Kuba abseits der Hochglanz-Broschüren: Dein ehrlicher Guide für eine unvergessliche Reise
Ich bin in meinem Leben schon ziemlich viel herumgekommen. Als jemand, der mit seinen Händen arbeitet, lernt man, ganz genau hinzusehen. Du musst ein Material erst verstehen, bevor du es formen kannst. Und ehrlich gesagt, mit Ländern ist das ganz ähnlich. Kuba ist dabei ein ganz besonderes Stück Arbeit – faszinierend, aber auch voller Ecken und Kanten.
Inhaltsverzeichnis
- 0.1 1. Das Fundament: Was du vor dem Abflug klären musst
- 0.2 2. Unterkunft & Transport: Wo du schläfst und wie du weiterkommst
- 0.3 3. Kultur & Kommunikation: Die Feinheiten des kubanischen Alltags
- 0.4 4. Routenvorschläge: Eine bewährte Route für den Anfang
- 0.5 5. Was sonst noch wichtig ist: Sicherheit und die Packliste
- 0.6 Mein Fazit aus der Werkstatt
- 1 Bildergalerie
Vergiss die Vorstellung einer schnellen Pauschalreise, bei der alles wie am Schnürchen läuft. Wer hier ankommt und deutschen Standard erwartet, wird frustriert wieder abreisen. Ich habe dieses Land über die Jahre immer wieder besucht und gesehen, wie es sich wandelt. Ich habe gelernt, hinter die Kulissen aus bunten Oldtimern und mitreißender Musik zu blicken.
Dieser Guide hier ist also keine Werbebroschüre. Sieh es eher als ein Gespräch unter Freunden. Ich will dir ehrliches, praktisches Wissen mit auf den Weg geben, damit du nicht nur gut vorbereitet bist, sondern das Land auch wirklich spüren kannst. Denn eine Reise nach Kuba ist eine unglaublich lohnende Erfahrung. Man muss nur wissen, wie man’s richtig anpackt.

1. Das Fundament: Was du vor dem Abflug klären musst
Eine gute Vorbereitung ist alles. Bei einer Kuba-Reise ist sie nicht nur hilfreich, sondern absolut entscheidend. Du kannst nicht einfach mit dem Rucksack aufschlagen und hoffen, dass sich alles fügt. Die kubanische Realität hat ihre eigenen Spielregeln, aber keine Sorge, wenn du sie kennst, reist es sich gleich viel entspannter.
Die Touristenkarte (Visum)
Für die Einreise brauchst du als deutscher Staatsbürger kein klassisches Visum, sondern eine sogenannte „Touristenkarte“ (tarjeta del turista). Die ist in der Regel 30 Tage gültig und kann vor Ort einmal verlängert werden. Kümmer dich da unbedingt vor dem Abflug drum! Du bekommst sie bei der kubanischen Botschaft, vielen Reisebüros oder manchmal auch direkt bei der Airline. Die Karte kostet meist um die 25 Euro.
Kleiner Tipp aus Erfahrung: Erledige das ein paar Wochen vorher in Ruhe. Am Flughafen kann es hektisch werden oder die Dinger sind im schlimmsten Fall vergriffen. Und ganz wichtig: Fülle die Karte super sorgfältig aus. Keine Fehler, keine Korrekturen – eine falsch ausgefüllte Karte ist ungültig und du brauchst eine neue.

Auslandskrankenversicherung – Kein Tipp, sondern Pflicht!
Achtung, das hier ist nicht verhandelbar. Jeder Reisende muss bei der Einreise eine gültige Auslandskrankenversicherung nachweisen können, die Kuba ausdrücklich abdeckt. Nimm den Nachweis am besten auf Spanisch oder Englisch mit. Es passiert zwar nicht immer, aber die Beamten fragen stichprobenartig danach. Wer nichts vorweisen kann, muss am Flughafen eine teure kubanische Versicherung abschließen, die nur das Nötigste abdeckt. Also, einfach machen, es ist eine der wichtigsten Sicherheitsvorkehrungen.
Geld: Ein Kapitel für sich
Das Thema Geld in Kuba ist… nun ja, kompliziert. Offiziell gibt es nur noch den Kubanischen Peso (CUP). Die Realität auf der Straße sieht aber ganz anders aus. Dein wichtigster Freund ist der Euro, und zwar in bar.
Tausch bloß kein Geld bei der offiziellen Wechselstube am Flughafen! Der staatliche Kurs ist ein Witz. Du bekommst für deine Euros viel zu wenige Pesos. Die beste Währung sind Euros in kleinen Scheinen (5, 10, 20 Euro). Viele private Unterkünfte (Casas), Taxifahrer und Restaurants nehmen Euros direkt und viel lieber.

Um den Unterschied mal greifbar zu machen: Offiziell am Flughafen bekommst du für einen Euro vielleicht 25 CUP. Wenn du aber diskret deinen Gastgeber in der Casa fragst, gibt er dir einen fairen, informellen Kurs von 100 CUP oder sogar mehr. Das schwankt natürlich, aber du siehst, worauf ich hinauswill. Tausch also immer nur kleine Beträge für den Markt oder den staatlichen Kiosk bei Leuten, denen du vertraust.
Kreditkarten (nur Visa/Mastercard von nicht-amerikanischen Banken) funktionieren nur in großen staatlichen Hotels und an wenigen Geldautomaten, die oft leer oder kaputt sind. Verlass dich niemals darauf. Kuba ist ein Bargeld-Land. Plane dein komplettes Reisebudget in Euro-Bargeld und verteile es an verschiedenen Stellen in deinem Gepäck.
Übrigens, eine gute Faustregel für die Planung: Rechne mit etwa 50 bis 70 Euro pro Person und Tag. Damit kommst du für Unterkunft, Essen und die wichtigsten Transporte gut über die Runden.
2. Unterkunft & Transport: Wo du schläfst und wie du weiterkommst
Die Wahl deiner Unterkunft und deiner Transportmittel entscheidet maßgeblich darüber, was für eine Reise du haben wirst. Hier trennt sich der Tourist vom echten Reisenden.

Unterkünfte: Casas Particulares sind die einzig wahre Option
Staatliche Hotels mögen auf dem Papier sicher klingen, aber oft erwartet dich dort lahmer Service, monotones Essen und ein gewisser Renovierungsstau. Die mit Abstand beste Erfahrung machst du in einer „Casa Particular“. Das sind private Zimmer oder kleine Wohnungen, die von kubanischen Familien vermietet werden. Du erkennst sie an einem blauen Anker-Symbol an der Tür.
Hier erlebst du echte kubanische Gastfreundschaft. Du bekommst ein sauberes Zimmer, oft mit Klimaanlage und eigenem Bad. Rechne mit etwa 25 bis 35 Euro pro Nacht – und da ist ein fantastisches Frühstück mit frischen Früchten, Eiern und gutem Kaffee meistens schon mit drin. Deine Gastgeber sind außerdem deine besten Ratgeber. Sie organisieren Taxis, Ausflüge oder rufen einfach bei Freunden in der nächsten Stadt an, um deine nächste Unterkunft zu sichern. Dieses Netzwerk ist verlässlicher als jedes Online-Portal.
Transport: Dein wichtigster Begleiter ist Geduld
Von A nach B zu kommen, ist in Kuba ein kleines Abenteuer. Die Infrastruktur ist alt, Pünktlichkeit ist ein dehnbarer Begriff. Plane also immer großzügige Pufferzeiten ein.

- Viazul-Busse: Das sind die staatlichen Touristenbusse, die alle wichtigen Städte verbinden. Sie sind klimatisiert, aber oft nicht die neuesten. Wichtig: Buche deine Tickets unbedingt mehrere Tage im Voraus online, die Plätze sind rar.
- Colectivos (Sammeltaxis): Meine absolute Lieblingsmethode für mittlere Strecken, wie von Havanna nach Viñales. Das sind meist coole alte Amischlitten, die mehrere Reisende auf der gleichen Route mitnehmen. Der Preis pro Person ist etwas höher als beim Bus (z.B. Havanna-Viñales ca. 20-25 Euro), aber du bist viel schneller und wirst direkt an deiner Casa abgesetzt. Frag einfach deine Gastgeber, sie kennen verlässliche Fahrer.
- Mietwagen: Ganz ehrlich? Lass es. Die Kosten sind exorbitant hoch, die Autos oft in miesem Zustand, die Straßen voller Schlaglöcher und Benzin ist Mangelware. Ein Mietwagen schafft meist mehr Probleme, als er löst.
Jetzt wird’s spannend. In Kuba geht es nicht nur darum, Orte abzuhaken, sondern darum, in eine andere Lebensweise einzutauchen. Das erfordert ein bisschen Fingerspitzengefühl.

Internet? Lern mal wieder, offline zu sein
Verabschiede dich vom Gedanken, ständig online zu sein. Das Internet in Kuba ist langsam, teuer und nur an bestimmten Orfen verfügbar. Du kaufst dir eine Guthabenkarte von der staatlichen Firma ETECSA und kannst dich damit an öffentlichen WLAN-Hotspots (meist in Parks) einloggen. Man erkennt sie an den Menschentrauben, die auf ihre Handys starren.
Der beste Tipp, den ich dir geben kann: Lade dir vor der Reise unbedingt eine Offline-Karten-App wie MAPS.ME oder Organic Maps herunter. Das Ding wird dein Lebensretter, wenn du mal wieder den Weg suchst. Und ansonsten: Genieß die digitale Auszeit! Es ist unglaublich befreiend.
Sprache: Ein paar Worte Spanisch wirken Wunder
Klar, in den Touristen-Hochburgen kommst du mit Englisch irgendwie durch. Aber abseits davon wird es still. Ein paar Brocken Spanisch sind nicht nur praktisch, sie sind ein Zeichen von Respekt. Die Leute werden es dir hoch anrechnen. Versuch es mal mit diesen hier:

- Cuánto cuesta? (Was kostet das?)
- La cuenta, por favor. (Die Rechnung, bitte.)
- Muy rico! (Sehr lecker!)
- Dónde está el baño? (Wo ist die Toilette?)
- Muchas gracias. (Vielen Dank.)
Kleine Kulturkunde für den Alltag
- Resolver: Das ist DAS Zauberwort in Kuba. Es bedeutet „lösen“ und beschreibt die tägliche Kunst der Improvisation, um mit Mangel und Bürokratie klarzukommen. Wenn etwas nicht klappt, bleib cool. Es findet sich immer ein Weg (irgendwie).
- Umgang mit „Jineteros“: An touristischen Orten wirst du oft angesprochen. Jemand will dir Zigarren verkaufen oder dich in ein Restaurant lotsen. Viele sind einfach nur nett, andere wollen eine Provision. Ein freundliches, aber bestimmtes „No, gracias“ mit einem Lächeln reicht meistens. Aber Achtung bei Zigarren: Wenn dir auf der Straße eine ganze Kiste „original“ Cohibas für 50 Euro angeboten wird – renn! Das sind Fälschungen aus Bananenblättern. Echte Qualität gibt’s NUR in den staatlichen Läden, den „Casas del Habano“.
- Geschenke & Trinkgeld: Kleine Mitbringsel sind eine tolle Geste. Statt billigem Kram sind aber nützliche Dinge gefragt: Seife, Zahnpasta, Ibuprofen, Feuerzeuge, Kugelschreiber, aber auch gut erhaltene Kinderkleidung oder eine Tafel Schokolade kommen super an. Trinkgeld (ca. 10 %) ist eine wichtige Einnahmequelle und wird sehr geschätzt.

4. Routenvorschläge: Eine bewährte Route für den Anfang
Kuba ist riesig. Für alle, die zum ersten Mal da sind und etwa zwei Wochen Zeit haben, hat sich eine klassische Route bewährt, die einen super Mix aus Stadt, Natur und Kultur bietet:
Ein typischer 2-Wochen-Plan: 4 Tage Havanna → 3 Tage Viñales (Tabakfelder) → 4 Tage Trinidad (Kolonialstadt & Strand) → 1 Tag zurück nach Havanna für den Rückflug.
Havanna (mindestens 3-4 Tage): Klar, die restaurierte Altstadt ist Pflicht. Aber das echte Havanna pulsiert in Centro Habana zwischen den verfallenen Fassaden. Mein Tipp: Mach einen Spaziergang auf dem Malecón bei Sonnenuntergang und fahr mit der Fähre rüber nach Regla, um einen Stadtteil fast ohne Touristen zu erleben.
Viñales (2-3 Tage): Das Tal mit seinen bizarren Kegelfelsen ist die Heimat des besten Tabaks der Welt. Besuch einen Tabakbauern, lass dir alles erklären und kauf deine Zigarren direkt bei ihm. Bessere Qualität findest du nirgends.

Trinidad (3-4 Tage): Eine koloniale Perle mit bunten Häusern und Kopfsteinpflaster. Tagsüber sehr touristisch, aber am frühen Morgen oder späten Nachmittag hast du die Gassen für dich. In der Nähe liegt der Playa Ancón, einer der schönsten Strände der Südküste.
5. Was sonst noch wichtig ist: Sicherheit und die Packliste
Kuba ist generell ein sehr sicheres Reiseland. Gewaltverbrechen gegen Touristen sind selten. Mit normalem Menschenverstand bist du auf der sicheren Seite.
Gesundheit und was in den Koffer muss
Trink niemals Leitungswasser, kauf Wasser in Flaschen. Mückenschutz ist vor allem in der Dämmerung wichtig, um Dengue-Fieber vorzubeugen.
Ach ja, deine Reiseapotheke! Die ist super wichtig, weil Apotheken vor Ort oft… naja, leer sind. Pack das hier UNBEDINGT ein:
- Schmerzmittel (Ibuprofen, Paracetamol)
- Mittel gegen Durchfall und Magenprobleme
- Pflaster und Desinfektionsmittel
- Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor
- Starker Mückenschutz
Ein- und Ausfuhrregeln
Lass deine Drohne zu Hause, die Einfuhr ist verboten. Beim Fotografieren gilt: Militär, Polizei und Flughäfen sind tabu. Frag Menschen immer um Erlaubnis, bevor du sie fotografierst.

Gut zu wissen für den Heimweg: Nach Deutschland darfst du aktuell pro Person bis zu 50 Zigarren (wenn sie nicht lose sind) und 2 Liter Rum mitnehmen. Aber check das zur Sicherheit lieber nochmal kurz vor dem Rückflug online, die Regeln können sich ja mal ändern.
Mein Fazit aus der Werkstatt
Eine Reise nach Kuba ist keine Konsumreise. Du kaufst dir keine Erlebnisse, du musst sie dir ein bisschen erarbeiten – mit Geduld, Offenheit und Neugier. Das Land wird dich herausfordern, deine Pläne über den Haufen werfen und dich zum Improvisieren zwingen.
Aber es wird dich auch reich belohnen. Mit Begegnungen, die du nie vergisst, einer unfassbaren Lebensfreude und dem Gefühl, etwas wirklich Einzigartiges erlebt zu haben. Man fährt nicht nach Kuba, um das Leben genießen zu lernen. Man fährt dorthin, um zu sehen, wie Menschen das Leben genießen, obwohl sie so viel weniger haben als wir. Und das, mein Freund, ist eine Lektion, die in keinem Reiseführer steht.

Bildergalerie


Bargeld ist König – aber welches?
Vergiss den Gedanken, dich auf deine Kreditkarte zu verlassen. Selbst wenn sie nicht von einer amerikanischen Bank ist, wird sie nur in wenigen großen Hotels akzeptiert. ATMs sind rar und oft leer. Die goldene Regel für Kuba lautet: Nimm ausreichend Euro in bar mit! Tausche vor Ort in kleinen Mengen in den kubanischen Peso (CUP) um. Das Leben auf der Straße, in den Casas Particulares und auf den Märkten spielt sich ausschließlich mit Bargeld ab. Eine gute Faustregel ist, mit etwa 70-100 Euro pro Tag zu planen, je nach deinem Reisestil.

Schätzungsweise 60.000 Oldtimer aus der Zeit vor 1960 sind noch heute auf Kubas Straßen unterwegs.
Diese rollenden Museen sind mehr als nur ein Fotomotiv. Sie sind das Symbol für den kubanischen Erfindergeist, das sogenannte „Resolver“-Prinzip. Aufgrund des US-Embargos war der Import von Autos und Ersatzteilen jahrzehntelang blockiert. Die Kubaner lernten, ihre Chevrolets und Buicks mit russischen Lada-Teilen oder sogar Bootsmotoren am Leben zu erhalten. Eine Fahrt in einem dieser „Almendrones“ ist also nicht nur eine Taxifahrt, sondern eine Reise in die Geschichte.

Staatliches Restaurant: Oft eine funktionale Erfahrung mit einer begrenzten, standardisierten Speisekarte. Der Charme kann manchmal etwas auf der Strecke bleiben.
Paladar: Ein privat geführtes Restaurant, oft im Wohnzimmer oder auf der Dachterrasse einer Familie. Hier pulsiert das Leben! Die Küche ist kreativ, die Atmosphäre herzlich und authentisch. Ein Besuch im Paladar ist der direkteste Weg, die moderne kubanische Gastfreundschaft und Kochkunst zu erleben. Unser Tipp in Havanna: „Doña Eutimia“ nahe dem Kathedralenplatz für unvergessliche Ropa Vieja.

Die Vorstellung eines digitalen Detox ist romantisch, die Realität manchmal frustrierend. Internet ist in Kuba ein rares Gut, aber nicht unerreichbar. So funktioniert’s:
- Die ETECSA-Karte: In den staatlichen ETECSA-Shops kaufst du eine „Tarjeta de Navegación“ mit einem Rubbelcode für eine oder fünf Stunden Online-Zeit. Nimm deinen Reisepass mit!
- Die WLAN-Parks: Mit dieser Karte loggst du dich in öffentlichen WLAN-Zonen ein – meist belebte Plätze, wo sich die Einheimischen versammeln.
- Die Geschwindigkeit: Erwarte keine Wunder. Es reicht für WhatsApp-Nachrichten und das Nötigste, aber Streaming ist oft unmöglich.
Wichtiger Punkt: Ein „Nein“ bedeutet nicht immer „Nein“. In Kuba ist vieles Verhandlungssache und oft eine Frage des richtigen Kontakts. Ob es um ein besseres Zimmer im Casa Particular, einen Platz im vollen Colectivo-Taxi oder den Kauf von frischem Obst geht – ein freundliches Lächeln, etwas Geduld und ein paar Worte auf Spanisch können Türen öffnen, die zunächst verschlossen schienen. Akzeptiere die erste Antwort nicht immer als endgültig, sondern sieh sie als Beginn eines Gesprächs.




