Hauskauf-Checkliste vom Profi: Worauf du WIRKLICH achten musst (bevor es teuer wird)
Ich stehe jetzt schon seit über 30 Jahren auf dem Bau. In der Zeit habe ich unzählige Häuser wachsen sehen und leider auch einige zerfallen. Ich hab jungen Familien die Hand geschüttelt, die mit zittrigen Knien ihr erstes Eigenheim gekauft haben, und erfahrenen Hasen geholfen, knifflige Sanierungen zu wuppen. Aber eins hat sich nie geändert: Ein Hauskauf ist und bleibt eine der größten Entscheidungen deines Lebens. Da geht’s nicht um schicke Küchentrends, sondern um das Fundament für deine Zukunft.
Inhaltsverzeichnis
Viele Ratgeber labern dich mit Zinsen und Marktlage voll. Klar, ist wichtig. Aber das Wichtigste ist das Haus selbst. Seine Knochen, seine Haut, seine Adern. Und genau da schauen wir heute hin. Nicht mit den Augen eines Maklers, der verkaufen will, sondern mit denen eines Handwerkers, der weiß, was ein Haus im Innersten zusammenhält.
1. Die wahren Kosten: Der Schock nach dem Kaufpreis
Der Preis im Exposé ist, ehrlich gesagt, nur die halbe Miete. Viele Käufer fallen aus allen Wolken, wenn sie die Endabrechnung sehen. Diese sogenannten Kaufnebenkosten haben es nämlich in sich. Die musst du von der ersten Sekunde an fest einplanen, sonst fehlt am Ende das Geld für die wirklich wichtigen Dinge.

Die Grunderwerbsteuer
Ach ja, die liebe Steuer. Die ist in jedem Bundesland anders. Während du in Bayern mit 3,5 % noch glimpflich davonkommst, langen andere Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen oder Brandenburg mit satten 6,5 % zu. Bei einem Haus für 400.000 € sind das mal eben 12.000 € Unterschied. Dafür bekommst du schon ein komplettes Badezimmer! Also, kurz googeln, wie hoch der Satz bei dir ist – das ist Pflicht.
Notar- und Grundbuchkosten
Ohne Notar läuft in Deutschland gar nichts, und das ist auch gut so. Er sorgt dafür, dass alles rechtssicher über die Bühne geht. Seine Gebühren sind gesetzlich festgelegt und richten sich nach dem Kaufpreis. Zusammen mit dem Eintrag ins Grundbuch kannst du hier locker mit 1,5 % bis 2,0 % des Kaufpreises rechnen. Die sind nicht verhandelbar, sichern dir aber dein Eigentum ab.
Maklerprovision
Wenn ein Makler im Spiel ist, will er natürlich auch bezahlt werden. Meistens teilen sich Käufer und Verkäufer die Provision. Rechne für deinen Anteil mal mit 3 % bis 4 % plus Mehrwertsteuer. Kläre die genaue Höhe unbedingt, bevor du dir das Haus überhaupt anschaust. Das ist dein gutes Recht.

Rechnen wir mal kurz zusammen: Bei einem 400.000-Euro-Haus kommst du in einem teuren Bundesland schnell auf 40.000 bis 50.000 Euro Nebenkosten. Und Achtung: Dieses Geld musst du in der Regel als Eigenkapital mitbringen. Banken finanzieren diese Nebenkosten nur extrem ungern.
2. Die Bausubstanz: Ein Blick hinter die Fassade
Eine frisch gestrichene Wand kann eine Menge vertuschen. Als Profi schaue ich nicht auf die Farbe, sondern auf das, was dahintersteckt. Die Bausubstanz ist das Herz deines zukünftigen Zuhauses. Hier entscheidet sich, ob du dir ein solides Heim oder eine Dauerbaustelle anlachst.
Der Keller: Das Fundament des Hauses
Geh immer zuerst in den Keller. Und benutz deine Nase! Ein muffiger, modriger Geruch ist ein absolutes Alarmsignal für Feuchtigkeit. Such nach dunklen Flecken oder weißen, kristallartigen Ausblühungen an den Wänden. Das sind klare Zeichen für Wasser. Eine Kellerabdichtung von außen ist ein Albtraum und extrem teuer. Da muss das ganze Haus aufgegraben werden, und du bist schnell mal über 50.000 Euro los.

Das Dach: Schutz von oben
Das Dach ist die Mütze des Hauses. Klettere, wenn es irgendwie geht, auf den Dachboden. Leuchte mit einer starken Taschenlampe in jede Ecke. Siehst du helle Flecken an den Holzbalken oder auf dem Boden? Das sind oft Spuren von alten Wasserschäden. Schau dir die Ziegel von außen an. Sind welche kaputt oder verschoben? Kleiner Tipp: Nimm ein Fernglas mit zur Besichtigung oder schau aus einem Dachfenster. Ein Dach hält je nach Material 40 bis 60 Jahre. Eine komplette Neueindeindeckung mit moderner Dämmung kostet dich locker 30.000 Euro aufwärts.
Wände und Fassade
Gibt es Risse in der Fassade? Feine Haarrisse sind oft harmlos. Aber wenn Risse diagonal von Fensterecken weglaufen oder breiter sind, kann das auf ein Statikproblem hindeuten. Klopf auch mal gegen den Putz. Klingt es hohl? Dann löst er sich vielleicht bald. Bei Fachwerkhäusern musst du ganz genau auf die Holzbalken achten. Ist das Holz morsch? Die Sanierung von Fachwerk ist eine Kunst für sich und braucht teure Spezialisten.

Fenster und Türen
Moderne Fenster sind Gold wert bei den Heizkosten. Um das Alter herauszufinden, schau mal in den Metallrahmen zwischen den Glasscheiben. Da ist oft das Herstellungsjahr eingestanzt. Alles, was vor der Jahrtausendwende verbaut wurde, ist energetisch meist eine Katastrophe. Ein kompletter Fenstertausch für ein Einfamilienhaus liegt schnell bei 15.000 bis 25.000 Euro.
Die Haustechnik: Heizung, Strom, Wasser
Das ist das Nervensystem des Hauses. Unsichtbar, aber eine Erneuerung reißt riesige Löcher ins Budget.
- Heizung: Dein erster Quick-Win bei der Besichtigung: Fotografiere das Typenschild des Heizkessels! Zuhause googelst du das Modell und Baujahr und weißt sofort, was Sache ist. Anlagen, die über 20, teils sogar 30 Jahre alt sind, unterliegen nach dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) oft einer Austauschpflicht. Das bedeutet, du MUSST nach dem Kauf eine neue Heizung einbauen. Eine moderne Wärmepumpe ist eine tolle Sache, aber auch eine große Investition.
- Elektrik: Mach den Sicherungskasten auf. Siehst du noch diese alten, schwarzen Schraubsicherungen? Finger weg! Das ist ein Zeichen für eine komplett veraltete Elektrik. Ein moderner Kasten hat Kippschalter und – ganz wichtig – einen FI-Schutzschalter. Fehlt dieser Schalter, ist das nicht nur veraltet, sondern lebensgefährlich. Dann heißt es: Wände aufreißen und alles neu machen.
- Wasserleitungen: Frag gezielt nach dem Material der Leitungen. In Häusern aus den 60ern oder frühen 70ern können noch Bleirohre verbaut sein. Die sind gesundheitsschädlich und müssen raus. Der Austausch ist aufwendig und kostet pro Meter schnell 100-150 €, plus die Kosten für die Wand danach.

3. Die Besichtigung: Dein persönliches Toolkit
Wenn du ein Haus besichtigst, sei kein Gast, sei ein Detektiv. Lass dich nicht von der Deko blenden. Du kaufst Wände, kein Sofa. Nimm dir Zeit und bring dein eigenes kleines Werkzeug mit.
Deine Checkliste für die Besichtigung:
- Dein Toolkit: Pack eine starke Taschenlampe, ein Maßband, einen Notizblock und dein Handy für Fotos ein. Kleiner Profi-Tipp: Kauf dir für 20 € im Baumarkt ein kleines Feuchtigkeitsmessgerät. Damit kannst du verdächtige Stellen an der Wand direkt prüfen.
- Struktur: Klemmen Türen oder Fenster? Das kann auf Setzungen des Hauses hindeuten.
- Feuchtigkeit: Riecht es komisch? Schau gezielt hinter große Schränke, Vorhänge und Bilder. Da versteckt sich oft der Schimmel.
- Schallschutz: Wie hellhörig ist das Haus? Bitte den Verkäufer, mal im Raum nebenan zu husten oder das Radio anzumachen. Schlechter Schallschutz kann dir den letzten Nerv rauben.
- Umgebung: Geh durch die Nachbarschaft. Wie laut ist es? Gibt es eine laute Straße oder Gewerbe? Fahr zu verschiedenen Tageszeiten hin, auch abends oder am Wochenende.

Ich hatte mal eine junge Familie, die ein Haus neben einer kleinen Schreinerei kaufen wollte. Tagsüber war alles ruhig. Ich hab ihnen geraten, an einem Werktag morgens um sieben nochmal hinzufahren. Der Lärm der Kreissäge war ohrenbetäubend. Sie haben das Haus nicht gekauft und mir später dafür gedankt.
4. Die Papiere: Was dir keiner erzählt
Ein Haus ist auch ein Stapel Papier. Und diese Dokumente sind mindestens so wichtig wie das Fundament.
Der Grundbuchauszug
Hier steht die Wahrheit. Nicht nur, wem das Haus wirklich gehört. Viel spannender ist Abteilung II: Steht da ein Wegerecht drin, darf dein Nachbar vielleicht für immer über deinen Hof fahren. Ein lebenslanges Wohnrecht für die alte Tante des Verkäufers kann den Wert massiv mindern. In Abteilung III stehen die Schulden des Verkäufers, die aber vom Notar für dich gelöscht werden.
Bei Eigentumswohnungen: Protokolle!
Wenn du eine Wohnung kaufst, lass dir unbedingt die Protokolle der Eigentümerversammlungen der letzten fünf Jahre geben. Das ist pures Gold! Da liest du, welche Sanierungen anstehen (neues Dach, neue Heizung), ob es Dauerstreit im Haus gibt und wie viel Geld auf dem Gemeinschaftskonto (Instandhaltungsrücklage) liegt. Ist das Konto leer und das Haus alt, drohen dir bald teure Sonderumlagen.

Der Energieausweis
Hier gibt es zwei Sorten. Der einfache Verbrauchsausweis basiert nur darauf, wie die Vorbesitzer geheizt haben. Wenn da eine 80-jährige Dame gewohnt hat, die kaum zu Hause war, sieht der super aus, sagt aber nichts über das Haus aus. Viel besser und aussagekräftiger ist der Bedarfsausweis. Hier hat ein Experte die Bausubstanz und Technik bewertet. Das ist der ehrliche Wert. Ein Haus in den Klassen G oder H wird im Winter ein teures Vergnügen.
5. Wenn du einen Profi an deiner Seite brauchst
Sei ehrlich zu dir selbst: Du kannst nicht alles wissen. Das Geld für einen unabhängigen Bausachverständigen ist die beste Investition, die du beim Hauskauf tätigen kannst.
Wann ist ein Gutachter Pflicht?
- Bei allen Häusern, die vor 1980 gebaut wurden.
- Wenn du Risse, Feuchtigkeit oder andere Mängel siehst.
- Wenn du einfach ein schlechtes Bauchgefühl hast und nicht mehr schlafen kannst.
- Wenn der Verkäufer oder Makler bei kritischen Fragen rumeiert.

Aber wo findest du einen guten? Frag bloß nicht den Makler. Suche nach unabhängigen Sachverständigen. Achte auf Zertifizierungen von TÜV oder DEKRA oder schau bei Verbänden wie dem Verband Privater Bauherren (VPB) nach. So eine Kaufbegleitung kostet zwischen 500 und 2.000 Euro, aber der Gutachter kann die Sanierungskosten realistisch schätzen. Diese Summe kannst du dann oft direkt vom Kaufpreis runterhandeln. So zahlt er sich fast immer selbst.
Ich hab einen Fall erlebt, da hat ein Gutachter einen versteckten Hausschwamm-Befall aufgedeckt. Ein Pilz, der das Holz zerfrisst. Die Sanierung hätte über 100.000 Euro gekostet. Der Gutachter hat die Familie vor dem finanziellen Ruin bewahrt.
6. Mein letzter Rat an dich
Ein Hauskauf ist ein Marathon, kein Sprint. Lass dich niemals unter Druck setzen. Ein Satz wie „Es gibt noch drei andere Interessenten, Sie müssen sich heute entscheiden“ ist ein billiger Verkäufertrick.
Unterschreibe niemals etwas, das du nicht zu 100 % verstehst. Verlass dich nicht auf mündliche Zusagen – was nicht im Notarvertrag steht, existiert nicht. Und ganz wichtig: Sorge dafür, dass deine Finanzierung steht, bevor du zum Notar gehst.

Mein allerletzter Tipp aus der Praxis: Plane immer, wirklich IMMER, einen Puffer von 10-15 % des Kaufpreises für unvorhergesehene Reparaturen ein. Es kommt immer etwas. Immer.
Ein Hauskauf ist mehr als nur Geld. Du schaffst dir einen Ort, an dem du lebst, lachst und dich sicher fühlst. Schau dir deshalb das Fundament, die Substanz und die Papiere mit kühlem Kopf an. Dann kannst du die finale Entscheidung mit dem Herzen treffen. Und dann wird aus einem Haus ein echtes Zuhause.
Bildergalerie


„Der häufigste und teuerste Fehler beim Hauskauf ist die emotionale Entscheidung vor der technischen Prüfung.“
Dieser Leitsatz vom Verband Privater Bauherren (VPB) bringt es auf den Punkt. Verlieben Sie sich nicht in die sonnige Terrasse, bevor Sie den feuchten Keller gesehen haben. Ein unabhängiger Bausachverständiger ist keine optionale Ausgabe, sondern die beste Versicherung gegen einen finanziellen Albtraum. Die Kosten für ein Gutachten sind verschwindend gering im Vergleich zu den zehntausenden Euros, die eine unentdeckte Sanierung des Dachstuhls oder des Fundaments kosten kann.

Der Geruchstest: Was die Nase über ein Haus verrät.
Verlassen Sie sich bei der Besichtigung nicht nur auf Ihre Augen. Ein verräterischer Geruch kann auf Probleme hinweisen, die mit frischer Farbe überdeckt wurden. Schließen Sie kurz die Augen und atmen Sie tief durch, besonders in Kellern, Bädern und auf dem Dachboden. Was riechen Sie?
- Muffig und erdig: Ein klares Warnsignal für Feuchtigkeit und potenziellen Schimmelbefall, selbst wenn keine Flecken sichtbar sind.
- Leicht süßlich oder chemisch: Kann auf alte Holzschutzmittel oder sogar Schädlingsbekämpfungsmittel aus vergangenen Jahrzehnten hindeuten.
- Stechend nach Ammoniak: Ein Hinweis auf undichte Abwasserrohre oder manchmal auf Hinterlassenschaften von Tieren wie Mardern auf dem Dachboden.

Fenster-Check: Ein Blick verrät das Baujahr und die Energiekosten.
Schauen Sie sich den Metallsteg zwischen den Glasscheiben eines Fensters genau an. Dort ist oft das Herstellungsjahr eingeprägt. Das verrät Ihnen mehr als jeder Prospekt:
- Vor 1995: Oft unbeschichtetes Isolierglas. Im Winter fühlen sich diese Fenster innen sehr kalt an und sind echte Energiefresser.
- Nach 2005: Meist modernes Wärmeschutzglas mit Gasfüllung. Ein Indikator für eine solidere Dämmung und niedrigere Heizkosten.
Der Trick? Halten Sie ein Feuerzeug vor die Scheibe. Bei modernem Zweifach- oder Dreifachglas hat eine der gespiegelten Flammen eine leicht andere Farbe (meist bläulich oder rötlich). Das zeigt die wärmereflektierende Beschichtung.

Asbest: Die tickende Zeitbombe in Häusern vor 1993.
Bis zum endgültigen Verbot in Deutschland wurde Asbest in über 3.000 Produkten verbaut. Besonders bei Häusern aus den 60er- bis 80er-Jahren ist Vorsicht geboten. Suchen Sie nicht selbst danach, aber seien Sie bei bestimmten Materialien skeptisch: alte, kleinformatige Bodenfliesen (sogenannte „Flex-Platten“), gewellte Dachplatten (oft von Eternit), alte Rohrisolierungen oder Verkleidungen an Nachtspeicheröfen. Eine Sanierung ist extrem teuer, da sie nur von Spezialfirmen durchgeführt werden darf. Im Zweifel: Finger weg oder ein Fachgutachten einholen, bevor der Kaufvertrag unterschrieben wird.
Wussten Sie, dass die Lebensdauer eines durchschnittlichen Ziegeldachs bei etwa 50 bis 60 Jahren liegt?
Fragen Sie nach dem Alter des Daches. Eine Neueindeckung inklusive Dämmung kann schnell 25.000 € und mehr kosten. Ein Blick auf die Dachziegel vom Boden aus kann erste Hinweise geben: Sind sie porös, stark mit Moos bewachsen oder liegen einzelne Ziegel schief? Das sind Anzeichen dafür, dass bald eine große Investition fällig wird.




