Unterwasserfotografie: Dein ehrlicher Guide für Bilder, die nicht nur blau sind
Nach gefühlt tausend Tauchgängen mit einer Kamera in der Hand kann ich dir eines ganz ehrlich sagen: Unterwasserfotografie ist eine der härtesten, aber auch geilsten Disziplinen überhaupt. Ich habe Kameras geflutet, Blitze im Riff versenkt und mehr unscharfe, blaue Matsch-Bilder produziert, als ich zugeben möchte. Aber hey, ich habe auch Momente festgehalten, die man sonst nie im Leben zu Gesicht bekommt.
Inhaltsverzeichnis
- 0.1 Warum unter Wasser alles anders ist: Ein kurzer Physik-Crashkurs
- 0.2 Die Ausrüstung: Was du wirklich brauchst (und was es kostet)
- 0.3 Die Technik im Wasser: Worauf es ankommt
- 0.4 Sicherheit und Wartung: Das unsexy, aber wichtige Zeug
- 0.5 Die digitale Dunkelkammer: Warum Nachbearbeitung Pflicht ist
- 0.6 Ein letztes Wort…
- 1 Bildergalerie
Mein Ziel heute ist es, dir keinen Quatsch aus Hochglanzmagazinen zu erzählen. Vergiss das mal kurz. Das hier sind die ehrlichen, praxiserprobten Tipps aus dem echten Leben. Das, was du wirklich wissen musst, um unter Wasser endlich gute Bilder zu machen.
Warum unter Wasser alles anders ist: Ein kurzer Physik-Crashkurs
Bevor wir über teure Kameras reden, müssen wir über das Wasser selbst sprechen. Wasser ist nicht nur nass – es ist ein fieser Gegner für jeden Fotografen. Wenn du diese drei Punkte nicht verinnerlichst, wirst du immer gegen eine unsichtbare Wand schwimmen.

1. Der blaue Vorhang: Licht- und Farbverlust
Stell dir vor, du leuchtest an Land mit einer Taschenlampe. Das Licht geht ewig weit. Unter Wasser? Vergiss es. Wasser schluckt Licht wie ein Schwamm. Je tiefer du kommst, desto dunkler wird’s. Aber das ist nur die halbe Miete. Das Wasser filtert auch die Farben raus, und zwar nicht alle gleichmäßig. Die warmen Töne erwischt es zuerst. Rot ist oft schon in fünf Metern Tiefe so gut wie weg. Dann folgen Orange und Gelb. Was übrig bleibt? Richtig, Blau und Grün.
Und genau deshalb sehen die ersten Unterwasserfotos von fast jedem Anfänger so enttäuschend monochromatisch aus. Ohne eine künstliche Lichtquelle hast du keine Chance, die echten Farben eines Korallenriffs zurückzuholen.
2. Die optische Täuschung: Alles ist näher dran (oder doch nicht?)
Alles unter Wasser wirkt durch deine Maske und den Kamera-Port etwa 25 % größer und näher. Das ist simple Physik, die Lichtbrechung. Für uns bedeutet das aber ein Problem: Ein Fisch, der gefühlt nur einen Meter entfernt ist, ist in Wahrheit weiter weg. Warum ist das wichtig? Weil jedes zusätzliche Fitzelchen Wasser zwischen deinem Objektiv und dem Motiv die Schärfe, den Kontrast und die Farben killt. Das Motto lautet also immer: ran, ran, ran!

3. Der Schneesturm im Sommer: Backscatter, dein Erzfeind
Wasser ist selten glasklar. Es wimmelt nur so von winzigen Partikeln – Plankton, Sand, allerlei Zeug. Wenn du jetzt den eingebauten Blitz deiner Kamera zündest, passiert eine Katastrophe: Das Licht knallt direkt vor deinem Objektiv auf diese Teilchen und wird als helle, unschöne Flecken zurückgeworfen. Sieht aus wie ein Schneesturm. Das nennt man Backscatter (Rückstreuung) und ist der Anfängerfehler Nummer eins.
Die einzige Lösung? Bring die Lichtquelle, also den Blitz, weg von der Kamera. Deutlich weg.
Die Ausrüstung: Was du wirklich brauchst (und was es kostet)
Okay, reden wir über’s Geld. Die Ausrüstungsfrage ist endlos, aber sei ehrlich zu dir: Was willst du fotografieren und was ist dein Budget? Es gibt nicht DIE perfekte Kamera, nur das passende Setup für deinen Zweck.
Der Einstieg: Action-Cams und Kompaktkameras
Ganz ehrlich, die meisten fangen heute mit einer GoPro oder einer ähnlichen Action-Cam an. Und das ist auch total okay! Für den Anfang sind die Dinger super, um ein Gefühl dafür zu bekommen. Ihre Grenzen erreichst du aber schnell: Die Bildqualität bei wenig Licht ist mäßig und du hast kein Zoom. Kleiner Tipp: Besorg dir einen Rotfilter für flache, sonnige Tauchgänge (ca. 20-40 €). Der holt schon einiges an Farbe zurück. Ein kleines Videolicht kann bei Nahaufnahmen auch Wunder wirken.

Der nächste logische Schritt ist eine robuste Kompaktkamera. Der Klassiker schlechthin ist die Olympus TG-Serie. Die sind schon von Haus aus wasserdicht und mit einem passenden Gehäuse (ab ca. 300 €) und einem externen Blitz bist du schon richtig gut dabei. So ein Einsteiger-Set, mit dem du wirklich gute Bilder machen kannst, liegt realistisch bei etwa 1.500 bis 2.000 €.
Der ambitionierte Weg: Systemkameras
Wenn du es ernst meinst, führt kein Weg an einer Systemkamera (spiegellos oder DSLR) vorbei. Die Bildqualität ist eine andere Welt, du kannst Objektive wechseln und hast die volle Kontrolle. Aber das kostet auch. Allein ein gutes Aluminiumgehäuse von Marken wie Nauticam oder Ikelite kann schnell mehr kosten als die Kamera selbst. Ein ambitioniertes Setup mit Kamera, Gehäuse, zwei Blitzen und einem Weitwinkel-Port kann locker 5.000 € und deutlich mehr verschlingen.
Gut zu wissen: Bevor du Tausende von Euros versenkst, frag bei deiner Tauchbasis im Urlaub oder bei einem gut sortierten Tauchshop zu Hause nach. Oft kann man komplette Kamera-Setups mieten. Das ist der schlauste Weg, um herauszufinden, was zu dir passt.

Das Gehäuse: Dein wichtigster Bodyguard
Das Unterwassergehäuse ist wichtiger als die Kamera darin. Es gibt sie aus Polycarbonat (Kunststoff, günstiger) und Aluminium (robuster, teurer). Spar hier bitte nicht am falschen Ende. Ein Wassereinbruch tut richtig, richtig weh. Ich spreche aus Erfahrung… Einmal in Eile den O-Ring nicht sauber kontrolliert, ein winziger Fussel hat gereicht. Kamera-Totalschaden. Eine Lektion, die man nur einmal lernt.
Deshalb hier mein heiliger 3-Schritte-O-Ring-Check vor JEDEM Tauchgang:
- Säubern: Nimm den O-Ring vorsichtig raus. Wische ihn und die Nut im Gehäuse mit einem fusselfreien Tuch sauber. Niemals mit spitzen Gegenständen!
- Fetten: Gib einen HAUCH Silikonfett auf deine Fingerspitzen und ziehe den O-Ring einmal komplett durch. Er soll nur glänzen, nicht im Fett schwimmen. Zu viel Fett zieht Dreck an.
- Prüfen: Lege den O-Ring zurück in die Nut und fahre einmal mit der Fingerspitze komplett herum. So spürst du sofort, ob irgendwo ein Haar oder Fussel drunter ist.
Das dauert zwei Minuten und kann dir Tausende von Euro sparen.

Blitze: Deine tragbare Sonne
Ich hab’s schon erwähnt: Ohne externe Blitze, auch Strobes genannt, keine Farben. Der interne Blitz ist tabu! Du brauchst mindestens einen externen Blitz, besser sind zwei. Die werden auf flexible Arme montiert, damit du das Licht von der Seite oder schräg von oben kommen lassen kannst. Bewährte Marken sind hier zum Beispiel Inon oder Sea&Sea.
Ein solider Einstiegsblitz kostet mit Arm und Kabel schon mal 500-800 €. Ja, das ist eine Ansage, aber es ist die wichtigste Investition für gute Bilder.
Die Technik im Wasser: Worauf es ankommt
Die beste Ausrüstung ist wertlos ohne die richtige Technik. Und die allerwichtigste Fähigkeit hat erstmal gar nichts mit Fotografie zu tun.
Tarierung, Tarierung, Tarierung!
Ein guter Unterwasserfotograf ist zuallererst ein exzellenter Taucher. Du musst perfekt tarieren können, also bewegungslos im Wasser schweben, ohne mit den Händen zu rudern oder den Boden aufzuwirbeln. Nur so hast du die Ruhe, dein Bild zu komponieren.

Hier ist deine Hausaufgabe für den nächsten Tauchgang: Such dir einen freien Sandfleck in etwa zehn Metern Tiefe. Versuche, eine volle Minute lang absolut regungslos 50 Zentimeter über dem Boden zu schweben. Ohne Flossenbewegung, ohne Hände. Nur mit deiner Lunge. Wenn du das beherrschst, bist du bereit für die Kamera.
Belichtung entmystifiziert: Die zwei Dimmer
Die Belichtung unter Wasser ist ein Spiel zwischen zwei Lichtquellen: der Sonne (Umgebungslicht) und deinem Blitz. Stell es dir wie zwei getrennte Dimmer vor:
- Die Verschlusszeit ist der Dimmer für den Hintergrund. Eine kurze Zeit (z.B. 1/200s) macht das Wasser im Hintergrund dunkler und satter. Eine längere Zeit (z.B. 1/60s) macht es heller.
- Die Blende ist der Dimmer für dein Motiv im Vordergrund. Eine offene Blende (z.B. f/5.6) lässt viel Blitzlicht auf dein Motiv fallen. Eine geschlossene Blende (z.B. f/11) lässt weniger Licht durch.
Der ISO-Wert bleibt dabei fast immer so niedrig wie möglich (meist 100 oder 200), um Bildrauschen zu vermeiden. Ein guter Startpunkt für ein Riff-Foto ist oft: ISO 200, Blende f/8, Verschlusszeit 1/125s. Von da aus passt du dann an.

Komposition: Drei goldene Regeln für unter Wasser
Die klassischen Regeln der Fotografie gelten auch hier, aber mit ein paar Besonderheiten.
- Geh nah ran. Und dann geh noch näher ran. Das ist das Mantra. Verringere die Wassersäule zwischen dir und dem Motiv. Deine Bilder werden sofort schärfer und farbiger.
- Fotografiere nach oben. Wenn du von oben auf einen Fisch herabschaust, verschwindet er optisch im unruhigen Riff. Begib dich auf seine Augenhöhe oder sogar darunter und fotografiere ihn gegen das offene, blaue Wasser. Das schafft eine saubere Trennung und wirkt viel professioneller.
- Fokus auf die Augen. Wie bei jedem Porträt: Die Augen müssen knackscharf sein. Das ist der Punkt, der eine emotionale Verbindung zum Betrachter herstellt.
Sicherheit und Wartung: Das unsexy, aber wichtige Zeug
Kein Bild der Welt ist es wert, dich oder die Unterwasserwelt zu gefährden. Punkt.
Die Kamera ist eine massive Ablenkung. Du bist so auf dein Motiv fixiert, dass du Luft, Tiefe und Tauchpartner vergisst. Das ist brandgefährlich. Mach dir eine Regel: Erst Tauchcomputer checken, dann den Auslöser drücken. Immer.

Und sei ein guter Gast. Fass nichts an, jage keine Tiere und achte auf deine Flossen. Ein unachtsamer Schlag kann Korallen zerstören, die Jahrzehnte gebraucht haben, um zu wachsen.
Kleiner Tipp zur Wartung: Den O-Ring deines Gehäuses zu pflegen, ist deine Aufgabe. Das schaffst du locker selbst. Aber den Service für deine Blitze oder den Atemregler? Lass da lieber einmal im Jahr einen Profi ran. Das ist gut investiertes Geld in deine Sicherheit und den Werterhalt deiner Ausrüstung.
Die digitale Dunkelkammer: Warum Nachbearbeitung Pflicht ist
Ein Unterwasserfoto kommt selten perfekt aus der Kamera. Die Nachbearbeitung am Computer ist kein Schummeln, sondern ein notwendiger Schritt, um das wiederherzustellen, was das Wasser genommen hat.
Stell dir das mal vor: Links das Originalbild aus der Kamera – alles ein bisschen flau, bläulich, irgendwie ‚meh‘. Und rechts, nach nur fünf Minuten Arbeit in einem Programm wie Adobe Lightroom: die Koralle leuchtet in sattem Rot, der Fisch hat wieder seine gelben Streifen und der Hintergrund ist ein tiefes, sattes Blau. Das ist der Unterschied!

Die wichtigsten Schritte sind immer der Weißabgleich (um den Blaustich zu entfernen), die Anpassung von Kontrast und Belichtung und das Entfernen von ein paar verirrten Schwebeteilchen. Aber auch hier gilt: Weniger ist mehr. Das Bild soll natürlich wirken.
Ein letztes Wort…
Unterwasserfotografie ist eine Reise, kein Sprint. Deine ersten hundert Bilder werden wahrscheinlich eine Katastrophe. Das ist völlig normal und gehört dazu. Der Schlüssel ist, aus jedem Tauchgang zu lernen. Schau dir deine schlechten Bilder an und frage dich, warum sie nicht funktioniert haben. Mit jeder Stunde unter Wasser wirst du besser.
Und irgendwann, versprochen, hast du dieses eine Bild im Kasten, das all die Mühe, das Geld und die geflutete Ausrüstung wert war. Ein Fenster in eine andere Welt, das du selbst geschaffen hast. Und dieses Gefühl ist unbezahlbar.
Bildergalerie




- Der Fokus sitzt immer auf dem Auge des Tieres.
- Die Lichtquelle (Blitz) kommt von oben oder von der Seite, niemals frontal.
- Fotografieren Sie auf Augenhöhe mit dem Motiv, nicht von oben herab.
Das sind die drei ungeschriebenen Gesetze, die ein gutes Unterwasserbild von einem Schnappschuss unterscheiden. Hängen Sie sie sich an den Kühlschrank.




Warum sehen meine Bilder immer so „milchig“ aus?
Das ist höchstwahrscheinlich Rückstreuung, auch „Backscatter“ genannt. Winzige Partikel im Wasser werden von deinem Blitz angestrahlt und reflektieren das Licht zurück ins Objektiv – wie Staub in einem Sonnenstrahl. Die Lösung: Positioniere deine externen Blitze weit weg von der Kamera und leicht nach außen gewinkelt. So beleuchtest du nur dein Motiv, nicht das Wasser dazwischen.




Manueller Weißabgleich ist dein bester Freund. Vergiss die Automatik, sie ist unter Wasser fast immer überfordert. Nimm eine weiße oder graue Tafel (ein einfaches Taucher-Slate genügt) mit nach unten. Halte sie in der Tiefe, in der du fotografieren willst, vor die Linse und mache eine Referenzaufnahme. Die meisten Kameras, selbst die Olympus Tough TG-6, ermöglichen es, diesen manuellen Weißabgleich dann für alle folgenden Bilder zu speichern. Der Unterschied ist wie Tag und Nacht.



„Je näher man dran ist, desto besser ist das Bild. Und wenn man denkt, man ist nah genug dran, muss man noch näher ran.“
Dieses Mantra von Unterwasserfotografie-Legende Martin Edge bringt es auf den Punkt. Jeder Zentimeter Wasser, den du zwischen dir und dem Motiv eliminierst, bringt dir mehr Schärfe, mehr Farbe und mehr Kontrast zurück. Also: Weitwinkelobjektiv drauf und rein ins Getümmel!




Dome-Port: Die große Glaskuppel ist ideal für Weitwinkelaufnahmen. Sie korrigiert die optische Vergrößerung des Wassers und ermöglicht beeindruckende Split-Shots (halb über, halb unter Wasser).
Flat-Port: Der flache Port ist der Spezialist für Makro-Aufnahmen. Er bewahrt die Vergrößerung und lässt dich winzige Details von Nacktschnecken oder Garnelen gestochen scharf einfangen.
Die Wahl des Ports ist also keine Geschmacksfrage, sondern eine technische Entscheidung für dein gewünschtes Motiv.




Vergiss für einen Moment die Farben und konzentriere dich auf Formen und Texturen. Schwarz-Weiß-Fotografie funktioniert unter Wasser überraschend gut. Ein Wrack, die Silhouette eines Hais gegen die Wasseroberfläche oder die feinen Strukturen einer Gorgonie bekommen in Monochrom eine dramatische, zeitlose Ästhetik. Ein Tipp: Konvertiere deine Bilder erst in der Nachbearbeitung in Schwarz-Weiß, so behältst du alle Farbinformationen der RAW-Datei.



Wichtiger Punkt: Tarierung ist 90% der Miete. Du kannst die teuerste Kamera von Nauticam oder Seacam haben – wenn du wie ein nasser Sack durchs Wasser paddelst, werden deine Bilder nie scharf. Perfekte Tarierung erlaubt es dir, regungslos vor einem Motiv zu schweben, ohne den Boden aufzuwirbeln. Übe das Schweben ohne Kamera, bis es in Fleisch und Blut übergeht. Dein Fotografie-Level wird explodieren.




Die Sonne ist dein zweiter Blitz. Lerne, sie zu nutzen!
- Für Silhouetten: Positioniere dich so, dass dein Motiv (z.B. ein anderer Taucher oder ein großer Fisch) die Sonne verdeckt.
- Für Sonnenstrahlen (Sunbursts): Wähle eine kleine Blende (hohe f-Zahl wie f/11 oder f/16) und richte die Kamera leicht nach oben.
- Für Ambiente: Nutze das natürliche Licht, um den Hintergrund blau leuchten zu lassen, während dein Blitz das Motiv im Vordergrund ausleuchtet.




- Sättigung und Dynamik leicht anheben.
- Mit dem „Dunst entfernen“-Regler in Adobe Lightroom vorsichtig arbeiten.
- Die Farbtemperatur ins Wärmere (Gelb/Magenta) verschieben.
- Kontraste erhöhen, um das Bild „knackiger“ zu machen.
Das Geheimnis? Fotografiere immer im RAW-Format. Es gibt dir in der Nachbearbeitung den nötigen Spielraum, um die unter Wasser verlorenen Farben zurückzuholen. Ein JPEG ist hierfür oft schon zu komprimiert.



Welche Verschlusszeit ist die richtige?
Starte mit 1/125 Sekunde. Das ist ein guter Allround-Wert. Er ist kurz genug, um die meisten leichten Bewegungen von dir oder den Fischen einzufrieren, aber noch lang genug, um etwas vom Umgebungslicht auf den Sensor zu lassen. Für sehr schnelle Motive wie Delfine oder Seelöwen gehst du kürzer (z.B. 1/250s), für stimmungsvolle Aufnahmen mit Bewegungsunschärfe kannst du auch mal länger belichten (z.B. 1/60s).




Der Ozean bedeckt 71% unseres Planeten, doch über 80% davon sind noch unerforscht und wurden nie von Menschenaugen gesehen.
Jeder Tauchgang mit einer Kamera ist eine Expedition ins Unbekannte. Du dokumentierst eine Welt, die den meisten Menschen verborgen bleibt. Das ist mehr als nur ein Hobby – es ist ein Privileg und eine Verantwortung.




Gute Unterwasserfotografie hat viel mit Respekt zu tun. Verfolge niemals ein Tier, um ein Foto zu bekommen. Berühre keine Korallen, um dich abzustützen. Und wirble keinen Sand auf, der empfindliche Lebewesen bedecken könnte. Die besten Bilder entstehen, wenn sich das Tier in deiner Gegenwart wohlfühlt und sein natürliches Verhalten zeigt. Geduld zahlt sich immer aus.



Kompaktkamera (z.B. Olympus Tough TG-Reihe): Perfekt für den Einstieg. Robust, einfach zu bedienen und mit erstaunlich gutem Makromodus. Ein tolles Werkzeug, um die Grundlagen zu lernen, ohne Tausende auszugeben.
Spiegellose Systemkamera (z.B. Sony Alpha Serie): Der aktuelle Goldstandard. Kompakter als eine DSLR, aber mit überragender Bildqualität und schnellem Autofokus. Die riesige Auswahl an Objektiven macht sie extrem vielseitig.
Für welches System du dich auch entscheidest: Das teurere Gehäuse und die Blitze sind die eigentliche Investition.




Schon mal was von „Snoots“ gehört? Das sind Lichtformer, die du auf deinen Blitz steckst, um einen sehr engen, fokussierten Lichtstrahl zu erzeugen. Im Makrobereich ist das pures Gold. Du kannst damit ein winziges Detail einer Garnele beleuchten, während der Hintergrund komplett schwarz bleibt. Das Ergebnis sind dramatische, studioähnliche Porträts. Es gibt teure Modelle von Herstellern wie Retra, aber für den Anfang tut es auch eine selbstgebaute Lösung aus Plastik.




- Die Kamera vor dem Tauchgang im klimatisierten Raum zusammenbauen, um Kondensation im Gehäuse zu vermeiden.
- Den O-Ring mit einem fusselfreien Tuch (niemals mit einem Handtuch!) reinigen und nur einen Hauch Silikonfett auftragen.
- Nach dem Tauchgang das gesamte Gehäuse in einem Süßwasserbecken spülen, während es noch verschlossen ist.



Wichtiger Tipp für Weitwinkel: Ein gutes Bild hat immer drei Ebenen: einen klaren Vordergrund (z.B. eine farbige Weichkoralle), ein interessantes Hauptmotiv (z.B. ein Taucher oder ein Schwarm Fische) und einen ansprechenden Hintergrund (z.B. das tiefe Blau des Ozeans oder die Wasseroberfläche). Ohne einen starken Vordergrund wirkt die Szene oft flach und leer.




Was ist eine „Wet Lens“?
Das ist ein zusätzliches Objektiv, das du erst unter Wasser vor den Port deiner Kamera schraubst. Es gibt sie für Makro (um extrem nah ranzukommen) und für Weitwinkel (um mehr von der Szene einzufangen). Marken wie Nauticam, INON oder Fantasea bieten hier tolle Optionen. Der Vorteil: Du kannst während eines einzigen Tauchgangs zwischen Makro- und Weitwinkelfotografie wechseln.




Nachttauchgänge sind eine völlig andere Welt – auch fotografisch. Dein Autofokus wird es schwerer haben, also nutze eine starke Fokusleuchte. Dein Motiv wird aus der kompletten Dunkelheit heraus leuchten, was für extrem kontrastreiche Bilder mit tiefschwarzem Hintergrund sorgt. Hier ist ein externer Blitz absolute Pflicht. Halte Ausschau nach Tieren, die nur nachts aktiv sind, wie spanische Tänzerinnen oder Jagd-treibende Muränen.



„Der entscheidende Moment unter Wasser dauert oft nur den Bruchteil einer Sekunde. Man muss antizipieren, was das Tier als Nächstes tut.“ – Paul Nicklen, National Geographic Fotograf




Die Arme, die deine Blitze halten, sind wichtiger, als du denkst. Billige Plastikarme sind oft zu kurz und nicht flexibel genug. Investiere in stabile, längere Arme aus Aluminium, z.B. von Ultralight Control Systems (ULCS) oder INON. Sie erlauben dir, die Blitze weit nach außen und in jede erdenkliche Position zu bringen. Das ist der Schlüssel zur Vermeidung von Rückstreuung und für eine kreative Lichtführung.




TTL (Through The Lens): Die Kamera kommuniziert mit dem Blitz und versucht, die richtige Belichtung automatisch zu finden. Super für Anfänger und für schnelle Schnappschüsse, wenn sich das Motiv bewegt.
Manuell: Du stellst die Blitzstärke (z.B. 1/2, 1/4, 1/8 Leistung) direkt am Blitzgerät ein. Das erfordert mehr Übung, gibt dir aber die volle kreative Kontrolle über das Licht.
Profis nutzen fast ausschließlich den manuellen Modus.



- Die Augen sind scharf, der Hintergrund verschwimmt sanft.
- Die Farben sind natürlich und leuchtend.
Das Geheimnis? Wähle eine offene Blende (eine kleine f-Zahl wie f/2.8 oder f/4). Das reduziert die Schärfentiefe und isoliert dein Motiv wunderschön vom Hintergrund. Kombiniere das mit zwei externen Blitzen, um die Farben zurückzuholen und harte Schatten zu vermeiden.




Lerne das Verhalten der Tiere. Ein Putzerfisch wird immer wieder zur gleichen Anemone zurückkehren. Ein Papageifisch hat seine festen Fressrouten. Anstatt einem Tier hinterherzujagen, suche dir einen guten Platz, tariere dich perfekt aus und warte. Wenn das Tier von selbst in deinen „Raum“ kommt, bekommst du natürliche, entspannte Bilder – und einen viel besseren Tauchgang.




Fluoreszenz-Fotografie ist der neueste heiße Trend. Mit einer speziellen Blaulicht-Lampe (Aktinlicht) und einem Gelbfilter vor deiner Maske und Kamera bringst du die Unterwasserwelt zum Leuchten. Korallen und andere Meeresbewohner strahlen in psychedelischen Grün-, Gelb- und Rottönen zurück. Das ist kein Photoshop-Trick, sondern echte Biolumineszenz – ein unvergessliches visuelles Erlebnis.


Dein Logbuch ist nicht nur zum Eintragen von Tiefe und Zeit da. Mache es zu deinem Fotografie-Tagebuch! Notiere nach jedem Tauchgang deine Kameraeinstellungen (Blende, Verschlusszeit, ISO) für deine besten – und schlechtesten – Bilder. So lernst du unglaublich schnell, welche Einstellungen in welcher Situation funktionieren. Es ist der effektivste Weg, um aus Fehlern zu lernen und deine Fortschritte nachzuvollziehen.




