Mehr als nur Show: Was wirklich hinter spektakulären Design-Möbeln steckt

von Mareike Brenner
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Ein ehrliches Wort aus der Werkstatt

Bei uns in der Werkstatt reden wir oft über Design. Zwischen dem Duft von frischem Holzleim und Sägestaub diskutieren meine Leute und ich über neue Trends, alte Techniken und die Zukunft des Handwerks. Und es gibt da ein paar Entwürfe, die die Gemüter immer wieder erhitzen. Für die einen ist das Genialität pur, Poesie in Möbelform. Für die anderen ist es reine Provokation, mehr Kunstobjekt als Gebrauchsgegenstand. Ein Dazwischen gibt es selten.

Ganz ehrlich? Ich sehe das Ganze als Handwerker. Ich schaue mir so ein Stück an und frage mich: Wie haben die das gemacht? Was für Materialien sind das? Und vor allem: Hält das im Alltag? Die schillernde Oberfläche und das verspielte Dekor sind ja nur die eine Seite der Medaille. Die andere, viel spannendere Seite ist die technische Umsetzung. Und genau darüber will ich heute mit dir sprechen. Wir werfen einen Blick hinter die Kulissen einiger berühmter Designs, analysieren die Materialien und die Prozesse. Ich will dir zeigen, was diese Arbeiten aus der Sicht eines Praktikers wirklich ausmacht – mit all ihren Stärken und, ja, auch ihren Tücken.

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Ein Stuhl aus Seil? Wie Hightech ein Design-Wunder möglich macht

Fangen wir mit einem echten Klassiker an: diesem Stuhl, der aussieht, als wäre er aus einem einfachen, geknüpften Seil gemacht, das wie von Geisterhand seine Form behält. Man fragt sich sofort: Wie kann das denn stabil sein? Die Genialität liegt hier nicht nur im Aussehen, sondern in der cleveren Fusion von traditioneller Knüpfkunst und modernster Technologie.

Die Physik dahinter: Spannung trifft auf Härte

Der Stuhl besteht natürlich nicht aus normalem Seil. Im Kern steckt ein Geflecht aus Aramid- und Carbonfasern. Das sind Materialien, die man sonst aus der Luft- und Raumfahrt oder dem Motorsport kennt. Aramidfasern (vielen besser bekannt als Kevlar) haben eine unglaubliche Zugfestigkeit und nehmen die Kräfte auf, die beim Sitzen entstehen. Die Carbonfasern sorgen gleichzeitig für die nötige Steifigkeit der Struktur.

Aber der eigentliche Trick passiert erst nach dem Knüpfen. Die gesamte, noch flexible Struktur wird in Epoxidharz getränkt. Dieses Harz dringt tief in jede einzelne Faser ein. Anschließend wird der Stuhl in seine endgültige Form gehängt und trocknet langsam aus. Beim Aushärten verschmilzt das Harz mit den Fasern zu einem extrem robusten Faserverbundwerkstoff. Das Harz liefert die Druckfestigkeit, die Fasern die Zugfestigkeit. So entsteht ein superleichtes, aber bombenfestes Möbelstück. Das ist angewandte Materialwissenschaft, versteckt in einem Objekt, das an Omas Makramee-Arbeit erinnert.

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Profitechnik: Die Tücken des Harzes

Jeder, der schon mal mit Epoxidharz gearbeitet hat, weiß: Das ist kein Kinderspiel. Die Verarbeitung verlangt absolute Präzision. Das Mischverhältnis von Harz und Härter muss aufs Gramm genau stimmen. Temperatur und Luftfeuchtigkeit beeinflussen die „Topfzeit“, also wie lange das Harz verarbeitbar bleibt. Ist es zu warm, wird es zu schnell hart. Ist es zu kalt, härtet es vielleicht nie richtig aus.

In meiner Ausbildung ist mal eine teure Tischplatte für die Tonne gewesen, weil ein Geselle die Komponenten bei zu kühlem Wetter gemischt hat. Das Harz bildete Schlieren und wurde nicht glasklar. Bei so einem filigranen Stuhl ist die Herausforderung noch viel größer. Das Harz muss jede Faser umschließen, ohne Tropfen zu bilden. Das erfordert eine klimatisierte Werkstatt und verdammt viel Erfahrung. Ein industrieller Prozess mit dem Anspruch einer perfekten Einzelanfertigung.

Die Bühne für das Ausgefallene

Die kreativen Köpfe hinter diesen Entwürfen sind oft nicht nur Designer, sondern auch kluge Unternehmer. So entstand Anfang des Jahrtausends ein niederländisches Designlabel, das mehr als nur ein Hersteller sein wollte. Es wurde zu einer Plattform für eine bestimmte Haltung, eine Gegenbewegung zum kühlen Minimalismus, der damals überall herrschte.

 Marcel Wanders Knotted Chair

Die laute Antwort auf den Minimalismus

Erinnerst du dich an die Zeit, als alles weiß, grau oder schwarz war? Die Form folgte strikt der Funktion, Emotionen schienen verpönt. Diese neue Welle von Designern wollte genau das Gegenteil: mehr Gefühl, mehr Geschichten, mehr Dekoration. Sie wollten Stücke schaffen, die Gespräche anstoßen und eine persönliche Verbindung aufbauen.

Dieses Label wurde zur Heimat für kühne, verspielte und manchmal auch ein bisschen verrückte Ideen. Die Produkte sind das genaue Gegenteil von anonymer Massenware. Und das ist ein Punkt, den ich auch meinen Lehrlingen immer wieder sage: Design ist immer eine Antwort auf seine Zeit. Diese Bewegung war die laute, farbenfrohe Antwort auf die leise Zurückhaltung des Minimalismus.

Praxis-Tipp: Ein Statement-Stück richtig in Szene setzen

Ein ganzes Zimmer mit solchen Statement-Möbeln einzurichten, kann schnell überladen wirken. Diese Stücke sind Solisten, keine Chorsänger. In meiner Arbeit als Einrichter rate ich Kunden oft: Entscheide dich für ein einziges, starkes Stück. Stell dir ein typisches, graues Sofa in einem sonst eher schlichten Wohnzimmer vor. Ziemlich langweilig, oder? Jetzt stellst du eine einzelne, riesige Leuchte in Pferdeform daneben. Zack! Der ganze Raum hat sofort Charakter und eine Geschichte. Das ist die Macht eines einzigen Solisten.

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Der Rest des Raumes sollte dieses Stück unterstützen, nicht mit ihm konkurrieren. Dafür braucht man ein gutes Auge für Proportionen. Manchmal ist weniger eben doch mehr. Ein außergewöhnliches Objekt kann einem Raum mehr Persönlichkeit geben als zehn mittelmäßige. Aber es muss bewusst platziert werden, sonst wirkt es schnell wie im vollgestellten Museum.

Materialvielfalt und smarte Fertigung

Die Neugier dieser Designer beschränkt sich nicht auf einen Werkstoff. Ihr Werk ist eine Entdeckungsreise durch verschiedenste Materialien und Herstellungsverfahren. Oft werden traditionelles Handwerk und industrielle Fertigung auf überraschende Weise kombiniert.

Keramik: Tradition neu interpretiert

Ein tolles Beispiel ist die Arbeit mit Keramik, insbesondere die Neuinterpretation der berühmten Delfter Blau-Tradition aus den Niederlanden. Statt klassischer Windmühlen und Landschaften tauchen plötzlich moderne, fast schon surreale Bilder auf den Vasen und Tellern auf. Da werden alte Techniken genutzt, um komplett neue Geschichten zu erzählen. Als Handwerker liebe ich das! Der Respekt vor dem Können der Keramikmaler ist da, aber ihre Arbeit bekommt einen absolut zeitgenössischen Dreh. Die Qualität erkennst du übrigens an der Feinheit der Linien. Bei billigen Kopien ist der Druck oft unscharf; bei den Originalen, die in Kooperation mit renommierten Manufakturen entstehen, ist jeder Pinselstrich gestochen scharf.

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Kunststoff: Die Kunst des Rotationsformens

Für viele größere Objekte, wie die berühmten „Monster“-Sessel oder große Pflanzgefäße, kommt das Rotationsformverfahren zum Einsatz. Dabei wird Kunststoffgranulat in eine riesige Hohlform gefüllt, die dann erhitzt und langsam um zwei Achsen gedreht wird. Der geschmolzene Kunststoff legt sich gleichmäßig an die Innenwände. So entstehen komplexe, organische Formen, die nahtlos, robust und wetterfest sind.

Kleiner Tipp vom Profi: Rotationsgeformten Kunststoff reinigst du am besten nur mit einem weichen Mikrofasertuch und lauwarmem Wasser mit einem Spritzer Spüli. Finger weg von Scheuermilch oder harten Schwämmen, das zerkratzt die Oberfläche für immer! Ein Qualitätsmerkmal ist übrigens eine gleichmäßige Wandstärke und eine Oberfläche ohne Lufteinschlüsse.

Textilien: Wenn Muster eine Geschichte erzählen

Auch bei Textilien wird aus dem Vollen geschöpft. Die Teppiche und Polsterstoffe sind oft mit opulenten, fotorealistischen Mustern bedruckt oder gewebt. Hierfür werden riesige Digitaldrucker genutzt, die eine unglaubliche Detailtiefe ermöglichen. Die technische Herausforderung: Die Farbe muss tief in die Faser eindringen, damit sie abriebfest und lichtecht ist. Bei Polsterstoffen ist es noch komplexer. Hier zählt die Martindale-Scheuerfestigkeit. Für dein Sofa zu Hause reichen 20.000 Touren, aber für ein Hotelsofa, das täglich beansprucht wird, braucht man Werte von 50.000 oder mehr. Das sind die unsichtbaren Qualitätsmerkmale, auf die ein Profi achtet.

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Große Projekte: Zwischen Wow-Effekt und Alltagstauglichkeit

Manche dieser Designer gestalten nicht nur einzelne Objekte, sondern ganze Innenräume. Hotels in Amsterdam oder Doha, luxuriöse Privatvillen auf Mallorca – das sind oft Gesamtkunstwerke, die Besucher in eine andere Welt ziehen.

Die Herausforderung der Instandhaltung

Als Praktiker sehe ich das aber auch mit einem anderen Auge. Ich denke an das Reinigungspersonal. Wie putzt man einen riesigen, filigranen Kronleuchter? Wie pflegt man einen weißen Teppich im Eingangsbereich eines Fünf-Sterne-Hotels? Ich hatte mal eine Kundin, die unbedingt einen weißen Wollteppich im Flur wollte. Nach drei Monaten mit zwei Kindern und einem Hund sah der aus wie ein Schlachtfeld. Wir haben dann eine robustere, aber optisch ähnliche Alternative aus Kunstfaser gefunden. Man muss ehrlich sein: Die visuelle Wirkung ist das eine, die Alltagstauglichkeit und der Unterhalt das andere.

Sicherheit und Vorschriften: Das unsichtbare Korsett

Besonders bei öffentlichen Projekten wie Hotels spielen Vorschriften eine riesige Rolle. Jeder Stoff, jeder Teppich, jede Wandverkleidung muss strenge Brandschutzanforderungen erfüllen (in Deutschland meist B1 „schwer entflammbar“). Fluchtwege müssen frei sein, die Beleuchtung Normen entsprechen. Diese Regeln sind ein unsichtbares Korsett für die Kreativität. Dass es trotzdem gelingt, innerhalb dieser engen Grenzen Räume zu erschaffen, die magisch und frei wirken, ist vielleicht die größte Kunst von allen.

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So holst du dir den Look nach Hause (ohne teure Fehler)

Viele sind von diesem verspielten, opulenten Stil fasziniert. Verständlich! Aber man sollte es mit Bedacht angehen. Hier ein paar ehrliche Ratschläge aus meiner Erfahrung:

  • Fang klein an. Du musst nicht gleich deine ganze Wohnung umkrempeln. Eine einzelne Vase, ein Kissen mit einem auffälligen Muster oder eine kleine Leuchte kann schon eine enorme Wirkung haben und ist ein super Einstieg.
  • Schaffe Kontraste. Wie gesagt: Diese Stücke brauchen Luft zum Atmen. Kombiniere ein opulentes Teil mit einfachen, klaren Möbeln. Eine wild gemusterte Tapete wirkt am besten an nur einer Wand.
  • Sei ehrlich beim Pflegeaufwand. Überleg genau, was zu deinem Leben passt. Ein Ledersessel im „Monster“-Stil ist zum Beispiel deutlich pflegeleichter und familienfreundlicher als ein heller Stoffsessel. Ein filigraner Stuhl aus Harz und Faser gehört eher in eine ruhige Leseecke. Und die riesige Leuchte in Tierform? Sieht grandios aus, will aber auch regelmäßig abgestaubt werden.
  • Die Realität der Kosten. Ganz ehrlich, was kostet der Spaß? Seien wir realistisch. Originale haben ihren Preis. Rechne für ein Kissen mit etwa 150 bis 300 €, für eine kleine Vase aus einer bekannten Kollektion ab 400 €, und für eine kleine Leuchte um die 500 €. Ein ikonischer Stuhl kann auch mal zwischen 3.000 und 5.000 € kosten. Dieser Preis spiegelt Entwicklung, Material und Markenwert wider. Sei vorsichtig bei Schnäppchen im Netz – der Markt für Fälschungen ist riesig. Eine schlechte Kopie macht auf Dauer keine Freude. Spar lieber auf ein Original, das du bei der Marke direkt oder bei lizenzierten Händlern und bekannten Design-Kaufhäusern bekommst.
  • Wann ein Profi Sinn macht. Wenn du unsicher bist, wie du so ein starkes Design integrieren sollst, hol dir Hilfe. Ein Innenarchitekt oder Einrichtungsberater kann helfen, ein stimmiges Gesamtkonzept zu entwickeln und teure Fehler zu vermeiden.
innenarchitekten Marcel Wanders projekt moooi

Mein Fazit als Handwerker

Diese Designrichtung hat die Welt aufgerüttelt. Sie hat uns daran erinnert, dass Design nicht nur funktional, sondern auch emotional sein darf; dass Dekoration und Erzählung ihren Platz haben. Man kann diese Arbeit lieben oder nicht, aber man muss anerkennen, dass hier die Grenzen des Machbaren immer wieder verschoben wurden und werden.

Für mich als Handwerker sind solche Entwürfe eine ständige Inspiration. Sie zwingen uns, über neue Materialien nachzudenken und alte Techniken neu zu bewerten. Sie zeigen, was möglich ist, wenn man visionäre Kreativität mit tiefem technischem Verständnis paart. Der geknüpfte Stuhl ist kein magisches Seil. Er ist das Ergebnis von Physik, Materialwissenschaft und präziser Verarbeitung. Und das, ganz ehrlich, ist viel beeindruckender als jeder Zaubertrick.

Bildergalerie

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Carbonfaser vs. Glasfaser: Der Knotted Chair nutzt teure Carbonfasern für maximale Festigkeit bei minimalem Gewicht – ideal für kompromisslose High-End-Stücke. Günstigere Glasfasern, wie sie etwa bei modernen Versionen des Eames Plastic Chair zum Einsatz kommen, sind schwerer, aber perfekt für die formbare und robuste Massenproduktion.

Die Wahl verrät alles: Geht es um eine radikale Vision oder eine zugängliche Ikone?

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Achtung, UV-Strahlung: Epoxidharz, der unsichtbare Held vieler Design-Möbel, hat eine Achillesferse: direktes Sonnenlicht. Über Jahre hinweg kann UV-Strahlung das Harz vergilben lassen und seine Struktur spröde machen. Ein Platz fernab des Südfensters sichert die Langlebigkeit dieser Kunstwerke auf Dauer.

innenarchitekten Marcel Wanders sparklingchair set
  • Sanft entstauben: Ein weiches Mikrofasertuch ist Ihr bester Freund.
  • Leichte Flecken: Mit einem feuchten Tuch und milder Seifenlauge vorsichtig abwischen. Niemals scharfe Reiniger verwenden!
  • Glanz erneuern: Spezielle Kunststoff- oder Autopflegepolituren für versiegelte Oberflächen können feine Kratzer kaschieren. Immer erst an einer unauffälligen Stelle testen!

So bleibt die Magie von Carbon- und Harz-Möbeln lange erhalten.

innenarchitekten Marcel Wanders sparklingchair
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Ist so ein filigranes Design-Stück überhaupt für den Alltag geeignet?

Ja, aber mit Bedacht. Stücke von Herstellern wie Moooi oder Cassina sind rigoros getestet. Der Knotted Chair ist beispielsweise bis zu 100 kg belastbar. Er ist aber kein Stuhl, auf dem man herumwippt oder den man achtlos durch den Raum schiebt. Betrachten Sie ihn als eine bewohnbare Skulptur – nutzbar, aber mit dem Respekt, den ein Kunstwerk verdient.

innenarchitekten Marcel Wanders projekt moooi foto Nicole Marnati

Der Name Marcel Wanders ist untrennbar mit dem Begriff „New Baroque“ verbunden. Er liebt es, opulente, historische Formen mit hochmodernen Materialien und einer Prise Humor zu kombinieren. Der „Monster Chair“ ist dafür ein perfektes Beispiel: Die klassische Form eines gepolsterten Sessels wird durch das gestickte „Monstergesicht“ ironisch gebrochen. Es ist diese Spannung zwischen alt und neu, ernst und verspielt, die seine Arbeit für Moooi so unverwechselbar macht.

innenarchitekt Marcel Wanders tulipchair

Aramidfasern, wie sie im Knotted Chair verwendet werden, sind bei gleichem Gewicht fünfmal so stark wie Stahl.

Diese unglaubliche Zugfestigkeit, entwickelt für kugelsichere Westen und die Raumfahrt, erlaubt es Designern, mit Formen zu experimentieren, die der Schwerkraft zu trotzen scheinen. Das Material trägt die Last, während das Harz die Form fixiert. Ohne solche Innovationen aus anderen Branchen wären viele der heutigen Design-Ikonen schlicht unmöglich.

© Moooi
  • Es lässt Licht durchscheinen und wirkt dadurch luftiger.
  • Es kann in jede erdenkliche Form spritzgegossen werden.
  • Es ist robust, leicht zu reinigen und relativ kostengünstig.

Das Geheimnis hinter dem „Sparkling Chair“? Es ist PETG, ein Kunststoff, der vor allem für seine Transparenz und Zähigkeit bekannt ist – ähnlich wie die Flaschen, aus denen wir trinken, nur in einer weitaus edleren Form.

innenarchitekt Marcel Wanders monsterchair

Den Geist von Marcel Wanders‘ Materialexperimenten kann man auch in kleinerem Maßstab erleben. Inspiriert von seiner Technik, lassen sich faszinierende Deko-Objekte selbst herstellen:

  • Ein grobes Jutegewebe oder ein altes Spitzendeckchen in Form bringen.
  • Mit einem hochwertigen Epoxidharz (z.B. von Efkoresin oder Breddermann) vollständig tränken.
  • Über eine Form (eine Schüssel, eine Vase) legen und aushärten lassen.

So entsteht ein einzigartiges, dauerhaftes Objekt, das die Fusion von weichem Textil und harter Struktur greifbar macht.

innenarchitekt Marcel Wanders monster barstool

Die wahre Innovation des „Knotted Chair“ war nicht nur das Material, sondern der Prozess. Wanders nutzte 1996 erstmals die sogenannte „Draped-Resin-Fiber-Technologie“ in dieser Form für ein Möbelstück. Ein Verfahren, das die Grenzen zwischen Handwerk (Knüpfen) und Industrie (Verbundwerkstoffe) auflöste.

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Was unterscheidet ein Original von einer Fälschung? Oft sind es die Details. Bei einem originalen „Monster Chair“ von Moooi ist die Stickerei makellos und präzise. Die Proportionen sind exakt und das Leder von höchster Qualität. Billige Kopien sparen oft am Material, die Nähte sind unsauber und die Polsterung verliert schnell an Form.

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Wie nachhaltig sind solche Hightech-Möbel eigentlich?

Eine komplexe Frage. Einerseits sind Materialien wie Carbonfaser extrem langlebig, was dem „Wegwerf-Gedanken“ widerspricht. Ein solcher Stuhl kann Generationen überdauern. Andererseits ist das Recycling von Verbundwerkstoffen wie Carbonfaser-Epoxidharz extrem schwierig und energieintensiv. Die Nachhaltigkeit liegt hier also in der Langlebigkeit und dem emotionalen Wert, nicht in der Kreislauffähigkeit des Materials.

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Statement A (z.B. Moooi Smoke Chair): Ein radikales Konzept, bei dem Holz verkohlt und mit Harz versiegelt wird. Extrem auffällig, aber die verkohlte Oberfläche ist empfindlich.

Statement B (z.B. Vitra Panton Chair): Eine Ikone aus einem Guss, aus robustem Polypropylen. Ebenfalls skulptural, aber unverwüstlich und alltagstauglich.

Die Entscheidung hängt vom Lebensstil ab: Suchen Sie ein reines Kunstobjekt oder einen Designklassiker mit Nehmerqualitäten?

innenarchitekt Marcel Wanders interior casa son schlafzimmer

Ein einzelnes, starkes Designobjekt wie der „Tulip Chair“ von Marcel Wanders kann die gesamte Dynamik eines Raumes verändern. Er fungiert als Ankerpunkt, um den sich der Rest der Einrichtung gruppiert. Seine Wirkung ist am stärksten, wenn er genügend „Luft zum Atmen“ hat und nicht von anderen dominanten Möbeln bedrängt wird.

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„Die Zukunft gehört denen, die die Möglichkeiten erkennen, bevor sie offensichtlich werden.“ – Oscar Wilde

Designer wie Marcel Wanders nehmen solche Zitate wörtlich. Sie warten nicht auf neue Materialien, sondern suchen aktiv nach Technologien aus anderen Bereichen, um ihre Visionen zu realisieren. So wird aus einer Faser für die Luftfahrt ein Stuhl und aus Kunststoffgranulat eine leuchtende Skulptur.

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Andere Meister der Materialinnovation:

  • Ron Arad: Berühmt für seine Arbeit mit poliertem Stahl und Aluminium, wie beim „Bookworm“-Regal für Kartell.
  • Zaha Hadid: Ihre fließenden, organischen Formen wären ohne Faserverbundwerkstoffe und Corian oft nicht realisierbar.
  • Philippe Starck: Ein Pionier im Einsatz von Polycarbonat, unvergessen sein Stuhl „Louis Ghost“ für Kartell.
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Die Polsterung des „Monster Chair“ ist mehr als nur eine Hülle. Oft wird hochwertiges, gestepptes Leder von Marken wie Kvadrat oder Spinneybeck verwendet, das nicht nur luxuriös aussieht, sondern auch extrem strapazierfähig ist. Die Qualität der Naht ist ein entscheidendes Merkmal für die Langlebigkeit und den Komfort des Sessels.

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Rund 90% der Kaufentscheidungen werden unbewusst durch Emotionen beeinflusst.

Spektakuläre Design-Möbel zielen genau darauf ab. Der Anblick eines „Knotted Chair“ löst Staunen und Neugier aus („Wie ist das möglich?“). Der „Monster Chair“ provoziert ein Schmunzeln. Diese emotionale Reaktion schafft eine viel tiefere Verbindung zum Objekt als reine Funktionalität es je könnte.

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Der Trend geht zur digitalen Fertigung. Was Marcel Wanders mit Harz und Fasern erreichte, wird heute durch Algorithmen und 3D-Drucker weiterentwickelt:

  • Marken wie Nagami oder Aectual drucken ganze Sessel aus recyceltem Kunststoff.
  • Die Designs sind oft von natürlichen Strukturen inspiriert und können individuell angepasst werden.

Dies ist die logische Fortsetzung des Gedankens, die Grenzen des Machbaren durch neue Technologien zu verschieben.

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Der Wert eines Originals: Ein authentischer „Knotted Chair“ von Moooi ist nicht nur ein Möbelstück, sondern eine Investition. Aufgrund seiner ikonischen Stellung im Design des 20. Jahrhunderts und der limitierten Produktion behalten solche Stücke ihren Wert oder steigern ihn sogar. Auf Auktionen erzielen frühe Exemplare oft Preise weit über dem ursprünglichen Kaufpreis.

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  • Sie wirken leicht, fast schwebend.
  • Sie schaffen faszinierende Licht- und Schattenspiele.
  • Sie versperren nicht den Blick durch den Raum.

Das Gestaltungsprinzip? Transparenz und Leere. Ob durchbrochene Strukturen wie beim Knotted Chair oder durchsichtige Materialien wie beim Sparkling Chair – Designer nutzen „Nichts“ bewusst als aktives Element, um Möbel weniger wuchtig und präsenter zugleich wirken zu lassen.

Hinter der verspielten Fassade eines Moooi-Stücks steckt oft eine knallharte Kalkulation. Die Werkzeuge und Formen für den Spritzguss eines komplexen Stuhls wie dem „Sparkling Chair“ können Hunderttausende von Euro kosten. Diese Investition rechnet sich nur über hohe Stückzahlen – ein Grund, warum radikales Design und Massenproduktion oft Hand in Hand gehen.

Mareike Brenner

Mareike ist 1991 in Bonn geboren und hat ihr Diplom in der Fachrichtung Journalistik an der TU Dortmund erworben. Sie hat einen Hintergrund im Bereich Design, da sie an der HAW Hamburg Illustration studiert hat. Mareike hat aber einen Sprung in die Welt des Journalismus gemacht, weil sie schon immer eine Leidenschaft für kreatives Schreiben hatte. Derzeit ist sie in der Redaktion von Freshideen tätig und schreibt gern Berichte über Schönheitstrends, Mode und Unterhaltung. Sie kennt übrigens alle Diäten und das Thema „Gesund abnehmen“ wird von ihr oft bevorzugt. In ihrer Freizeit kann man sie beim Kaffeetrinken mit Freunden antreffen oder sie bleibt zu Hause und zeichnet. Neulich hat sie eine neue Leidenschaft entdeckt, und das ist Online-Shopping.