Städtereise im September? Warum das der genialste Monat ist und meine 3 Favoriten
Ich bin jetzt schon eine ganze Weile in Europa unterwegs, hab unzählige Kilometer auf dem Buckel. Und wenn es eine Sache gibt, die ich in all den Jahren gelernt habe, dann ist es diese: Der September ist der ehrlichste Reisemonat. Ganz ehrlich. Die brutale Sommerhitze ist durch, die riesigen Touristenmassen vom August sind wieder weg und die Städte können endlich mal durchatmen. Plötzlich spürst du wieder das echte Leben, nicht nur die Show für die Hauptsaison.
Inhaltsverzeichnis
Die Einheimischen sind entspannter, das Licht wird weicher, goldener. Für mich ist das die absolut beste Zeit, um eine Stadt wirklich kennenzulernen, ihr auf den Puls zu fühlen.
Immer wieder werde ich gefragt: „Wo soll’s denn im September hingehen?“ Und oft lande ich bei diesen drei Kandidaten, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Lissabon, das melancholische Juwel am Atlantik. Sevilla, das feurige Herz Andalusiens. Und Bologna, der kluge und unglaublich leckere Bauch Italiens. Das hier ist kein Standard-Reiseführer, sondern die Summe meiner Erfahrungen – es geht darum, warum diese Städte ticken, wie sie ticken.

Erstmal die Basics: Warum ausgerechnet September?
Bevor wir uns die Städte genauer ansehen, lass uns kurz klären, warum der September so eine gute Wahl ist. Das ist nämlich keine reine Geschmackssache, sondern hat handfeste Gründe.
Klimatisch ist es ein Traum. Stell dir vor, die Meere haben den ganzen Sommer Wärme getankt wie eine riesige Batterie. Im September geben sie diese Wärme langsam wieder ab, während die Luft schon abkühlt. Das Ergebnis? Perfektes T-Shirt-Wetter um die 25 Grad, aber ohne die drückende Schwüle vom Juli. Die Nächte sind wieder angenehm kühl, sodass man endlich wieder bei offenem Fenster schlafen kann. Regen ist in Südeuropa noch Mangelware.
Auch die Menschenmassen ändern sich. Die Familien sind weg, die Schulferien vorbei. Jetzt sind oft Paare, Alleinreisende oder kleine Gruppen unterwegs, die Kultur und gutes Essen suchen. Alles ist entspannter. Du hast mehr Platz im Museum, musst keine Stunde für ein Eis anstehen und findest auch mal spontan einen Platz im Restaurant. Das ist für mich ein riesiger Qualitätsgewinn.

Und, nicht ganz unwichtig: dein Geldbeutel wird es dir danken. Flüge und Hotels sind oft spürbar günstiger als im Hochsommer, ich würde mal schätzen so 20-30 %. Es ist nicht die billigste Zeit des Jahres (das ist eher der Spätherbst), aber der September bietet das absolut beste Preis-Leistungs-Verhältnis. Weniger zahlen für ein deutlich besseres Erlebnis – das nenne ich clever reisen.
Lissabon: Melancholie, Licht und verdammt gute Schuhe
Ich werde meine erste Ankunft in Lissabon nie vergessen. Später Nachmittag, die Sonne stand tief über dem Tejo und das Licht… es war fast silbern, reflektiert von den weißen Fassaden und dem Wasser. Allein dieses Licht ist die Reise wert.
Für Lissabon solltest du mindestens drei, besser vier volle Tage einplanen, um nicht nur von A nach B zu hetzen.
Praktische Tipps für den Start
Vom Flughafen in die Stadt? Nimm die Metro. Die rote Linie bringt dich direkt ins Zentrum. Günstig, schnell und kein Stress mit dem Verkehr. Hol dir am Automaten eine „Viva Viagem“-Karte. Das ist eine wiederaufladbare Karte für alle Öffis. Kleiner Tipp: Wähl am Automaten die Option „Zapping“ und lade einfach mal 10 oder 15 Euro drauf. Das reicht für die ersten Tage locker und ist viel einfacher als Einzeltickets. Eine Metrofahrt kostet damit dann unter 2 Euro.

Beim Thema Unterkunft: Such dir für den ersten Besuch am besten etwas in der Baixa oder im schicken Chiado, da bist du mittendrin. Wenn du es etwas ruhiger, aber trotzdem authentisch magst, schau dich mal im Viertel Graça um.
Überlebenstechniken für die sieben Hügel
Die berühmte Straßenbahn 28 ist ein Erlebnis, aber oft eine Sardinenbüchse und ein Paradies für Taschendiebe. Mein Rat: Fahr ganz früh morgens vor acht Uhr oder nimm die Linie 12. Die fährt eine ähnliche, kürzere Runde durch die Gassen von Alfama und ist meistens leerer. Gleiches Feeling, null Stress.
Aber Achtung! Der wichtigste Ausrüstungsgegenstand für Lissabon sind deine Schuhe. Die Gehwege, die „Calçada Portuguesa“, bestehen aus kleinen, oft glatt polierten Kalksteinwürfeln. Wenn die auch nur ein bisschen nass werden, verwandeln sie sich in eine Eisfläche. Unbedingt Schuhe mit einer griffigen Gummisohle einpacken! Dazu vielleicht eine leichte Jacke für die frische Atlantikbrise am Abend.
Die großen Sehenswürdigkeiten – clever angehen
Klar, Belém mit dem Turm und dem Hieronymuskloster muss man gesehen haben. Aber kauf deine Tickets unbedingt vorher online auf der offiziellen Seite, sonst stehst du ewig an. Danach pilgern alle zu „Pastéis de Belém“ für die berühmten Puddingtörtchen. Die sind gut, keine Frage. Aber fast genauso gute „Pastéis de Nata“ findest du in der ganzen Stadt für 1 bis 1,50 Euro das Stück. Halte einfach Ausschau nach einer Bäckerei (Pastelaria), in der viele Einheimische stehen.

Das Castelo de São Jorge thront über der Stadt und der Eintritt ist mit rund 15 Euro nicht ohne. Du zahlst hier vor allem für die grandiose Aussicht, die Burg selbst ist eher eine Ruine. Wenn du dir das Geld sparen willst: Die Aussicht von den „Miradouros“ (Aussichtspunkten) wie dem „Miradouro da Senhora do Monte“ ist kostenlos und fast genauso atemberaubend.
Essen und Sicherheit
Meide die Restaurants in der Haupt-Touristenmeile Rua Augusta, wo Kellner mit bunten Speisekarten wedeln. Geh in die Seitenstraßen, suche eine kleine „Tasca“. Dort, wo es einfach aussieht und voll ist, isst du authentisch. Ein gutes Abendessen kostet dich hier 15 bis 25 Euro. Probier unbedingt eine „Bifana“, ein simples, aber geniales Brötchen mit mariniertem Schweinefleisch.
Eine ernste Warnung zum Schluss: Taschendiebstahl ist ein Thema. Besonders in der Tram 28 und im Gedränge. Rucksack nach vorne, Wertsachen eng am Körper und nicht ablenken lassen. Die arbeiten oft in Teams.

Sevilla: Wo die Siesta heilig und die Nächte lang sind
Wenn ich an Sevilla denke, spüre ich die Hitze auf der Haut. Selbst im September klettert das Thermometer hier locker über 30 Grad. Diese Stadt hat einen ganz eigenen Rhythmus, den die Sonne vorgibt. Wer hier mit deutscher Effizienz durchpowern will, scheitert kläglich.
Plane für Sevilla mal drei Tage ein. Das gibt dir genug Zeit, auch mal eine ausgedehnte Pause in der Mittagshitze zu machen, ohne das Gefühl zu haben, etwas zu verpassen.
Der lokale Rhythmus ist alles
Mach es wie die Sevillanos: Vormittags aktiv sein, von etwa neun bis ein Uhr. Wenn die Sonne am höchsten steht, ziehst du dich zurück. Mach eine Siesta, lies ein Buch im kühlen Hotelzimmer. Erst am späten Nachmittag geht es wieder raus. Dann erwacht die Stadt zu einem zweiten Leben, das bis tief in die Nacht pulsiert.
Das historische Zentrum ist super kompakt, du kannst alles zu Fuß machen. Ein Auto ist hier die reinste Hölle. Lass es am Stadtrand stehen.

Monumente, die dich sprachlos machen
Die Kathedrale und der Alcázar-Palast sind absolute Pflicht. Aber hier gilt noch mehr als in Lissabon: KAUF DEINE TICKETS WOCHEN IM VORAUS ONLINE! Ich habe Leute gesehen, die stundenlang in der prallen Sonne gewartet haben. Der Eintritt für den Alcázar liegt bei etwa 15 Euro, aber die sind es absolut wert. Im Glockenturm der Kathedrale, der Giralda, gehst du übrigens keine Treppen, sondern 35 breite Rampen hoch. So konnte der Muezzin damals zu Pferd nach oben reiten. Ziemlich clever, oder?
Die Seele Andalusiens spüren
Sevilla ist die Wiege des Flamenco. Vergiss die großen Touri-Dinner-Shows. Such dir im Viertel Triana einen winzigen „Tablao“, eine kleine Bar, wo es eng und laut ist und du die Leidenschaft der Tänzer fast körperlich spürst. Das ist „Duende“ – eine intensive, fast schmerzhafte Schönheit.
Und dann die Tapas. Man geht von Bar zu Bar, trinkt eine „Caña“ (kleines Bier für 1,50-2 Euro) und isst eine Kleinigkeit (Tapas kosten meist 3-5 Euro). Jede Bar hat ihre Spezialität. Probier unbedingt „Espinacas con Garbanzos“ (Spinat mit Kichererbsen) oder „Solomillo al Whisky“ (Schweinefilet in Whiskysauce). Ein Abend, an dem du dich so durchfutterst, kostet dich vielleicht 20 bis 30 Euro.

Gut zu wissen: Nimm nichts von Frauen an, die dir auf der Straße Rosmarinzweige in die Hand drücken wollen. Das ist ein Trick, um dir Geld für eine angebliche Segnung aus der Tasche zu ziehen. Ein klares „No, gracias“ und weitergehen.
Was in den Koffer muss? Leichte Leinenkleidung, ein Hut und eine wiederverwendbare Wasserflasche sind hier keine Accessoires, sondern Überlebensausrüstung.
Bologna: Schlaue Köpfe und volle Bäuche
Bologna steht oft im Schatten von Florenz oder Venedig, und genau das ist ihr großes Glück. Die Stadt ist echter, bodenständiger. Sie hat drei Spitznamen: „la Dotta“ (die Gelehrte – wegen der ältesten Uni der westlichen Welt), „la Grassa“ (die Fette – wegen des Essens, oh ja!) und „la Rossa“ (die Rote – wegen der Ziegeldächer).
Für Bologna selbst reichen zwei volle Tage. Wenn du aber kulinarische Ausflüge nach Parma oder Modena planst, nimm dir lieber vier.
Das Geheimnis der Arkaden
Das Besondere an Bologna sind die fast 40 Kilometer langen Arkadengänge, die „Portici“. Du kannst bei fast jedem Wetter durch die ganze Stadt laufen, ohne nass zu werden oder in der prallen Sonne zu braten. Ein einzigartiges Gefühl!

Aber Achtung, Autofahrer! Fahr auf keinen Fall ins historische Zentrum. Überall sind Kameras für die verkehrsberuhigte Zone (ZTL). Das wird richtig teuer, die Strafzettel kommen zuverlässig per Post nach Hause. Ich kenne jemanden, der das ignoriert hat – die Strafe war saftig. Parke außerhalb und geh zu Fuß.
Das Herz von Bologna schlägt in der Küche
Jetzt kommt der wichtigste Tipp für Bologna, vielleicht für ganz Italien. Tu dir und den Einheimischen einen riesigen Gefallen: Bestelle NIEMALS „Spaghetti Bolognese“. Das Gericht existiert hier nicht. Es ist eine Erfindung aus dem Ausland. Was du wirklich willst, heißt „Tagliatelle al Ragù“ – frische Eierbandnudeln mit einer langsam gekochten, himmlischen Fleischsoße.
Deine kulinarische To-Do-Liste für Bologna sollte so aussehen:
- Tagliatelle al Ragù: Das Original. Ein Teller in einer guten Trattoria kostet dich 12 bis 18 Euro.
- Tortellini in Brodo: Winzige, gefüllte Teigtaschen in einer kräftigen Brühe. Seelenfutter pur.
- Mortadella & Prosciutto: Besuch den Quadrilatero, das alte Marktviertel, und lass dir eine Platte zusammenstellen.
Dazu passt übrigens ein Glas Pignoletto, ein lokaler Perlwein. Ein richtig gutes Abendessen wird dich hier zwischen 30 und 40 Euro kosten, aber jeden Cent wert sein.

Noch ein kleiner Pack-Tipp am Rande: Bequeme Schuhe für die Arkaden sind logisch. Aber das wirklich Wichtigste ist eine Hose mit etwas Stretch. Du wirst mir später danken!
Ein letztes Wort…
Lissabon, Sevilla, Bologna. Drei Städte, drei ganz eigene Welten. Lissabon verlangt gute Sohlen und einen Sinn für das Schöne im Verfall. Sevilla fordert Geduld mit der Hitze und die Lust auf lange Nächte. Bologna verlangt einen offenen Geist und vor allem einen guten Appetit.
Reisen ist für mich wie ein Handwerk. Man braucht Vorbereitung, das richtige Werkzeug und die Neugier, dazuzulernen. Die besten Momente erlebe ich nie, wenn ich eine Liste abarbeite. Sondern wenn ich mich einfach mal eine Stunde in ein Café setze und die Leute beobachte. Wenn ich über einen Markt schlendere. Wenn ich mich absichtlich in den kleinen Gassen verlaufe. Das sind die Dinge, die am Ende hängen bleiben.
Bildergalerie


Der Lagenlook ist dein bester Freund: Die September-Sonne wärmt tagsüber noch kräftig, doch sobald sie untergeht, kühlt die Luft merklich ab. Der Schlüssel zum Komfort ist Zwiebelprinzip. Eine leichte Jacke (Jeans oder Blouson), ein hochwertiger Schal aus Baumwolle oder Kaschmir und geschlossene Schuhe sind unerlässlich. So bist du für einen sonnigen Nachmittag im Park von Sevilla genauso gewappnet wie für einen kühlen Abend am Tejo-Ufer in Lissabon.

„Laut Eurostat sinkt die Zahl der touristischen Übernachtungen in der EU von August auf September oft um mehr als 20 %.“
Was bedeutet das für dich? Ganz einfach: kürzere Schlangen vor dem Torre de Belém, mehr Platz in den Uffizien, falls du einen Abstecher von Bologna nach Florenz machst, und die Chance, den perfekten Tisch in einer Tapas-Bar ohne Reservierung zu ergattern. Du erlebst die Stadt, nicht die Warteschlange.

Das Licht der Fotografen…
Die „goldene Stunde“ im September ist pure Magie. Da die Sonne bereits tiefer am Horizont steht als im Hochsommer, taucht sie die ockerfarbenen Fassaden Sevillas und die terrakottafarbenen Dächer Bolognas in ein unglaublich weiches, warmes Licht. Die Schatten sind länger, die Kontraste stärker. Selbst mit dem Smartphone gelingen jetzt Bilder, die eine fast melancholische, malerische Atmosphäre einfangen. Ein Tipp: Fotografiere gegen die tiefstehende Sonne, um Silhouetten und faszinierende Lichteffekte zu erzeugen.

- Frische Feigen, direkt vom Markt in Lissabon
- Die ersten Steinpilze (Funghi Porcini) in den Trattorien von Bologna
- Süße, sonnengereifte Trauben als Snack in Andalusien
Der September ist nicht nur eine Reisezeit, sondern auch eine Erntezeit. Achte auf die saisonalen Spezialitäten auf den Speisekarten – sie verraten dir mehr über die Seele der Region als jeder Reiseführer.

Spontan buchen: Die große Welle der Sommerurlauber ist vorbei. Fluggesellschaften wie Ryanair oder Eurowings haben oft noch freie Kapazitäten und bieten kurzfristig attraktive Preise an, um die Maschinen zu füllen.
Früh planen: Besonders beliebte Boutique-Hotels oder gut bewertete Airbnbs in den Altstädten sind auch im September gefragt. Wer hier 2-3 Monate im Voraus bucht, sichert sich die besten Zimmer mit dem schönsten Ausblick.
Für die perfekte Mischung: Flug flexibel, Unterkunft mit Bedacht wählen.

Muss ich im September alles reservieren?
Gute Frage! Anders als im August, wo ohne Reservierung fast nichts geht, ist der September deutlich entspannter. Für die Top-Sehenswürdigkeit wie den Alcázar in Sevilla lohnt sich ein Online-Ticket immer noch, um Wartezeiten zu umgehen. Aber für das Abendessen? Probiere es ruhig spontan. Du wirst überrascht sein, wie oft du in authentischen, kleinen Lokalen abseits der Hauptrouten noch einen Platz findest – genau dort, wo auch die Einheimischen essen gehen.

Der richtige Schuh ist auf einer Städtereise die halbe Miete. Vergiss unbequeme Sandalen oder schwere Stiefel. Der Trend geht klar zu stylishen und gleichzeitig extrem bequemen Sneakern, die vom Museumsbesuch direkt ins schicke Restaurant mitgenommen werden können.
- Atmungsaktivität: Modelle aus Leinen oder mit Mesh-Einsätzen sind ideal für noch warme Tage.
- Dämpfung: Eine gute Sohle, wie bei Modellen von On Running oder Allbirds, schont die Gelenke auf dem Kopfsteinpflaster von Lissabon.
- Vielseitigkeit: Ein schlichtes, cleanes Design in Weiß, Schwarz oder Beige passt zu jedem Outfit.

A Fado é a alma de Lisboa. (Der Fado ist die Seele Lissabons.)
Wichtiger Punkt: Auch wenn es tagsüber sommerlich ist, schließen viele Freibäder oder Strandclubs (Lidos) in Südeuropa pünktlich Anfang oder Mitte September. Informiere dich vorher online, wenn ein Tag am Wasser fest eingeplant ist. Die gute Nachricht: Das Meer ist noch herrlich warm vom Sommer und die öffentlichen Strände sind zugänglich und wunderbar leer.




