Vom Knipsen zur Kunst: Was wirklich hinter preisgekrönten Naturfotos steckt

von Emma Wolf
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Ich bin schon eine ganze Weile in der Naturfotografie unterwegs. Ganz am Anfang, als junger Kerl mit meiner ersten Spiegelreflexkamera im Wald, war die Welt noch einfach: Ein Hirsch, der scharf abgebildet ist? Perfekt, Ziel erreicht! Heute weiß ich, dass das nur die absolute Grundlage ist. Es geht um so viel mehr.

Jedes Jahr nehme ich mir die Zeit und schaue mir die Gewinner der großen internationalen Fotowettbewerbe an. Nicht nur, um die Bilder zu bewundern, sondern um zu verstehen, was heute ein herausragendes Bild von einem guten unterscheidet. Wer bei diesen Wettbewerben, die oft von renommierten Naturkundemuseen ausgerichtet werden, ganz oben landet, hatte nicht einfach nur Glück. Das ist pures Können.

Also, lass uns mal ein paar dieser Meisterwerke auseinandernehmen. Ich will dir nicht nur beschreiben, was du siehst. Ich möchte dir zeigen, was dahintersteckt – welche Technik, welche unglaubliche Geduld und welches tiefe Wissen über die Natur nötig sind. Das hier ist keine Bildergalerie. Das ist ein ehrlicher Blick in die Werkstatt eines Naturfotografen.

2020 Wildlife Photographer of The Year logo museum london
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Das Fundament: Mehr als nur ein schönes Tier

Ein Fehler, den ich bei Anfängern immer wieder sehe, ist der Tunnelblick auf das Motiv. Ein prächtiger Löwe, ein bunter Vogel – klar, das ist ein super Anfang. Aber es ist eben nur das: der Anfang. Die Jurys dieser Wettbewerbe suchen nach Geschichten. Ein Bild muss eine Frage aufwerfen, eine Emotion auslösen, den Betrachter zum Nachdenken bringen.

Denk nur mal an dieses berühmte Bild von einem sibirischen Tiger, der einen Baum umarmt. Technisch gesehen ist das eine Aufnahme aus einer Kamerafalle. Manche rümpfen da die Nase und sagen: „Der Fotograf war ja nicht mal da!“ Ehrlich gesagt, ist das ein riesiges Missverständnis. Der Profi, der das Bild gemacht hat, hat Monate gebraucht, um genau diesen Ort zu finden. Er musste Tierspuren lesen wie ein offenes Buch und die Kamera millimetergenau positionieren, um dieses eine, ganz spezielle Verhalten einzufangen.

Er wusste, dass Tiger ihr Revier mit Duftmarken an Bäumen markieren. Er hat also nicht einfach nur auf ein Tier gewartet, sondern auf eine ganz bestimmte Handlung. Und dann das Licht! Die Kamera war so platziert, dass das weiche Streiflicht das Fell des Tigers perfekt modelliert und die Rinde des Baumes fast greifbar macht. Man spürt förmlich die Kälte und die Stille des Waldes. Genau das hebt ein Bild auf ein neues Level: die untrennbare Verbindung des Tieres mit seinem Lebensraum zu zeigen.

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Die Technik im Dienst der Geschichte

Gute Technik allein macht noch kein gutes Bild. Aber ohne die richtige Technik bleibt die beste Idee oft unsichtbar. Jedes Siegerfoto ist auch eine technische Meisterleistung, aber die Ausrüstung ist immer nur das Werkzeug. Entscheidend ist, wie du es einsetzt.

Wasser, Licht und Geduld: Die Haubentaucher-Szene

Ein klassisches Beispiel ist die Aufnahme von einem Haubentaucher, der im allerersten Morgenlicht sein Küken auf dem Rücken füttert. Wer schon mal Vögel auf dem Wasser fotografieren wollte, kennt die Tücken nur zu gut.

Die Herausforderung ist brutal: Das Licht ist extrem schwach, das Motiv bewegt sich ständig und das Wasser reflektiert unberechenbar. Um die Bewegung einzufrieren, brauchst du eine kurze Verschlusszeit, wahrscheinlich unter 1/500 Sekunde. Das bedeutet wiederum, dass du die Blende weit öffnen (vielleicht auf f/2.8) und den ISO-Wert ordentlich hochschrauben musst. Moderne Kameras können das zwar, aber man muss seine Ausrüstung in- und auswendig kennen.

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Kleiner Tipp aus der Praxis: Ein typischer Anfängerfehler ist die Angst vor hohem ISO. Lieber eine zu lange Verschlusszeit wählen, damit das Bild nicht „rauscht“. Das Ergebnis? Ein sauberes, aber hoffnungslos verwackeltes Foto, das du nur noch löschen kannst. Mein Rat: Akzeptiere lieber ein scharfes Bild mit etwas Rauschen! Das kannst du in der Nachbearbeitung oft gut in den Griff bekommen, eine unscharfe Aufnahme aber nie wieder retten.

Die Perspektive bei diesem Bild ist übrigens entscheidend: Sie ist extrem tief, fast auf Augenhöhe mit den Vögeln. Das erzeugt eine unglaubliche Nähe. Und die Ausrüstung? Klar, die Profis nutzen hier oft Equipment im Wert eines Kleinwagens – da reden wir schnell von 15.000 Euro für Kamera und ein 600mm-Objektiv. Aber keine Sorge, das geht auch anders. Für ambitionierte Amateure gibt es tolle Kombinationen um die 3.000 Euro. Und für den Einstieg? Ein gebrauchter Body mit einem soliden Tamron oder Sigma 150-600mm Objektiv. Damit bist du oft schon mit unter 1.000 Euro dabei und kannst fantastische Ergebnisse erzielen!

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Das Unsichtbare sichtbar machen: Der Glasfrosch

Eine völlig andere Welt ist die Makrofotografie, wie man sie bei Aufnahmen von winzigen Glasfröschen sieht. Hier geht es um Millimeter und um ein perfektes Verständnis von Licht.

Das Besondere: Der Frosch ist fast durchsichtig. Das Licht wird nicht nur reflektiert, es scheint durch das Tier hindurch. Das macht die Belichtung zur echten Wissenschaft. Man muss das Licht so setzen, dass die inneren Strukturen sichtbar werden, ohne dass das Bild flach oder überbelichtet wirkt.

Bei solchen Nahaufnahmen ist die Schärfentiefe hauchdünn. Selbst bei geschlossener Blende sind vielleicht nur die Augen scharf. Das Zauberwort der Profis heißt hier „Focus Stacking“. Klingt kompliziert, ist es aber im Grunde nicht. Stell es dir so vor:

  • Schritt 1: Deine Kamera steht auf einem bombenfesten Stativ. Kein Wackeln erlaubt!
  • Schritt 2: Du stellst manuell auf den vordersten Punkt scharf, den du im Bild haben möchtest, und machst eine Aufnahme.
  • Schritt 3: Jetzt drehst du den Fokusring einen winzigen Millimeter weiter nach hinten und machst das nächste Bild.
  • Schritt 4: Das wiederholst du 10, 20, manchmal sogar 50 Mal, bis der ganze Frosch von vorne bis hinten einmal im Schärfebereich lag.
  • Schritt 5: Zuhause fügt eine spezielle Software (wie Helicon Focus oder die kostenlose Alternative Picolay) diese unzähligen „Schärfe-Scheibchen“ zu einem einzigen, durchgehend scharfen Bild zusammen.

Achtung, DIY-Tipp: Für das Licht brauchst du kein teures Studio. Ein kleiner Aufsteckblitz, den du per Kabel oder Funkauslöser neben der Kamera platzierst, reicht oft schon. Und für weiches, schmeichelhaftes Licht bastelst du dir einfach einen Diffusor! Nimm einen sauberen, weißen Joghurtbecher und stülpe ihn über den Blitz. Oder befestige ein Stück Backpapier mit einem Gummiband davor. Kostet dich 20 Cent, aber der Unterschied im Bild ist gewaltig.

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Unterwasserfotografie: Dein ehrlicher Guide für Bilder, die nicht nur blau sind

Regionales Wissen ist unbezahlbar

Ein Meisterfotograf ist oft auch ein halber Biologe. Die Bilder aus verschiedenen Teilen der Welt zeigen das ganz deutlich. Du musst deine Technik an die lokalen Gegebenheiten anpassen.

Ein Foto von den scheuen Pallaskatzen auf dem tibetischen Hochplateau zum Beispiel. Die Bedingungen dort sind extrem: dünne Luft, eisiger Wind, krasse Kälte. Da muss die Ausrüstung mitspielen. Akkus machen bei Minusgraden viel schneller schlapp. Ich werde nie den Morgen in den Alpen vergessen, an dem ich stundenlang auf den perfekten Sonnenaufgang gewartet habe. Als es so weit war… klick… nichts. Akku leer. Die Kälte hatte ihn komplett ausgesaugt. Seit diesem Tag habe ich bei Wintertouren immer mindestens zwei Ersatzakkus in der warmen Innentasche meiner Jacke.

Ganz anders im tropischen Regenwald Borneos. Die größte Herausforderung hier: Hitze und eine Luftfeuchtigkeit, die dir ins Gesicht klatscht. Kaum kommst du aus einer klimatisierten Hütte, beschlagen alle Objektive. Da musst du die Technik langsam an die Umgebung gewöhnen, am besten im geschlossenen Fotorucksack. Ohne einen erfahrenen lokalen Guide bist du hier sowieso aufgeschmissen. Er kennt nicht nur die Wege, sondern auch die Laute der Tiere.

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Wenn Bilder zur Anklage werden

Ein oft unbequemer, aber unglaublich wichtiger Teil dieser Wettbewerbe ist der Fotojournalismus. Diese Bilder sind selten schön. Sie sind brutal, ehrlich und absolut notwendig. Denk an Fotoserien, die den grausamen Handel mit Bärengalle oder das Finning von Haien dokumentieren.

Hier geht es nicht mehr nur um Komposition und Licht. Hier geht es um Mut und Ethik. Solche Aufnahmen zu machen ist oft gefährlich, man bewegt sich im Umfeld organisierter Kriminalität. Man braucht eine enorme emotionale Stärke, um dieses Leid zu dokumentieren. Diese Bilder sind aber unendlich wichtig. Sie sind Beweismittel, sie rütteln die Öffentlichkeit auf und unterstützen die Arbeit von Tierschutzorganisationen. Sie geben denen eine Stimme, die keine haben.

Der Nachwuchs und die Hoffnung

Was mich jedes Jahr besonders freut, sind die Bilder der jungen Fotografen. Da war mal diese fantastische Aufnahme von einem jungen Fuchs, der auf einer Insel bei Helsinki seine Beute – eine Gans – gegen seine Geschwister verteidigt. Das Bild strotzt nur so vor Dynamik und roher Energie.

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Unterwasserfotos wie die Profis: Was wir von den besten Bildern wirklich lernen können

Es beweist genau das, was ich meinen Schülern immer sage: Du brauchst keine teure Ausrüstung und keine Reisen nach Afrika, um großartige Naturfotos zu machen. Die besten Geschichten liegen oft direkt vor deiner Haustür. Die junge Fotografin hat wahrscheinlich Wochen damit verbracht, diese Fuchsfamilie zu beobachten. Sie hat ihre Gewohnheiten gelernt. Das ist der Schlüssel.

Was du für deine Fotografie mitnehmen kannst

Okay, was lernen wir also aus all dem für unsere eigenen Fotos? Hier sind meine wichtigsten Lektionen, kurz und knapp:

  1. Wissen schlägt Ausrüstung: Lerne alles über die Tiere, die du fotografieren willst. Je mehr du weißt, desto besser werden deine Bilder.
  2. Geduld ist dein bester Freund: Naturfotografie besteht zu 95 % aus Warten. Akzeptiere, dass du oft ohne ein einziges gutes Bild nach Hause kommst. Aber gib nicht auf.
  3. Werde zum Meister des Lichts: Das weiche Licht am frühen Morgen oder späten Abend ist fast immer deine beste Wahl. Lerne, mit dem Licht zu arbeiten, das du hast.
  4. Ab auf Augenhöhe: Leg dich auch mal in den Dreck! Eine Perspektive auf Augenhöhe mit deinem Motiv schafft eine intime Verbindung. Meine Fotokleidung ist selten sauber.
  5. Erzähle eine Geschichte: Frage dich immer: Was will ich mit diesem Bild aussagen? Zeige ich nur ein Tier oder eine Interaktion, eine Emotion, eine Beziehung zur Umwelt?
  6. Ethik zuerst, immer: Der Schutz der Natur steht über allem. Störe die Tiere nicht, hinterlasse keine Spuren. Das ist die Grundlage unserer Glaubwürdigkeit.

Und jetzt du! Deine kleine Mission fürs Wochenende: Such dir das häufigste Tier in deiner Nachbarschaft – eine Amsel im Garten, das Eichhörnchen im Park. Vergiss das schnelle „Knipsen“. Beobachte es eine halbe Stunde. Und dann versuch ein einziges Foto zu machen, das eine Geschichte erzählt. Geh auf Augenhöhe! Du wirst staunen, was dabei herauskommt.

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Am Ende ist jedes dieser preisgekrönten Fotos das Ergebnis einer tiefen Leidenschaft. Und ganz ehrlich? Selbst nach all den Jahren lerne ich mit jedem Bild, das ich sehe, noch etwas dazu. Das ist das Schöne an diesem Handwerk. Es wird einfach nie langweilig.

Bildergalerie

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Schwarzweiß-Fotografie: Mehr als nur ohne Farbe – Ein ehrlicher Guide aus der Praxis

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Was macht den Unterschied zwischen einem guten und einem preisgekrönten Foto aus?

Oft ist es die emotionale Tiefe. Ein technisch perfektes Bild eines Vogels ist bewundernswert. Ein Bild, das den zermürbenden Kampf dieses Vogels gegen einen Sturm zeigt, erzählt jedoch eine universelle Geschichte von Widerstandsfähigkeit. Jurys suchen nicht nach einem Tierporträt, sondern nach einem Narrativ, das den Betrachter fesselt und eine Verbindung schafft. Es geht darum, im Verhalten des Tieres einen Aspekt unseres eigenen Lebens wiederzuerkennen.

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Porträt, Landschaft, Reportage? Welcher Fotografie-Typ bist du wirklich?

Der vielleicht wichtigste Ausrüstungsgegenstand eines Naturfotografen ist nicht seine Kamera, sondern seine Geduld.

Manche der beeindruckendsten Aufnahmen entstehen nach Tagen oder gar Wochen des Wartens in einem Tarnversteck. Der Fotograf muss eins werden mit der Umgebung, die Rhythmen der Natur verstehen und oft hunderte Male vergeblich auf den perfekten Moment hoffen. Dieser Prozess des Ausharrens ist eine meditative Übung, die den Blick für das Wesentliche schärft.

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Der unterschätzte Held: Das Stativ

Während Kameras und Objektive die meiste Aufmerksamkeit bekommen, ist ein felsenfestes Stativ der heimliche Star vieler Siegerfotos. Für Langzeitbelichtungen, scharfe Teleaufnahmen in der Dämmerung oder präzise Kompositionen ist es unerlässlich. Profis schwören auf Marken wie Gitzo oder Really Right Stuff, deren Carbon-Modelle extrem stabil und dennoch relativ leicht sind – ein entscheidender Vorteil auf langen Märschen durch unwegsames Gelände.

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Lustige Tierfotos sind kein Zufall: So klappen die genialen Schnappschüsse wirklich

  • Vermeiden Sie die Bildmitte für Ihr Hauptmotiv.
  • Nutzen Sie führende Linien (Flüsse, Äste, Wege), um den Blick zu lenken.
  • Suchen Sie nach natürlichen Rahmen (z.B. durch Zweige im Vordergrund).
  • Achten Sie auf einen ruhigen, nicht ablenkenden Hintergrund.

Das sind die Grundlagen der Komposition. Wahre Meister kennen diese Regeln – und wissen genau, wann sie sie brechen müssen, um eine stärkere Wirkung zu erzielen.

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Der Moment der Wahrheit: Licht

Die „Goldene Stunde“ kurz nach Sonnenaufgang und vor Sonnenuntergang ist in der Naturfotografie heilig. Das Licht ist weich, warm und erzeugt lange, formgebende Schatten. Es verleiht Fellen und Landschaften eine fast magische Textur. Im Gegensatz dazu führt das harte Mittagslicht oft zu flachen, kontrastreichen Bildern mit unattraktiven Schatten. Viele preisgekrönte Fotos sind das Ergebnis extrem frühen Aufstehens oder späten Ausharrens.

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Vollformat-Sensor: Bietet überragende Bildqualität bei wenig Licht und einen größeren Dynamikumfang. Ideal für Landschaften und Situationen, in denen jedes Detail zählt.

APS-C-Sensor (Crop): Der kleinere Sensor „verlängert“ die Brennweite des Objektivs (Crop-Faktor), was für die Tierfotografie von Vorteil ist, da man näher „herankommt“. Ein Segen für das Budget.

Die Wahl hängt oft vom primären Motiv und den Lichtverhältnissen ab.

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Laut einer Studie verbringen Fotografen für ein einziges, publiziertes Tierfoto im Durchschnitt über 100 Stunden im Feld.

Diese Zahl verdeutlicht, dass es nicht um Glück geht. Es ist ein Spiel der Wahrscheinlichkeiten, das durch tiefes Wissen über das Verhalten von Tieren, die Topografie und das Wetter beeinflusst wird. Jede Stunde des Wartens erhöht die Chance, Zeuge eines außergewöhnlichen Moments zu werden.

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Die Kunst, unsichtbar zu werden, ist für einen Wildlife-Fotografen entscheidend. Es geht nicht nur um Tarnkleidung. Es geht darum, Windrichtungen zu lesen, um den eigenen Geruch nicht zu verraten. Es geht darum, sich langsam und bedacht zu bewegen und Geräusche zu minimieren. Ein mobiles Tarnzelt oder ein Ghillie-Anzug, wie ihn Scharfschützen nutzen, sind oft Teil der professionellen Ausrüstung, um mit der Umgebung zu verschmelzen und die Tiere nicht zu stören.

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Wichtiger Punkt: Die Nachbearbeitung ist kein Betrug, sondern der zweite Teil des kreativen Prozesses. Kein Kamerasensor kann die Welt so erfassen, wie es unser Auge tut. Programme wie Adobe Lightroom oder Capture One ermöglichen es Fotografen, den Dynamikumfang anzupassen, Farben zu betonen und die Stimmung zu verstärken, die sie vor Ort empfunden haben. Der Schlüssel liegt in der Subtilität – das Bild zu optimieren, nicht zu verfälschen.

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Warum sieht man in Wettbewerben so viele Fotos aus Augenhöhe des Tieres?

Eine Aufnahme von oben herab erzeugt Distanz und lässt das Tier klein und unbedeutend wirken. Wenn sich der Fotograf jedoch auf den Boden legt, auf Augenhöhe mit einem Fuchs, einem Pinguin oder sogar einer Ameise, entsteht eine intime Verbindung. Der Betrachter wird in die Welt des Tieres hineingezogen. Diese Perspektive erfordert oft schmutzige Kleidung und unbequeme Positionen, aber das Ergebnis ist eine unvergleichliche Nähe und ein Gefühl von Respekt.

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  • Zirkularer Polfilter: Reduziert Reflexionen auf Wasser oder Blättern und verstärkt die Sättigung von Himmel und Grün. Ein Muss für Landschaftsfotografen.
  • Grauverlaufsfilter (GND): Dunkelt den Himmel ab, ohne die Landschaft unterzubelichten. Perfekt für Sonnenauf- und -untergänge.
  • Graufilter (ND): Reduziert die Lichtmenge, die auf den Sensor trifft, und ermöglicht so Langzeitbelichtungen am Tag, um Wasser seidenweich oder Wolken dynamisch verschwommen darzustellen.
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Viele der im Artikel gezeigten Fotos mit intimen Tiermomenten wären ohne den Einsatz von Kamerafallen nicht möglich. Marken wie Camtraptions haben dieses Feld revolutioniert. Der Fotograf verbringt Wochen damit, den perfekten Ort zu finden, Spuren zu analysieren und die Kamera mit externen Blitzen millimetergenau auszurichten. Die eigentliche Aufnahme wird dann durch einen Infrarotsensor ausgelöst. Es ist eine hochtechnische und wissensintensive Form der Fotografie, die einzigartige Einblicke in das verborgene Leben der Tiere ermöglicht.

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„Ein gutes Foto ist eines, das man länger als eine Sekunde anschaut.“ – Henri Cartier-Bresson

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Die Kraft des Teleobjektivs

Ein Objektiv wie das Canon EF 500mm f/4L IS II USM oder das Nikon AF-S 600mm f/4E FL ED VR ist mehr als nur ein Werkzeug, um Distanz zu überbrücken. Seine Fähigkeit, den Hintergrund in eine weiche, cremige Unschärfe (Bokeh) zu tauchen, isoliert das Motiv auf eine Weise, die mit kürzeren Brennweiten unmöglich ist. Diese Kompression der Perspektive lenkt den Fokus des Betrachters vollständig auf das Tier und seine Textur, ohne Ablenkung durch die Umgebung.

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Immer mehr preisgekrönte Bilder fallen in die Kategorie des „Conservation Photojournalism“. Diese Bilder sind nicht immer ästhetisch „schön“. Sie zeigen die harten Realitäten von Wilderei, Lebensraumzerstörung oder dem Konflikt zwischen Mensch und Tier. Ihre Aufgabe ist es, aufzurütteln, zu informieren und zum Handeln zu bewegen. Sie sind ein Beweis dafür, dass Naturfotografie eine mächtige Stimme im globalen Umweltschutz sein kann.

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  • Gestochen scharfe Details vom Vorder- bis zum Hintergrund.
  • Eine unglaubliche Tiefenwirkung, die den Betrachter ins Bild zieht.

Das Geheimnis? Eine Technik namens „Focus Stacking“. Dabei werden mehrere Aufnahmen mit unterschiedlichen Fokuspunkten gemacht und später am Computer zu einem einzigen, durchgehend scharfen Bild kombiniert. Eine Methode, die besonders in der Makro- und Landschaftsfotografie für atemberaubende Ergebnisse sorgt.

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Schlechtes Wetter ist oft das beste Fotowetter. Während Touristen flüchten, packen Profis ihre Regenschutzausrüstung aus. Nebel reduziert die Welt auf wesentliche Formen und schafft eine mystische Atmosphäre. Ein aufziehender Sturm sorgt für dramatische Wolkenformationen und ein einzigartiges Licht. Regen intensiviert die Farben der Natur und hinterlässt glitzernde Tropfen auf Pflanzen und Fellen. Die Bereitschaft, Unbehagen in Kauf zu nehmen, wird oft mit außergewöhnlichen Bildern belohnt.

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Wie finanziert man als Naturfotograf teure Expeditionen?

Nur die wenigsten können allein vom Bildverkauf leben. Viele Profis diversifizieren ihre Einkommensquellen: Sie leiten Fotoworkshops an exotischen Orten, halten Vorträge, schreiben Bücher oder arbeiten eng mit Tourismusverbänden und Naturschutzorganisationen zusammen. Sponsoring durch Kamerahersteller oder Outdoor-Marken ist ebenfalls eine wichtige Säule, erfordert aber ein beeindruckendes Portfolio und eine große Reichweite.

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Der „Wildlife Photographer of the Year“-Wettbewerb, der im Artikel erwähnt wird, wurde 1965 ins Leben gerufen und hatte anfangs nur 361 Einsendungen. Heute sind es jährlich rund 50.000 aus fast 100 Ländern.

Diese Entwicklung zeigt, wie sehr die Naturfotografie an Popularität und Bedeutung gewonnen hat – nicht nur als Kunstform, sondern auch als Medium zur Sensibilisierung für die Schönheit und Zerbrechlichkeit unseres Planeten.

2020 Wildlife Photographer of The Year Sieger death by deception wildlife

Ethik zuerst: Das Wohl des Tieres hat Vorrang.

Ein preisgekröntes Bild ist wertlos, wenn dafür ein Tier gestresst, sein Nest gestört oder sein Verhalten negativ beeinflusst wurde. Ethische Fotografen halten respektvollen Abstand, verwenden lange Brennweiten und verzichten auf das Anlocken mit Futter (Baiting), das unnatürliches Verhalten fördert. Die oberste Regel lautet: Hinterlasse keine Spuren und nimm nichts mit außer deinen Bildern.

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Der Gimbal-Kopf: Für schwere Teleobjektive ist ein normaler Stativkopf unpraktisch. Ein Gimbal-Kopf, wie der berühmte Wimberley Head, balanciert die massive Ausrüstung perfekt aus. Er ermöglicht flüssige, sanfte Schwenks und Neigungen mit nur einem Finger – essenziell, um einen fliegenden Vogel oder ein rennendes Tier präzise im Bild zu verfolgen.

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Viele Siegerfotos in der Kategorie „Urban Wildlife“ zeigen, dass man nicht in die Serengeti reisen muss, um beeindruckende Natur zu fotografieren. Füchse in Londoner Hinterhöfen, Wanderfalken auf New Yorker Wolkenkratzern oder Waschbären in deutschen Gärten – diese Bilder erzählen die faszinierende Geschichte der Anpassungsfähigkeit der Natur und des Zusammenlebens von Mensch und Tier auf engstem Raum.

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Muss man immer im RAW-Format fotografieren?

Ja, für professionelle Ergebnisse ist es unverzichtbar. Eine JPEG-Datei ist ein bereits von der Kamera verarbeitetes und komprimiertes Bild. Eine RAW-Datei hingegen enthält alle unverarbeiteten Sensordaten. Das gibt in der Nachbearbeitung einen immensen Spielraum, um Belichtung, Weißabgleich und Details zu korrigieren, ohne die Bildqualität sichtbar zu verschlechtern. Es ist das digitale Negativ des Fotografen.

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  • Einzigartige Unterwasserperspektiven.
  • Aufnahmen aus der Luft, die den Lebensraum im Kontext zeigen.
  • Stille, unauffällige Beobachtung von scheuen Tieren.

Drohnenfotografie hat die Naturfotografie revolutioniert. Doch mit großer Macht kommt große Verantwortung. Strenge Vorschriften in Nationalparks, die Störung von Wildtieren und die Lärmbelästigung erfordern einen äußerst sensiblen und informierten Umgang mit dieser Technologie.

Die Geschichte hinter dem Bild ist oft genauso fesselnd wie das Bild selbst. Viele Wettbewerbe verlangen eine detaillierte Bildunterschrift, die den Kontext erklärt: die wissenschaftliche Relevanz des Verhaltens, die Herausforderungen bei der Aufnahme oder die conservation story. Diese Texte verwandeln ein schönes Bild in ein bedeutungsvolles Dokument und sind ein entscheidender Teil der Einreichung.

Emma Wolf

Ich liebe es, unseren Lesern und Leserinnen praktische und einzigartige Informationen, Tipps und Life Hacks über allmögliche Themen zu geben, die sie in ihrem Alltag auch tatsächlich anwenden können. Ich bin immer auf der Suche nach etwas Neuem – neuen Trends, neuen Techniken, Projekten und Technologien.