Kinderzimmer tapezieren: Dein ultimativer Guide für ein perfektes Ergebnis
Eine solide Grundlage für Fantasie und Geborgenheit
Ganz ehrlich? Ein Kinderzimmer zu gestalten, gehört zu den schönsten Aufgaben überhaupt. Ich erinnere mich an ein Projekt für eine junge Familie in einer charmanten Altbauwohnung. Die Wände waren etwas krumm, der Putz hatte schon einiges erlebt und die Eltern hatten sich in eine wunderschöne, aber anspruchsvolle Mustertapete verliebt. Sie hatten sie schon voller Vorfreude gekauft, aber, wie das oft so ist, der genaue Plan fehlte noch. Das ist eine Situation, die ich aus meiner langjährigen Erfahrung als Profi nur zu gut kenne.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Eine solide Grundlage für Fantasie und Geborgenheit
- 2 Teil 1: Die richtige Tapete – Material, Gesundheit und Qualität
- 3 Teil 2: Die Vorbereitung – 90 % der Arbeit für ein 100 % Ergebnis
- 4 Teil 3: Ran an die Wand – Werkzeug, Bedarf und Technik
- 5 Teil 4: Erste Hilfe bei Tapezier-Pannen & schwierigen Stellen
- 6 Wann du lieber den Profi ranlässt
- 7 Dein Lohn für die Mühe
- 8 Bildergalerie
Am Ende haben wir es natürlich hinbekommen. Das Leuchten in den Augen des kleinen Jungen, als er sein fertiges Zimmer sah, war unbezahlbar. Aber der Weg dorthin war ein Stück ehrliche Arbeit, die ohne das richtige Know-how schnell frustrierend werden kann.
Ein Kinderzimmer zu tapezieren ist eben so viel mehr, als nur Farbe an die Wand zu bringen. Es geht darum, einen sicheren, gesunden und inspirierenden Rückzugsort zu schaffen. Viele Heimwerker unterschätzen das. Sie sehen die bunten Rollen im Baumarkt und legen los. Doch ohne die richtige Vorbereitung und Technik lässt das Ergebnis oft zu wünschen übrig. Blasen, offene Nähte, schiefe Muster … das muss nicht sein! Dieser Guide ist mein gesammeltes Wissen, so aufbereitet, dass du es Schritt für Schritt umsetzen kannst. Wir gehen den Weg gemeinsam, von der Tapetenauswahl bis zum sauberen Abschluss an der Steckdose.

Teil 1: Die richtige Tapete – Material, Gesundheit und Qualität
Die Auswahl im Handel kann einen schier erschlagen. Lustige Tiere, dezente Streifen, sogar Tapeten zum Ausmalen. Aber Achtung: Das Motiv ist nur die halbe Miete. Das Material ist entscheidend für die Verarbeitung, die Haltbarkeit und vor allem für die Gesundheit deines Kindes.
Die große Frage: Vlies oder Papier?
Früher war gefühlt alles Papiertapete. Heute haben wir zum Glück eine viel bessere Option, zu der ich fast immer greife, besonders im Kinderzimmer: die Vliestapete. Und die Gründe dafür sind wirklich handfest.
Vliestapeten: Die erste Wahl für Einsteiger und Profis
Stell dir vor, du könntest den Kleister direkt auf die Wand rollen, anstatt mit nassen, klebrigen Tapetenbahnen zu hantieren. Genau das ist der größte Vorteil von Vliestapeten! Sie bestehen aus einer Mischung von Zellstoff und Textilfasern, was sie extrem formstabil macht. Sie dehnen sich nicht, wenn sie nass werden, und ziehen sich beim Trocknen nicht zusammen. Das macht die Verarbeitung zum Kinderspiel.

- Kinderleichte Verarbeitung: Dank der sogenannten Wandklebetechnik kommt der Kleister direkt auf die Wand. Du brauchst keinen Tapeziertisch und musst keine Einweichzeiten beachten. Das spart enorm Zeit und Nerven.
- Robust und verzeihend: Vlies ist viel reißfester als Papier. Das hilft nicht nur beim Anbringen, sondern auch später, wenn im Kinderzimmer mal wieder getobt wird.
- Gesundes Raumklima: Hochwertige Vliestapeten sind atmungsaktiv. Das bedeutet, Feuchtigkeit kann aus der Wand entweichen, was superwichtig ist, um Schimmel vorzubeugen.
- Einfache Entfernung: Ein riesiger Pluspunkt für die Zukunft! Vliestapeten lassen sich später trocken und in ganzen Bahnen wieder abziehen. Glaub mir, du willst nicht stundenlang Papierschnipsel von der Wand kratzen.
Papiertapeten: Der günstige Klassiker mit Tücken
Papiertapeten sind oft günstiger, das stimmt. Sie bestehen aus bedrucktem Recyclingpapier. Doch dieser Preisvorteil wird mit einem deutlichen Mehraufwand bei der Verarbeitung bezahlt. Die Bahnen müssen eingekleistert werden und dann eine exakte Zeit einweichen (meist 5-10 Minuten). Hältst du dich nicht penibel daran, wirft die Tapete Blasen oder reißt. Auch das Entfernen ist später eine mühsame Angelegenheit mit viel Wasser und Spachtelarbeit. Für Anfänger, ehrlich gesagt, nicht die beste Wahl.

Ein Wort zu Vinyltapeten: Vorsicht im Kinderzimmer
Diese Tapeten haben eine Kunststoffoberfläche (PVC), sind super robust und abwaschbar. Klingt erstmal perfekt fürs Kinderzimmer, oder? Ich rate trotzdem meist davon ab. Die PVC-Schicht versiegelt die Wand komplett, sie kann nicht mehr „atmen“. Das erhöht die Schimmelgefahr. Zudem können manche dieser Tapeten Weichmacher enthalten, die ausdünsten können – nichts, was man im Schlafraum eines Kindes haben möchte.
Gesundheit zuerst: Worauf du bei Siegeln achten solltest
Dein Kind verbringt unzählige Stunden in seinem Zimmer. Schadstoffe in der Luft sind da ein absolutes No-Go. Achte beim Kauf unbedingt auf Produkte, die als „emissionsarm“ oder „schadstoffgeprüft“ deklariert sind. Es gibt bekannte Umwelt- und Qualitätssiegel, die dir Sicherheit geben. Sie garantieren, dass strenge Grenzwerte für Schadstoffe eingehalten werden und keine schädlichen Substanzen wie Schwermetalle oder Weichmacher verwendet wurden. Frag im Fachhandel gezielt danach. Die paar Euro mehr sind hier eine wirklich gute Investition in die Gesundheit.

Was dir die Symbole auf der Rolle flüstern
Jede Tapetenrolle hat einen Einleger mit kleinen Bildchen. Das ist quasi die Kurzanleitung. Die wichtigsten solltest du kennen:
- Lichtbeständigkeit (Sonne): Eine volle Sonne bedeutet, die Farben bleichen auch in hellen Räumen nicht so schnell aus.
- Waschbeständigkeit (Wellen): Fürs Kinderzimmer sind zwei Wellen („waschbeständig“) ein guter Kompromiss. Da darf auch mal ein Schokofinger landen.
- Musteransatz (Pfeile): Das ist superwichtig! „Ansatzfrei“ ist ideal für Anfänger. Bei „geradem Ansatz“ sind die Muster immer auf gleicher Höhe. Am kniffligsten ist der „versetzte Ansatz“, hier musst du jede zweite Bahn versetzt zuschneiden, was mehr Planung und Verschnitt bedeutet.
- Verarbeitung (Kleistersymbol): Ein Symbol mit einer eingekleisterten Wand zeigt dir die einfache Wandklebetechnik an – perfekt für Vliestapeten!
Teil 2: Die Vorbereitung – 90 % der Arbeit für ein 100 % Ergebnis
Ein alter Profi-Spruch lautet: „Sein Geld verdient man mit der Vorbereitung, nicht mit dem Streichen.“ Und das gilt fürs Tapezieren ganz genauso. Ein perfekter Untergrund ist die absolute Voraussetzung. Jeder noch so kleine Riss und jede Unebenheit wird sich später gnadenlos abzeichnen.

Schritt 1: Der ehrliche Wand-Check
Bevor du auch nur einen Pinsel in die Hand nimmst, musst du deine Wände prüfen. Nimm dir dafür Zeit.
- Der Klebeband-Test: Drück einen Streifen Malerkrepp fest auf die Wand und reiß ihn ruckartig ab. Bleiben Farbreste kleben? Dann ist der Altanstrich nicht tragfähig und muss runter oder grundiert werden.
- Der Wasser-Test: Spritz etwas Wasser auf die Wand. Perlt es ab, ist die Wand nicht saugfähig. Zieht es sofort ein und wird dunkel, ist sie zu stark saugfähig. In beiden Fällen muss eine Grundierung her, damit der Kleister hält.
- Der Taschenlampen-Trick: Das ist deine Hausaufgabe! Schnapp dir eine Taschenlampe und leuchte im Dunkeln flach über die Wand. Du wirst staunen, wie viele kleine Dellen und Risse du plötzlich siehst, die bei Tageslicht unsichtbar waren.
Schritt 2: Alte Tapeten restlos entfernen
Ein Kardinalfehler: Niemals über eine alte Tapete tapezieren! Die Feuchtigkeit des neuen Kleisters löst die alte Schicht an, was zu Blasen und abfallenden Bahnen führt. Die alte Tapete muss runter, ohne Wenn und Aber.

Schritt 3: Risse und Löcher flicken
Kleine Dübellöcher kannst du mit Fertigspachtel aus der Tube füllen. Für größere Stellen nimmst du Gips-Spachtelmasse. Wichtig: Nach dem Trocknen alles schön glattschleifen (mit 120er Schleifpapier), bis du mit geschlossenen Augen keinen Übergang mehr spürst. Deine Finger sind hier das beste Messgerät!
Schritt 4: Grundieren – Der heimliche Held
Das ist der wichtigste Schritt, der von den meisten Heimwerkern übersprungen wird. Eine Grundierung (oft „Tiefgrund“ genannt) sorgt dafür, dass die Wand den Kleister gleichmäßig aufnimmt. So trocknet er nicht zu schnell und die Tapete haftet perfekt.
Profi-Tipp: Nimm einen pigmentierten, also weiß eingefärbten, Tapetengrund. Er kostet nur ein paar Euro mehr (ca. 20-30 € für einen Eimer, der für ein Zimmer reicht), sorgt aber für eine farblich einheitliche Fläche. So scheinen dunkle Spachtelstellen später nicht durch die helle Tapete durch.
Teil 3: Ran an die Wand – Werkzeug, Bedarf und Technik
Die Wand ist glatt, trocken und grundiert? Perfekt, jetzt kommt der Teil, der richtig Spaß macht! Aber auch hier kommt es auf die richtige Technik an.

Deine Einkaufsliste für den Baumarkt (und was es kostet)
Gutes Werkzeug ist die halbe Miete. Hier ist, was du wirklich brauchst:
- Cutter-Messer mit Abbrechklingen: Investiere in ein gutes Messer (ca. 5-10 €). Wichtig: Brich die Klinge nach 3-4 Schnitten ab. Eine stumpfe Klinge reißt die Tapete!
- Andrückroller aus Gummi: Zum blasenfreien Andrücken der Tapete (ca. 10-15 €).
- Nahtroller: Ein kleiner, konischer Roller, um die Nähte perfekt zu schließen (ca. 10 €).
- Wasserwaage oder Senklot: Unerlässlich für die erste, gerade Bahn.
- Kleisterrolle: Eine einfache Lammfellrolle zum Auftragen des Kleisters auf die Wand.
- Vlieskleister: Greif zum Markenprodukt. Ein Paket für 1-2 Zimmer kostet ca. 10-15 €.
- Bleistift & Zollstock
Wie viele Rollen brauche ich eigentlich?
Das ist die Frage aller Fragen. Hier eine ganz simple Faustformel für Standard-Tapetenrollen (ca. 10m lang, 53cm breit):
(Raumumfang in m x Raumhöhe in m) / 5 = Anzahl der Rollen
Miss also alle Wände, addiere die Längen und multipliziere das mit der Höhe. Teile das Ergebnis durch 5. Runde immer auf! Bei Mustertapeten mit Versatz solltest du je nach Rapportgröße 1-2 Rollen extra einplanen. Es ist immer besser, eine Rolle zu viel zu haben, als eine zu wenig. Nachkaufen ist oft schwierig, da es leichte Farbunterschiede zwischen verschiedenen Produktionschargen geben kann.

Die erste Bahn: Der Schlüssel zum Erfolg
Die allererste Bahn muss 100% senkrecht sein, denn an ihr richtet sich alles andere aus. Verlass dich niemals auf eine Wand- oder Türecke, die sind fast nie gerade! Miss von einer Ecke aus ca. 51 cm (Tapetenbreite minus 2 cm) in den Raum und ziehe dort mit der Wasserwaage eine perfekte senkrechte Linie an die Wand. Das ist deine Startlinie.
So geht’s: Die Wandklebetechnik Schritt für Schritt
- Zuschneiden: Miss die Raumhöhe und gib oben und unten je 5 cm zu. Diesen Überstand schneidest du später sauber ab.
- Einkleistern: Rolle den Vlieskleister satt und gleichmäßig auf die Wand, immer nur für die nächste Bahn plus ein paar Zentimeter.
- Ansetzen & Andrücken: Setze die Bahn oben mit Überstand an und richte sie exakt an deiner Bleistiftlinie aus. Streiche sie dann von oben nach unten und von der Mitte zu den Seiten mit dem Andrückroller fest.
- Abschneiden: Drücke die Tapete an der Decke und der Fußleiste fest in die Kante. Mit einem Cuttermesser schneidest du den Überstand sauber ab.
- Nächste Bahn: Setze die nächste Bahn „auf Stoß“ an die vorherige. Das heißt, die Kanten berühren sich exakt, ohne Lücke und ohne Überlappung. Rolle die Naht vorsichtig mit dem Nahtroller fest. Fertig!

Teil 4: Erste Hilfe bei Tapezier-Pannen & schwierigen Stellen
Kein Meister ist vom Himmel gefallen. Hier ein kleiner „Was-tun-wenn“-Kasten für die häufigsten Anfängerfehler.
- Hilfe, eine Blase nach dem Trocknen! Kein Problem. Zieh etwas Kleister in eine feine Spritze (gibt’s in der Apotheke), injiziere ihn in die Blase, warte kurz und drücke die Stelle dann fest.
- Die Naht ist am nächsten Tag leicht offen! Passiert. Nimm einen Tupfer weiße Acryl-Fugenmasse auf den Finger und fahre damit vorsichtig über die Lücke. Überschuss sofort mit einem feuchten Tuch abwischen. Sieht man danach nicht mehr.
- Kleister auf der Vorderseite! Sofort handeln! Tupfe den Kleisterfleck vorsichtig mit einem sauberen, leicht feuchten Schwamm ab. Nicht reiben, sonst beschädigst du die Oberfläche!
Ein Wort zu Steckdosen: Sicherheit geht vor! Immer die Sicherung rausnehmen und mit einem Spannungsprüfer checken! Schraube dann die Abdeckung ab und tapeziere einfach drüber. Danach schneidest du die Öffnung mit dem Cutter kreuzförmig ein und dann sauber am Dosenrand entlang frei. Nach dem Trocknen kommt die Abdeckung wieder drauf.

Wann du lieber den Profi ranlässt
Sei ehrlich zu dir selbst. Ein normales Zimmer mit geraden Wänden und einer Vliestapete ist ein super DIY-Projekt, das du mit diesem Guide schaffen kannst. Plane als Anfänger für ein 15 qm Zimmer aber ruhig ein ganzes Wochenende ein.
In diesen Fällen würde ich aber raten, einen Fachbetrieb zu beauftragen:
- Bei extrem teuren Tapeten, bei denen ein Fehler richtig ins Geld geht.
- In Altbauten mit sehr schiefen oder feuchten Wänden.
- Bei komplexen Mustertapeten mit starkem Versatz.
- Wenn du einfach keine Zeit oder Geduld für die wirklich wichtige Vorbereitung hast.
Die Kosten für einen Maler (rechne mal grob mit 40-60 € pro Stunde) sind dann eine gute Investition in ein garantiert perfektes und langlebiges Ergebnis.
Dein Lohn für die Mühe
Wenn die letzte Bahn sitzt, die Nähte dicht sind und das Muster perfekt passt, tritt einen Schritt zurück und genieße den Moment. Zu sehen, wie aus einer kahlen Wand ein lebendiger, schöner Raum geworden ist, ist einfach ein tolles Gefühl. Und das Strahlen in den Augen deines Kindes ist der beste Beweis, dass sich jede Minute der sorgfältigen Arbeit gelohnt hat. Ich wünsche dir ganz viel Erfolg und Freude bei deinem Projekt!

Bildergalerie








