Schellackpolitur von Hand: Der ehrliche Werkstatt-Guide für eine Oberfläche mit Seele
In meiner Werkstatt riecht es oft nach Holz, Leim und, zugegeben, meistens auch nach frischem Kaffee. Aber ein Geruch übertrifft alles: der scharfe, klare Duft von Alkohol, gemischt mit dem warmen, harzigen Aroma von Schellack. Dieser Geruch bedeutet pure Konzentration. Er ist das Zeichen, dass ein besonderes Stück Holz seinen letzten, edlen Schliff bekommt.
Inhaltsverzeichnis
- 0.1 Erstmal die Grundlagen: Was ist dieses Schellack überhaupt?
- 0.2 Dein Arbeitsplatz: Sauberkeit ist das A und O
- 0.3 Die Vorbereitung: Ohne Schweiß kein Preis
- 0.4 Was du wirklich brauchst: Deine Einkaufsliste für den Start
- 0.5 Der Polierballen: Dein wichtigstes Werkzeug selbst gemacht
- 0.6 Die Politur ansetzen: Dein erster schneller Erfolg
- 0.7 Der Polierprozess: Gefühl, Geduld und das richtige Tempo
- 0.8 Stolpersteine (und wie du sie meisterst)
- 0.9 Wann ist Schellack die richtige Wahl für dich?
- 0.10 Ein letztes Wort aus der Werkstatt
- 1 Bildergalerie
Die Schellackpolitur ist für mich die absolute Königsdisziplin in der Holzveredelung. Ich habe sie noch von der alten Garde gelernt, von einem Meister, der mehr mit den Händen zeigte als mit Worten sprach. Er ließ mich fühlen, wie der Polierballen über das Holz gleiten muss – nicht zu nass, nicht zu trocken, mit genau dem richtigen Druck. Heute ist das eine seltene Kunst. Moderne Lacke sind schneller, klar. Aber ihnen fehlt diese unglaubliche Tiefe, diese Seele, die eine echte Handpolitur ausmacht. Hier teile ich mein Wissen mit dir, direkt von der Werkbank, ohne Schnickschnack.
Erstmal die Grundlagen: Was ist dieses Schellack überhaupt?
Bevor wir auch nur daran denken, etwas anzumischen, müssen wir das Material verstehen. Das ist die erste Lektion. Schellack ist kein Chemie-Cocktail aus dem Labor, sondern ein reines Naturprodukt. Ein Geschenk der kleinen Lackschildlaus, die in Asien auf Bäumen lebt. Ihr Harz wird gesammelt, gereinigt und zu den kleinen Flocken verarbeitet, die wir dann verwenden.

Wenn wir die Schellackflocken in Alkohol auflösen und auftragen, verdunstet der Alkohol blitzschnell. Zurück bleibt eine hauchdünne, steinharte Harzschicht. Diesen Vorgang wiederholen wir unzählige Male. Schicht für Schicht entsteht so eine Oberfläche mit einem fast dreidimensionalen Glanz. Das ist der ganze Zauber.
Kurz zu den Sorten, die dir begegnen werden:
- Lemon oder Orange Schellack: Das ist der Klassiker. Er hat einen warmen, goldgelben Ton, der perfekt zu Hölzern wie Eiche, Nussbaum oder Kirsche passt. Für den Anfang die beste Wahl.
- Rubin Schellack: Wie der Name schon sagt, ist dieser deutlich rötlicher und dunkler. Er verleiht Mahagoni eine wunderbare, tiefe Farbe.
- Weißer (entwachster) Schellack: Dieser ist gebleicht und fast farblos. Ideal für ganz helle Hölzer wie Ahorn, bei denen du die Eigenfarbe nicht verändern willst.
Für den Start empfehle ich dir einen guten, wachsfreien Blätterschellack in Lemon/Orange. Die Qualität ist hier wirklich entscheidend. Kauf das Zeug bei einem Fachhändler für Restaurierungsbedarf, zum Beispiel online bei Dictum oder im gut sortierten Fachhandel. Billig-Schellack aus dem Baumarkt löst sich oft schlecht und macht dir das Leben nur unnötig schwer.

Dein Arbeitsplatz: Sauberkeit ist das A und O
Eine Schellackpolitur verzeiht absolut nichts. Kein Staubkorn, kein Haar, nichts. Die meisten Fehler passieren schon, bevor der erste Tropfen Politur das Holz berührt.
Du brauchst einen möglichst staubfreien Raum. Eine saubere Garage oder ein Hobbykeller reichen völlig aus. Am besten, du saugst und wischst alles einen Tag vorher feucht durch, damit sich der Staub in der Luft legen kann.
Gutes Licht ist dein bester Freund. Am besten ist Streiflicht von der Seite, denn nur so siehst du jede kleine Unebenheit und wo du schon poliert hast. Eine bewegliche Werkstattlampe ist hier Gold wert.
Achte auch auf die Temperatur: So um die 20 °C sind ideal. Ist es zu kalt, wird die Oberfläche schmierig; ist es zu heiß, klebt der Ballen fest und reißt alles wieder auf. Normale Luftfeuchtigkeit ist okay, aber ein feuchter Waschkeller ist der Feind jeder guten Politur.
Achtung, ganz wichtig: Wir hantieren hier mit hochprozentigem Alkohol. Das Zeug ist extrem brennbar! Sorge für gute Lüftung (Fenster auf!), aber vermeide Zugluft, die wieder Staub aufwirbelt. Offenes Feuer, Funkenflug von Maschinen oder die glühende Zigarette sind absolut tabu. Ich habe mal gesehen, wie sich ein weggeworfener Politurlappen von selbst entzündet hat. Seitdem landen bei mir alle benutzten Lappen in einem feuerfesten Behälter mit Deckel. Sicher ist sicher.

Die Vorbereitung: Ohne Schweiß kein Preis
Du kannst die beste Politur der Welt haben – wenn der Untergrund Mist ist, wird das Ergebnis auch Mist. Das Holz muss so glatt sein wie ein Spiegel. Die hauchdünnen Schellackschichten füllen keine Kratzer, sie betonen sie sogar noch.
So gehst du beim Schleifen vor:
- Starte mit 120er-Körnung und schleife IMMER in Richtung der Holzfaser.
- Arbeite dich langsam hoch: 180, dann 240. Für die meisten Projekte reicht das.
- Nach jedem Schleifgang den Staub gründlich entfernen. Erst bürsten, dann mit einem leicht feuchten Tuch nachwischen.
- Profi-Tipp: das „Wässern“. Nach dem 180er-Schliff wischst du das Holz mit einem feuchten Schwamm ab. Dadurch stellen sich winzige Holzfasern auf. Sobald es trocken ist, schleifst du diese aufgestellten Fasern ganz sanft mit dem 240er-Papier weg. So verhinderst du, dass sich die Fasern später beim ersten Kontakt mit der Politur aufstellen.
Bei grobporigen Hölzern wie Eiche oder Mahagoni müssen wir die Poren füllen, sonst bekommen wir nie eine geschlossene Oberfläche. Dafür nutzen wir Bimsmehl, ein superfeines Pulver aus Vulkangestein. Wie das genau geht, zeige ich dir gleich im Polierprozess.

Was du wirklich brauchst: Deine Einkaufsliste für den Start
Keine Sorge, du musst nicht gleich die Werkstatt plündern. Für den Anfang kommst du schon ziemlich weit, wenn du etwa 50 bis 70 Euro investierst.
Hier ist, was du brauchst:
- Schellack: 250 g wachsfreier Blätterschellack „Lemon“ oder „Orange“.
- Alkohol: 1 Liter reiner Ethanol (Weingeist), unvergällt, mindestens 96 %, besser 99 %. Bekommst du in der Apotheke oder online. Normaler Brennspiritus aus dem Baumarkt enthält oft Stoffe, die Schlieren hinterlassen!
- Polieröl: Ein kleines Fläschchen spezielles, säurefreies Polieröl. Kein Nähmaschinen- oder Speiseöl!
- Bimsmehl: Eine kleine Dose (ca. 250 g) feinstes Bimsmehl zum Porenfüllen.
- Für den Ballen: Baumwollwatte, ein altes, sauberes Baumwoll-T-Shirt und ein altes, oft gewaschenes Leinentaschentuch (das ist ideal, weil es fusselfrei ist).
- Sonstiges: Saubere Schraubgläser zum Ansetzen, eine Feinstaubmaske und eventuell Handschuhe.
All diese speziellen Materialien findest du in gut sortierten Online-Shops für Holz- und Restaurierungsbedarf.
Der Polierballen: Dein wichtigstes Werkzeug selbst gemacht
Schellack wird nicht gepinselt, das würde nur Streifen geben. Wir brauchen einen Polierballen. Den selbst zu binden, ist eine kleine Kunst, aber du schaffst das.

Es ist ganz einfach:
- Der Kern: Nimm ein Stück Baumwollwatte und forme eine feste Kugel, etwa so groß wie ein Hühnerei. Der Kern speichert die Politur.
- Die Zwischenlage: Wickle ein Stück vom alten T-Shirt um den Kern. Das hilft, die Politur gleichmäßig abzugeben.
- Die Hülle: Jetzt kommt der wichtigste Teil. Spanne das Leinentuch faltenfrei über die Kugel. Die Unterseite, also deine Arbeitsfläche, muss absolut glatt sein. Oben drehst du den Stoff fest zusammen, sodass ein kleiner Griff entsteht.
Fertig! Der Ballen sollte fest in deiner Hand liegen und eine pralle, glatte Oberfläche haben.
Die Politur ansetzen: Dein erster schneller Erfolg
Das ist der einfachste Schritt und perfekt, um anzufangen. Kleiner Tipp: Setz deine Politur am Abend an, bevor du mit dem Schleifen beginnst. Wenn du am nächsten Morgen siehst, wie sich der Schellack aufgelöst hat, bist du sofort motiviert, weiterzumachen!
Wir brauchen zwei Mischungen:
- Grundierpolitur (etwas dicker): ca. 150 Gramm Schellackflocken auf 1 Liter Alkohol.
- Deckpolitur (dünner): ca. 100 Gramm Schellackflocken auf 1 Liter Alkohol.
Gib einfach die Flocken in ein sauberes Schraubglas und gieß den Alkohol darüber. Deckel drauf und alle paar Stunden mal schütteln. Nach etwa 24 Stunden sollte sich alles aufgelöst haben. Die fertige Politur kannst du dann noch durch einen alten Nylonstrumpf filtern, um letzte Unreinheiten zu entfernen. Bewahre sie in einer beschrifteten, gut verschlossenen Flasche auf.

Der Polierprozess: Gefühl, Geduld und das richtige Tempo
Bevor wir loslegen, eine realistische Einschätzung: Plane für ein kleines Projekt wie eine Schmuckschatulle ruhig mal 5 Tage ein, mit jeweils 1-2 Stunden Arbeit pro Tag, inklusive Trockenzeiten. Schellackpolitur ist ein Marathon, kein Sprint.
Wir arbeiten uns in Phasen vor. Es ist fast wie eine Meditation.
Phase 1: Das Grundieren
Jetzt wird das Holz zum ersten Mal „versiegelt“. Träufle etwas von der dickeren Grundierpolitur in den Kern deines Ballens. Er soll feucht sein, nicht triefend nass. Setz den Ballen außerhalb der Fläche an und ziehe ihn in schnellen, langen Bahnen in Faserrichtung über das Holz. Am Ende der Bahn abheben, neu ansetzen. So trägst du eine erste, dünne Schicht auf. Lass das Ganze mindestens eine Stunde trocknen. Danach ganz sanft mit 400er-Schleifpapier glätten und den Staub entfernen.
Phase 2: Die Poren füllen (nur bei Bedarf)
Für grobporige Hölzer. Nimm deinen feuchten Grundierballen und streue eine winzige Menge Bimsmehl auf die Holzoberfläche. Wie viel? Stell dir die Prise Salz vor, die du auf dein Frühstücksei gibst. Jetzt arbeitest du mit dem Ballen in kleinen, kreisenden Bewegungen. Der Alkohol, das Bimsmehl und der feine Holzstaub bilden eine Paste, die du sanft in die Poren einmassierst. Arbeite dich so über die ganze Fläche. Danach: gut trocknen lassen, am besten über Nacht.

Phase 3: Die Deckpolitur – der eigentliche Aufbau
Jetzt kommt der Glanz! Wir nehmen die dünnere Politur. Gib wieder etwas davon in den Ballen und zusätzlich einen einzigen Tropfen Polieröl auf die Unterseite des Ballens. Das Öl ist das Gleitmittel und verhindert, dass der Ballen kleben bleibt.
Nun bewegst du den Ballen in überlappenden Kreisen oder Achterschleifen über die Fläche, mit minimalem Druck. Horch auf das Geräusch: Ein leises, feines Zischen ist perfekt. Bleib niemals stehen! Der Ballen muss immer in Bewegung sein. Nach einer Schicht lässt du alles 30-60 Minuten trocknen. Dann die nächste Schicht. Mehr als 4-5 Schichten pro Tag solltest du nicht machen.
Phase 4: Das Auspolieren – die Kür
Nach vielen Schichten hast du eine tiefe Glanzschicht, die aber noch leicht ölig ist. Jetzt müssen wir dieses Öl wieder rausholen. Nimm dafür einen fast trockenen Ballen, in den du nur ein paar Tropfen reinen Alkohol gibst. Hauche die Oberfläche an, wie eine Brille vor dem Putzen. Genau über diese angehauchte Stelle ziehst du den Ballen in langen, geraden Zügen. Der Alkohol nimmt das Öl mit. Das wiederholst du, bis die ganze Fläche streifenfrei und brillant ist. Dieser Schritt braucht am meisten Übung.

Stolpersteine (und wie du sie meisterst)
Ganz ehrlich? Meine erste Politur sah aus wie eine Mondlandschaft voller Krater. Das ist völlig normal. Aus Fehlern lernst du am meisten.
- Der Ballen klebt fest und reißt die Politur auf: Du warst zu langsam, hattest zu viel Politur im Ballen oder zu viel Druck. Die Lösung: sofort abheben! Stelle gut trocknen lassen und im schlimmsten Fall vorsichtig schleifen und neu aufbauen. Kleiner Tipp: Ein Tropfen mehr Polieröl hätte das vielleicht verhindert. Lerne, das Zischen des Ballens zu lesen!
- Streifen und Schlieren: Passiert oft beim Grundieren oder Auspolieren. Der Ballen war zu nass. Lass alles gut trocknen und versuche, die Streifen mit einem nur noch „angehauchten“ Ballen zu egalisieren.
- Ein grauer Schleier erscheint: Das liegt meist an zu hoher Luftfeuchtigkeit. Bring das Stück in einen wärmeren, trockeneren Raum. Oft verschwindet der Schleier dann von allein.
- Ringe oder Abdrücke: Der Kardinalfehler. Du hast den Ballen auf der Fläche abgesetzt oder angehalten. Ein Polierballen ist wie ein Hai – er muss immer schwimmen. Diese Stellen sind extrem schwer zu reparieren. Meist hilft nur großflächiges Anschleifen.
Wenn was schiefläuft: Leg das Werkzeug weg, trink einen Kaffee und schau es dir am nächsten Tag mit frischen Augen an. Nichts lässt sich erzwingen.

Wann ist Schellack die richtige Wahl für dich?
Schellack ist wunderschön, aber auch eine kleine Diva. Man muss wissen, wofür er geeignet ist. Stell dir die Frage: Brauchst du für dein Möbelstück eine Ritterrüstung oder einen edlen Maßanzug?
Ein moderner 2K-PUR-Lack ist die Ritterrüstung. Er ist extrem kratzfest, wasserfest und unempfindlich gegen fast alles. Perfekt für einen Esstisch oder eine Küchenarbeitsplatte. Aber er fühlt sich oft etwas nach Plastik an und ist bei einer Macke nur schwer partiell zu reparieren.
Schellack ist der Maßanzug. Er ist nicht besonders kratzfest, und ein nasses Glas oder ein Spritzer Alkohol hinterlassen sofort Flecken. Also definitiv nichts für stark beanspruchte Alltagsmöbel. Dafür hat er eine unvergleichliche, warme Haptik, eine optische Tiefe, die kein Industrielack je erreicht, und das Beste: Kratzer und Macken lassen sich oft mit wenig Aufwand einfach wieder auspolieren. Er ist perfekt für edle Stücke wie Kommoden, Schränke, Musikinstrumente oder Bilderrahmen, die man bewundert und pflegt.

Ein letztes Wort aus der Werkstatt
Mit Schellack zu arbeiten, ist mehr als nur eine Technik. Es ist ein Dialog mit dem Holz. Du lernst, auf das Material zu hören. Deine erste Politur wird vielleicht nicht perfekt. Meine war es auch nicht. Aber lass dich nicht entmutigen. Fang mit einem kleinen Übungsbrettchen an, nicht gleich mit Omas antiker Kommode.
Wenn du dann aber eines Tages mit der Hand über eine selbst polierte Fläche streichst, die im Licht glänzt wie ein tiefer, stiller See, dann weißt du, warum wir Handwerker diesen Job so lieben. Es ist die pure Freude am Schaffen. Und dieses Gefühl kann dir keine Maschine der Welt geben.
Bildergalerie


Der perfekte Polierballen ist das Herzstück der Arbeit. Man baut ihn traditionell in drei Schichten auf, die zusammenarbeiten müssen:
- Der Kern: Ein fest gewickeltes Stück reiner Schafwolle, das als Speicher für die Schellacklösung dient.
- Die Seele: Ein fusselfreies Leinentuch, das den Kern umschließt und die Abgabe des Lacks kontrolliert.
- Die Haut: Ein feines, altes Baumwolltuch (ein Stück von einem alten T-Shirt ist ideal), das als äußere Hülle dient und für den direkten Kontakt mit dem Holz sorgt.
Das Geheimnis? Der Ballen muss straff, aber nicht steinhart sein, damit er sich der Holzoberfläche geschmeidig anpassen kann.

Wussten Sie schon? Bis in die 1940er Jahre war Schellack das primäre Material zur Herstellung von Schallplatten. Etwa 30% des weltweiten Schellackverbrauchs ging in die Produktion der schwarzen Scheiben.
Diese historische Anekdote zeigt die unglaubliche Härte und Formstabilität des Harzes. Genau diese Eigenschaften machen Schellack auch heute noch zu einer extrem widerstandsfähigen und schützenden Oberfläche für wertvolle Möbel, die bei richtiger Pflege Generationen überdauern kann.

Plötzlich bremst der Ballen und hinterlässt eine matte Spur?
Keine Panik, das ist das gefürchtete „Anbrennen“ der Politur. Es passiert, wenn der Ballen zu trocken wird oder der Druck zu hoch ist und die bereits aufgetragene Schicht wieder anlöst. Die Lösung ist ein winziger Tropfen Polieröl. Ein hochwertiges, säurefreies Öl, wie das „Ballen-Gleitmittel“ von Clou, wird mit der Fingerspitze auf die Lauffläche des Ballens getupft. Es wirkt wie ein Kugellager, lässt den Ballen sanft gleiten und verhindert, dass er die empfindlichen Schichten beschädigt.

Die Wahl des Alkohols ist entscheidend. Oft wird im Baumarkt Isopropanol angeboten, doch für eine wirklich makellose Schellackpolitur ist reiner Ethanol (Weingeist) mit 99,9% Reinheit die ungeschlagene Wahl. Er löst die Harzflocken sauberer und verdunstet rückstandsfrei, was zu einer klareren und brillanteren Oberfläche führt. Fachhändler wie Kremer Pigmente oder Dictum bieten diesen hochreinen Alkohol an, der den entscheidenden Unterschied in der Qualität des Endergebnisses ausmacht.
Wenn die Oberfläche fast perfekt ist, kommt der magische letzte Schritt: das „Auspolieren“. Dabei wird mit einem nur noch mit einem Hauch Alkohol benetzten Ballen in langen, geraden Zügen über die Fläche gefahren. Der Zweck ist nicht mehr, Material aufzutragen, sondern letzte Ölreste zu entfernen und die Oberfläche zu einer spiegelglatten, tiefen Brillanz zu verdichten. Es ist ein Moment der Stille und Konzentration, in dem das Holz endgültig seine Seele offenbart.




