Ziegelwand freilegen? Der ehrliche Guide, der dir sagt, was im Baumarkt niemand verrät
Ich seh das ja ständig. Junge Leute kommen in die Werkstatt, die Augen leuchten, in der Hand ein Bild aus einem Wohnmagazin. Und was ist fast immer drauf? Genau, eine freigelegte Ziegelwand. Sie soll Wärme ausstrahlen, Charakter haben, Geschichte erzählen. Versteh ich total. So eine ehrliche, massive Wand hat einfach was. Aber ich sehe auch die rosarote Brille, durch die viele das Projekt betrachten. Die Vorstellung ist oft: Putz abkloppen, bisschen bürsten, fertig ist die Laube. Tja, die Realität im Handwerk sieht meistens ein bisschen anders aus, staubiger und, ehrlich gesagt, auch anstrengender.
Inhaltsverzeichnis
Nach unzähligen Sanierungen und Jahren, in denen ich mein Wissen weitergegeben habe, will ich hier mal kein Märchen erzählen. Stattdessen gibt’s von mir die knallharten Fakten aus der Praxis. Wir schauen uns an, was wirklich unter dem Putz lauert, welche Technik du brauchst und was der Spaß am Ende wirklich kostet und wie lange er dauert. Damit du eine Entscheidung triffst, die für dich und dein Zuhause passt.

Bevor du den Hammer schwingst: Der Realitäts-Check
Okay, das hier ist der wichtigste Teil. Kein Witz. Was du jetzt prüfst, entscheidet darüber, ob du am Ende stolz vor deiner Traumwand stehst oder vor einem teuren Sanierungsfall. Ein echter Profi stürmt niemals blind los.
Die Gretchenfrage: Trägt die Wand dein Haus oder nur die Tapete?
Fass niemals eine Wand an, deren Job du nicht kennst. Ist sie tragend? Stützt sie vielleicht die Decke über dir? Das kannst du als Laie oft nicht sicher sagen. An einer tragenden Wand einfach den Putz abzuschlagen, kann die Statik beeinflussen, denn auch Putz hat eine gewisse aussteifende Wirkung, besonders bei älterem Gemäuer. Wenn du auch nur den geringsten Zweifel hast, ist der Anruf bei einem Statiker Pflicht. Der wirft einen Blick in die Pläne und auf die Wand selbst.
Gut zu wissen: So ein Kurz-Check vom Statiker vor Ort kostet dich meist zwischen 150 € und 300 €. Das ist verdammt gut investiertes Geld, wenn man bedenkt, was ein Strukturschaden am Haus kostet.

Der Blick unter den Rock: Die Probefläche
Die harte Wahrheit ist: Nicht jede Ziegelwand ist eine Schönheit. Unter dem Putz kann ein echtes Flickwerk lauern – Bauschutt, Ziegelreste, lieblos eingestemmte Rohre oder schnell geflickte Kriegsschäden. Such dir eine unauffällige Stelle, vielleicht hinter einer Tür oder da, wo später der Kleiderschrank steht. Dort legst du ganz vorsichtig eine kleine Fläche von etwa 50×50 cm frei. Das reicht, um die Qualität der Ziegel, das Fugenbild und mögliche Überraschungen zu sehen. Diese kleine Mühe kann dich davor bewahren, eine ganze Wand freizulegen, die am Ende einfach nur furchtbar aussieht.
Vorsicht, Giftzwerge! Alte Bausubstanz und ihre Tücken
Gerade in Häusern, die vor den 80er-Jahren gebaut wurden, ist Achtsamkeit geboten. In alten Putzen, Spachtelmassen oder Farben können unschöne Dinge stecken. Bleifarbe war früher normal und in manchen Leichtbauplatten oder Putzen aus den 60ern und 70ern kann sogar Asbest lauern. Wenn du das Zeug unsachgemäß runterreißt, setzt du hochgefährliche Stoffe frei. Bei Verdacht gilt: Finger weg und eine Probe von einem Fachlabor untersuchen lassen. Das kostet dich etwa 50 € bis 100 € und gibt dir absolute Sicherheit. Deine Gesundheit ist unbezahlbar.

Der unsichtbare Feind: Feuchtigkeit
Eine Ziegelwand ist super darin, die Luftfeuchtigkeit im Raum zu regulieren – man sagt, sie „atmet“. Aber sie ist kein Wundermittel gegen ein Feuchtigkeitsproblem. Im Gegenteil: Eine freigelegte Wand macht das Problem erst so richtig sichtbar. Prüf die Wand auf feuchte Stellen oder weiße, kristalline Ausblühungen (Salpeter). Kommt die Nässe von außen oder steigt aus dem Fundament hoch? Eine freigelegte, feuchte Wand wird immer Ärger machen: Sie schimmelt, der Mörtel bröckelt und sie strahlt eine ungemütliche Kälte aus. Hier muss zuerst die Ursache beseitigt werden, und das ist ein Job für eine Fachfirma.
Die Wahrheit über den Dreck: Technik, Werkzeug und der wahre Aufwand
Wenn alle Checks grünes Licht geben, geht’s los. Und das bedeutet: Es wird laut, staubig und verdammt anstrengend. Das ist ehrliche Knochenarbeit. Gute Vorbereitung und das richtige Werkzeug entscheiden hier über alles.
Sicherheit ZUERST: Dein Schutz vor Staub und Lärm
Der Staub, der hier entsteht, ist kein normaler Hausstaub. Das ist feiner Mineralstaub, der Quarz enthalten kann und richtig fies für die Lunge ist. Die sogenannte Staublunge ist eine unheilbare Berufskrankheit bei Bauleuten – das willst du nicht. Also, tu dir selbst den Gefallen:

- Atemschutzmaske: Eine FFP3-Maske ist das absolute Minimum. Kauf direkt einen 10er-Pack für rund 20-30 €, hier wird nicht gespart!
- Schutzbrille und Gehörschutz: Deine Augen und Ohren werden es dir danken.
- Den Raum abriegeln: Nutze Staubschutztüren mit Reißverschluss (gibt’s im Baumarkt) und klebe alle Türritzen zum Rest der Wohnung ab. Ein guter Bau-Staubsauger (Klasse M) saugt den Dreck direkt am Meißel ab und hilft enorm.
Die Werkzeug-Checkliste für deinen Einsatz
Vergiss den riesigen Vorschlaghammer, du willst ja renovieren, nicht abreißen. Hier ist deine Einkaufsliste:
Leih dir im Baumarkt einen leichten bis mittelschweren Bohrhammer. Das kostet dich pro Tag etwa 40 €. Stell ihn auf die reine Meißelfunktion. Dazu brauchst du einen breiten Flachmeißel. Für die Feinarbeiten in Ecken und Kanten sind ein klassischer Handmeißel und ein kleiner Hammer (Fäustel) Gold wert, weil du viel mehr Gefühl hast. Leg dir außerdem harte Drahtbürsten und schmale Spachtel oder Fugenkratzer bereit. Und ganz wichtig: Kauf stabile Bauschuttsäcke, nicht die dünnen gelben Dinger, die sofort reißen.

Schritt für Schritt durch den Staub
1. Das Grobe muss weg: Setz den Flachmeißel möglichst flach an und versuche, den Putz in großen Platten von der Wand zu hebeln. Arbeite von oben nach unten und mit Geduld. Rohe Gewalt macht nur Dellen in die schönen Ziegel.
2. Fugen auskratzen: Jetzt kommt die meditative Fleißarbeit. Mit Handwerkzeug kratzt du die Fugen etwa 1 bis 2 Zentimeter tief aus. Das ist entscheidend für ein sauberes, späteres Fugenbild.
3. Reinigung: Zuerst wird alles trocken abgebürstet. Danach kannst du mit wenig (!) Wasser und einer Wurzelbürste nacharbeiten. Aber Achtung: Ertränke die Wand nicht! Zu viel Wasser löst Salze aus den Ziegeln und führt zu neuen Ausblühungen.
Übrigens, was den Zeitaufwand angeht: Rechne mal realistisch. Für eine typische Wand von 10 Quadratmetern planst du als Anfänger locker ein komplettes, lautes und dreckiges Wochenende ein. Eher mehr. Und der ganze Schutt? Das ist Bauschutt und der muss fachgerecht entsorgt werden. Frag bei deinem lokalen Wertstoffhof nach den Kosten und Bedingungen.

Umgang mit „Narben“ und Schäden
Selten ist eine alte Wand perfekt. Und das ist auch gut so, denn die „Narben“ erzählen eine Geschichte. Kaputte Ziegel kann man vorsichtig ausstemmen und durch passende ersetzen (schau mal bei Händlern für historische Baustoffe). Kleine Bohrlöcher füllst du einfach mit Fugenmörtel. Wenn die Wand aber nach dem Freilegen sehr unruhig und fleckig aussieht, weil über die Jahrzehnte viel geflickt wurde, gibt es einen super Trick: die Kalkschlämme. Das ist ein hauchdünner Anstrich aus Kalk, der die unterschiedlichen Farben beruhigt und ein einheitlicheres Bild schafft, aber die wunderbare Ziegelstruktur trotzdem durchscheinen lässt.
Das Finish: So bleibt die Wand schön und atmungsaktiv
Eine freigelegte Wand ist nach dem Reinigen nicht fertig. Sie ist rau, staubt und ist extrem empfindlich. Ohne eine Endbehandlung rieselt dir ständig feiner, roter Staub auf den Boden und jeder Spritzer hinterlässt einen Fleck für die Ewigkeit.
Das A und O: Die Wand muss atmen können!
Das ist der wichtigste Punkt für dein Raumklima. Eine Ziegelwand kann Feuchtigkeit aus der Luft aufnehmen und wieder abgeben. Versiegelst du sie mit Lack oder einer dichten Dispersionsfarbe, sperrst du die Feuchtigkeit ein. Das Ergebnis? Im schlimmsten Fall Schimmel hinter der schönen neuen Oberfläche. Jede Behandlung muss also „diffusionsoffen“ oder „atmungsaktiv“ sein.

Welches Mittel für welchen Zweck?
Hier gibt es keine Universallösung, es kommt drauf an, was du willst. Hier sind die gängigsten Optionen im Überblick:
- Tiefengrund: Die einfachste Basis, um den Staub zu binden. Achte auf ein lösungsmittelfreies Produkt auf Wasserbasis. Reicht oft aber nicht als alleiniger Schutz. Kostet pro Quadratmeter nur wenige Euro.
- Wasserglas (Kaliwasserglas): Das ist mein persönlicher Favorit für ein ehrliches, unverwüstliches Ergebnis. Ein altes, mineralisches Mittel, das in den Ziegel eindringt und mit ihm eine chemische Verbindung eingeht (Verkieselung). Die Oberfläche wird steinhart, bleibt aber zu 100 % atmungsaktiv. Die Verarbeitung braucht etwas Übung, aber das Resultat hält ewig.
- Spezielle Steinversiegelungen: Die moderne, anwenderfreundliche Alternative. Gibt’s im Fachhandel auf Wasserbasis, sind meist unsichtbar und erhalten die natürliche Optik. Achte auf den Vermerk „diffusionsoffen“. Etwas teurer, aber unkompliziert.
- Kalk- oder Silikatfarben: Perfekt, wenn du die Wand farbig gestalten willst, ohne sie zu ersticken. Ideal für den oben erwähnten geschlämmten Look.
Mein Tipp: Probiere jedes Mittel immer zuerst an einer unauffälligen Stelle aus. Jedes Produkt verändert die Farbe des Ziegels ein kleines bisschen. So gibt es keine bösen Überraschungen.

Praktische Tipps für den Alltag mit deiner neuen Wand
So eine Ziegelwand ist nicht nur Deko, sie verändert auch ein paar Dinge im täglichen Leben.
Ganz ehrlich: Als Wärmedämmung ist eine massive Ziegelwand, besonders an einer Außenmauer, eher schlecht. Du wirst im Winter mehr Heizkosten haben. Dafür ist sie ein fantastischer Schallschlucker – Gespräche aus dem Nachbarraum werden deutlich leiser. Und was die Wärme im Sommer angeht, speichert die massive Wand die Kühle der Nacht und gibt sie tagsüber langsam ab, was für ein angenehmes Klima sorgt.
Ein Bild aufhängen? Geht natürlich, aber du brauchst eine gute Bohrmaschine, Steinbohrer und die passenden Dübel. Das Verlegen von Kabeln wird aufwändiger – entweder man fräst vorsichtig die Fugen aus oder entscheidet sich bewusst für eine Aufputz-Installation im Industrial-Look.
Die 3 häufigsten Fehler, die ich immer wieder sehe…
Wenn ich drei Dinge nennen müsste, die immer wieder schiefgehen, dann sind es diese:
1. Der Rambo-Ansatz: Leute, die mit einem zu schweren Bohrhammer und zu viel Kraft drangehen. Das Ergebnis sind zerbröselte Ziegel und mehr Arbeit bei der Reparatur.

2. Der falsche Mörtel: Eine alte Kalkmörtelfuge mit hartem Zementmörtel zu flicken ist ein Kardinalfehler. Der starre Zement leitet Spannungen in die weicheren Steine, was zu Rissen führt. Immer Gleiches mit Gleichem reparieren!
3. Die falsche Versiegelung: Aus Unwissenheit eine günstige, aber diffusionsdichte Farbe zu nehmen und die Wand damit quasi in Plastik zu hüllen. Das ruiniert die bauphysikalischen Vorteile der Wand komplett.
Ein letztes Wort aus der Werkstatt
Eine freigelegte Ziegelwand ist ein fantastisches Gestaltungselement. Sie bringt Seele und Geschichte in einen Raum. Aber sie ist eben kein schnelles DIY-Projekt für einen Nachmittag. Es erfordert Respekt vor dem alten Material, ein bisschen Wissen und viel saubere Arbeit.
Wenn du es aber richtig angehst, mit Geduld und der nötigen Sorgfalt, wirst du am Ende mit etwas Einzigartigem belohnt. Eine Wand, die nicht nur gut aussieht, sondern auch die nächsten Jahrzehnte überdauert. Ein echtes Stück Handwerk bei dir zu Hause.
Bildergalerie


Der richtige Mörtel: Nicht jeder Fugenmörtel ist für altes Mauerwerk geeignet. Zementbasierte Mörtel sind oft zu hart und nicht diffusionsoffen. Das kann dazu führen, dass Feuchtigkeit im Stein eingeschlossen wird und die Ziegel bei Frost abplatzen. Setzen Sie auf traditionellen Kalkmörtel, wie ihn zum Beispiel Tubag oder Sakret anbieten. Er ist flexibler und lässt die Wand atmen – ein Muss für ein gesundes Raumklima.

- Dramatische Spotlights von oben, die die raue Textur betonen.
- Eine indirekte LED-Lichtleiste am Boden für einen schwebenden Effekt.
- Warme Lichtfarben (unter 3000 Kelvin), um den rötlichen Ton der Ziegel zu unterstreichen.
Das Geheimnis einer beeindruckenden Ziegelwand? Selten die Wand allein, sondern fast immer das Licht, das auf sie fällt.


Wussten Sie schon? Eine typische Ziegelwand aus dem frühen 20. Jahrhundert kann bis zu 5% ihres Eigengewichts an Feuchtigkeit aufnehmen und wieder abgeben, was zur natürlichen Regulierung der Luftfeuchtigkeit im Raum beiträgt.

Hilfe, weiße Flecken an der Wand!
Keine Panik, das sind wahrscheinlich Salzausblühungen (Salpeter). Sie entstehen, wenn im Mauerwerk gelöste Salze mit dem Wasser an die Oberfläche transportiert werden und dort kristallisieren. Der erste Schritt ist, die Wand trocken zu bürsten. Bei hartnäckigen Fällen helfen spezielle Salpeterentferner aus dem Fachhandel. Wichtig: Die Ursache der Feuchtigkeit muss geklärt werden, sonst kommt das Problem immer wieder.

Der finale Schritt, der oft unterschätzt wird, ist die Versiegelung. Sie bindet den Staub, schützt vor Verschmutzung und erleichtert die Reinigung. Doch welche wählt man?
Matte Versiegelung: Bewahrt den ursprünglichen, rauen Look und ist kaum sichtbar. Ideal für Puristen. Ein Produkt wie der „Fila MP90 Eco Xtreme“ schützt, ohne zu glänzen.
Farbvertiefende Versiegelung („Wet-Look“): Intensiviert die Farben der Ziegel und Fugen, als wären sie feucht. Schafft einen kräftigen, satten Look, kann aber auch schnell künstlich wirken.


Der Staub ist dein Feind: Das Freilegen einer Ziegelwand ist keine saubere Angelegenheit. Um zu verhindern, dass feiner Ziegelstaub monatelang in jeder Ritze hängt, ist eine professionelle Staubschutztür mit Reißverschluss eine Goldinvestition. Kleben Sie angrenzende Türritzen zusätzlich mit Malerkrepp ab und schalten Sie, wenn möglich, einen Luftreiniger mit HEPA-Filter im Raum ein.

- Rohes Holz: Altholzbalken oder ein massiver Eichentisch.
- Schwarzer Stahl: Regale, Lampen oder Fensterrahmen im Industrie-Look.
- Samt & Leinen: Weiche Textilien als warmer, sinnlicher Kontrapunkt zur Härte des Steins.
- Beton: Ein polierter Betonboden schafft einen urbanen Loft-Charakter.


Ihnen ist der klassische Backstein-Look zu dominant oder zu unruhig? Eine Schlämmverfugung oder ein Kalk-Anstrich ist die elegante Lösung. Dabei wird eine dünne Mörtelschicht auf die Wand aufgetragen und teilweise wieder abgewischt. Das Ergebnis ist eine hellere, weichere Optik, bei der die Ziegelstruktur subtil durchscheint – perfekt für einen skandinavischen oder mediterranen Einrichtungsstil.

„Die ehrlichsten Materialien brauchen keine Verkleidung. Ein Ziegel ist ein Ziegel. Seine Schönheit liegt in seiner Funktion und seiner Geschichte.“ – Frei nach dem Architekten Louis Kahn
Jede Macke, jeder Farbunterschied im Stein erzählt von der Vergangenheit des Hauses. Anstatt eine „perfekte“ Wand anzustreben, feiern Sie diese Unvollkommenheiten. Sie sind der wahre Charakter, den Sie mit keiner Tapete der Welt kaufen können.


Die Alternative ohne Abriss: Riemchen. Das sind dünne Ziegelscheiben, die wie Fliesen auf eine bestehende Wand geklebt und anschließend verfugt werden. Ideal, wenn die Bausubstanz eine Freilegung nicht zulässt oder der Aufwand gescheut wird. Hersteller wie „Klinker-Riemchen“ bieten unzählige Farben und Oberflächen, sogar aus recycelten Original-Ziegeln für den authentischen Look.

Und was ist mit Steckdosen und Schaltern?
Eine gute Frage, die man sich vor dem ersten Hammerschlag stellen sollte. Die alten Unterputzdosen sind nach dem Entfernen des Putzes oft unbrauchbar. Für eine saubere Installation müssen passende Dosen für Mauerwerk (z.B. von Kaiser) mit Mörtel in die Wand eingesetzt werden. Das ist ein Job für den Elektriker und sollte im Budget eingeplant werden, um unschöne Aufputz-Lösungen zu vermeiden.

Achtung, Schallbrücke: Eine nackte Ziegelwand ist hart und glatt – ideale Bedingungen, um Schall zu reflektieren. In einem minimalistisch eingerichteten Raum kann das zu einem unangenehmen Hall führen. Planen Sie von Anfang an schallabsorbierende Elemente ein: einen dicken Teppich, schwere Vorhänge, große Polstermöbel oder sogar spezielle Akustikbilder.


- Den falschen, zu harten Mörtel zum Ausfugen verwenden.
- Die Ziegeloberfläche mit einem Hochdruckreiniger oder einer zu harten Bürste beschädigen.
- Auf die finale Versiegelung verzichten und sich über ständigen Staub an Händen und Kleidung ärgern.

Der Look einer Ziegelwand wird maßgeblich von der Fugenfarbe bestimmt. Sie macht fast 30% der sichtbaren Fläche aus! Ein heller, fast weißer Fugenmörtel lässt die einzelnen Steine wie ein Mosaik hervortreten und wirkt modern. Ein grauer oder sandfarbener Ton tritt optisch zurück und erzeugt ein rustikaleres, ruhigeres Gesamtbild. Kaufen Sie kleine Probemengen und testen Sie die Wirkung an einer unauffälligen Stelle.


Über 70% der Bausubstanz in deutschen Innenstädten, die vor 1948 errichtet wurde, besteht aus Ziegelmauerwerk. Eine enorme Ressource an potenziellen Charakterwänden, die unter Putzschichten verborgen ist.
Diese Zahl verdeutlicht, warum der Trend zur freigelegten Wand so präsent ist. Es ist keine künstliche Erfindung, sondern die Wiederentdeckung der ursprünglichen, ehrlichen Baukunst, die in vielen unserer Häuser steckt.

Handarbeit vs. Maschine:
Hammer & Meißel: Die schonende, aber langsame Methode. Sie haben die volle Kontrolle und riskieren weniger, die Ziegel zu beschädigen. Ideal für kleinere Flächen oder empfindliches Mauerwerk.
Elektrischer Bohrhammer (mit Flachmeißel): Die schnelle, aber brutale Variante. Geht deutlich flotter, aber die Gefahr, Ziegel zu spalten oder Kanten abzuschlagen, ist hoch. Nur mit niedriger Schlagzahl und viel Gefühl verwenden – ein Profigerät von Hilti oder Bosch ist hier präziser als ein Billigmodell.

Manchmal ist weniger mehr. Anstatt eine ganze Wand freizulegen, was den Raum schnell dominieren kann, konzentrieren Sie sich auf einen architektonischen Akzent. Ein freigelegter Türbogen, der Bereich um den Kamin oder ein senkrechter Streifen vom Boden bis zur Decke kann eine ebenso starke Wirkung haben, ohne den Raum zu überladen.


Muss man jeden alten Nagel entfernen?
Nicht unbedingt! Alte, rostige Nägel, Reste von Halterungen oder verwitterte Dübel können Teil der Geschichte der Wand sein. Anstatt sie mühsam zu entfernen und die Löcher zu füllen, überlegen Sie, sie zu erhalten. Sie können als einzigartige Haken für leichte Bilder oder Deko-Objekte dienen und unterstreichen den authentischen Industriecharme.

- Mehr Textur und visuelle Tiefe im Raum.
- Ein Gefühl von Beständigkeit und Geschichte.
- Ein hervorragender Hintergrund, um Kunst oder Pflanzen in Szene zu setzen.
Das Geheimnis? Der Kontrast. Eine raue Ziegelwand entfaltet ihre volle Schönheit erst im Zusammenspiel mit glatten, modernen Oberflächen und Möbeln.


Die Ziegel sind freigelegt, die Fugen erneuert, die Wand ist versiegelt – und jetzt? Die Pflege ist denkbar einfach. Meist genügt es, die Wand gelegentlich mit dem Bürstenaufsatz des Staubsaugers abzusaugen. Bei Flecken reicht ein leicht angefeuchtetes Tuch ohne scharfe Reinigungsmittel. Die Versiegelung macht die Oberfläche robust genug für den Alltag.

Versteckte Kostenfalle: Der Schutt. Putz und Mörtel sind erstaunlich schwer. Eine 15 qm große Wand kann leicht eine Tonne Bauschutt produzieren. Die Entsorgung über einen Containerdienst oder auf dem Wertstoffhof ist nicht kostenlos und sollte in die Kalkulation einbezogen werden. Rechnen Sie je nach Region mit 100 bis 250 Euro pro Kubikmeter.

Schwarze oder tiefgrüne Ziegelwände sind ein mutiges Statement. Sie verleihen dem Raum eine intime, fast bühnenhafte Atmosphäre und lassen helle Möbel oder metallische Accessoires leuchten. Wichtig hierbei: Verwenden Sie eine hochwertige, atmungsaktive Silikatfarbe (z.B. von Keim), die die Struktur der Ziegel nicht zukleistert und die Diffusionsoffenheit der Wand erhält.


Der Reichsformat-Ziegel (ca. 25 x 12 x 6,5 cm) war bis in die 1950er Jahre der Standard in Deutschland. Finden Sie dieses Format, blicken Sie wahrscheinlich auf eine Wand, die mindestens 70 Jahre alt ist.

Der klassische rote Backstein ist nicht die einzige Option. Je nach Region und Baujahr können die Ziegel unter dem Putz gelblich, braun oder fast anthrazitfarben sein. Manchmal finden sich sogar glasierte, oft grüne oder blaue Ziegel, die als Zierbänder eingearbeitet wurden. Die Probefläche, die im Artikel erwähnt wird, ist also auch eine stilistische Wundertüte.
Schließen Sie die Augen und fahren Sie mit der Hand über die fertige Wand. Fühlen Sie die raue, körnige Oberfläche der Ziegel, die etwas glattere Textur der Fugen, die kühle Temperatur des Steins. Eine freigelegte Wand ist nicht nur ein optisches Highlight, sondern ein haptisches Erlebnis, das dem Raum eine erdige, ursprüngliche Qualität verleiht.




