Hinter der Stuckfassade: Worauf Sie bei alten Häusern wirklich achten müssen

von Julia Steinhoff
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In all den Jahren als Handwerksmeister habe ich wirklich schon einiges gesehen. Klar, da gibt es die modernen, blitzsauberen Neubauten. Aber ehrlich gesagt, mein Herz schlägt für die alten Häuser mit Charakter. Und ab und zu kommt ein Objekt daher, das ist mehr als nur ein Haus – es ist ein echtes Stück Geschichte. Wenn dann über schwindelerregende Summen gesprochen wird, sehen die meisten Leute nur den Glanz und die goldenen Wasserhähne. Ich sehe da was ganz anderes. Ich sehe die Arbeit, die alten Techniken und die riesige Verantwortung, die dahintersteckt.

Man hört ja immer wieder von diesen prachtvollen Villen, die für Unsummen den Besitzer wechseln. Die Magazine sind dann voll mit Bildern von riesigen Parks und pompösen Sälen. Aber was heißt das eigentlich, so ein Juwel aus einer vergangenen Epoche zu besitzen? Das ist so viel mehr als nur den Kaufpreis auf den Tisch zu legen. Es geht um Respekt vor der Arbeit der Meister, die das vor weit über hundert Jahren erschaffen haben. Kommen Sie, wir werfen mal einen Blick hinter die Fassade – aber nicht mit den Augen eines Maklers, sondern mit denen eines Handwerkers, der die Substanz prüft.

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Die Substanz: Woraus ist so ein altes Haus gemacht?

Um so ein Gebäude zu verstehen, muss man sich in die Zeit zurückversetzen. Damals, als diese Häuser entstanden, war eine Umbruchzeit. Man baute noch richtig massiv, aber die industrielle Revolution brachte schon neue Möglichkeiten.

Mauern, die Geschichten erzählen
Die Wände in so einem Haus sind keine dünnen Gipskartonplatten. Wir reden hier von massivem Mauerwerk, oft einen halben Meter dick oder sogar mehr, meist aus Naturstein, den man direkt vor Ort gebrochen hat. Das ist eigentlich genial, denn dieser Stein ist das lokale Klima seit Millionen von Jahren gewohnt. Ein Fundament aus Beton? Fehlanzeige. Man hat direkt auf den tragfähigen Boden gemauert. Und genau hier liegt oft der erste Haken: Eine Sperre gegen aufsteigende Feuchtigkeit aus dem Erdreich gab es damals nicht.

Das ist auch immer das Erste, was ich prüfe. Ab in den Keller, Hand an die Wand. Fühlt es sich klamm an? Riecht es ein bisschen modrig? Das sind glasklare Zeichen, dass sich das Mauerwerk Wasser aus dem Boden zieht. Kein Grund zur Panik, aber man muss wissen, was man tut. Kleiner Tipp: Wenn Sie das bei einer Besichtigung feststellen, ist der erste Anruf nicht der beim Bauunternehmer, sondern bei einem unabhängigen Bausachverständigen. Der kann das Ausmaß einschätzen, ohne Ihnen gleich eine teure Sanierung verkaufen zu wollen.

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Achtung, häufiger Fehler: Viele „modernisieren“ dann mit dichtem Zementputz. Das ist das Schlimmste, was man tun kann! Man sperrt die Feuchtigkeit nur ein und der Stein dahinter fängt an zu zerbröseln. Hier helfen nur Materialien, die atmen können, allen voran reiner Kalkputz.

Das weiße Gold von damals: Kalk
Kalk war der Super-Baustoff dieser Zeit. Als Mörtel, als Putz, einfach für alles. Und ganz ehrlich, reiner Sumpfkalk ist ein fantastisches Material. Er ist flexibel und macht kleine Bewegungen des Hauses mit, ohne gleich zu reißen. Außerdem ist er von Natur aus alkalisch und beugt damit Schimmel vor. Das Problem? Kaum ein Handwerker kann heute noch richtig damit umgehen. Die meisten greifen zu fertigen Zementmischungen aus dem Baumarkt, weils schneller geht.

Ich hatte mal eine Baustelle, da hat ein übereifriger Kollege eine wunderschöne alte Wand mit Zementputz „beglückt“. Ein Jahr später konnten wir den Putz in großen Platten abziehen – mitsamt der vordersten Schicht der historischen Ziegel. Eine Katastrophe. Die Reparatur hat ein Vermögen gekostet. Nur mal zur Einordnung: Ein guter, diffusionsoffener Kalkputz, von einem Fachmann aufgetragen, kostet Sie locker zwischen 60 € und 100 € pro Quadratmeter. Ein Standard-Gipsputz liegt vielleicht bei 20 € bis 30 €. Aber diese Ersparnis rächt sich bei alter Bausubstanz fast immer.

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Mit den Augen des Meisters: Eine kleine Checkliste für Ihre Besichtigung

Stellen wir uns mal vor, wir gehen gemeinsam durch so ein Haus. Die goldenen Verzierungen ignorieren wir erstmal. Uns interessiert, was wirklich zählt.

Übrigens, wenn ich ein altes Haus inspiziere, habe ich immer drei einfache Dinge dabei: eine richtig starke Taschenlampe, meine Fingerknöchel zum Abklopfen der Wände und ein simples Feuchtigkeitsmessgerät. So ein Gerät kriegen Sie für 30 Euro im Baumarkt und es verrät Ihnen schon verdammt viel.

Draußen: Fassade, Sockel und Dach
Ich fange immer draußen an. Die Fassade ist die Schutzhülle. Ich suche nach Rissen. Lange, diagonale Risse, die von Fensterecken ausgehen, sind ein Alarmzeichen für Probleme im Fundament. Dann gehe ich am Sockel entlang in die Hocke. Sieht man Salzausblühungen, also weiße Flecken? Das zeigt, wie viel Feuchtigkeit von unten nach oben wandert.

Das Dach ist die Achillesferse jedes Hauses. Bei alten Villen findet man oft noch Schiefer oder wunderschöne, handgeformte Ziegel. Hier schaue ich besonders auf die Anschlüsse an Kaminen oder Gauben. Sind die Bleche noch intakt? Hier schleicht sich Wasser als Erstes rein. Eine Dachsanierung bei so einem Gebäude ist eine gigantische Aufgabe, da brauchen Sie absolute Spezialisten.

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Fenster: Restaurieren oder ersetzen?
Originale Holzfenster sind das Herzstück der Fassade. Oft sind die nach über 100 Jahren noch besser in Schuss als ein modernes Plastikfenster nach 20. Aber sie brauchen Liebe. Die Restaurierung eines alten Kastenfensters durch einen spezialisierten Tischler ist aufwendig. Rechnen Sie mal mit 800 € bis 2.000 € pro Fenster, je nach Zustand. Klingt viel, oder? Aber jetzt kommt’s:

  • Lebensdauer: Ein gut restauriertes historisches Fenster hält mit etwas Pflege weitere 50 bis 100 Jahre. Ein neues Kunststofffenster ist oft nach 20 bis 30 Jahren Schrott.
  • Bauphysik: Alte Häuser müssen atmen. Die leichten Undichtigkeiten alter Fenster gehören zum System. Baut man superdichte moderne Fenster ein, ohne für eine Zwangslüftung zu sorgen, hat man ruckzuck Schimmel in der Bude.
  • Wert und Stil: Originale Fenster erhalten den Wert und den Charakter des Hauses. Plastikfenster in einer Gründerzeitfassade sind, ehrlich gesagt, eine Bausünde und oft ein Grund für den Denkmalschutz, einzuschreiten.

Der Austausch ist also nur auf den ersten Blick billiger. Langfristig und für die Gesundheit des Hauses ist die Restaurierung fast immer die bessere Wahl.

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Drinnen: Böden, Wände und Decken
Wenn ich ein altes Haus betrete, höre ich auf meine Füße. Schwingt der Boden? Ein leichtes Federn bei alten Holzbalkendecken ist normal. Aber wenn es stark nachgibt, werde ich hellhörig. Das könnte bedeuten, dass die Balkenköpfe im Mauerwerk faul sind – ein ernstes Statikproblem!

Die Wände klopfe ich ab. Klingt es hohl? Dann hat sich der Putz gelöst und kann jederzeit runterkommen. Besonders heikel sind die prächtigen Stuckdecken. Wenn da von oben Feuchtigkeit eindringt, kann die ganze Pracht plötzlich im Wohnzimmer liegen. Die Restaurierung von Stuck ist eine Kunst für sich und extrem teuer.

Gilt das auch für meine Altbauwohnung? Na klar!

Jetzt denken Sie vielleicht: „Schön und gut, aber ich kaufe keine Villa am Mittelmeer.“ Aber wissen Sie was? Die Prinzipien sind exakt dieselben, ob es eine Luxusvilla ist oder Ihre Traum-Altbauwohnung in der Stadt. Feuchte Keller, falscher Putz, undichte Fenster, marode Balkenköpfe – das sind die Klassiker in jedem Haus, das vor dem Zweiten Weltkrieg gebaut wurde. Die Dimensionen sind kleiner, aber die Probleme sind die gleichen.

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Die unsichtbaren Gefahren: Was in den Wänden lauert

Die wirklich teuren Überraschungen lauern oft im Verborgenen. Die Elektrik ist ein gutes Beispiel. Stoffummantelte Kabel sind eine tickende Zeitbombe und eine der häufigsten Brandursachen in Altbauten. Eine komplette Erneuerung der Elektrik ist quasi Pflicht, aber das bedeutet, Wände aufzuschlitzen und alles neu zu machen. Das ist eine riesige, staubige und teure Angelegenheit.

Ähnliches gilt für Wasserrohre. Findet man noch alte Bleirohre, müssen diese aus gesundheitlichen Gründen sofort raus. Auch Schadstoffe sind ein Thema. In alten Lacken kann Blei stecken, und bei Umbauten in den 60er- oder 70er-Jahren wurde vielleicht Asbest in Fliesenkleber oder Dämmungen verwendet. Mein Rat: Vor dem Kauf oder vor Beginn der Sanierung eine Schadstoffanalyse von einem Fachlabor machen lassen. Das kostet ein paar hundert Euro, kann Ihnen aber zehntausende Euro an Folgekosten und jede Menge Ärger ersparen.

Wen ruft man da an? Die richtigen Profis finden

Ein Heimwerker, und sei er noch so begabt, hat an so einem Projekt nichts verloren. Sie brauchen ein Netzwerk von Spezialisten. Aber wo findet man die?

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Gute Anlaufstellen sind Organisationen wie die „Interessengemeinschaft Bauernhaus e.V.“ oder lokale Denkmalschutzbehörden, die oft Listen mit bewährten Handwerkern führen. Suchen Sie nach Betrieben, die sich „Restaurator im Handwerk“ nennen. Das ist eine Zusatzausbildung, die zeigt, dass jemand Ahnung von alten Materialien und Techniken hat.

Ein altes Haus ist mehr als nur eine Immobilie. Es ist ein Kulturgut. Es zu erhalten, ist eine Aufgabe, die Geduld, Wissen und ja, auch eine Menge Geld erfordert. Aber es ist auch eine der lohnendsten Aufgaben, die es gibt. Man bewahrt etwas für die nächste Generation. Und das ist ein Wert, den man in keinem Exposé findet.

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  • Ein ganzjährig stabiles, angenehmes Raumklima.
  • Keine unschönen Salzausblühungen mehr an den Wänden.
  • Der typisch modrige Kellergeruch verschwindet nach und nach.

Das Geheimnis? Liegt oft nicht in teurer Chemie, sondern in alter Physik. Diffusionsoffener Kalkputz, wie er schon vor Jahrhunderten verwendet wurde, sperrt die Feuchtigkeit nicht ein. Stattdessen erlaubt er dem Mauerwerk, zu „atmen“ und Feuchtigkeit kontrolliert an die Raumluft abzugeben – eine simple, aber geniale Lösung für ein altes Problem.

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Wussten Sie, dass die berühmten Stuckverzierungen des Barock und Klassizismus oft nicht aus Gips, sondern aus „Stucco lustro“, einer Mischung aus Kalk, Marmormehl und Seife, bestanden?

Diese Technik ermöglichte nicht nur feinste Details, sondern schuf auch eine polierbare, wasserabweisende Oberfläche, die echtem Marmor verblüffend ähnlich sah. Bei einer Restaurierung ist es entscheidend, das Originalmaterial zu identifizieren. Eine moderne Gipsspachtelmasse würde hier nicht nur den Charakter zerstören, sondern könnte wegen unterschiedlicher Ausdehnungskoeffizienten sogar zu Rissen im Original führen.

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Klangwunder selber machen: Der ultimative Guide zum Rasseln bauen – sicher, kreativ und mit Geling-Garantie

Die große Gefahr ist die Stille: Während man feuchte Wände riechen und sehen kann, bleibt der Holzwurmbefall oft lange unentdeckt. Achten Sie bei der Besichtigung auf kleine Bohrlöcher in alten Balken oder Dielen und feines Holzmehl darunter. Ein noch heimtückischerer Feind ist der Echte Hausschwamm. Er wächst im Verborgenen und kann Holzkonstruktionen in wenigen Jahren komplett zersetzen. Ein Klopftest an Holzbalken kann Aufschluss geben: Klingt es hohl und dumpf, ist höchste Vorsicht geboten.

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Originale Fenster erhalten oder modernisieren?

Die alten, oft handgefertigten Kastenfenster sind ein wesentlicher Teil des Charmes, aber energetisch eine Herausforderung. Eine behutsame Restaurierung durch einen spezialisierten Tischler, inklusive neuer Dichtungen und vielleicht einer Umrüstung eines der inneren Flügel auf Isolierglas, ist oft die beste, aber auch teuerste Lösung. Günstigere, denkmalgerechte Nachbauten, etwa von Herstellern wie PaX oder Sorpetaler, können ein guter Kompromiss sein. Eine Todsünde sind jedoch standardisierte Kunststofffenster – sie zerstören nicht nur die Ästhetik, sondern können durch ihre extreme Dichtheit auch Feuchtigkeitsprobleme im alten Mauerwerk provozieren.

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Faschingsdeko, die was aushält: Profi-Tipps aus der Werkstatt für deine Party

Hören Sie genau hin, wenn Sie durch ein altes Haus gehen. Das sanfte Knarren der Dielen ist nicht nur ein Geräusch, es ist die Stimme des Hauses, die von Generationen erzählt, die diese Böden betreten haben. Der Klang ist anders, voller, tiefer als in einem Neubau. In den hohen Salons hallen Stimmen anders nach, gedämpfter durch schwere Holztüren und dicke Wände. Das ist die Akustik der Geschichte – ein unbezahlbarer Luxus, den man nicht künstlich erzeugen kann.

Sichtbare Moderne: Ein radikaler, aber ehrlicher Ansatz. Schalter und Steckdosen von modernen Herstellern wie Gira oder Jung in klarem Design werden bewusst als Kontrast zur alten Bausubstanz inszeniert.

Versteckte Integration: Die subtile Variante. Hier kommen Schalterserien zum Einsatz, die historischen Vorbildern nachempfunden sind, wie die „Serie 1930“ von Berker aus echtem Porzellan. Kabel werden aufwendig in neu gefrästen Schlitzen unter historischem Putz verborgen.

Die Entscheidung ist eine Frage der Philosophie: Soll die neue Technik als solche erkennbar sein oder sich nahtlos unterordnen?

Julia Steinhoff

Meine Interessen für Design haben im großen Teil meine berufliche Laufbahn bestimmt. Zuerst habe ich einen Hochschulabschluss in Journalistik (BJO) an der Universität Hannover erworben, wo ich anschließend ein Magisterstudium in Fernsehjournalismus und Dokumentarfilm (MTV) gemacht habe. Gleich nach diesem Studium habe ich meine Arbeitskarriere als Journalistin bei verschiedenen Medien begonnen. Im Jahr 2017 habe ich ein interessantes Arbeitsangebot von Freshideen.com erhalten und es sofort angenommen. So hat meine Karriere bei Freshideen begonnen. Als Online-Autorin schreibe ich seit Jahren spannende Artikel über Innendesign, Outdoor-Gestaltung, Dekoration, Mode und Lifestyle. Genau in diesen Themenbereichen liegen auch meine beruflichen Interessen. Ich bemühe mich ständig darum, unsere Leser/innen über die Neuigkeiten und die letzten Trends im Interieur und Exterieur zu informieren und sie zu neuen kreativen Projekten zu motivieren. In meiner Freizeit gehe ich gern schwimmen, jogge oder spiele Tennis. Natürlich finde ich auch Zeit für Bücher lesen und fernsehen.