Propolis-Tinktur selber machen: Die ehrliche Anleitung vom Profi (mit allen Tricks!)
Bevor wir loslegen, schließ mal für einen Moment die Augen. Stell dir den Geruch eines Bienenstocks an einem warmen Sommertag vor. Riechst du das? Diese Mischung aus süßem Honig, dem würzigen Duft von Wachs und… da ist noch was. Etwas Harziges, fast wie im Nadelwald nach einem Regenschauer. Genau das ist Propolis.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Was ist Propolis eigentlich? Ein kleiner Blick hinter die Kulissen
- 2 Die Inhaltsstoffe: Was steckt wirklich drin?
- 3 Anleitung: Deine eigene Propolis-Tinktur ansetzen
- 4 Anwendung – aber bitte mit Köpfchen!
- 5 STOP! Das musst du unbedingt vorher wissen
- 6 Fragen & Pannen: Dein kleiner Erste-Hilfe-Kasten
- 7 Ein letztes Wort…
- 8 Bildergalerie
Ich arbeite schon ewig mit Bienen und für mich ist dieser Geruch das pure Aroma von Gesundheit. Es ist quasi das Immunsystem des Bienenstocks, verpackt in einem klebrigen Harz. Und ich hab schon unzählige Gläser dieser Tinktur angesetzt – für die Familie, für Freunde, für alle, die auf die Kraft der Natur schwören. Aber ganz ehrlich: Man muss Respekt vor diesem Zeug haben. Es ist kein Allheilmittel, sondern ein hochwirksames Werkzeug aus der Apotheke der Bienen. In dieser Anleitung zeige ich dir, wie du es richtig machst, von Grund auf und ohne Schnickschnack.
Was ist Propolis eigentlich? Ein kleiner Blick hinter die Kulissen
Viele nennen es einfach „Bienenharz“ oder „Kittharz“, was auch nicht ganz falsch ist. Aber für die Bienen ist es so viel mehr. Stell es dir als ihren universellen Bau-, Desinfektions- und Konservierungsstoff vor. Die Bienen sammeln dafür Harze von Baumknospen – bei uns oft von Pappeln, Birken oder Nadelbäumen. Deshalb sieht und riecht Propolis je nach Region und Jahreszeit auch immer ein bisschen anders.

Manchmal ist es rötlich-braun und super klebrig, manchmal dunkler und spröder. Nimmst du mal ein Stück Rohpropolis in die Hand, merkst du das sofort. Bei Zimmertemperatur ist es zäh wie Kaugummi. Legst du es aber für eine Stunde ins Gefrierfach, wird es hart und brüchig wie Glas. Ein kleiner Trick der Natur, den wir uns später zunutze machen!
Wofür die Bienen das Wundermittel brauchen
Im Bienenstock ist Propolis überlebenswichtig. Die Bienen nutzen es für absolut geniale Dinge:
- Abdichten: Kleinste Ritzen im Stock werden damit lückenlos verschlossen. So schützt sich das Volk vor Zugluft, Nässe und ungebetenen Gästen.
- Desinfizieren: Das Flugloch, also der Eingang, wird mit einem hauchdünnen Propolis-Film überzogen. Jede Biene, die heimkehrt, läuft über diesen „Desinfektionsteppich“. So bleiben Keime und Pilze draußen. Der Bienenstock ist dadurch einer der sterilsten Orte, die es in der Natur gibt. Ziemlich clever, oder?
- Stabilisieren: Die filigranen Waben werden an den Rändern mit Propolis verstärkt, was der ganzen Konstruktion Stabilität verleiht.
- Einbalsamieren: Dringt ein Feind wie eine Maus in den Stock ein und wird von den Bienen getötet, können sie den Kadaver oft nicht abtransportieren. Was machen sie also? Sie mumifizieren ihn komplett mit Propolis! Das stoppt die Verwesung und verhindert die Ausbreitung von Krankheiten. Das allein zeigt schon, welche Power in diesem Stoff steckt.

Wie kommt der Imker an das Propolis?
Wir zwingen die Bienen natürlich nicht dazu. Wir nutzen einfach ihren natürlichen Bautrieb. Dafür legen wir ein spezielles Kunststoffgitter mit feinen Schlitzen oben auf die Waben. Die Bienen denken „Oh, hier zieht’s!“ und fangen sofort an, die Schlitze mit Propolis zu verkitten. Nach ein paar Wochen nehmen wir das volle Gitter, legen es in die Tiefkühltruhe, und danach lässt sich das gefrorene, spröde Propolis ganz einfach abklopfen. So bekommt man super reines Rohpropolis – die perfekte Grundlage für eine hochwertige Tinktur.
Die Inhaltsstoffe: Was steckt wirklich drin?
Okay, kleiner Abstecher in die Biochemie, aber keine Sorge, ich mache es kurz. Die genaue Zusammensetzung von Propolis schwankt immer ein bisschen – es ist ja ein reines Naturprodukt. Aber die Hauptdarsteller sind fast immer dieselben:
- Harze & Balsame (ca. 50%): Das ist der Kern der Sache, gesammelt von den Bäumen. Hier stecken die wichtigen Flavonoide und Phenole drin. Das sind die Stoffe, mit denen sich Pflanzen selbst vor Schädlingen und Krankheiten schützen. Die Bienen klauen sich sozusagen diesen Schutzschild.
- Wachs (ca. 30%): Die Bienen mischen ihr eigenes Wachs bei, um die Masse geschmeidig zu machen.
- Ätherische Öle (ca. 10%): Die sorgen für den würzigen Geruch und haben selbst eine starke Wirkung gegen Keime.
- Pollen & Spurenelemente (der Rest): Ein bisschen Blütenpollen und Mineralstoffe wie Zink oder Eisen sind auch immer mit dabei.
Wenn wir eine Tinktur ansetzen, wollen wir vor allem die Flavonoide und Phenole aus dem Harz herauslösen. Das sind die pflanzlichen Bodyguards, die stark antibakteriell, antiviral und entzündungshemmend wirken können. Wir leihen uns also quasi das Immunsystem der Pflanzen und Bienen.

Anleitung: Deine eigene Propolis-Tinktur ansetzen
So, jetzt wird’s praktisch. Eine gute Tinktur ist Handwerk. Es braucht gute Zutaten, Geduld und sauberes Arbeiten. Vergiss die ganzen „in 5 Minuten fertig“-Rezepte. Wir machen das hier richtig.
1. Deine Einkaufsliste (Zutaten & Werkzeuge)
Das Rohpropolis: Du brauchst etwa 100 Gramm reines Rohpropolis. Am besten kaufst du es direkt bei einem Imker. Wenn du keinen kennst, schau mal auf der Webseite vom Deutschen Imkerbund, da gibt es eine Imkersuche. Achte online darauf, dass es sauber und von groben Wachsresten befreit ist. Gutes Zeug riecht intensiv-aromatisch. Kostenpunkt: Rechne für 100g gutes Rohpropolis vom Imker mit ca. 15-25 Euro.
Der Alkohol – bloß nicht am falschen Ende sparen! Das ist der wichtigste Punkt. Wasser löst die wertvollen Harze nicht. Du brauchst hochprozentigen, reinen Alkohol. Den bekommst du in der Apotheke als unvergällten Trinkalkohol (Weingeist oder Primasprit). Meine klare Empfehlung: 70 % Vol.. Warum? Weil 70%iger Alkohol der perfekte Kompromiss ist. Er löst sowohl die harzigen als auch die wenigen wasserlöslichen Anteile und konserviert die Tinktur perfekt. Kostenpunkt: Für 500ml 70%igen Weingeist zahlst du in der Apotheke etwa 15-20 Euro.

Ganz ehrlich, bei meinem allerersten Versuch vor Ewigkeiten hab ich billigen Korn aus dem Supermarkt genommen und mich gewundert, warum das Ergebnis nur eine klebrige Enttäuschung war. Lektion gelernt: Spar nicht am Alkohol!
Die Werkzeuge: Keine Sorge, das meiste hast du wahrscheinlich schon zuhause.
- Ein sauberes, großes Schraubglas (z.B. ein Gurkenglas)
- Eine Küchenwaage
- Ein Mörser oder ein stabiler Gefrierbeutel und ein Nudelholz
- Ein feines Teesieb aus Metall
- Ungebleichte Kaffeefilter
- Dunkle Tropfflaschen zur Aufbewahrung (Braunglas ist super)
2. Die Vorbereitung – jetzt geht’s los!
Schritt 1: Propolis pulverisieren Leg das Rohpropolis am besten über Nacht ins Gefrierfach. Das gefrorene Harz ist spröde. Wickle es in ein altes Küchentuch, steck es in einen Gefrierbeutel und klopf es mit einem Hammer oder Nudelholz zu einem groben Pulver. Je feiner, desto besser lösen sich später die Wirkstoffe.
Schritt 2: Das richtige Mischverhältnis Wir setzen eine 20-prozentige Tinktur an – das ist der gängige Standard. Die Rechnung ist simpel: Für eine 20%ige Lösung nehmen wir 100 Gramm zerkleinertes Propolis auf 500 Milliliter 70%igen Alkohol.

Gib das Propolis-Pulver in dein sauberes Glas und gieß den Alkohol darüber. Du wirst sofort sehen, wie sich die Flüssigkeit golden färbt. Glas fest zuschrauben, fertig ist der Ansatz!
Kleiner Tipp für Anfänger: Traust du dich nicht gleich an eine große Menge? Starte eine Mini-Version in einem kleinen Marmeladenglas mit 10g Propolis und 50ml Alkohol. So siehst du, wie es funktioniert, ohne viel zu investieren.
3. Die Reifezeit – Geduld ist eine Tugend
Jetzt heißt es warten. Stell das Glas an einen warmen, dunklen Ort. Normale Zimmertemperatur ist perfekt. In den nächsten Wochen schüttelst du das Glas täglich kräftig durch, damit sich alles gut löst. Du kannst zusehen, wie die Tinktur von Tag zu Tag dunkler und intensiver wird.
Wie lange muss es ziehen? Aus meiner Erfahrung sind mindestens vier, besser noch sechs Wochen ideal. Länger schadet nicht, bringt aber auch nicht mehr viel. Nach dieser Zeit haben sich die meisten Wirkstoffe im Alkohol gelöst.

4. Das Filtern – der entscheidende, klebrige Schritt
Jetzt trennen wir die Spreu vom Weizen. Das braucht ein bisschen Sorgfalt, denn Propolis klebt und färbt extrem.
Schritt 1: Grob filtern Gieß die fertige Tinktur durch ein feines Teesieb in ein sauberes Gefäß. So fängst du die groben Harz- und Wachsreste ab. Drück die Masse im Sieb aber nicht wie ein Verrückter aus, sonst drückst du zu viele feine Wachspartikel durch, die den Feinfilter verstopfen.
Schritt 2: Fein filtern Nun kommt der Kaffeefilter. Leg ihn in einen Trichter und gieß die vorgefilterte Tinktur langsam hindurch. Und jetzt die ehrliche Warnung: Das kann Stunden dauern! Der Filter wird sich langsam zusetzen. Nicht ungeduldig werden und im Filter rumstochern. Wechsle ihn lieber bei Bedarf. Mach dir einen Kaffee und lass die Schwerkraft ihre Arbeit tun. Am Ende hast du eine klare, dunkelbraune Flüssigkeit ohne Schwebeteilchen. Herzlichen Glückwunsch, das ist deine fertige Tinktur!
Profi-Tipp zur Reinigung: Alle Werkzeuge bekommst du am besten mit reinem Alkohol oder etwas Speiseöl und einem Papiertuch sauber. Wasser und Seife sind hier absolut chancenlos.

5. Abfüllen & Lagern
Fülle die fertige Tinktur in dunkle Tropfflaschen ab. Das dunkle Glas schützt die wertvollen Inhaltsstoffe vor Licht. Beschriften nicht vergessen! An einem kühlen, dunklen Ort gelagert, ist die Tinktur dank des Alkohols problemlos mehrere Jahre haltbar.
Lohnt sich der Aufwand? Ein kurzer Kosten-Check: Du investierst ca. 30-45 € und bekommst dafür gut 500 ml hochkonzentrierte, selbstgemachte Tinktur. Zum Vergleich: Eine gekaufte 20%ige Tinktur kostet im Laden oft schon 10-15 € für eine winzige 20ml-Flasche. Die Rechnung geht also mehr als auf!
Anwendung – aber bitte mit Köpfchen!
Ich bin Imker, kein Arzt. Diese Tipps basieren auf traditioneller Anwendung und persönlicher Erfahrung. Bei ernsthaften Krankheiten ist der Gang zum Arzt oder Apotheker unerlässlich. Propolis ist eine Unterstützung aus der Natur, kein Ersatz für die Medizin.
- Bei Hautunreinheiten: Einen Tropfen unverdünnt mit einem Wattestäbchen gezielt auf einen Pickel tupfen. Es trocknet aus und bildet einen Schutzfilm.
- Bei Kratzen im Hals: Mit 10-15 Tropfen in einem halben Glas lauwarmem Wasser gurgeln. Das betäubt leicht und beruhigt die Schleimhäute.
- Bei gereiztem Zahnfleisch: Die betroffene Stelle vorsichtig betupfen oder den Mund mit der Gurgellösung spülen.
- Zur allgemeinen Stärkung: In der kalten Jahreszeit nehmen viele kurweise 15-20 Tropfen in etwas Wasser oder auf einem Löffel Honig ein, meist über drei Wochen.
Achtung, und das meine ich ernst: Propolis färbt Haut und Kleidung extrem gelb-braun! Ein Tropfen auf dein Lieblings-T-Shirt und der Fleck bleibt als ewige Erinnerung. Sei also vorsichtig bei der Anwendung.

STOP! Das musst du unbedingt vorher wissen
Natur bedeutet nicht automatisch harmlos. Propolis ist ein hochaktiver Stoff.
Das Allergierisiko ist real
Ein kleiner Teil der Menschen reagiert allergisch auf Propolis. Wenn du schon auf Bienenstiche, Honig oder bestimmte Balsame allergisch bist, ist die Gefahr größer.
Mach deshalb IMMER einen Allergietest: Gib einen Tropfen der Tinktur in deine Armbeuge und verreibe ihn leicht. Warte 24 Stunden. Wenn die Stelle rot wird, juckt oder Pusteln bildet – Finger weg! Dann darfst du Propolis auf keinen Fall verwenden.
Wer sollte Propolis meiden?
- Allergiker (logisch).
- Schwangere und Stillende: Es gibt keine Studien dazu, und die Tinktur enthält Alkohol. Also lieber lassen.
- Kleinkinder: Wegen des Alkohols und des Allergierisikos ungeeignet.
Fragen & Pannen: Dein kleiner Erste-Hilfe-Kasten
Hilfe, meine Tinktur ist trüb und milchig! Was tun? Das passiert meistens, wenn Wasser ins Spiel kommt oder der Alkoholgehalt zu niedrig war. Eine leichte Trübung ist normal, aber wenn sie richtig milchig ist, war der Alkohol wahrscheinlich nicht hochprozentig genug (unter 60%). Leider ist das kaum zu retten. Sieh es als Lernprozess für den nächsten Versuch!

Gibt es Propolis auch ohne Alkohol? Ja, man kann es auch in Öl lösen. Die Extraktion ist aber deutlich schwächer und die Haltbarkeit viel kürzer. Die alkoholische Tinktur ist und bleibt der Goldstandard, um wirklich alle wertvollen Stoffe herauszuholen.
Was mache ich mit dem klebrigen Rest aus dem Filter? Bloß nicht wegwerfen! Lass den Rückstand trocknen und forme kleine Kugeln daraus. Die duften fantastisch als natürliches Räucherwerk. Ein echter Geheimtipp!
Ein letztes Wort…
Wenn du dein erstes Fläschchen selbstgemachte Propolis-Tinktur in den Händen hältst, hast du ein echtes Stück Naturkraft geschaffen. Du hast einen Einblick in die geniale Welt des Bienenstocks bekommen und gelernt, eines seiner wertvollsten Produkte mit Sorgfalt zu verarbeiten. Nutze es genauso: mit Respekt und Bedacht. Dann wird es dir ein treuer Begleiter sein.
Bildergalerie


Der richtige Alkohol: Macht das wirklich einen Unterschied?
Ja, und zwar einen gewaltigen! Die Wahl des Alkohols entscheidet über die Qualität und Wirksamkeit Ihrer Propolis-Tinktur. Nicht jeder Schnaps aus dem Supermarkt ist geeignet. Entscheidend ist der hohe Alkoholgehalt, denn nur er kann die wertvollen Harze und Wachse vollständig aus dem Rohpropolis lösen. Unter 70 % Vol. bleiben viele wichtige Stoffe einfach ungelöst zurück. Deshalb greifen Profis und Apotheker zu unvergälltem Weingeist (Ethanol) mit 96 % Vol., oft als „Primasprit“ erhältlich. Er ist geschmacksneutral und garantiert eine maximale Extraktion.
Wussten Sie, dass die Farbe einer Propolis-Tinktur von sattem Goldgelb bis hin zu tiefem Rotbraun variieren kann?
Diese Farbvielfalt ist ein direktes Spiegelbild der Natur. Die Bienen sammeln Harze von unterschiedlichen Bäumen – je nachdem, ob sie in einem Pappel-, Birken- oder Nadelwald unterwegs sind. Die Jahreszeit und die spezifische Pflanzenvielfalt der Region prägen das Harz und damit auch das fertige Elixier. Eine dunklere Farbe deutet oft auf einen höheren Anteil an Flavonoiden und Phenolen hin, was viele Anwender besonders schätzen. Betrachten Sie jede Flasche also als einzigartigen „Jahrgang“ aus der Apotheke der Bienen.



