Art déco ist mehr als Gold & Glitzer: Ein Handwerker packt aus
Ich erinnere mich noch gut an eine alte Stadtvilla, bei der wir die Fassade sanieren sollten. Unter dicken Schichten von Farbe und Putz aus späteren Jahrzehnten kamen auf einmal unglaublich feine, geometrische Stuckprofile zum Vorschein. Gestochen scharf, als wären sie gestern gemacht worden. Das war mein erster, echter Kontakt mit diesem Stil, und ich war sofort fasziniert. Das war keine verspielte Deko, sondern pures, selbstbewusstes Handwerk. Man hat den Stolz der Meister gespürt, die das damals geschaffen haben.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Was Art déco im Kern ausmacht: Die Grundpfeiler des Stils
- 2 Art déco in Deutschland: Zwischen Pariser Chic und Nüchternheit
- 3 Die Handwerkskunst dahinter: So wird’s gemacht
- 4 Sanierung und moderne Umsetzung: Worauf du achten musst
- 5 Kein ganzes Haus? So holst du dir den Art-déco-Look nach Hause
- 6 Typische Fehler, die du unbedingt vermeiden solltest
- 7 Ein letztes Wort vom Handwerker
- 8 Bildergalerie
Viele Leute denken bei Art déco sofort an opulente Partys, an Glanz und Gold. Klar, das gehört auch dazu, aber es ist nur die halbe Wahrheit. Für uns Handwerker ist Art déco vor allem ein Stil der Klarheit, der perfekten Symmetrie und der erstklassigen Materialien. Er entstand in einer Zeit des Aufbruchs, als man die verschnörkelten Linien der Vergangenheit hinter sich lassen wollte. Man war begeistert von Maschinen, von Geschwindigkeit und von klaren, geometrischen Formen. Und genau dieser Geist steckt in jedem Detail.

In diesem Beitrag will ich dir mal zeigen, was Art déco im Kern wirklich ausmacht. Wir kratzen nicht nur an der Oberfläche, sondern sprechen über die Materialien, die Techniken und – ganz wichtig – über die Herausforderungen bei einer Sanierung. Ich teile hier meine Erfahrungen, damit du den Stil wirklich verstehst und seine Qualität erkennst.
Was Art déco im Kern ausmacht: Die Grundpfeiler des Stils
Um ein Gebäude oder einen Raum in diesem Stil zu beurteilen, muss man die grundlegenden Merkmale kennen. Es geht nämlich nicht nur um ein einzelnes Möbelstück. Es ist ein Gesamtkonzept, bei dem alles perfekt aufeinander abgestimmt ist.
1. Die Formensprache: Geometrie und Symmetrie sind alles
Das auffälligste Merkmal ist die strenge Geometrie. Alles ist klar geordnet und oft spiegelsymmetrisch aufgebaut. Verspielte, organische Linien sucht man hier vergeblich. Stattdessen findest du:
- Klare Linien und Kanten: Alles hat eine saubere, präzise Kontur. Das gilt für Fassaden, Möbel und sogar für die Türklinken. Kein Schnickschnack.
- Stufen und Absätze (Kaskaden): Viele Gebäude und Möbel sehen aus wie eine Art Treppe oder Pyramide. Das verleiht den Bauten eine fast schon monumentale Wirkung.
- Zickzack- und Blitzmuster: Diese dynamischen Formen spiegeln die Energie und den Glauben an die Technik wider. Du findest sie oft in Böden, Textilien oder Metallarbeiten. Wusstest du schon? Diese Muster sollten an die damals brandneue Elektrizität und Blitze erinnern – pure Energie!
- Sonnenstrahlmotive (Sunbursts): Ein extrem beliebtes Motiv, das puren Optimismus ausstrahlt. Man sieht es oft über Türen, an Toren oder als feine Einlegearbeit auf Möbeln.
Diese strenge Ordnung hat übrigens auch einen praktischen Grund: Sie schafft eine visuelle Ruhe und Eleganz. Das Auge wird nicht überfordert und kann die Qualität der Materialien und der Arbeit dahinter in Ruhe auf sich wirken lassen.

2. Die Materialwahl: Ehrlich, edel und kontrastreich
Art déco war definitiv ein Stil des Luxus. Man scheute keine Kosten, um die besten und oft auch die neuesten Materialien zu verwenden. Es ging darum, Wohlstand und Modernität zu zeigen. Billige Imitationen waren absolut verpönt.
- Hölzer: Man liebte dunkle, exotische Hölzer mit starker Maserung. Makassar-Ebenholz, Palisander oder Wurzelholz waren der Renner. Sie wurden oft hochglänzend lackiert, um diese unglaubliche Tiefe der Maserung zu betonen.
- Metalle: Glänzende Metalle waren ein absolutes Muss. Poliertes Messing und Chrom setzten Akzente an Lampen, Geländern und Möbelbeschlägen. Der kühle, saubere Glanz von Chrom war damals das Symbol für Modernität schlechthin.
- Stein: Marmor war allgegenwärtig. Besonders beliebt waren Sorten mit starker Aderung, wie schwarzer Marmor mit goldenen Adern oder tiefgrünes Gestein. Auch Onyx kam für exklusive Details zum Einsatz.
- Glas: Geätztes Glas mit geometrischen Mustern, schwarzes und farbiges Lackglas für Wandverkleidungen – Glas war viel mehr als nur ein Fenster.
- Moderne Werkstoffe: Der Stil war offen für Neues. Bakelit, der erste vollsynthetische Kunststoff, wurde total gerne für Griffe, Lichtschalter und Radiogehäuse eingesetzt.
Die Kombination dieser Materialien erzeugt die typischen Kontraste: warmes Holz gegen kühles Metall, spiegelglatte Oberflächen gegen weiche, strukturierte Textilien.

Art déco in Deutschland: Zwischen Pariser Chic und Nüchternheit
Man macht es sich zu einfach, wenn man Art déco als einen einzigen, weltweiten Stil betrachtet. Gerade in Deutschland hatte er eine ganz eigene Ausprägung. Das lag an unserer Geschichte und der gleichzeitigen Entwicklung sehr funktionaler Designströmungen.
Während der französische Art déco oft extrem dekorativ und luxuriös war, gab es bei uns eine deutlich nüchternere Variante. Man legte hier mehr Wert auf die Funktion und weniger auf reine Dekoration. Das Ergebnis war eine Art „gemäßigte Moderne“.
In meiner Lehre haben wir oft an solchen Gebäuden gearbeitet. Mein Meister sagte immer: „Schau genau hin. Die deutschen Architekten haben die Dekoration nicht weggelassen. Sie haben sie in die Struktur integriert.“ Ein Gesims, die Einfassung eines Fensters, die Fugenführung im Klinker – das war ihre Art der Dekoration. Sehr subtil, aber handwerklich extrem anspruchsvoll.
Die Handwerkskunst dahinter: So wird’s gemacht
Ein Art-déco-Gebäude lebt von der Perfektion im Detail. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Ich zeig dir mal ein paar Techniken, die für diesen Stil entscheidend sind.

Stuckarbeiten: Die Kunst der scharfen Kante
Die geometrischen Stuckprofile müssen absolut präzise sein. Anders als bei barocken Schnörkeln siehst du hier jeden kleinen Fehler sofort. Wir ziehen diese Profile oft noch von Hand mit einer Schablone. Der Gipsmörtel muss dafür genau die richtige Konsistenz haben. Ist er zu weich, verläuft die Kante. Ist er zu hart, reißt er. Meinen Lehrlingen zeige ich immer den „Fingertest“. Man spürt sofort, ob die Mischung stimmt. Das Gefühl für das Material ist einfach alles.
Tischlerarbeiten: Die Magie der Oberfläche
Die berühmten Hochglanzoberflächen sind das Ergebnis wochenlanger Arbeit. Meistens handelt es sich um eine Schellackpolitur, die in unzähligen hauchdünnen Schichten von Hand aufgetragen wird. Jede Schicht muss trocknen und zwischengeschliffen werden. Das erzeugt eine unglaubliche Tiefe, die man mit modernen Lacken kaum erreicht. Eine echte Herausforderung sind auch die Intarsien, also Einlegearbeiten aus verschiedenen Hölzern. Die Teile müssen auf den Zehntelmillimeter genau passen. Da brauchst du eine verdammt ruhige Hand.

Metallarbeiten: Der perfekte Glanz
Messing und Chrom waren die Stars. Ein typisches Treppengeländer aus massivem Messing von Hand zu polieren, ist eine Knochenarbeit. Man arbeitet sich mit immer feineren Schleifpasten vor, bis eine spiegelnde Oberfläche entsteht. Der Lohn ist ein warmer, goldener Glanz, der Jahrzehnte hält.
Kleiner Meister-Tipp: Altes Messing polieren in 3 Schritten
Hast du ein altes Stück vom Flohmarkt? So kriegst du es wieder hin:
- Reinigen: Erstmal den groben Schmutz mit milder Seifenlauge und einem weichen Tuch entfernen. Gut trocknen lassen!
- Polieren: Nimm eine gute Metallpolitur (sowas wie „Autosol“ ist ein Klassiker) auf ein Tuch und reibe das Messing mit Druck ein, bis es schwarz wird. Das ist der Dreck, der sich löst.
- Auf Hochglanz bringen: Mit einem sauberen, weichen Mikrofasertuch so lange nachpolieren, bis der schwarze Schleier weg ist und es glänzt. Ja, das kann dauern, aber das Ergebnis ist es wert!
Sanierung und moderne Umsetzung: Worauf du achten musst
Ein altes Art-déco-Gebäude zu sanieren, ist eine riesige Verantwortung. Aber auch in einem Neubau kann man die Prinzipien des Stils super umsetzen. In beiden Fällen gibt es ein paar wichtige Punkte.

Herausforderung 1: Die Bausubstanz prüfen
Achtung, Schadstoffe! In Gebäuden aus dieser Zeit können fiese Materialien verbaut sein. Ein riesiges Thema ist Asbest in Dämmungen, alten Bodenbelägen oder Rohrisolierungen. Auch bleihaltige Farben waren üblich. Das Entfernen dieser Stoffe ist lebensgefährlich und darf NUR von zertifizierten Fachbetrieben gemacht werden! Fass das niemals selbst an.
Ich hab mal einen Fall erlebt, da hat ein Bauherr die Asbest-Isolierung selbst aus dem Keller gerissen. Die anschließende Sanierung der Kontamination hat ihn am Ende das Zehnfache gekostet. Mal ganz konkret: Die Beauftragung einer Fachfirma hätte vielleicht 1.500 € gekostet. Die nachträgliche Dekontamination lag bei über 15.000 €. Spar dir diesen Ärger und das Gesundheitsrisiko!
Herausforderung 2: Die richtigen Materialien finden (oder Alternativen)
Viele der originalen Baustoffe sind heute schwer oder nur extrem teuer zu bekommen.
- Holz: Echtes Makassar-Ebenholz unterliegt strengen Artenschutzbestimmungen und ist kaum bezahlbar. Wir greifen oft auf zertifizierte Hölzer oder hochwertige Furniere zurück. Man kann auch heimische Hölzer so beizen und behandeln, dass sie eine ähnliche Anmutung haben.
- Fenster und Türen: Die originalen Kastenfenster sind ein Schatz! Anstatt sie gegen seelenlose Kunststofffenster zu tauschen, lohnt sich die Aufarbeitung durch einen spezialisierten Tischler. Energetisch kann man die auch verbessern. Rechne mal mit 400 € bis 800 € pro Fenster für eine professionelle Aufarbeitung. Klingt viel, aber es erhält den Charakter und den Wert deines Hauses.

Kein ganzes Haus? So holst du dir den Art-déco-Look nach Hause
Du musst ja nicht gleich eine ganze Villa sanieren. Mit ein paar gezielten Akzenten kannst du den eleganten Look auch in deine Wohnung bringen. Hier ist eine kleine „Einkaufsliste“ für den Anfang:
- Geometrische Metallgriffe: Tausche die Griffe deiner Kommode oder Schränke gegen schwere, geometrische Griffe aus Messing oder Chrom. Gibt’s online schon für 5-15 € pro Stück und macht einen riesigen Unterschied.
- Ein Spiegel im Sonnen-Design: Ein „Sunburst“-Spiegel über dem Sofa oder im Flur ist ein sofortiger Hingucker. Je nach Größe und Material findest du die zwischen 50 € und 200 €.
- Samtkissen in Juwelenfarben: Kissen aus schwerem Samt in Smaragdgrün, Saphirblau oder Rubinrot bringen sofort die nötige Opulenz. Pro Kissen solltest du mit 20-40 € rechnen.
- Eine Tischlampe mit Statement: Such nach Lampen mit einem Fuß aus Marmor oder Messing und einem geometrischen Schirm. Auf Flohmärkten oder in Kleinanzeigen findet man oft tolle Originale!

Typische Fehler, die du unbedingt vermeiden solltest
Im Laufe der Jahre habe ich so einiges gesehen. Hier sind die häufigsten Fehler, die du vermeiden solltest, wenn du dich an diesem Stil versuchst.
Fehler 1: Zu viel des Guten
Art déco ist elegant, nicht überladen. Der größte Fehler ist, zu viele starke Muster und Dekos zu mischen. Ein Zickzack-Boden, eine Fächermuster-Tapete und ein opulenter Kronleuchter in einem Raum? Das ist Chaos, nicht Stil. Entscheide dich für ein oder zwei Highlights und gib ihnen Luft zum Atmen.
Fehler 2: Bei den Materialien sparen
Dieser Stil lebt von der Qualität. Ein Türgriff aus massivem, poliertem Messing fühlt sich schwer und kühl an. Eine Plastikversion in Messingoptik fühlt sich billig an und die Beschichtung blättert nach einem Jahr ab. Ganz ehrlich, der Unterschied ist riesig. Echtes Messing entwickelt mit der Zeit eine wunderschöne, ehrliche Patina, ist langlebig und fühlt sich einfach wertig an. Die günstige Optik-Variante ist leicht, fühlt sich oft warm an und sieht schnell abgenutzt aus. Investiere lieber in weniger, aber dafür hochwertige Stücke. Das zahlt sich immer aus.

Fehler 3: Den Kontext ignorieren
Art déco passt nicht in jedes Haus. In einem alten Bauernhaus wirkt ein komplettes Art-déco-Interieur oft deplatziert. Der Stil braucht eine gewisse Raumhöhe und klare Strukturen. Manchmal ist es besser, nur einzelne Zitate zu setzen, anstatt den ganzen Raum zu verkleiden.
Ein letztes Wort vom Handwerker
Für mich ist Art déco mehr als nur ein Baustil. Es ist eine Haltung. Eine Haltung, die Respekt vor dem Material, Präzision im Handwerk und ein Auge für Proportionen verlangt. Ob du ein altes Juwel sanierst oder einen Neubau planst – es sind diese Werte, die am Ende den Unterschied machen.
Es ist ein Stil, der keine Nachlässigkeiten verzeiht. Aber wenn man es richtig macht, wenn die Linien stimmen, die Materialien sich gut anfühlen und das Licht perfekt fällt… dann schafft man etwas von bleibendem Wert. Man schafft Räume mit Charakter und einer zeitlosen Eleganz. Und das ist eine Arbeit, die auch nach vielen Jahren noch verdammt viel Freude macht.

Und jetzt du: Welches Art-déco-Detail hast du bei dir zu Hause oder in deiner Stadt entdeckt? Schreib’s mir in die Kommentare!
Bildergalerie


Der Hauch von Exotik: Nichts verkörpert den Luxus des Art déco so sehr wie Makassar-Ebenholz. Mit seiner dramatischen, fast schwarzen Maserung auf rötlich-braunem Grund war dieses Edelholz aus Indonesien das Material der Wahl für die extravagantesten Möbelstücke von Designern wie Émile-Jacques Ruhlmann. Es strahlt eine Wärme und Tiefe aus, die perfekt mit kühlem Chrom und Glas kontrastiert.

- Samt, Seide und Mohair sind die Stoffe, die dem Art déco seine sinnliche Seite verleihen.
- Achten Sie auf Textilien mit eingewebten geometrischen Mustern oder stilisierten floralen Motiven.
- Besonders luxuriös: Samt in Juwelentönen wie Smaragdgrün oder Saphirblau, der das Licht auf einzigartige Weise einfängt.

Ist Art déco nicht furchtbar teuer?
Nicht unbedingt. Anstatt ein originales Designerstück zu jagen, können Sie den Stil durch Details etablieren. Suchen Sie nach originalgetreuen Nachbauten von Tür- und Fenstergriffen, wie sie etwa die Manufaktur Replicata anbietet. Oder investieren Sie in eine einzelne, gut platzierte Lampe im Stil der Zeit. Der Effekt auf die Gesamtwirkung eines Raumes ist oft größer als der eines teuren, aber isolierten Möbelstücks.

„Die Entdeckung des Grabes von Tutanchamun im Jahr 1922 löste eine Welle der Ägyptomanie aus, die das Art déco entscheidend prägte.“
Plötzlich waren Lotosblüten, Skarabäen und stilisierte Papyrusmotive allgegenwärtig. Diese exotischen Elemente verliehen der strengen Geometrie eine mystische, fast magische Dimension und sind bis heute ein Erkennungsmerkmal des Stils.


Ein oft übersehenes Detail: die Fugenfarbe. Bei den typischen, kontrastreichen Fliesenmustern in Schwarz und Weiß ist die Fuge nicht nur ein Nebenschauplatz. Ein hellgrauer oder sogar schwarzer Fugenmörtel betont die geometrische Strenge und verleiht dem Boden eine grafische Tiefe, die mit einer Standard-weißen Fuge verloren ginge. Ein kleiner Aufwand für eine große, authentische Wirkung.

Chrom: Kühl, spiegelnd und mit einem leicht bläulichen Schimmer. Es war das Material der Moderne, das an Maschinen und Geschwindigkeit erinnerte.
Poliertes Nickel: Wärmer im Ton, mit einem subtilen, fast champagnerfarbenen Glanz. Es wirkt oft weicher und weniger streng als Chrom.
Heute wird oft Chrom bevorzugt, aber historisch korrekt ist Nickel für viele frühe Art-déco-Stücke die authentischere Wahl.

Der Glanz des Art déco kommt nicht nur von Metall. Hochglänzende Lackoberflächen, oft in tiefem Schwarz oder kräftigem Rot, waren ein zentrales Element. Die Technik des Urushi-Lacks, inspiriert von japanischer Handwerkskunst, erzeugte eine unvergleichliche Tiefe und Haltbarkeit. Moderne Polyurethan-Lacke können diesen Look nachahmen, aber die handwerkliche Perfektion eines echten Schellacks bleibt unerreicht.

- Ein satter, saphirblauer Farbton für eine Akzentwand.
- Dunkles Smaragdgrün für Samtvorhänge oder ein Sofa.
- Zarte Korallen- oder Puderrosatöne als Kontrast zu Schwarz und Gold.
Die Farbpalette des Art déco ist mutiger und vielfältiger, als viele denken. Verlassen Sie die sichere Schwarz-Weiß-Gold-Zone und entdecken Sie die juwelenartigen Farben, die dem Stil seine wahre Opulenz verleihen.


„Die Normandie“, der legendäre Ozeandampfer von 1935, gilt als schwimmender Palast des Art déco. Seine Innenausstattung, gestaltet von den besten Künstlern der Zeit, beeinflusste das Design von Luxushotels und Villen weltweit.

Wie erkenne ich echtes Bakelit?
Dieses frühe Kunststoff war ein Wundermaterial der Epoche und wurde für alles von Radiogehäusen bis zu Lichtschaltern verwendet. Ein einfacher Trick vom Restaurator: Reiben Sie kräftig mit dem Daumen an einer unauffälligen Stelle. Wenn es sich erhitzt, sollte ein schwacher, aber deutlicher Formaldehyd-Geruch entstehen. Außerdem fühlt es sich schwerer und massiver an als modernes Plastik und entwickelt mit der Zeit eine charakteristische, warme Patina.

Wichtiger Punkt beim Sanieren: Der Stuck. Art-déco-Stuck ist nicht verspielt wie im Barock, sondern scharfkantig und grafisch. Die Profile sind oft als Kaskaden oder Zickzack-Linien angelegt. Bei der Restaurierung ist äußerste Präzision gefragt. Anstatt mit Spachtelmasse aufzufüllen, müssen beschädigte Kanten mit einer Ziehklinge und Schablonen nachgezogen werden, um die gestochene Schärfe zu erhalten, die den Stil ausmacht.

Die Geometrie des Art déco lebt vom Kontrast. Denken Sie an die Fassade des Chrysler Buildings in New York: Die glatten, hellen Flächen des Kalksteins lassen die metallischen, strahlenförmigen Ornamente erst richtig wirken. Übertragen auf den Innenraum bedeutet das: Setzen Sie ein stark gemustertes Tapetenfeld oder einen Teppich gezielt ein und geben Sie ihm


- Klare, kugelförmige oder abgestufte Lampenschirme aus Opalglas.
- Metallfassungen in Chrom, Messing oder Nickel mit strengen geometrischen Formen.
- Wandleuchten, die ihr Licht fächerförmig nach oben und unten werfen (sog. „Up-and-Down-Lights“).
Das Geheimnis der Beleuchtung? Es geht nicht nur um Helligkeit, sondern darum, architektonische Details und Symmetrien mit Licht zu inszenieren und dramatische Schattenwürfe zu erzeugen.

Ein Material für Kenner: Shagreen, auch bekannt als Rochenleder. Mit seiner einzigartigen, perligen Textur überzog man im Art déco luxuriöse Dosen, kleine Tischplatten oder Zigarrenetuis. Echte Shagreen-Objekte sind heute seltene Sammlerstücke. Marken wie die französische Manufaktur Giobagnara halten diese Handwerkskunst am Leben und bieten Accessoires an, die diesen Hauch von exklusivem Luxus in ein modernes Ambiente bringen.

Vergessen Sie nicht den Boden unter Ihren Füßen! Terrazzo – eine Mischung aus Zement und farbigen Gesteinssplittern – erlebte im Art déco seine Blütezeit. Die Möglichkeiten waren endlos: Von dezenten, cremefarbenen Böden bis hin zu aufwendigen Mosaiken mit Messing-Intarsien, die ganze Lobbys in Kunstwerke verwandelten. Heute erlebt das Material, z.B. bei Herstellern wie Agglotech, eine Renaissance und beweist seine zeitlose Eleganz.

Napier in Neuseeland wurde nach einem Erdbeben 1931 fast vollständig im Art-déco-Stil wiederaufgebaut und gilt heute als eines der besterhaltenen Ensembles dieser Epoche weltweit. Ein Spaziergang durch die Stadt ist wie eine Zeitreise.


Was ist eigentlich der „Streamline“-Stil?
Das ist die Spätphase des Art déco aus den 1930er Jahren. Inspiriert von der Aerodynamik von Zügen, Schiffen und Flugzeugen, wurden die Formen weicher, runder und horizontaler. Scharfe Zickzack-Muster wichen geschwungenen Kurven und „Speed Lines“. Es ist der Look der großen Ozeandampfer und der eleganten Lokomotiven – eine Hommage an die Geschwindigkeit.

Ein häufiger Fehler: Zu viele kleine Deko-Objekte. Art déco ist ein Stil der großen, selbstbewussten Geste. Anstatt viele kleine Vasen und Figuren zu verteilen, entscheiden Sie sich für ein einziges, markantes Stück – eine große Skulptur, einen opulenten Spiegel oder eine imposante Bodenvase. Weniger ist hier definitiv mehr und unterstreicht die monumentale Klarheit des Stils.

- Sie schaffen optische Tiefe und lassen kleine Räume größer wirken.
- Sie reflektieren Licht und bringen selbst dunkle Ecken zum Strahlen.
- Ihre Rahmen bieten eine weitere Möglichkeit für geometrische oder stufenförmige Dekoration.
Die Rolle des Spiegels im Art déco? Er ist kein reiner Gebrauchsgegenstand, sondern ein aktives Gestaltungselement, das mit Illusion und Licht spielt.

Der Klang des Art déco: Schließen Sie für einen Moment die Augen und lauschen Sie. Es ist das satte, leise Klicken eines Bakelit-Lichtschalters. Das schwere, satte Geräusch einer massiven Holztür, die ins Schloss fällt. Der leise Hall der Schritte auf einem polierten Steinboden. Es ist ein Stil, der sich nicht nur edel anfühlt, sondern auch so klingt – solide, wertig und für die Ewigkeit gebaut.


Der ultimative Luxus: ein maßgefertigtes Detail. Ob es ein kunstvolles Gitter für den Heizkörper ist, das ein Muster des Teppichs aufgreift, oder eine Intarsienarbeit in der Tischplatte, die die Linien der Deckenstuckatur widerspiegelt – in diesen perfekt abgestimmten Elementen zeigt sich die wahre Meisterschaft und der ganzheitliche Gedanke des Art déco. Hier wird aus Einrichtung echte Baukunst.

Marken für Kenner: Wer heute den Geist des Art déco sucht, wird bei bestimmten Herstellern fündig. Die dänische Marke Gubi legt Ikonen wie den „Grasshopper“-Stuhl von Greta Grossman neu auf. Lalique, berühmt für seine Glaskunst, fertigt bis heute Vasen und Objekte nach Originalentwürfen von René Lalique. Diese Stücke sind mehr als nur Möbel – sie sind lebendige Designgeschichte.

Die perfekte Symmetrie war im Art déco kein Zufall, sondern ein Statement. Sie strahlt Ruhe, Ordnung und eine fast göttliche Harmonie aus.
Diese spiegelsymmetrische Anordnung von Möbeln, Leuchten und architektonischen Elementen ist eines der einfachsten, aber wirkungsvollsten Mittel, um einem Raum die typische Art-déco-Struktur zu verleihen.

- Massive, dunkle Hölzer wie Ebenholz, Palisander oder Nussbaum.
- Helle, edle Hölzer wie Vogelaugenahorn für Kontraste und Intarsien.
- Oft hochglanzpoliert, um die Maserung wie ein Kunstwerk zu präsentieren.
Das Geheimnis der Möbel? Die Kombination verschiedener Hölzer in einem einzigen Stück, um grafische Muster und luxuriöse Kontraste zu erzeugen.
Passt dieser opulente Stil in eine moderne Wohnung?
Absolut, wenn man ihn als Akzent begreift. Ein einzelner, extravaganter Art-déco-Sessel kann in einem minimalistischen Wohnzimmer zum beeindruckenden Solitär werden. Ein geometrischer Teppich oder ein Sunburst-Spiegel setzen einen klaren Fokus, ohne den Raum zu überladen. Der Schlüssel ist, dem Art-déco-Stück Raum zur Entfaltung zu geben und es nicht mit anderen dominanten Stilen konkurrieren zu lassen.




