne oder direkt über die Heizung. Zum Entstauben reicht ein weicher, trockener Pinsel. Bitte niemals ein nasses Tuch oder Putzmittel verwenden! Und falls mal etwas abbricht: Geh zum Profi. Ein Restaurator kann das oft fast unsichtbar reparieren, während Selbstversuche mit Klebstoff meist alles schlimmer machen.

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Eine echte Holzfigur ist eben mehr als nur ein Stück Deko. Sie ist ein Stück Kultur, eine Geschichte aus Holz und Leidenschaft. Und jetzt weißt du, wie du diese Geschichte lesen kannst.

Mareike Brenner

Mareike ist 1991 in Bonn geboren und hat ihr Diplom in der Fachrichtung Journalistik an der TU Dortmund erworben. Sie hat einen Hintergrund im Bereich Design, da sie an der HAW Hamburg Illustration studiert hat. Mareike hat aber einen Sprung in die Welt des Journalismus gemacht, weil sie schon immer eine Leidenschaft für kreatives Schreiben hatte. Derzeit ist sie in der Redaktion von Freshideen tätig und schreibt gern Berichte über Schönheitstrends, Mode und Unterhaltung. Sie kennt übrigens alle Diäten und das Thema „Gesund abnehmen“ wird von ihr oft bevorzugt. In ihrer Freizeit kann man sie beim Kaffeetrinken mit Freunden antreffen oder sie bleibt zu Hause und zeichnet. Neulich hat sie eine neue Leidenschaft entdeckt, und das ist Online-Shopping.