Schluss mit alter Tapete! So kriegst du sie wirklich ab (ohne Nervenzusammenbruch)
Warum du NIEMALS einfach drübertapezieren solltest
Du stehst vor deiner Wand und denkst dir: „Ach komm, die neue Tapete einfach drüberkleben, das spart doch Zeit!“ Halt! Stopp! Ganz ehrlich? Aus jahrelanger Erfahrung kann ich dir sagen: Das ist der eine Fehler, der dich am Ende mehr Zeit, Geld und vor allem Nerven kosten wird als alles andere.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Warum du NIEMALS einfach drübertapezieren solltest
- 2 Erstmal checken: Was kostet mich der Spaß und wie lange dauert’s?
- 3 Dein Gegner: Welche Tapete hast du an der Wand?
- 4 Die Vorbereitung: Der Unterschied zwischen Amateur und Profi
- 5 Jetzt geht’s los: Die Methoden, die wirklich funktionieren
- 6 Problemfälle aus der Praxis: Was tun, wenn’s schwierig wird?
- 7 Das Finish: Die Wand für den Neuanfang vorbereiten
- 8 Bildergalerie
Stell dir nur mal vor: Der alte Kleister ganz unten gibt nach, weil die Feuchtigkeit von deinem neuen Kleber ihn wieder aufweckt. Plötzlich wirft nicht nur deine teure, neue Tapete Blasen, sondern ganze Bahnen fallen mitsamt den alten Schichten von der Wand. Ein Albtraum! Außerdem zeichnen sich die alten Nähte unschön ab und wenn die alte Tapete eine Struktur hatte, siehst du die garantiert auch durch die neue durch. Das Ergebnis ist immer Murks. Deshalb gibt es nur eine goldene Regel: Die alte Tapete muss runter. Immer. Es ist die Grundlage für alles, was danach kommt.

Erstmal checken: Was kostet mich der Spaß und wie lange dauert’s?
Bevor wir loslegen, lass uns mal kurz Klartext reden über Zeit und Geld. Das hilft, die Sache realistisch anzugehen.
- Dein Zeit-Investment: Für einen normalen Raum von ca. 15-20 Quadratmetern, plane als Anfänger lieber mal ein ganzes Wochenende ein. Das klingt viel, aber du willst ja nicht hetzen. Reine Arbeitszeit sind das schnell mal 6-8 Stunden, manchmal auch mehr.
- Die Kosten (Do-it-yourself): Die gute Nachricht ist, dass die Materialien selbst nicht die Welt kosten. Für Abdeckvlies, einen guten Spachtel, Spüli und stabile Müllsäcke bist du mit 30 bis 50 Euro gut dabei. Wenn du Spezialwerkzeug wie einen Tapetenigel (ca. 10-15 €) brauchst oder ein Dampfgerät mieten möchtest (bekommst du im Baumarkt für ca. 20-25 € pro Tag), kommt das noch obendrauf.
- Nur zum Vergleich (der Profi): Einen Maler für dieselbe Arbeit zu holen, kann je nach Region und Zustand der Wände schnell zwischen 400 und 600 Euro kosten. Du sparst also ordentlich Geld, wenn du es selbst machst!

Dein Gegner: Welche Tapete hast du an der Wand?
Okay, bevor du den ersten Eimer Wasser anrührst, musst du wissen, womit du es zu tun hast. Mach an einer unauffälligen Ecke einen kleinen Test mit dem Cuttermesser: anheben und ziehen. Was passiert, verrät dir fast alles.
- Papiertapeten: Der Klassiker. Reißt in kleinen Fetzen und klebt hartnäckig. Fühlt sich an wie… naja, Papier. Hier ist Wasser dein bester Freund.
- Raufasertapete: Der deutsche Standard. Wenn sie schon öfter gestrichen wurde (was fast immer der Fall ist), hast du eine wasserabweisende Farbschicht drauf. Hier wird’s ohne Vorarbeit knifflig.
- Vliestapeten: Die moderne Variante und dein potenzieller Hauptgewinn. Fühlen sich oft dicker und fast stoffartig an. Oft sind sie „restlos trocken abziehbar“. Wenn du ziehst und eine ganze Bahn löst sich – Glückwunsch! Du hast dir Stunden an Arbeit gespart.
- Vinyl- oder Kunststofftapeten: Haben eine glänzende, abwaschbare Oberschicht. Wenn du ziehst, löst sich meist nur diese Schicht. Der Papierträger bleibt an der Wand und muss wie eine Papiertapete eingeweicht werden.
- Glasfasertapeten: Der Endgegner. Extrem robust und mit Superkleber befestigt. Ehrlich gesagt: Wenn du die entdeckst, ist es oft klüger, die Wand professionell dünn überspachteln zu lassen, anstatt sie mit Gewalt zu entfernen. Das kann den Putz retten.
Genauso wichtig: Klopf mal an die Wand. Klingt sie hohl? Das ist eine Gipskartonwand (Trockenbau). Klingt sie massiv? Dann ist es eine verputzte Wand. Das ist entscheidend, denn Gipskarton hasst zu viel Wasser!

Die Vorbereitung: Der Unterschied zwischen Amateur und Profi
Nimm dir diese halbe Stunde Zeit. Sie erspart dir stundenlanges Putzen und potenziellen Ärger.
Sicherheit zuerst: Strom und Wasser sind keine Freunde!
Achtung, das ist der wichtigste Punkt überhaupt, lies das bitte zweimal: Bevor auch nur ein Tropfen Wasser die Wand berührt, schalte die Sicherung für den Raum aus! Prüfe danach mit einem richtigen, zweipoligen Spannungsprüfer (diese Dinger, die aussehen wie zwei Stifte mit Kabel dazwischen), ob der Strom wirklich weg ist. Ein simpler Phasenprüfer in Schraubenzieherform ist nicht zuverlässig genug! Schraub dann die Blenden von Steckdosen und Schaltern ab und klebe die Einsätze sorgfältig mit Malerkrepp ab.
Deine Einkaufsliste für den Baumarkt
- Abdeckmaterial: Am besten ist Malervlies (ca. 2 €/qm). Das ist unten gummiert und oben saugfähig. Viel besser als rutschige Planen, auf denen sich Pfützen bilden.
- Eimer & Quast: Ein 10-Liter-Eimer und eine große Deckenbürste (Quast) sind ideal, um das Wasser satt aufzutragen.
- Ein guter Spachtel: Gib hier 8-12 € für ein stabiles Modell aus. Kleiner Profi-Tipp: Runde die Ecken der Klinge ganz leicht mit einer Feile oder Schleifpapier ab. So vermeidest du tiefe Kratzer im Putz.
- Stabile Müllsäcke: Hol dir richtige Bausäcke (ca. 5 € für eine Rolle). Nasse Tapete ist unglaublich schwer und reißt normale Säcke sofort.
- Tapetenigel oder Stachelwalze (ca. 10-15 €): Ein absolutes MUSS bei gestrichenen oder wasserdichten Tapeten. Ohne die kleinen Löcher, die dieses Werkzeug macht, perlt das Wasser einfach ab.

Jetzt geht’s los: Die Methoden, die wirklich funktionieren
Geduld ist hier dein wichtigstes Werkzeug. Wer zu früh anfängt zu kratzen, quält sich nur.
Methode 1: Der Klassiker mit Wasser und Spüli
Das ist die Standardmethode für die meisten Fälle. Einfach, günstig und effektiv.
- Löchern: Wenn die Tapete gestrichen ist, bearbeite die gesamte Fläche gründlich mit dem Tapetenigel. Ordentlich Druck, in kreisenden Bewegungen. Du musst es leise knistern hören.
- Anmischen: Füll deinen Eimer mit warmem Wasser (Wärme hilft!) und gib einen großzügigen Schuss Spülmittel dazu. So ca. 2-3 Esslöffel auf 10 Liter reichen völlig aus.
- Einweichen: Trage die Mischung satt von oben nach unten auf. Die Wand soll richtig nass aussehen und dunkel werden. Profi-Tipp: Wenn du einen Drucksprüher für den Garten hast – perfekt! Damit geht das Einwässern viel schneller und gleichmäßiger als mit dem Quast.
- WARTEN: Das ist der entscheidende Schritt. Lass das Wasser mindestens 15-20 Minuten einwirken. Wenn eine Stelle trocknet, geh nochmal drüber. Ich hab schon Leute gesehen, die nach zwei Minuten loskratzen und sich mit winzigen Fitzeln abquälen. Nach einer richtigen Einweichzeit fällt die Bahn fast von selbst ab. Diese Lektion vergisst man nicht!
- Ablösen: Such dir eine Naht, setz den Spachtel flach an und schieb ihn drunter. Jetzt solltest du ganze Bahnen abziehen können. Ein Traum!

Methode 2: Der Einsatz des Dampfgeräts
Das Dampfgerät ist super für harte Fälle mit mehreren Schichten auf massivem Putz. Bei Gipskartonwänden ist es aber mit äußerster Vorsicht zu genießen, da der heiße Dampf den Karton schnell ruinieren kann. Es ist effektiver als Wasser, aber eben auch riskanter und teurer (Miete/Kauf). Halte die Dampfplatte für ca. 20-30 Sekunden auf eine Stelle und löse die aufgeweichte Tapete sofort mit dem Spachtel. Trage dabei Handschuhe, der Dampf ist heiß!
Problemfälle aus der Praxis: Was tun, wenn’s schwierig wird?
Selten läuft alles nach Plan. Aber keine Panik, für alles gibt es eine Lösung.
Der Super-GAU: Tapete auf ungrundiertem Gipskarton
Du ziehst an der Tapete und die oberste Papierschicht der Gipskartonplatte kommt mit? Herzlichen Glückwunsch, du hast den Endgegner freigeschaltet. Hier hat jemand gepfuscht und nicht grundiert. Wasser ist jetzt dein Feind! So gehst du vor:
- Stopp! Sofort aufhören, mit Wasser zu arbeiten.
- Trocken arbeiten: Versuche, so viel wie möglich von der Tapete trocken abzuziehen oder vorsichtig abzuschaben.
- Schleifen statt weichen: Hartnäckige Papierreste musst du nun mühsam mit einem Schleifklotz abschleifen. Ja, das ist furchtbar, aber besser, als die ganze Platte zu durchfeuchten.
- Reparieren: Die beschädigte Oberfläche musst du danach auf jeden Fall großflächig glatt spachteln und schleifen, bevor du weitermachen kannst.

Problem: Es sind drölfzig Schichten an der Wand
Das ist typisch für ältere Wohnungen. Oft löst sich nur die oberste Schicht. Das ist frustrierend, aber normal. Sieh es als Runde 1. Die darunterliegende Schicht wird einfach wieder neu eingeweicht. Manchmal findet man dabei sogar uralte Zeitungen als unterste Schicht – eine kleine Zeitreise!
Problem: Kleisterreste bleiben an der Wand
Nachdem die Tapete ab ist, fahr mal mit der Hand über die Wand. Fühlt sie sich an manchen Stellen rau oder fast glasig an? Das sind Kleisterreste. Die müssen runter, sonst hält die neue Farbe oder Tapete nicht! Wasch die Wand einfach mit warmem Wasser und einem Schwamm gründlich ab. Danach gut trocknen lassen.
Gut zu wissen: Wohin mit dem ganzen Müll? Nasse Tapete ist unglaublich schwer. Kleine Mengen dürfen in den Restmüll. Bei einer kompletten Renovierung solltest du die Säcke aber lieber zum Wertstoffhof bringen. Frag dort nach, ob sie in den Bauschutt- oder Restmüllcontainer gehören – das ist von Stadt zu Stadt verschieden.

Das Finish: Die Wand für den Neuanfang vorbereiten
Die Tapete ist ab, der Müll entsorgt. Jetzt kommt der Schritt, der am Ende den Unterschied zwischen „ganz okay“ und „wow, wie vom Profi“ ausmacht.
- Spachteln und Reparieren: Alle Löcher, Risse und Macken werden jetzt mit Spachtelmasse gefüllt. Nimm Fertigspachtel aus der Tube für kleine Dübellöcher und Pulver zum Anrühren für größere Flächen.
- Schleifen: Nach dem Trocknen werden die gespachtelten Stellen mit feinem Schleifpapier (120er Körnung ist super) glatt geschliffen, bis du keine Übergänge mehr spürst.
- Grundieren: Das ist der Schritt, den viele auslassen und sich dann über Flecken wundern. Eine reparierte Wand saugt Farbe ungleichmäßig auf. Eine Grundierung (meist „Tiefengrund“, ein 5-Liter-Kanister kostet ca. 20-30 €) sorgt für ein gleichmäßiges Ergebnis. Das ist ein absolutes Muss!
Und wenn du dann fertig bist, nimm dir einen Moment Zeit. Fahr mal mit der Hand über die glatte, saubere Wand. Das ist nicht nur eine leere Wand. Das ist die perfekte Leinwand für deine neuen Ideen. Dieses Gefühl, es selbst geschafft zu haben – unbezahlbar. Und genau das ist der Unterschied zwischen „selbst gemacht“ und „selbst richtig gut gemacht“.

Bildergalerie


Der grösste Fauxpas beim Abreissen: Nicht die Wand, sondern den Boden ruinieren! Spritzer von Wasser und Kleisterresten können Parkett aufquellen lassen oder hässliche Flecken auf dem Teppich hinterlassen. Investieren Sie unbedingt in ein Malervlies mit rutschfester Folienunterseite. Es saugt Flüssigkeit auf und schützt zuverlässig. Eine einfache Abdeckplane verrutscht zu leicht und kann zur Stolperfalle werden.

- Löst selbst hartnäckige und mehrfach überstrichene Tapeten.
- Arbeitet komplett ohne chemische Zusätze.
- Spart im Vergleich zum Einweichen mit der Bürste enorm viel Zeit und Kraft.
Das Geheimnis? Ein Dampftapetenablöser, wie der WAGNER W 16. Das Gerät, das man oft im Baumarkt mieten kann, erzeugt heissen Wasserdampf, der den Kleister in Rekordzeit aufweicht.

Was, wenn sich einzelne Fetzen einfach nicht von der Wand lösen lassen?
Keine Panik, das ist der Moment für die Geheimwaffen. Greifen Sie zum Tapetenigel (auch Igelwalze genannt), um wasserfeste oder gestrichene Tapeten zu perforieren. So kann die Feuchtigkeit endlich zum alten Kleister durchdringen. Danach die Stelle erneut gut einweichen und mindestens 15 Minuten warten. Oft lassen sich die Reste dann mit einem schmalen Spachtel mühelos abschieben.

Alte Tapeten gehören nicht ins Altpapier!
Auch wenn sie aus Papier bestehen, sind sie durch Kleisterreste, mögliche Kunststoffbeschichtungen (bei Vlies- oder Vinyltapeten) und Farbanstriche so verunreinigt, dass sie den Recyclingprozess stören würden. Die korrekte Entsorgung ist daher immer der Restmüll. Für grosse Mengen bei einer kompletten Sanierung kann sich auch ein kleiner Container oder ein spezieller Abfallsack vom Wertstoffhof lohnen.

Der Moment, in dem die letzte Bahn fällt und die nackte Wand zum Vorschein kommt, hat etwas Magisches. Es ist mehr als nur ein abgeschlossener Arbeitsschritt. Es ist eine leere Leinwand, das sichtbare Versprechen eines Neuanfangs. Jeder Kratzer und jede Verfärbung erzählt eine Geschichte, aber jetzt haben Sie die Freiheit, eine völlig neue zu schreiben – mit Farbe, einer neuen Tapete oder puristischem Putz.

Hausmittel-Charme: Ein Eimer warmes Wasser mit einem Schuss Spülmittel ist die günstigste Methode und oft für einfache Papiertapeten ausreichend.
Profi-Power: Ein spezieller Tapetenablöser, z.B. von Metylan oder Pufas, enthält Tenside, die den Kleister gezielter und schneller aufbrechen. Besonders bei mehreren Schichten oder hartnäckiger Raufaser ist er oft die nervenschonendere Wahl.
Unsere Empfehlung: Erst das Hausmittel probieren, bei Widerstand ohne Zögern zum Spezialprodukt greifen.

Wussten Sie schon? Bevor Tapeten im 18. Jahrhundert populär wurden, nutzte der europäische Adel oft aufwendig bemalte Leder- oder Stoffbespannungen, um seine Wände zu schmücken und gleichzeitig die Räume zu isolieren.

Ein guter Spachtel ist beim Tapetenablösen Gold wert. Er sollte stabil, aber auch flexibel sein und vor allem keine scharfen Kanten haben, die den Putz beschädigen.
- Der Japan-Spachtel: Extrem flexibel und dünn, ideal um unter feine Tapetenschichten zu kommen, ohne die Wand zu verletzen.
- Der Malerspachtel: Der robuste Allrounder. Modelle von Marken wie Pajarito oder Wolfcraft liegen gut in der Hand und haben oft eine Klinge aus rostfreiem Stahl.
- Lassen Sie die Wand nach dem Ablösen mindestens 24 Stunden vollständig durchtrocknen.
- Füllen Sie Dübellöcher und kleine Risse mit einer Fertigspachtelmasse, zum Beispiel Moltofill Das Original.
- Schleifen Sie die ausgebesserten Stellen nach dem Trocknen glatt.
- Tragen Sie vor dem Streichen oder Neutapezieren einen Tiefengrund auf. Er verfestigt den Untergrund und sorgt für eine gleichmässige Saugfähigkeit.




