Ein Schuster packt aus: Woran Sie wirklich gute Sommerschuhe erkennen

von Romilda Müller
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Seit Jahrzehnten stehe ich nun in meiner Werkstatt. Ich habe mehr Schuhe gesehen, als ich zählen kann – vom robusten Wanderstiefel bis zur filigranen Sandale. Und jedes Jahr, sobald die ersten Sonnenstrahlen rauskommen, wiederholt sich das gleiche Spiel: Leute bringen mir ihre fast neuen Sommerschuhe, bei denen sich die Sohle löst, ein Riemen gerissen ist oder sie klagen über Blasen nach dem ersten Stadtbummel. Ganz ehrlich? Das meiste davon müsste nicht sein.

Deshalb geht es hier mal nicht um die neuesten Trends, die in sechs Monaten eh wieder vergessen sind. Mode ist vergänglich, gutes Handwerk nicht. Ich möchte Ihnen zeigen, worauf ich als Profi achte, wenn ein Schuh auf meiner Werkbank landet. Wir werfen einen Blick unter die Haube – auf Materialien, Konstruktion und Passform. Denn ein Schuh ist kein reines Modeaccessoire, er ist das wichtigste Werkzeug für Ihre Füße.

1. Das A und O: Das richtige Material für warme Tage

Das Material ist das Herz eines jeden Schuhs. Gerade im Sommer, wenn die Füße schneller schwitzen, merkt man sofort, ob die Wahl die richtige war. Ein gutes Material muss mit Feuchtigkeit umgehen können, sonst sind unangenehme Gerüche oder Blasen quasi vorprogrammiert.

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Leder: Der zeitlose Klassiker

Ja, Leder ist und bleibt für mich die erste Wahl. Es ist ein Naturprodukt und vor allem ist es atmungsaktiv. Es nimmt Fußschweiß auf und gibt ihn langsam wieder ab. Das sorgt für ein unschlagbar gutes Fußklima. Aber Achtung, Leder ist nicht gleich Leder.

  • Glattleder (z.B. Kalbsleder): Dünnes, am besten ungefüttertes Kalbsleder ist ein Traum für den Sommer. Es ist weich, passt sich dem Fuß an wie eine zweite Haut, ist aber trotzdem formstabil. Ein guter Test im Laden: Fahren Sie mit dem Finger darüber. Fühlt es sich warm und lebendig an oder eher kalt und glatt wie eine Plastikfolie? Letzteres deutet auf eine dicke Farbschicht hin, die die Poren versiegelt und die Atmungsaktivität zerstört.
  • Rauleder (Velours oder Nubuk): Diese aufgerauten Lederarten sind sogar noch luftdurchlässiger als Glattleder. Perfekt für leichte Loafer oder Sandalen. Der oft genannte Nachteil der Schmutzempfindlichkeit ist mit einem guten Imprägnierspray (kostet um die 10-15 € und hält ewig) und einer Bürste schnell erledigt.

Kleiner Tipp vom Profi: Neue Lederschuhe laufen Sie am besten abends für ein, zwei Stunden zu Hause mit etwas dickeren Socken ein. Die Wärme Ihrer Füße macht das Leder formbar und es passt sich perfekt an, ohne dass Sie sich Blasen laufen müssen.

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Textilien: Luftig, aber oft ohne Halt

Stoffschuhe aus Leinen oder Baumwolle (Canvas) sind natürlich super für den Sommer – leicht, luftig, unkompliziert. Aber sie haben auch ihre Schwächen. Meistens geben sie dem Fuß kaum Halt, was bei einem langen Tag auf hartem Asphalt schnell zu müden Füßen führen kann. Außerdem leiern sie gerne aus und beim kleinsten Regenschauer haben Sie nasse Füße.

Ein Qualitätsmerkmal bei Textilschuhen sind Verstärkungen aus Leder, meist an der Ferse oder rund um die Schnürung. Werfen Sie auch einen Blick ins Innere: Ein Futter aus dünnem Leder ist Welten besser als ein einfaches Stofffutter, das sich schnell durchscheuert.

Synthetik: Meine ehrliche Warnung

Jetzt muss ich mal Tacheles reden. Die schlimmsten Schuh-Katastrophen, die auf meinem Tisch landen, sind aus billigem Kunststoff. Oft wird es als „veganes Leder“ verkauft, aber es ist meistens nichts anderes als Plastik. Es atmet nicht. Punkt. Der Schweiß staut sich, der Fuß schwimmt regelrecht. Ich werde nie den Geruch vergessen, als eine Kundin ihre günstigen Ballerinas nach einem heißen Tag auszog… das war keine Werkstatt mehr, sondern ein Chemielabor.

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Klar, es gibt High-Tech-Funktionsmaterialien, aber bei modischen Schuhen im Preissegment unter 50 € ist das fast nie der Fall. Mein Rat: Investieren Sie lieber 30 € mehr in einen echten Lederschuh oder einen hochwertigen Stoffschuh. Ihre Füße werden es Ihnen danken.

2. Die Machart: Was einen Schuh zusammenhält

Von außen sehen viele Schuhe ähnlich aus. Doch wie Sohle und Schaft verbunden sind, entscheidet über Haltbarkeit, Flexibilität und die Möglichkeit einer Reparatur.

Geklebte Schuhe: Der schnelle Standard

Die meisten Sommerschuhe – von Sneakern bis Sandalen – sind heute geklebt. Das macht sie leicht und flexibel. Die Qualität steht und fällt hier mit dem Kleber. Schauen Sie sich die Klebekante genau an. Ist sie sauber oder quillt überall Kleber heraus? Drücken Sie mal am Rand der Sohle. Wenn sie sich schon im Laden löst, lassen Sie die Finger davon. Der große Nachteil: Ist die Sohle durchgelaufen, ist der Schuh meist ein Fall für die Tonne. Eine Reparatur ist oft unmöglich oder lohnt sich wirtschaftlich einfach nicht.

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Genähte Schuhe: Eine Investition fürs Leben

Eine Naht ist einfach robuster als jede Klebung. Bei leichten Sommerschuhen findet man oft die durchgenähte Machart. Hier wird die Sohle direkt durch den Schuhboden nach innen genäht. Das macht den Schuh super flexibel. Man erkennt es an der Naht, die man auch innen auf der Brandsohle sieht.

Die Königsklasse ist die rahmengenähte Machart. Sie macht den Schuh etwas stabiler, aber ein Derby aus weichem Veloursleder ist damit ein fantastischer und extrem langlebiger Sommerschuh. Der Clou: Man kann ihn problemlos mehrfach neu besohlen. Ein solcher Schuh, der vielleicht 250 € oder mehr kostet, kann Sie ein ganzes Jahrzehnt begleiten.

Die Brandsohle: Die oft übersehene Seele des Schuhs

Und jetzt kommt mein Lieblingsthema, das Laien fast immer übersehen: die Brandsohle. Das ist die Schicht im Inneren, auf der Ihr Fußbett aufliegt. Bei guten Schuhen ist sie aus festem Leder. Sie ist das Fundament. Bei billigen Schuhen? Meistens nur Pappe. Ernsthaft, Pappe!

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Stellen Sie sich vor, Sie laufen einen ganzen Tag auf einem Stapel nasser Zeitungen. Genau so fühlt sich das für Ihren Fuß an, wenn die Pappsohle durch Schweiß aufweicht. Der Schuh verliert jede Form. Machen Sie mal den Test: Gehen Sie zu Ihren Schuhen und drücken Sie fest in die Mitte der Innensohle. Fühlt sie sich solide an oder gibt sie nach wie ein weicher Karton? Das ist der erste, schnelle Qualitätscheck!

3. Modische Designs: Ein kritischer Blick aus der Werkstatt

Mode soll Spaß machen, keine Frage. Aber es schadet nicht, die Physik dahinter zu verstehen, um eine gute Wahl zu treffen.

Plateauschuhe: Die Umknick-Gefahr

Plateausohlen sind wieder angesagt. Aber eine dicke, steife Sohle verhindert das natürliche Abrollen des Fußes. Man stelzt mehr, als dass man geht. Die größte Gefahr ist aber das Umknicken. Durch die hohe Sohle wirkt ein viel größerer Hebel auf Ihr Sprunggelenk. Ein unachtsamer Schritt von der Bordsteinkante kann da schon für eine üble Bänderdehnung sorgen. Wenn es unbedingt Plateau sein muss, achten Sie auf leichte Materialien wie Kork und eine Sohle, die im Ballenbereich zumindest ein Minimum an Flexibilität bietet.

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Spitze Schuhe: Eine Frage des Platzes

Unsere Füße sind nicht spitz. Ein gut gemachter spitzer Schuh weiß das und lässt den Zehen in der Breite genug Raum. Die Spitze läuft erst davor leer zu. Bei Billigmodellen wird der Fuß einfach in die Form gequetscht. Wenn Sie beim Anprobieren Ihre Zehen nicht mehr frei bewegen können, ist der Schuh schlecht konstruiert – und ein Garant für Hühneraugen und Schlimmeres.

„Gestrickte“ Schuhe: Bequem, aber führungslos

Schuhe aus elastischem Textil, die sich wie eine Socke anfühlen, sind unglaublich bequem. Für den schnellen Gang zum Supermarkt super. Aber sie bieten dem Fuß quasi null Führung und Halt. Ihr Fuß braucht ein stabiles Haus, keine Socke. Für längere Strecken oder bei Fußproblemen sind sie daher ungeeignet, weil die Muskulatur viel zu schnell ermüdet.

4. Pflege, Reparatur und was die Rettung kostet

Gute Schuhe wollen gepflegt werden. Werfen Sie sie am Ende des Sommers nicht einfach in die Ecke. Reinigen Sie sie und verwenden Sie unbedingt Schuhspanner aus Zedernholz (kosten ca. 20-30 € pro Paar). Sie halten die Form, glätten Gehfalten und das Holz zieht Restfeuchtigkeit und Gerüche raus – ein unbezahlbarer Trick!

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Und was kostet eine Reparatur beim Profi? Hier mal ein paar Hausnummern, damit Sie eine Vorstellung haben:

  • Ein neuer Absatzfleck für Pumps: Rechnen Sie mit ca. 15-25 €. Eine Kleinigkeit, die verhindert, dass Sie sich die ganze Haltung ruinieren.
  • Eine aufgegangene Naht nachnähen: Oft nur eine Sache von 10 Minuten und kostet kaum mehr als 10-15 €.
  • Eine komplette Neubesohlung eines rahmengenähten Schuhs: Das ist schon aufwendiger und kann je nach Material zwischen 80 € und 120 € liegen. Bei einem Qualitätsschuh lohnt sich das aber immer!

Bei einer sich großflächig lösenden Klebesohle muss ich aber ehrlich sein: Das ist oft ein wirtschaftlicher Totalschaden.

Abschlussgedanken: Ihre persönliche Meister-Checkliste

Ein Schuhkauf sollte keine schnelle Sache sein. Nehmen Sie sich Zeit. Gehen Sie am besten nachmittags einkaufen, wenn die Füße etwas angeschwollen sind. Und achten Sie auf diese drei Dinge, Ihre persönliche Checkliste für den Schuhkauf:

  1. Die Passform ist König: Der Schuh muss sofort passen. Die alte Leier vom „Einlaufen“ gilt nur sehr bedingt für hochwertiges Leder. Wenn er im Laden drückt, wird er auch später keine Freude machen. Vor den längsten Zehen sollte etwa ein Daumen breit Platz sein, und die Ferse darf nicht schlüpfen.
  2. Der Material-Check: Fassen Sie den Schuh an. Riechen Sie daran! Gutes Leder hat einen charakteristischen Geruch. Riecht der Schuh stark nach Chemie, ist das ein ganz schlechtes Zeichen. Fühlt sich das Material lebendig an oder kalt und tot?
  3. Die Verarbeitung im Detail: Biegen Sie die Sohle. Ist sie im Ballenbereich flexibel? Schauen Sie sich die Nähte und Klebekanten an. Wirkt alles sauber und solide verarbeitet? Drücken Sie von innen auf die Brandsohle – Pappe oder Fundament?

Ein gut gemachter Schuh ist kein Luxus. Es ist eine Frage des Respekts vor Ihren Füßen. Und die tragen Sie schließlich Ihr ganzes Leben lang. Gönnen Sie ihnen was Gutes.

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Der Geruchstest im Laden lügt nie: Riecht der Schuh nach Leder und vielleicht ein wenig nach Gerbstoff und Wachs, oder steigt Ihnen ein stechender, chemischer Klebstoffgeruch in die Nase? Ihre Füße werden den Unterschied spüren.

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Geklebte Sohle: Die schnelle, günstige Methode. Man erkennt sie daran, dass von außen keine Naht die Sohle mit dem Oberleder verbindet. Nachteil: Hitze, Feuchtigkeit und Biegung können den Kleber mit der Zeit lösen – der Klassiker bei billigen Sandalen.

Genähte Sohle: Das Markenzeichen langlebiger Schuhe. Achten Sie auf eine sichtbare Naht (z.B. die elegante Blake-Naht bei leichten Loafern). Diese Verbindung ist mechanisch stabil, flexibel und kann von einem guten Schuster problemlos repariert werden.

Mein Rat: Für einen Schuh, der mehr als eine Saison halten soll, ist die genähte Variante immer die bessere Investition.

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Auch wenn mein Herz für Leder schlägt, hat ein guter Leinen- oder Canvasschuh im Sommer absolut seine Berechtigung. Das dichte Gewebe ist erstaunlich robust und dabei unschlagbar luftig. Achten Sie auf eine sauber vulkanisierte Gummisohle und verstärkte Ösen für die Schnürsenkel. Ein Klassiker wie die spanischen Espadrilles oder ein gut gemachter Superga-Sneaker beweist, dass auch Stoffschuhe Handwerksqualität haben können – und sie sind eine wunderbare, leichtere Alternative für den entspannten Stadtbummel.

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Ein gutes Paar rahmengenähter Ledersandalen kann problemlos über 300 Euro kosten.

Das klingt zunächst nach viel Geld. Rechnet man es aber um, ergibt sich ein anderes Bild. Ein solcher Schuh hält bei guter Pflege oft zehn Sommer oder länger. Ein günstiges 40-Euro-Paar ist hingegen oft nach wenigen Monaten reif für die Tonne. Die „Cost-per-Wear“ (Kosten pro Tragen) sind bei Qualitätsschuhen auf lange Sicht also deutlich geringer. Es ist keine Ausgabe, sondern eine Investition – in Komfort, Stil und Nachhaltigkeit.

Sonne, Sand und Schweiß sind für jeden Schuh eine Belastungsprobe. Mit ein paar Handgriffen verlängern Sie die Lebensdauer Ihrer Lieblinge erheblich:

  • Nach dem Tragen lüften: Stopfen Sie die Schuhe nicht sofort in den Schrank. Lassen Sie sie an einem schattigen, luftigen Ort trocknen. Schuhspanner aus Zedernholz sind ideal, da sie Feuchtigkeit aufnehmen und die Form erhalten.
  • Innensohle reinigen: Gerade bei Sandalen und Loafern wird die Leder-Innensohle schnell dunkel. Ein Tuch mit etwas Lederreiniger oder einer milden Seifenlauge wirkt hier Wunder.
  • Sand entfernen: Sand wirkt wie Schmirgelpapier. Bürsten Sie Rauleder und Textilschuhe nach einem Strandtag gründlich aus, um die Fasern zu schonen.
Romilda Müller

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