Der Thron für dein Zuhause: Dein ehrlicher Guide zu alten Prunkstühlen
In meiner Werkstatt habe ich über die Jahre schon so einiges an Holz unter den Händen gehabt. Von einfachen Fichtenbrettern bis zu edlem Mahagoni. Aber ganz ehrlich? Manche Stücke brennen sich einfach ins Gedächtnis ein. Ich denke da an einen opulenten Stuhl im Barockstil, der vor einer Weile bei mir landete. Ein wuchtiges Teil aus dunkler Eiche, die Armlehnen als kraftvolle Löwenköpfe geschnitzt. Der Besitzer hatte ihn auf einem Dachboden entdeckt – ein echter Fund.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Die Statik eines Riesen: Warum diese Stühle die Zeit überdauern
- 2 Handwerkskunst im Detail: Was einen echten Schatz ausmacht
- 3 Kleine Stilkunde ohne Jahreszahlen: So erkennst du die Epochen
- 4 Wo finde ich so ein Schätzchen? Und was darf es kosten?
- 5 Augen auf beim Kauf: Die Checkliste des Meisters
- 6 Der richtige Platz: Wie du einen Solisten in Szene setzt
- 7 Wenn der Stuhl erzählt: Ein Sorgenkind aus meiner Werkstatt
- 8 Wann du selbst ran darfst – und wann du den Profi rufen musst
- 9 Fazit: Ein Erbstück mit Seele, keine schnelle Deko
- 10 Bildergalerie
Dieser Stuhl war so viel mehr als nur ein Möbel zum Sitzen. Er strahlte eine Würde und eine Geschichte aus, die man fast mit den Händen greifen konnte. Heutzutage werfen Leute oft mit dem Begriff „Thronstuhl“ um sich. Das klingt griffig, wird der Sache aber nicht wirklich gerecht. Wir Profis sprechen lieber von Prunk- oder Repräsentationsstühlen. Ihre Hauptaufgabe war nämlich nie, super bequem zu sein. Sie waren ein klares Statement: ein Symbol für Status, Macht und den guten Geschmack des Hauses.

Und genau diese Möbel erleben gerade eine echte Renaissance. Viele wollen sich so ein charakterstarkes Stück ins Haus holen, und das kann absolut fantastisch aussehen. Aber – und das ist ein großes Aber – es ist kein einfacher Kauf. Du holst dir nicht nur ein Möbelstück, sondern auch ein Stück Verantwortung. In diesem Guide teile ich meine Erfahrungen als Tischlermeister mit dir. Ich zeige dir, worauf es bei diesen Stühlen WIRKLICH ankommt, von der Statik über das Holz bis zur brutalen Ehrlichkeit bei Kosten und Restaurierung.
Die Statik eines Riesen: Warum diese Stühle die Zeit überdauern
Ein Prunkstuhl haut einen erstmal mit seiner Größe um. Vor allem die hohe Rückenlehne springt sofort ins Auge, oder? Die ist aber nicht nur für die Show da, sie hat eine enorm wichtige statische Funktion. Die Lehne ist traditionell fest mit den hinteren Stuhlbeinen und der Zarge – das ist der Rahmen unter der Sitzfläche – verbunden. Das ergibt ein superstabiles Dreieck und verteilt das Gewicht perfekt. Die massiven Armlehnen, die ebenfalls fest mit den vorderen Beinen und der Rückenlehne verzapft sind, schaffen ein weiteres, kraftschlüssiges System.

Das ganze Möbelstück ist wie eine Einheit gedacht. Denk es dir wie ein kleines Fachwerkhaus, bei dem alles ineinandergreift. Moderne Stühle werden ja oft nur aus Einzelteilen zusammengeschraubt. Ein historischer Prunkstuhl ist dagegen ein kleines Meisterwerk der Konstruktion.
Holzkunde für Kenner: Was das Material über Wert und Herkunft verrät
Die Wahl des Holzes war früher keine reine Geschmacksfrage. Sie hing davon ab, was regional verfügbar war, welche Eigenschaften das Holz hatte und welchen Ausdruck man erzielen wollte. Wenn so ein Stuhl in meine Werkstatt kommt, ist das Holz das Allererste, was ich mir ganz genau ansehe. Es plaudert nämlich eine Menge Geheimnisse aus.
- Eiche: Das ist der Klassiker für schwere, repräsentative Möbel, typisch für wuchtige Stile wie den Barock. Eichenholz ist extrem hart, langlebig und hat eine markante Maserung. Ein riesiger Vorteil: Es widersteht dem Holzwurm besser als viele andere Hölzer. Ein Stuhl aus massiver Eiche wurde für die Ewigkeit gebaut. Du spürst das Gewicht, wenn du ihn anhebst – der steht wie ein Fels.
- Nussbaum: Deutlich feiner und eleganter als die Eiche. Nussbaum hat eine wunderschöne, oft lebhafte Maserung und ist ein Traum für jeden Schnitzer. Die Meister des Rokoko liebten es für ihre geschwungenen, fast schon filigranen Entwürfe. Es ist zwar etwas weicher als Eiche, aber immer noch sehr robust.
- Mahagoni: Als dieses Holz aus Übersee nach Europa kam, war es der absolute Luxus. Es ist von Natur aus sehr beständig gegen Feuchtigkeit und „arbeitet“ kaum, verzieht sich also wenig. Seine gleichmäßige, rötlich-braune Farbe und der feine Glanz machten es zum Star in Epochen wie dem Klassizismus oder bei eleganten englischen Stilen.
- Linde: Achtung, kleiner Profi-Tipp: Für die tragenden Teile eines Stuhls ist Lindenholz viel zu weich. Aber für Schnitzereien ist es unübertroffen! Ich hatte schon Stühle auf der Werkbank, bei denen der Rahmen aus knallharter Eiche war, die aufgesetzten, reichen Schnitzereien aber aus weicher Linde. Damit kann man Details herausarbeiten, die in Hartholz kaum denkbar wären.

Schlitz und Zapfen: Das Geheimnis ewiger Haltbarkeit
Das beste Holz bringt gar nichts, wenn die Verbindungen Murks sind. Das ist ein Grundsatz, den ich jedem Azubi am ersten Tag einbläue. Bei historischen Prunkstühlen findest du fast ausschließlich traditionelle Holzverbindungen. Die wichtigste ist die „Schlitz- und Zapfenverbindung“. Dabei wird in ein Holzteil ein Loch (der Schlitz) gestemmt und in das andere ein passendes Gegenstück (der Zapfen) geschnitten. Das wird dann verleimt und oft zusätzlich mit einem Holznagel gesichert.
Diese Verbindung ist unfassbar stabil und hat einen riesigen Vorteil: Ein Fachmann kann sie bei Bedarf wieder öffnen und neu verleimen. Billige, moderne Nachbauten sind oft nur verschraubt und mit schnöden Metallwinkeln aus dem Baumarkt „verstärkt“. Das hält eine Weile, klar, aber es hat nicht die organische Festigkeit einer echten Holzverbindung. Wenn ich einen alten Stuhl prüfe, wackle ich immer ganz vorsichtig an den Armlehnen. Ein minimales Spiel ist nach über hundert Jahren völlig normal. Wenn aber alles stark wackelt, sind die Leimverbindungen hinüber. Das ist reparabel, aber aufwendig – und kostet Geld.

Handwerkskunst im Detail: Was einen echten Schatz ausmacht
Die wahre Qualität eines Prunkstuhls steckt im Detail. Es sind die Dinge, die man auf den ersten Blick vielleicht übersieht, die aber den Unterschied zwischen einem Meisterstück und einer seelenlosen Kopie ausmachen.
Schnitzereien: Die Handschrift des Meisters
Echte, handgeschnitzte Ornamente haben eine Lebendigkeit, die eine Maschine niemals hinbekommt. Achte mal auf kleine Asymmetrien. Ein von Hand geschnitztes Blatt ist nie 100% identisch mit dem anderen. Die Schnitte sind scharf, tief und selbstbewusst. Wenn du ganz genau hinschaust, siehst du die feinen Spuren des Schnitzmessers. Maschinengefräste Ornamente wirken dagegen oft steril und leblos, die Kanten sind leicht abgerundet und es fehlt ihnen an Tiefe und Charakter.
Oberflächen: Mehr als nur ein bisschen Lack
Die Oberfläche schützt nicht nur das Holz, sie verleiht ihm seinen Charakter. Eine billige Lackierung aus der Sprühdose kann ein wertvolles Stück komplett ruinieren. Traditionell wurden ganz andere Kaliber aufgefahren:

- Vergoldung: Echte Blattgold-Vergoldungen sind eine Kunst für sich. Man unterscheidet die hochglänzende Polimentvergoldung von der matteren, robusteren Ölvergoldung. Vorsicht bei modernem „Blattmetall“ oder Goldlack aus dem Bastelladen. Das sieht meistens billig aus und blättert unschön ab.
- Schellackpolitur: Diese Technik, oft auch „Französische Politur“ genannt, erzeugt eine unfassbar tiefe, brillante Oberfläche. Dabei wird Schellack (ein Harz der Lackschildlaus) in Alkohol gelöst und in unzähligen, hauchdünnen Schichten mit einem Ballen aufgetragen. Das ist extrem arbeitsaufwendig. Der Geruch von Alkohol und Schellack in der Werkstatt … unverkennbar!
- Wachs: Ein gewachstes Finish ist die natürlichste Variante. Es lässt das Holz atmen und fühlt sich warm und sinnlich an. Der Nachteil: Es muss regelmäßig, etwa einmal im Jahr, mit hochwertigem Antikwachs (kostet ca. 15-25 € pro Dose) aufgefrischt werden.
Polsterung: Der unsichtbare, teure Kern
Bei einem Polsterstuhl ist das, was man nicht sieht, oft das Wichtigste – und Teuerste. Eine traditionelle, hochwertige Polsterung ist eine Wissenschaft für sich. Der klassische Aufbau von unten nach oben sieht so aus: Zuerst werden starke Jutegurte über den Rahmen gespannt. Darauf kommen Sprungfedern, die aufgenäht und kunstvoll miteinander verschnürt werden. Das ist der entscheidende Schritt für Sitzkomfort und Haltbarkeit. Darüber kommt eine Schicht aus afrikanischem Gras oder Rosshaar, die in Form genäht wird, dann eine noch feinere Schicht Rosshaar für den Komfort. Ganz zum Schluss folgen ein schützendes Leinentuch und dann erst der edle Bezugsstoff.

Dieser Aufbau ist atmungsaktiv, langlebig und passt sich dem Körper an. Eine moderne Polsterung? Oft nur ein einfacher Schaumstoffblock, der auf eine Platte geklebt wird. Das ist anfangs bequem, aber der Schaumstoff wird mit der Zeit brüchig und speichert Feuchtigkeit, was dem alten Holzrahmen gar nicht guttut.
Kleine Stilkunde ohne Jahreszahlen: So erkennst du die Epochen
Du brauchst kein Kunstgeschichtsstudium, um einen Stuhl grob einzuordnen. Ein paar Grundregeln helfen schon ungemein. Jede Epoche hatte ihre eigene Formensprache.
Der Barock liebte es kraftvoll, wuchtig und streng symmetrisch. Denk an gedrechselte oder massive Vierkantbeine, die durch massive Stege verbunden sind. Die Schnitzereien sind üppig, aber immer spiegelverkehrt angeordnet. Typisches Holz war hier oft die Eiche.
Ganz anders das Rokoko – das war die reinste Rebellion dagegen! Plötzlich wurde alles leichter, verspielter und asymmetrisch. Geschwungene S- und C-Linien dominieren die Form. Die Stuhlbeine sind elegant geschwungen (sogenannte Cabriole-Beine) und die Schnitzereien zeigen verspielte florale Motive oder Muscheln. Hier kam oft edles Nussbaumholz zum Einsatz.

Darauf folgte der Klassizismus als Gegenbewegung zum verspielten Rokoko. Die Formen wurden wieder strenger und orientierten sich an der griechischen und römischen Antike. Die Beine sind gerade, oft wie antike Säulen gerillt (kanneliert). Die Schnitzereien sind viel dezenter, mit Motiven wie Lorbeerkränzen oder Urnen. Das bevorzugte Holz der Wohlhabenden war oft Mahagoni.
Und dann kam der Historismus. In dieser Zeit wurden alle früheren Stile einfach kopiert und oft wild durcheinander gemischt. Man findet Stühle im „Stil des Barock“ oder der „Neorenaissance“. Diese Stücke sind oft handwerklich gut gemacht, ihnen fehlt aber manchmal die stilistische Klarheit der Originale. Ein Großteil der Stühle, die heute auf dem Markt sind, stammen aus dieser Epoche.
Wo finde ich so ein Schätzchen? Und was darf es kosten?
Okay, genug der Theorie. Wo fängst du überhaupt an zu suchen? Und was musst du auf den Tisch legen? Seien wir mal ehrlich, das ist ja die wichtigste Frage.

Deine Jagdgründe:
- Antiquitätenhändler: Das ist die sicherste, aber auch teuerste Option. Du bekommst eine fachkundige Beratung, die Stücke sind oft schon restauriert und du hast eine gewisse Sicherheit. Perfekt für Einsteiger mit Budget.
- Auktionshäuser: Hier kannst du echte Schnäppchen machen, aber es ist auch Nervenkitzel pur. Du kaufst wie gesehen, oft ohne Gewährleistung. Du musst vorher genau prüfen!
- Online-Plattformen (wie Kleinanzeigen & Co.): Die Fundgrube für Mutige! Hier kannst du den Dachbodenfund deines Lebens machen. Aber das Risiko ist am höchsten. Du musst dich schon ein bisschen auskennen, um nicht auf Blender reinzufallen.
Und jetzt zum Geld. Was kostet der Spaß wirklich?
Lass dich nicht blenden. Ein gutes Stück hat seinen Preis. Aber was heißt das? Hier sind ein paar ehrliche Hausnummern aus meiner Erfahrung:
- Ein restaurierungsbedürftiger Stuhl: Auf dem Flohmarkt oder online findest du vielleicht ein wackeliges Exemplar für 100 € bis 300 €. Klingt super, oder? Aber warte ab …
- Ein Stuhl vom Händler: Ein schönes, stabiles Stück im guten Zustand kann je nach Epoche und Qualität locker zwischen 800 € und 3.000 € kosten. Nach oben gibt es kaum Grenzen.
- Die Restaurierungskosten: Und hier wird es oft teuer! Ein wackeliger Stuhl? Das professionelle Zerlegen, Reinigen der alten Verbindungen und Neu-Verleimen kostet dich je nach Aufwand zwischen 250 € und 600 €. Eine komplett neue, klassische Polsterung mit Gurten und Federn? Das ist reine Handarbeit und liegt schnell bei 800 € bis über 2.000 € – wohlgemerkt, ohne den Preis für einen edlen Stoff! Und eine kaputte Oberfläche, die eine neue Schellackpolitur braucht? Das ist extrem zeitaufwendig, plane da mal ab 1.000 € aufwärts ein.
Du siehst: Der günstige Kaufpreis kann sich schnell als Bumerang erweisen.

Augen auf beim Kauf: Die Checkliste des Meisters
Wenn du also vor einem potenziellen Kandidaten stehst, lass die erste Begeisterung kurz sacken und geh meine Checkliste durch.
- Der Wackel-Test: Fass den Stuhl an den Armlehnen und rüttle sanft. Ein minimales Nachgeben ist okay. Schwankt er aber stark, sind die Leimfugen offen. Das ist reparabel, siehe Kosten oben.
- Der Holzwurm-Check: Siehst du kleine, runde Löcher? Das sind die Ausfluglöcher. Kleiner Trick: Klopf mal beherzt neben die Löcher. Rieselt feines, helles Mehl heraus? Dann ist der Wurm noch aktiv. Lass die Finger davon oder zieh sofort einen Profi für Schädlingsbekämpfung hinzu! Alter, inaktiver Befall (kein Mehl) gehört bei antiken Möbeln zur Patina.
- Fahnde nach schlechten Reparaturen: Schau ganz genau hin. Siehst du moderne Schrauben, wo keine hingehören? Metallwinkel? Klebereste? Stellen, an denen der Lack anders aussieht? Schlechte Reparaturen mindern den Wert enorm.
- Vorsicht vor „Heiraten“: Manchmal werden aus zwei kaputten Stühlen ein „guter“ gemacht. Das nennen wir eine Heirat. Man erkennt das oft an feinen Unterschieden in der Holzfarbe, der Abnutzung oder dem Stil der Schnitzereien. Hier braucht man ein geschultes Auge.

Der richtige Platz: Wie du einen Solisten in Szene setzt
Ein Prunkstuhl ist ein Solitär. Er will nicht in einer Gruppe von anderen Möbeln untergehen. Quetsch ihn nicht einfach in eine Ecke, damit wird man ihm nicht gerecht. Er braucht Luft zum Atmen! Ein guter Platz ist als Blickfang in einem großzügigen Flur, in einer Bibliothek oder als Lesesessel in einer ruhigen Ecke des Wohnzimmers. Und ganz wichtig: Direkte Sonneneinstrahlung ist der Feind! Das UV-Licht bleicht das Holz und macht alte Stoffe brüchig.
Ach ja, und noch ein Tipp: Stell ihn niemals direkt an eine laufende Heizung. Die trockene, heiße Luft ist der sichere Tod für alte Leimfugen und kann Risse im Holz verursachen. Ein wenig Abstand und eine konstante Luftfeuchtigkeit sind ideal.
Wenn der Stuhl erzählt: Ein Sorgenkind aus meiner Werkstatt
Vor einiger Zeit brachte mir ein Kunde einen Stuhl, der ein echtes Sorgenkind war. Ein Erbstück im Rokoko-Stil. Ein Stuhlbein war unsauber gebrochen, die Polsterung war ein furchtbarer, grüner Veloursstoff aus den Siebzigern und – der absolute Albtraum für uns Restauratoren – jemand hatte versucht, wackelige Verbindungen mit modernem Montagekleber zu „reparieren“.

Dieser Kleber ist härter als das Holz selbst und lässt sich kaum entfernen, ohne das Material zu beschädigen. Es hat Tage gedauert, die Verbindungen Millimeter für Millimeter mit einem scharfen Stechbeitel freizulegen. Das gebrochene Bein war nicht zu retten. Ich musste aus einem Stück altem Nussbaumholz, das ich seit Jahren für solche Fälle horte, ein neues Bein anfertigen und die geschwungene Form und die feine Schnitzerei exakt kopieren. Am Ende haben wir in Zusammenarbeit mit einem Polsterermeister einen passenden Seidendamast als Bezugsstoff gefunden.
Was hat das den Kunden gekostet? Ehrlich gesagt, die Restaurierung war ein mittlerer vierstelliger Betrag und damit am Ende teurer, als man für den Stuhl beim Verkauf bekommen hätte. Aber dafür hat er jetzt ein perfektes Unikat, das wieder Generationen überdauert. Manchmal ist der ideelle Wert eben unbezahlbar.
Wann du selbst ran darfst – und wann du den Profi rufen musst
Ein antiker Stuhl ist kein Möbelstück von der Stange. Behandle ihn mit Respekt. Was du selbst tun kannst, ist, ihn sanft mit einem trockenen Tuch zu entstauben oder eine gewachste Oberfläche vorsichtig mit Antikwachs nachzupflegen. Weniger ist hier mehr.

Finger weg von: Jeglichen Reparaturen an der Konstruktion! Versuch niemals, lose Beine selbst zu leimen. Ohne das richtige Werkzeug und Wissen machst du mehr kaputt als ganz. Auch Oberflächenbehandlungen oder eine Holzwurm-Bekämpfung sind ein klarer Fall für den Fachmann.
Wo findest du einen guten Restaurator? Frag nicht nur Google. Eine super Anlaufstelle sind die Webseiten von Restauratorenverbänden oder eine Anfrage bei der regionalen Handwerkskammer. Gute Leute sind oft gut vernetzt und empfehlen sich gegenseitig.
Fazit: Ein Erbstück mit Seele, keine schnelle Deko
Ein Prunkstuhl ist ein echtes Statement. Er kann einen Raum verwandeln und ihm eine Tiefe und Persönlichkeit geben, die du mit modernen Möbeln nie erreichen wirst. Aber er ist kein unkomplizierter Begleiter. Er verlangt Wissen, Respekt und manchmal auch einen gut gefüllten Geldbeutel. Wenn du dich aber darauf einlässt, bekommst du so viel mehr als nur einen Platz zum Sitzen. Du bekommst einen Zeitzeugen, ein Kunstwerk und ein Stück Handwerksgeschichte, das dich und die nächsten Generationen überdauern kann. Und das, mein Freund, ist ein Wert, den man in Euro kaum aufwiegen kann.

Bildergalerie


- Samt: Der Inbegriff von Luxus und Opulenz. Er schluckt das Licht und verleiht dem Stuhl eine tiefe, satte Farbe. Perfekt für dramatische Akzente in klassisch oder eklektisch eingerichteten Räumen. Ein hochwertiger Baumwollsamt ist langlebig, aber auch pflegeintensiv.
- Leinen: Eine moderne, lässigere Wahl. Die natürliche Textur schafft einen spannenden Kontrast zur formalen Stuhlform. Ideal, um einen antiken Stuhl in ein helles, skandinavisches oder minimalistisches Ambiente zu integrieren.
Der Stoff entscheidet über die Wirkung. Während Samt die historische Aura verstärkt, erdet Leinen den Prunkstuhl und macht ihn nahbarer.

„Der beste Zeitpunkt, einen Baum zu pflanzen, war vor zwanzig Jahren. Der zweitbeste Zeitpunkt ist jetzt.“
Dieses Sprichwort gilt auch für die Restaurierung. Ein kleiner Wackler an einem Stuhlbein, der heute leicht zu verleimen ist, kann sich in wenigen Jahren zu einem kapitalen Strukturschaden entwickeln. Zögern Sie nicht, kleine Mängel sofort von einem Fachmann beheben zu lassen – Ihr Möbelstück wird es Ihnen mit einem längeren Leben danken.

Passt so ein wuchtiger Stuhl überhaupt in meine moderne Wohnung?
Absolut, denn hier lebt alles vom Kontrast! Ein opulenter Barockstuhl verliert seine Schwere, wenn er als Solitär in einem ansonsten minimalistischen Raum steht. Stellen Sie ihn neben ein schlichtes Metallregal, auf einen polierten Betonboden oder kombinieren Sie ihn mit einem hypermodernen Glastisch. Der Stilbruch ist gewollt und zeugt von Mut. So wird der Thronstuhl nicht zum Fremdkörper, sondern zum kuratierten Kunstwerk.

Achtung, Holzwurm: Winzige, stecknadelkopfgroße Löcher im Holz sind ein ernstes Warnsignal. Finden Sie feines Holzmehl unter dem Stuhl, sind die Schädlinge aktiv. Ignorieren Sie das Problem nicht! Hausmittel sind oft wirkungslos. Ein befallenes Stück gehört in die Hände eines professionellen Restaurators, der eine Behandlung im Heißluftverfahren oder mit speziellen Mitteln durchführen kann, bevor der Schädling die Statik unwiderruflich zerstört.

Manchmal braucht es keine Restaurierung, sondern nur das richtige Styling. Ein modernes Lammfell, lässig über die Lehne geworfen, bricht die strenge Form auf und schafft einen nordischen Touch. Ein Kissen aus Rohseide in einer Knallfarbe wie Fuchsia oder Kobaltblau kann eine Brücke zur modernen Kunst an der Wand schlagen. Experimentieren Sie mit Texturen, um dem altehrwürdigen Stuhl einen ganz persönlichen, zeitgenössischen Dreh zu geben.

Schon der französische Designer Philippe Starck hat es mit seinem „Louis Ghost“ Stuhl für Kartell vorgemacht: Klassische Formen sind unsterblich.
Er nahm die ikonische Silhouette eines Louis-XVI-Sessels und goss sie in transparentes Polycarbonat. Dieses Spiel mit historischer Form und ultramodernem Material zeigt, wie relevant diese Designs heute noch sind. Ihr antiker Prunkstuhl ist also nicht nur ein Relikt, sondern der direkte Vorfahre vieler moderner Design-Ikonen.

- Stabile, fest verzapfte Verbindungen statt loser Schrauben.
- Keine aktiven Holzwurmlöcher (erkennbar an frischem Holzmehl).
- Originale Polsterung oder eine professionelle Erneuerung.
- Ein Preis, der eventuell nötige Restaurierungskosten mit einrechnet.
Das ist Ihre Checkliste für den ersten prüfenden Blick. Ein echter Schatz fühlt sich auch nach Jahrhunderten noch grundsolide an.
Eiche: Der europäische Klassiker, robust, schwer und mit markanter Maserung. Steht für Langlebigkeit und war im Barock sehr beliebt.
Nussbaum: Eleganter und oft feiner gemasert als Eiche, mit einem warmen, dunklen Ton. Besonders im Rokoko und Biedermeier geschätzt.
Mahagoni: Das Luxusholz des 18. und 19. Jahrhunderts. Sein tiefer Rotton und die gleichmäßige Struktur machten es zum Favoriten für exquisite Möbel im Empire- und viktorianischen Stil.
Die Holzart ist oft der erste Hinweis auf Epoche und Herkunft des Stuhls.




